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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 11 U 30/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 311
Konkludenter Schuldbeitritt durch Aufforderung, eine (weitere) Rechnung auf den Namen des Erklärenden auszustellen.
Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin ist ein in ... ansässiges Softwareunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten Zahlung restlicher Implementierungskosten und Schadensersatz wegen unberechtigter Softwarenutzung.

Am 20.09.2001 schloss die Klägerin mit der A, der ... Konzernmuttergesellschaft der Beklagten, ein "B...-Agreement" (Anlagenkonvolut K 12 ). Die Klägerin verpflichtete sich darin, verschiedene Spiele in das Internetangebot der A zu implementieren. A hatte eine Einrichtungsgebühr in Höhe von 25.000,- € sowie anteilige Werbeeinnahmen zu zahlen. Hierauf hat A bisher 12.500 € bezahlt.

Während der Durchführung des Vertrags wurde die Klägerin im Frühjahr 2002 an die Beklagte als Ansprechpartnerin für die weiteren Abläufe verwiesen.

In der Folgezeit kam es zu einer umfangreichen E-Mail-Korrespondenz zwischen der Klägerin und dem Mitarbeiter ("Manager") der Beklagten C. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die in englischer Sprache geführte Korrespondenz ( K 1 - K 9) und die deutschen Übersetzungen Bezug genommen (Bl. 40 - 49 d. A.).

Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Abweichend hiervon sieht der Vertrag mit A jedoch keine monatliche Lizenzzahlung von 4.000,00 € vor.

Die Klägerin, die von der Beklagten Zahlung von 12.500 € Implementierungskosten, 5950 € anteiliger Werbeeinnahmen und Ersatz für die Nutzung ihrer Softwareleistungen in Höhe von 4.000 € monatlich fordert, hat behauptet, die Beklagte habe hinsichtlich der Rechnungen über 12.500,- € und 5.950,- € eine eigene Schuld übernommen und den B von November 2002 bis November 2003 widerrechtlich genutzt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70.450,- € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.02.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, die Beklagte sei der vertraglichen Verpflichtung der A beigetreten. Der Schuldbeitritt der Beklagten ergebe sich aus der E-Mail-Nachricht vom 02.12.2003 in Verbindung mit den übrigen E-Mail-Nachrichten.

Ferner hat das Landgericht der Klägerin einen Bereicherungsanspruch gem. §§ 97 UrhG, 812 BGB für die unberechtigte Nutzung des "B..." in Höhe von 4.000,- € für 13 Monate zuerkannt. Das Bestreiten der Nutzung durch die Beklagte sei nicht ausreichend substantiiert und stehe im Widerspruch zu der E-Mail-Nachricht vom 02.12.2003 (Bl. 44 d. A.).

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie rügt fehlerhafte Tatsachenfeststellungen und fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts und trägt vor :

Einerseits habe das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2005 darauf hingewiesen, dass die Verwendung der Software durch die Beklagte von der Klägerin noch nicht ausreichend dargelegt sei, andererseits habe es ungeachtet des Vortrags in dem der Klägerin nachgelassenen Schriftsatz vom 23.02.2005 im Urteil ausgeführt, die Beklagte habe eine Nutzung der Software nicht substantiiert bestritten. Wenn das Gericht nachträglich zu einer anderen Beurteilung komme, habe es einen Hinweis erteilen müssen. Sie, die Beklagte, habe bis zu dem Urteil keinerlei Hinweis darauf gehabt, dass das Gericht Zweifel an der Substantiiertheit ihres Bestreitens der Inanspruchnahme der klägerischen Software hege ( Rüge aus § 139 ZPO ). Nachdem das Gericht - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2005 - davon ausgegangen sei, dass die Klägerin ihrerseits die unberechtigte Verwendung der Softwareleistungen nicht ausreichend dargelegt habe, könne es nicht andererseits im Urteil ihr, der Beklagten, nicht ausreichend substantiiertes Bestreiten vorwerfen. Der Anwendungsbereich des § 138 ZPO sei verkannt worden.

Soweit das Landgericht auf die E-Mail-Nachricht vom 02.12.2003 (Anlage K 4) abgestellt habe, habe es unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte schon in der Klageerwiderung vorgetragen habe, dass C nicht im Namen der Beklagten, sondern lediglich als Ansprechpartner der A für Deutschland fungiert habe. Dies sei der Klägerin auch bekannt gewesen. So habe der Zeuge C mit der Klägerin Gespräche über eine Ergänzung des ursprünglichen, mit A bestehenden Vertrags geführt. Auch habe die Klägerin die Kündigung des Vertrags gegenüber der A ausschließlich Herrn C übermittelt. Dies belege eindeutig, dass sie Herrn C als allein empfangszuständigen Ansprechpartner der A angesehen habe.

Die Klägerin habe einen entsprechend substantiierten Nachweis nach wie vor nicht erbracht. Bei den nach Abschluss der mündlichen Verhandlung vorgelegten Screen-Shots ( Anlage K 16 = Bl. 74 ff d.A. ) handele es sich nicht um die Homepage der Beklagten. Allerdings hätten verschiedene andere Tochtergesellschaften von A die streitgegenständliche Software genutzt.

Darüber hinaus meint die Beklagte, eine Nutzung der Software wäre jedenfalls rechtmäßig erfolgt, denn die Klägerin habe den mit A bestehenden Vertrag nicht wirksam zum 20.09.2002 beendet.

Schließlich sei die Höhe der zugesprochenen Lizenz von monatlich 4.000,- € in keiner Weise begründet. In der ursprünglich getroffenen vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und A sei keineswegs eine Lizenz von 4.000,- € monatlich vereinbart worden. Entsprechendes hätten auch die Parteien nicht behauptet.

Zu Unrecht habe das Landgericht hinsichtlich der Forderung von 12.500,- € und 5.950,- € einen Schuldbeitritt der Beklagten zur Verpflichtung der A angenommen. Auch hier sei insbesondere zur berücksichtigen gewesen, dass die Klägerin den Zeugen C eindeutig als alleinigen Ansprechpartner und empfangszuständigen Kündigungsadressaten der A angesehen habe. Das Gericht habe sich nicht die Frage vorgelegt, ob die Äußerungen Cs in der E-Mail-Korrespondenz nicht nur als ein Bemühen um Zahlungsvermittlung zu verstehen sein könnten. In keinem seiner E-Mail-Schreiben habe er ausdrücklich erklärt, dass die Beklagte für die entsprechenden Forderungen gegen die A einstehen wolle. Die Äußerungen sprächen dafür, dass es ihm nicht um eine zusätzliche Verpflichtung der Beklagten, sondern darum gegangen sei, der Klägerin möglichst schnell das Geld im Wege einer konzerninternen Zahlungsvermittlung zu verschaffen. Er habe das Geld "faktisch vorstrecken", nicht aber neben der Haftung der Vertragspartnerin eine zusätzliche eigenständige Verpflichtung begründen wollen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Darmstadt - Kammer für Handelssachen mit Sitz in Offenbach am Main - vom 9. März 2005 zu Az.: 20 O 491/04 wird abgeändert und die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags und macht geltend, der ursprünglich mit A bestehende Vertrag sei zum September 2002 beendet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht statt gegeben. Die Berufung bietet keinen Anlass zu einer anderen Entscheidung. Sie zeigt weder eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angegriffene Entscheidung auf, noch bezeichnet sie konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO).

1.) Ohne Erfolg wendet sich die Berufung zunächst gegen die Annahme des Landgerichts, die Beklagte habe sich im Wege des Schuldbeitritts für die Forderungen der Klägerin gegenüber der A (mit-) verpflichtet. Diese rechtliche Beurteilung beruht auf einer vertretbaren tatrichterlichen Auslegung und Würdigung der E-Mail - Nachricht vom 02.12.2003 und der weiteren Korrespondenz der Klägerin mit dem Zeugen C und bedarf keiner Korrektur durch die Berufungsinstanz.

Dabei geht der Senat von folgenden Erwägungen aus:

Die Beklagte rügt, das Landgericht habe im Rahmen der Gesamtwürdigung ihren Vortrag außer Acht gelassen, wonach die Klägerin den Zeugen C als alleinigen Ansprechpartner und empfangszuständigen Kündigungsadressaten der A angesehen habe, und habe infolge dessen zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe nicht deutlich gemacht, dass der Zeuge C ausschließlich für A gehandelt habe. Unter Berücksichtigung dieses Umstands habe es bei der Auslegung der Korrespondenz würdigen müssen, ob die entsprechenden Äußerungen des Zeugen auf einen Rechtsbindungswillen schließen lassen, neben der A die Beklagte selbständig zu verpflichten, oder ob die Aussage des Zeugen aus der Sicht eines objektiven Dritten nicht lediglich als das Bemühen um Zahlungsvermittlung interpretiert werden konnte.

Diese Rüge führt nicht zum Erfolg. Das Landgericht ist in vertretbarer Würdigung aller Tatumstände zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte ein ausschließliches Handeln des Zeugen C für A nicht ausreichend dargelegt hat.

Dass die Klägerin den Zeugen C als ( alleinigen ) Ansprechpartner in Deutschland und Empfangsbevollmächtigten der A angesehen haben mag, schließt nicht aus, dass der Zeuge nicht nur für A, sondern daneben auch für die Beklagte tätig geworden ist. Anders lässt sich die vorliegende Korrespondenz zwischen der Klägerin und dem Zeugen nicht verstehen. So heißt es etwa in der E-Mail -Nachricht vom 11.09.2002 : "...bitte senden Sie mir eine Rechnung an die D GmbH ...für einen 50% igen Anteil der Werbeeinnahmen für den Zeitraum bis August hinsichtlich der D Kanäle ( Italien, Deutschland, Großbritannien ) - wir verbuchen den Monat Oktober auf der Grundlage der von Ihnen (im Namen der D GmbH ) gesendeten Rechnung über 4.000 Euro."( Bl. 49 d.A.). Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass ihr "Manager" C nicht zur Abgabe derartiger, sie verpflichtenden Erklärungen berechtigt gewesen sei. Mithin ist davon auszugehen, dass C jedenfalls auch für die Beklagte tätig geworden ist.

Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass der Zeuge C in keinem seiner E-Mail-Schreiben ausdrücklich erklärt hat, die Beklagte werde für die entsprechenden Forderungen gegen A einstehen. Ein Schuldbeitritt kann jedoch nach den Umständen auch konkludent erklärt werden. Das hat das Landgericht hier nicht nur vertretbar, sondern überzeugend angenommen.

Der Zeuge C hat die Klägerin wiederholt zur Übersendung von Rechnungen aufgefordert, die auf die Beklagte ausgestellt sein sollten. Das steht der Annahme, er habe lediglich die Zahlung der A vermitteln wollen, entgegen. Für eine bloße Zahlungsvermittlung hätte es keiner Rechnung auf den Namen der Beklagten bedurft. Ohne Bedeutung ist, wenn C in der E -Mail - Nachricht vom 11.12.2003 beiläufig erwähnt, es sei letztlich nicht so wichtig, welcher Firmennamen auf der Rechnung steht, "da wir sowieso einen konzerninternen Vertrag haben". Zum einen widerspricht C damit der im selben Schreiben enthaltenen Anforderung einer Rechnung für die GmbH über 12.500 Euro. Zum anderen steht es der Würdigung der Erklärung als Schuldbeitritt vor diesem Hintergrund nicht entgegen, wenn der Zeuge den Namen des Rechnungsadressaten für "nicht so wichtig" hält. Denn darauf kommt es nur dann nicht an, wenn ohnehin beide in Betracht kommenden Rechnungsadressaten zur Zahlung bereit und verpflichtet sind.

Die Erwägungen der Berufung, zur Beilegung der Zahlungsschwierigkeiten sei offensichtlich auch erwogen worden, die Rechnung auch auf andere Konzern - Tochtergesellschaften auszustellen, was dafür spreche, dass keine Verbindlichkeit der Beklagten habe begründet werden sollen, sind an keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte geknüpft und erscheinen als bloße Spekulation. Vor allem greift die Berufung aber nur einzelne Passagen eines einzelnen E - Mail - Schreibens heraus. Dabei übersieht sie, dass der Zeuge C in weiteren Schreiben auf die Verbindlichkeiten eingegangen ist und diese - namentlich im Schreiben vom 02.12.2003 ( Anlage K 4 ) - ausdrücklich anerkannt hat. Dabei bezog sich dieses Anerkenntnis spezifisch auf die Rechnung ... vom ...07.2002 über 12.500 Euro als zweiter Teil der Einrichtungskosten, und damit auf jene Rechnung, die die Klägerin auf entsprechende Aufforderung des Zeugen C auf den Namen der Beklagten ausgestellt hatte ( vgl. E-Mail - Schreiben Bl. 40, 41, 45 d.A.). Entsprechendes gilt für Rechnung 14038 vom 05.10.2002 über 5.950 Euro ( Bl. 44, 45 d.A. ).

Weiter ist zu berücksichtigen, dass das bloße Anerbieten einer Zahlungsvermittlung im Wortlaut der Korrespondenz mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlicher zum Ausdruck gekommen wäre und die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf die beabsichtigten weiteren Implementierungen - wie das Landgericht gemeint hat - " ruhig stellen", das heißt weiterhin leistungsbereit stimmen wollte. Mit dem bloßen Versprechen einer Zahlungsvermittlung hätte sich die Klägerin aber kaum mehr zufrieden gegeben, nachdem A auch ein Jahr nach Vertragsschluss noch nicht geleistet hatte.

Nach allem ist die Würdigung der Korrespondenz als Schuldbeitritt nicht zu beanstanden.

Die Beklagte meint auch nur, unter Berücksichtigung der gesamten E-Mail-Korrespondenz wiesen die Zitate keinesfalls eindeutig darauf hin, dass C die Beklagte habe verpflichten wollen. Mit ihrer Berufung zeigt sie aber keine Formulierungen oder Umstände auf, die die vertretbare Auslegung des erstinstanzlichen Gerichts zu erschüttern geeignet wären, weil sich daraus zwingend etwas anderes ergibt.

Eine mit der Berufung angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht schon dann auf einer Rechtsverletzung, wenn auch eine von der Auffassung des Landgerichts abweichende Auslegung einer entscheidungserheblichen Willenserklärung möglich wäre ( OLG Celle OLGR 2002, 238; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897; enger Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl. § 529 Rn. 10 ). Ungeachtet dessen hält der Senat die Auslegung durch das Landgericht nicht nur für vertretbar, sondern für nahe liegend und überzeugend, weshalb er ihr folgt.

2.) Das gilt im Ergebnis auch, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung für die widerrechtliche Nutzung der Softwareprogramme wendet.

a) Nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil nutzte die Beklagte den B von November 2002 bis Ende November 2003, indem sie ihn ihren Kunden anbot.

aa) Allerdings weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass das Landgericht in der Sitzung vom 12.01.2005 die Auffassung vertreten hat, die ( unberechtigte ) Verwendung der durch das Agreement aufgezählten Leistungen durch die Beklagte sei von der Klägerin noch nicht hinreichend dargelegt. Auf die mit dem nachgelassenen Schriftsatz vom 23.02.2005 vorgelegten Screen-Shots (Anlagen K 16 - K 19), die nach Auffassung der Klägerin belegen sollen, dass auf der Homepage der Beklagten Software der Klägerin in dem fraglichen Zeitraum angeboten worden ist, hätte das Landgericht seine Entscheidung nicht stützen können, ohne der Beklagten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem - neuen - Tatsachenvortrag zu geben. Wenn das Landgericht statt dessen in den Entscheidungsgründen davon ausgeht, dass die Klägerin die Benutzung substantiiert dargetan und die Beklagte diese Behauptung nicht ausreichend substantiiert bestritten habe, handelt es sich vor dem Hintergrund der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Hinweise um eine Überraschungsentscheidung und eine Verletzung des § 139 ZPO. Das gilt erst recht, wenn das Landgericht stattdessen auf die Widersprüchlichkeit der Einlassung der Beklagten abstellt und die E-Mail-Nachricht vom 02.12.2003 heranzieht, wo der Zeuge C eine monatliche Pauschalsumme von 500,- € "für die 13 Monate November 2002 bis November 2003, in der wir die Software verwendet haben" anbietet. Zumindest hätte das Landgericht zuvor auf diesen Gesichtspunkt hinweisen müssen.

bb) Im Ergebnis rechtfertigt der von der Beklagten in der Berufungsinstanz dazu nachgeholte Vortrag aber keine andere Beurteilung. Die Beklagte trägt auch insoweit vor, der Zeuge C sei zu keinem Zeitpunkt in ihrem Namen aufgetreten, sondern lediglich Ansprechpartner für A gewesen. Dies sei der Klägerin auch erkennbar gewesen, weil mit Herrn C Gespräche über eine Ergänzung des zwischen der Klägerin und A bestehenden Vertragsverhältnisses geführt worden seien. Jedenfalls könne im Hinblick auf diesen Vortrag nicht von einem Widerspruch zwischen dem Bestreiten, die Software der Klägerin genutzt zu haben und der Aussage des Zeugen C im E-Mail-Schreiben vom 02.12.2003 die Rede sein.

Dieser Vortrag steht der überzeugenden Würdigung des Schreibens vom 02.12.2003 durch das Landgericht nicht entgegen. Darin heißt es: "... wir bezahlen eine monatliche Pauschalsumme von 500,- € für die 13 Monate November 2002 bis November 2003, in der wir die Software verwendet haben...". Diese Äußerung von einem "Manager" der Beklagten gegenüber einem Mitarbeiter der Klägerin lässt sich nur auf die Beklagte beziehen, während ein Bezug auf die A an keiner Stelle deutlich wird. Selbst wenn der Zeuge C ab dem Frühjahr 2002 auch als deutscher Ansprechpartner für A fungiert haben mag, trat er keineswegs ausschließlich für die italienische Muttergesellschaft, sondern zumindest in gleichem Maß auch für die Beklagte auf. Dass der Zeuge C angeblich mit der Klägerin über eine Abänderung des Vertrages mit der A verhandelt haben soll, steht dem nicht entgegen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass C seit Mitte 2002 wiederholt Rechnungserstellung an die Beklagte verlangt hat, lässt sich die Formulierung kaum anders würdigen, als die Einräumung einer Nutzung durch die Beklagte, jedenfalls aber die Bereitschaftserklärung der Beklagten, für die unberechtigte Nutzung ( ggfs. durch andere Tochtergesellschaften ) einzutreten. Die gegenteilige Interpretation der Beklagten, es handele sich um eine Erklärung namens der A, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil unmittelbare Kontakte mit A zu diesem Zeitraum nicht mehr ersichtlich sind, das Vertragsverhältnis - wie sogleich noch darzustellen sein wird - nicht mehr bestand und die Beklagte selbst nicht eindeutig klarstellt, durch wen eine Nutzung überhaupt erfolgt sein soll. Ihr Hinweis auf die angebliche Nutzung durch andere Tochtergesellschaften reicht als substantiiertes Bestreiten nicht aus, wenn ihr Manager eine Erklärung abgibt, die objektiv nur als Einräumung einer Nutzung verstanden werden kann. Entscheidend kommt schließlich hinzu, dass sich die Erklärung in demselben E -Mail - Schreiben vom 02.12.2003 befindet, in dem die Beklagte auch die auf sie ausgestellten Rechnungen Nr. ... und ... vom ...07. und ...10.2002 anerkennt. Beziehen sich aber die vorstehenden Ausführungen ( ...wir erkennen an ... ) auf die Beklagte, so ist - insbesondere aus der Sicht des objektiven Erklärungsempfängers - nicht ersichtlich, dass sich die nachfolgenden Erklärungen ( ... wir bezahlen eine monatliche Pauschalsumme ) nicht auf die Beklagte, sondern A beziehen soll.

b) Die Nutzung erfolgte auch widerrechtlich. Auf den Vertrag mit A kann sich die Beklagte nicht berufen, da sie - nach ihrer Behauptung - weder in diesen Vertrag eingetreten ist noch der Vertrag über September 2002 hinaus in Kraft war.

Die Beklagte hat zwar die wirksame Kündigung bestritten und gemeint, das E-Mail -Schreiben vom 20. 07.2002 enthalte keine Kündigungs-, sondern lediglich eine Absichtserklärung. Dem steht indes die Aufforderung entgegen, Software, die von der Klägerin entwickelt und installiert worden ist, nicht ohne vorherige schriftliche Zustimmung zu verwenden.

Dass der Zeuge C den Empfang des Schreibens lediglich bestätigt hat, steht der Annahme einer wirksamen Vertragsbeendigung nicht entgegen, da es sich bei einer Kündigung um eine einseitige Gestaltungserklärung handelt. Der Zugang der Kündigung bei der Beklagten reichte aus, damit diese ihre Wirksamkeit entfalten konnte. Dass der Zeuge C empfangsberechtigt war, hat die Beklagte nicht bestritten. Sie hat behauptet, der Zeuge sei für A tätig geworden und habe für diese Gesellschaft verhandelt. Diese Behauptung hat sich die Klägerin insoweit ausdrücklich zu eigen gemacht.

Soweit die Beklagte in erster Instanz Bedenken wegen Kündigungsform und -frist sowie eines Kündigungsgrundes geltend gemacht hat, enthält die Berufungsbegründung keine konkrete Bezugnahme auf ihren diesbezüglichen Vortrag, so dass er in der Berufungsinstanz nicht eingeführt worden ist. Eine bloß pauschale Bezugnahme reicht dafür nicht aus. Ungeachtet dessen führte er im Ergebnis auch zu keiner anderen Beurteilung. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass A der Kündigung widersprochen oder sich in sonstiger Weise gegen die Kündigung zur Wehr gesetzt hat. Auf das Vorliegen vertraglicher Kündigungsgründe und -fristen kommt es insoweit nicht an, weil in dem Kündigungsschreiben besondere Gründe, nämlich Zahlungsverzug, geltend gemacht werden. Unstreitig war A mindestens mit der zweiten Hälfte der Implementierungskosten in Höhe von 12.500,00 € in Verzug, so dass der Vertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte. Da A auf die Kündigung - soweit vorgetragen - nicht einmal reagierte, sondern lediglich deren Eingang bestätigte, liegt sogar eine einverständliche Vertragsbeendigung nahe.

Dass die Parteien auch von einem vertragslosen Zustand nach September 2002 ausgegangen sind, zeigt schließlich der Umstand, dass sie über neue Konditionen ab Oktober 2002 verhandelten, wobei eine Einigung nur für diesen Monat zustande gekommen ist, während sie für die Folgezeit wegen fehlender Einigung über die Höhe der monatlichen Lizenzgebühr scheiterte. Soweit die Beklagte dies mit einer "momentanen Unsicherheit" über das Schicksal des Vertrags zu erklären versucht hat, kann ihr Vortrag nicht überzeugen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, wann und wodurch bei den Parteien eine bessere, gesichertere Kenntnis vom Schicksal des Vertrags mit A eingetreten sein könnte. Hierzu hätte die Beklagte substantiiert vortragen müssen.

c) Da die Beklagte durch die Nutzung der Software ohne Einwilligung der Klägerin deren Rechte hieran mindestens fahrlässig verletzt hat, steht der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz zu (§§ 97 Abs.1, 69 a ff. UrhG).

Auch gegen die Höhe des vom Landgericht zuerkannten Ersatzanspruchs bestehen keine Einwendungen. Allerdings macht die Berufung zu Recht geltend, dass in dem mit A abgeschlossenen "B... Agreement" keine monatliche Lizenzzahlung von 4.000 € vorgesehen war.

Ihren Schaden kann die Klägerin jedoch im Wege der Lizenzanalogie berechnen. Abzustellen ist darauf, welche Vergütung im Einzelfall von verständigen Parteien als angemessen vereinbart und geschuldet worden wäre ( Dreier /Schulze, UrhG, § 97 Rn. 63 ). Dabei kann die in einem vergleichbaren Lizenzvertrag vereinbarte Vergütung regelmäßig als Mindestsatz des von dem Verletzer geschuldeteten Entgelts herangezogen werden (Dreier a.a.O. Rn. 62 m.w.N.).

Da sich die Parteien im Oktober 2002 auf eine Lizenzgebühr von 4.000,00 € geeinigt haben, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Betrag auch für die Folgemonate angemessen gewesen wäre. Umstände, die eine andere Beurteilung erforderten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Dass sie der Klägerin lediglich eine Lizenz von 500,00 € monatlich angeboten hat, steht dieser Wertung nicht entgegen.

Die Berufung war nach allem zurückzuweisen.

Die Kosten hat die Beklagte zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos war (§ 97 UrhG).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Senat nur anerkannte Rechtssätze auf den Einzelfall angewandt hat.

Ende der Entscheidung

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