Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.09.2006
Aktenzeichen: 11 U 44/05 (Kart)
Rechtsgebiete: AEG, GWB


Vorschriften:

AEG § 1
GWB § 20
1. Konzernunternehmen sind wegen der wirtschaftlichen Einheit - im Verhältnis zum diskriminierten Drittunternehmen - im Sinne von § 20 GWB nicht als gleichartige Unternehmen anzusehen.

2. Die Vorschriften des AEG und der EIBV sind auf die Belieferung mit Fahrstrom nicht anwendbar.


Gründe:

I.

Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der A AG. Sie betreibt den Einkauf, Verkauf und die Bereitstellung von elektrischer Energie zum Betrieb von Triebfahrzeugen für den Zugverkehr in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Beklagte ist ein nach § 6 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) zugelassenes privates Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), das im Bereich des Schienengüterverkehrs tätig und hierbei auf die Benutzung des öffentlichen Schienennetzes der DB Netz AG angewiesen ist. Sie bezieht den zur Erbringung der Güterverkehrsleistungen erforderlichen Strom von der Klägerin.

Den ihr dafür in Rechnung gestellten Betrag (Bl. 38, 39 d. A.) hat die Beklagte im Juni und Juli 2002 um insgesamt 85.979,16 EUR - der Klageforderung - gekürzt, weil sie die von der Klägerin berechneten Preise für diskriminierend ( § 20 Abs. 1 GWB) und missbräuchlich ( § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 und 2 GWB) hält. Die Klägerin verlangt mit der Klage Zahlung der offenen Rechnungsbeträge.

Das Landgericht hat die Beklagte zunächst durch Urkunden-Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil vom 19.05.2004 unter Vorbehalt ihrer Rechte im Nachverfahren zur Zahlung verurteilt. Mit dem angefochtenen Schlussurteil hat es das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil vom 19.05.2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Schlussurteil vom 19.05.2004 Bezug genommen. Ergänzend wird festgestellt, dass die Beklagte zum Betrieb des Eisenbahnverkehrs mehrere Elektro- und eine Diesellokomotive unterhält.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die meint, die Preisvereinbarung zwischen den Parteien verstoße nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB und sei auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden.

Sie, die Klägerin, sei keine Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB. Die funktionale Austauschbarkeit von Bahnstrom und Diesel zwinge zu einer weiten Marktabgrenzung. Die Versorgung von Abnehmern mit Bahnstrom erfolge auf dem Markt für Traktionsenergie, auf dem Bahnstrom und Diesel miteinander im Wettbewerb stünden. Auf dem Markt für Traktionsenergie fehle es an einer beherrschenden Stellung der Klägerin. Nach ihrer Kenntnis gebe es in Deutschland etwa 60 Tankstellen an Schienenstrecken, die nicht von ihr betrieben würden. Die Beklagte habe auch eigene Tankstellen bauen können.

Zwischen der Beklagten und der B AG fehle es an der Gleichartigkeit. Zwar habe das Landgericht im Ansatz noch zutreffend erkannt, dass Konzernunternehmen wegen der wirtschaftlichen Einheit grundsätzlich nicht als gleichartige Unternehmen im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB angesehen werden können. Zu Unrecht habe es jedoch die §§ 8 und 3 Abs. 1 Nr. 2 Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV) als eine besondere rechtliche Regelung gewürdigt, die von diesem Grundsatz eine Ausnahme erfordere. Die EIBV betreffe nur die Benutzung der "Eisenbahninfrastruktur" öffentlicher Eisenbahninfrastrukturunternehmen, während der Strom selbst nicht zur Eisenbahninfrastruktur zähle, was in § 1 Abs. 2 Satz 3 AEG n. F. nunmehr ausdrücklich geregelt sei. Andere Rechtsnormen, aus denen ein entsprechendes Gebot zur Gleichbehandlung konzerninterner und konzernfremder Unternehmen hinsichtlich der Lieferung von Bahnstrom folge, existierten nicht.

Es fehle an einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung. Auch insoweit habe das Landgericht den Maßstab für Preisdifferenzierungen zu Unrecht den Bestimmungen des Eisenbahnrechts, nämlich § 7 Abs. 3 EIBV, entnommen. Nach der allein maßgeblichen kartellrechtlichen Beurteilung komme es ( Gleichartigkeit vorausgesetzt) für die sachliche Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung auf die Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB an.

Nach elektrizitätswirtschaftlichen Grundsätzen führe eine niedrigere Abnahmemenge und eine niedrigere Jahresbenutzungsstundenzahl zu einem spezifisch höheren Strompreis. Die der Beklagten abweichend von der B AG in Rechnung gestellten Kosten pro kWh seien in dem unterschiedlichen Abnahmeverhalten begründet. Auch das Bundeskartellamt habe im Jahr 2002 gegen das geltende Bahnstrompreissystem der Klägerin keine Einwände geäußert. Das Leistungs- und Arbeitspreismodell, das wegen der niedrigen Benutzungsstundenzahl der Beklagten (1.637 h/a gegenüber 4.806 h/a bei B) zu einem spezifisch höheren Preis geführt habe, als er einem Großabnehmer in Rechnung gestellt worden wäre, bewirke keine Diskriminierung. Erst recht gelte dies für das gegenüber der Beklagten angewandte Mischpreissystem, das für die Beklage zu einem günstigeren Preis als unter Zugrundelegung des Leistungs- und Arbeitspreismodells geführt habe.

Unabhängig davon überschreite die Preisdifferenz in Höhe von 7,05 % bzw. 7,58 % nicht die sowohl beim kartellrechtlichen Missbrauchs- wie auch beim Diskriminierungsverbot zu beachtende Erheblichkeitsschwelle. Danach liege eine Diskriminierung nur vor, wenn der einem Unternehmen in Rechnung gestellte Preis erheblich von demjenigen abweiche, der einem anderen Unternehmen in Rechnung gestellt werde. Dies folge aus dem materiellen Gleichklang der §§ 19, 20 GWB.

Auch ein Verstoß gegen §§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB scheide aus. Soweit die Beklagte behaupte, dass Anbieter Bahnstrom etwa 30 % günstiger als die Klägerin anböten, scheitere dieser Vergleich daran, dass es sich bei jenen ( bestrittenen) Angeboten nicht um - wie bei der Klägerin - "all-inclusive-Angebote" handele. Der Verstoß lasse sicht auch nicht aus § 14 AEG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und 3 EIBV herleiten, weil diese Bestimmungen nicht anwendbar seien.

Selbst bei Annahme eines Verstoßes, so meint die Klägerin weiter, habe das Landgericht die Klage nicht insgesamt abweisen dürfen, weil Verstöße gegen Preisbestimmungen nicht zur Gesamtnichtigkeit des Rechtsgeschäfts führten, sondern dieses mit dem zulässigen Preis aufrechtzuerhalten sei. Demnach habe das Landgericht die Nichtigkeit der vertraglichen Preisregelung allenfalls im Umfang des Preisunterschieds in Höhe von 7,05 % bzw. 7,58 % annehmen dürfen. Zumindest stehe ihr, der Klägerin, jedoch ein Bereicherungsanspruch zu, nachdem sie den objektiven Gegenwert für die Ware in Höhe des "üblichen Preises" bereicherungsrechtlich von der Beklagten fordern könne. Die Bahnstromlieferungen müssten deshalb jedenfalls zu dem Preis abgerechnet werden, den die Klägerin bei ihren Lieferungen an die B AG zugrundegelegt habe.

Die Klägerin beantragt, zu erkennen:

Das am 6. Juli 2005 verkündete (Schluss-)Urteil des LG Frankfurt/Main (Az.: 3-08 O 25/04) wird abgeändert. Das Urteil des LG Frankfurt/Main vom 19. Mai 2004 wird mit der Maßgabe für vorbehaltlos erklärt, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 85.979,16 € zzgl. Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 40.436,63 seit dem 16. August 2002 und aus weiteren 45.542,53 € seit dem 27. August 2002 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und trägt zur Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils vor:

Die Berufungsbegründung genüge nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 520 ZPO. Mit Hilfe intensiver Lobbyarbeit der Klägerin und ihrer Konzernmutter sei im Übrigen der Anwendungsbereich des AEG in § 1 Abs. 2 Satz 3 AEG n. F. erstmalig dahin eingeschränkt worden, dass das Gesetz nicht für Fahrstrom gelte. Diese Regelung sei in keinem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren zustande gekommen, weil die Rechte der Abgeordneten im Gesetzgebungsverfahren nicht gewahrt worden seien. Sie sei daher verfassungswidrig (vgl. Elsner, NuR 2006, Heft 2).

Die Klägerin sei Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB. Ihre Ausführungen zur energieträgerübergreifenden Marktabgrenzung seien neu (§§ 520, 531 Abs. 2 Nr. 1 und 3 ZPO) und daher unbeachtlich. Von einer funktionellen Austauschbarkeit zwischen Diesel- und Elektroloks könne nicht die Rede sein.

Die Beklagte und die von der Klägerin zu günstigeren Tarifen belieferte B AG seien gleichartige Unternehmen. Soweit in der Rechtsprechung die Gleichartigkeit von Konzernunternehmen mit dem diskriminierten Drittunternehmen verneint worden sei, habe es sich um die Anwendung des § 20 GWB auf Tochtergesellschaften der jeweiligen Normadressatin gehandelt. Auf das Verhältnis der B AG zur Berufungsklägerin ließen sich diese Überlegungen nicht übertragen, da eine Gewinnabführung oder Beherrschung zwischen diesen nicht bestehe. Im Übrigen ergebe sich eine abweichende Regelung aus § 9 AEG, wonach öffentliche Eisenbahnen, die sowohl Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen als auch eine Eisenbahninfrastruktur betreiben, in ihrer Rechnungsführung beide Bereiche zu trennen haben. Das insoweit geregelte Trennungsgebot stehe der Sichtweise der Klägerin ebenfalls entgegen. Über dies folge die Vergleichbarkeit der B Deutschland AG mit der Beklagten aus den Wertungen des EIBV, wie das Landgericht zutreffend erkannt habe. Im maßgeblichen Zeitraum (2002) sei das AEG auf die Versorgung mit Fahrstrom anwendbar gewesen, weil der Gesetzgeber diesen Bereich erstmals mit der Änderung des AEG im April 2005 ausgenommen habe. Andernfalls habe es der Ergänzung des abschließend formulieren Ausnahmetatbestands in § 1 AEG nicht bedurft. Die Benutzung der Bahnstromanlagen und die Entnahme des zur Verfügung gestellten Bahnstroms seien als Einheit zu betrachten. Hiervon habe der Gesetzgeber erst in der Erwartung des Entstehens eines Angebotsmarktes für Bahnstrom abweichen können, nachdem das Bahnstromnetz für Drittlieferanten geöffnet worden sei.

Der von der B AG 2002 gezahlte Preis stehe seiner Höhe nach nicht fest. Sie, die Beklagte, bestreite die Angaben der Klägerin mit Nichtwissen. Der Preis sei vom tatsächlichen Gesamtverbrauch der B AG abhängig. Die Klägerin teile die Zusammensetzung des Preises nicht mit. Das Landgericht habe von den Preisdifferenzen für Juni und Juli 2002 (11,75 % und 4,86 %) nur deshalb ausgehen können, weil diese Werte zugestanden worden seien.

Zutreffend habe das Landgericht einen eisenbahnrechtlichen Maßstab bei der Frage der sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung zugrundegelegt. Die Preisgestaltung der Klägerin habe sich in die eisenbahnrechtlichen Vorgaben zu fügen. Der Grundsatz verursachungsgerechter Kostenzuordnung sei kein Dogma. Eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung lasse sich auch über einen für alle EVU geltenden Mischpreis abbilden. Die Gesamtabnahmemenge an Bahnstrom bleibe im Wesentlichen gleich. Deshalb könnten bei steigenden Abnahmemengen auch nicht die spezifischen Kosten für die Strombeschaffung je Kilowattstunde sinken. Die Benutzungsstruktur sei bei allen EVU identisch, weil keine unterschiedlichen Spannungen genutzt würden.

Die Angaben der Klägerin zur Preisdifferenz seien vollkommen unzureichend. Die B AG habe darüber hinaus von rückgespeister Energie profitieren können, ohne diese zu bezahlen. Nach der Feststellung der Beklagten sei von der B AG nur ein Preis von 5,2 ct/kWh verlangt worden. Selbst wenn die Differenz aber im Juni und Juli 2002 nur 11,75 % bzw. 4,86 % betragen haben sollte, sei eine Erheblichkeitsschwelle nicht anzusetzen. Das gelte auch für die Beurteilung gem. § 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB, weil der Erheblichkeitszuschlag mit der Neufassung des Absatzes 4 dieser Vorschrift überholt sei und im Übrigen lediglich dem Ausgleich von Unsicherheiten bei der Bestimmung hypothetischer Wettbewerbspreise diene.

Die Preise der Klägerin verstießen gegen das Missbrauchsverbot des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB, weil es Anbieter gebe, die Bahnstrom "all-inclusive" 30 % günstiger angeboten hätten als die Beklagte. Schließlich habe die Klägerin die Billigkeit der verlangten Preise gem. § 315 BGB darzulegen, weil ihr die Befugnis zur Bestimmung des Preises eingeräumt worden sei.

Ergänzend wird auf den vorgetragenen Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat Erfolg.

1.)

Die Berufung ist zulässig. Sie ist in der gesetzlichen Frist eingelegt und in einer den verfahrensrechtlichen Anforderungen genügenden Weise begründet worden (§§ 517,520 ZPO).

Soweit der Beklagtenvertreter rügt, die Berufung sei mangels ausreichender Begründung unzulässig, ist dies nicht nachvollziehbar. Die Berufung befasst sich ausführlich mit der rechtlichen Beurteilung des Landgerichts und legt dar, warum sie diese für rechtsfehlerhaft hält. Weitergehende Anforderungen stellt § 520 ZPO an eine Berufungsbegründung nicht.

2.)

Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für die Belieferung der Beklagten mit Bahnstrom.

a) Die Klage ist bereits deshalb als begründet anzusehen, weil Einwände gegen Rechnungen und Abschlagszahlungen gem. Ziff.8.1 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen ( AGB ) der Klägerin ( Bl. 12 d.A.) zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur berechtigen, soweit sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen. Gegen die Wirksamkeit dieser Klausel bestehen nach Auffassung des Senats keine Bedenken. Das gilt jedenfalls im kaufmännischen Verkehr, in dem ohne weiteres auch der Ausschluss der Aufrechnung oder eines Zurückbehaltungsrechts geltend gemacht werden kann. Jedenfalls im hier vorliegenden kaufmännischen Verkehr besteht deshalb auch kein Anlass, die Klausel im Wege der Auslegung auf offensichtliche Abrechnungsfehler zu beschränken. Anders als möglicherweise bei einem privaten Endverbraucher stellt es im kaufmännischen Verkehr keine unangemessene, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbarende Benachteiligung des kaufmännischen Vertragspartners dar, wenn dieser seine Einwendungen - etwa gegen die vertragliche Preisregelung - im Aktivprozess geltend machen muss. Die Klägerin hat sich deshalb zu Recht auf Ziff. 8.1 ihrer AGB berufen ( Schriftsatz v. 16.12.2003 = Bl. 6 d.A.).

b) Ungeachtet dessen haben aber die Einwendungen der Beklagten auch sonst keinen Erfolg.

Die Klägerin hat Anspruch auf die von der Beklagten einbehaltene restliche Vergütung für die Belieferung der Beklagten mit Bahnstrom. Die Preise sind weder unter kartellrechtlichen noch sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden. Die Beklagte hat den mit der Klage verlangten Betrag deshalb zu Unrecht einbehalten.

Die Klägerin ist zwar Normadressatin im Sinne des § 20 GWB.

Marktbeherrschend ist ein Unternehmen, das auf einem bestimmten Markt keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine überragende Marktstellung inne hat. Zutreffend hat das Landgericht hier auf den sachlich relevanten Markt für die Lieferung von 16,7 Hertz-Bahnstrom im Zeitraum Juni/Juli 2002 abgestellt. Abnehmer von 16,7 Hertz-Bahnstrom zum Betrieb von Eisenbahnen hatten zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit, den Strom von dritter Seite zu beziehen, weil das Netz der A AG bzw. Klägerin erst ab 2003 liberalisiert wurde.

An dieser zutreffenden Marktabgrenzung ändert es nichts, wenn die Beklagte im fraglichen Zeitraum in der Lage gewesen sein sollte, Dieselkraftstoff für den Betrieb ihres Eisenbahnunternehmens von Drittlieferanten zu beziehen. Denn sie hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie nur über eine Diesellok, aber über mehrere Elektrolokomotiven verfügt. Der sachlich relevante Angebotsmarkt bestimmt sich nach dem Bedarfsmarktkonzept. Danach sind sämtliche Erzeugnisse, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet hält, abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, marktgleichwertig.

Stehen unterschiedliche Systeme zur Bedarfsdeckung zur Verfügung, so ist eine Austauschbarkeit zu verneinen, wenn nach den Verbrauchsgewohnheiten der Abnehmer nicht davon auszugehen ist, dass diese von einem System zum anderen wechseln. So sind trotz der objektiv gegebenen Substituierbarkeit verschiedene Energieträger, die den gleichen Bedarf nach Raumwärme decken, nicht unbedingt als austauschbar anzusehen, da die Umstellung von einem Heizungssystem auf das andere, z. B. von Gas auf Heizöl, unter Umständen erhebliche Kosten verursacht. Selbst bei Produkthomogenität kann es an der funktionellen Austauschbarkeit und damit an einem einheitlichen Markt fehlen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Abnehmer Anpassungsleistungen erbringt, um vorhandene Unterschiede in der Aufmachung des Angebots zu überwinden. Insbesondere fehlt es an einer zumutbaren Ausweichmöglichkeit, wenn sie mit besonderen Kostenaufwendungen verbunden ist (Götting in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht § 19 Rn. 13f; Langen/Bunte/Schultz, Kartellrecht, 10.Aufl. § 20 Rn. 53 ff ). Die von der Klägerin als ihr günstig zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 23.02.2005 scheint diesen Umstand nicht zu berücksichtigen, sondern ohne weiteres von der Austauschbarkeit zwischen Fernwärme, Öl, Gas und Elektrizität auszugehen. Ob ihr zu folgen wäre, kann aber dahin stehen, weil es vorliegend nicht um Heizenergie, sondern um andere Märkte geht, so dass die Verhältnisse nicht vergleichbar sind.

Hat die Beklagte überwiegend Elektroloks und nur eine Diesellok im Einsatz, so ist es weder zu erwarten noch zumutbar, dass sie nahezu ihren gesamten Fuhrpark austauschen und auf Dieselloks umstellen wird, um Dieseltreibstoff von Drittlieferanten beziehen zu können. Das gilt erst recht, wenn - was sie unbestritten vorgetragen hat - aus wirtschaftlichen Gründen Dieselloks nur auf Kurzstrecken eingesetzt werden könnten.

Von einer funktionellen Austauschbarkeit zwischen elektrischer Energie und Dieselkraftstoff ist danach nicht auszugehen, so dass es bei dem vom Landgericht bestimmten sachlich relevanten Markt verbleibt, auf dem die Klägerin jedenfalls im maßgeblichen Zeitraum eine Alleinstellung innehatte.

c) Die Anwendung des § 20 GWB scheitert aber daran, dass es sich bei der Beklagten und der B AG nicht um gleichartige Unternehmen handelt.

Konzernunternehmen sind wegen der wirtschaftlichen Einheit - im Verhältnis zum diskriminierten Drittunternehmen - nicht als gleichartige Unternehmen anzusehen (Langen/Bunte/Schultz aaO. § 20 Rn. 112; Bechthold, aaO. Rn. 46; Loewenheim a. a. O. § 20, Rn. 85; BGH WuW/E 1238 ff - Registrierkassen; NJW 82, 2775 -Stuttgarter Wochenblatt; WuW/E 2360 - Freundschaftswerbung; ).

Entscheidend ist dabei - entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung - nicht, dass es sich bei dem Normadressaten um den Mutterkonzern und bei dem bevorzugt behandelten Unternehmen um eine Tochtergesellschaft handelt. In der Rechtssprechung wird vielmehr durchgehend auf die unternehmerische Einheit abgestellt. (BGH WuW/E 2360 - Freundschaftswerbung; WuW/E 1947 - Stuttgarter Wochenblatt). Danach kann jedenfalls die unentgeltliche Erbringung von Lieferungen und Leistungen der Muttergesellschaft zugunsten der Tochtergesellschaft nicht beanstandet werden. Das ist nicht anders zu beurteilen, als wenn die Muttergesellschaft einen Geschäftsverlust übernimmt, festgestellte Gewinne stehen lässt oder Bar- und Sachleistungen erbringt. Leistungen dieser Art können nicht deshalb beanstandet werden, weil dadurch die Tochtergesellschaft in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird. Für die Konkurrenten der Tochtergesellschaft ergäbe sich keine andere Situation, wenn die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft den üblichen Preis berechnete und den dadurch entstehenden Verlust übernehmen würde. Derartige innergesellschaftliche Vorgänge entziehen sich einer Bewertung als diskriminierend im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB. Diese Überlegungen treffen nicht nur im Verhältnis Mutter-Tochtergesellschaft zu, sondern gelten für alle Unternehmen, die aufgrund ihrer Konzernzugehörigkeit als unternehmerische Einheit anzusehen sind (Immenga/Mestmäcker/Markert, GWB, 3. Aufl., § 20 Rn. 126 jeweils m. w. N.). Daraus folgt, dass die Diskriminierung des betroffenen Unternehmens im Verhältnis zu einem anderen (fremden) Unternehmen vorliegen muss und die Begünstigung eines zum Konzern des Marktbeherrschers gehörenden Unternehmens nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift fällt ( so auch OLG Düsseldorf, WuW/E -DE-R 1184 ).

Davon ist im Ansatz zu Recht auch das Landgericht ausgegangen.

Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht allerdings, wenn es gemeint hat, bei den eisenbahnrechtlichen Bestimmungen in §§ 8 und 3 Abs. 1 Nr. 2 EIBV handele es sich um spezielle gesetzliche Regelungen, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz gebieten. Die für Eisenbahnstrukturunternehmen geltenden Bestimmungen des AEG und der EIBV sind - anders als in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall ( a.a.O.) - hier nicht anwendbar, weil es nicht um den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur - dort Trassen -, sondern um die Belieferung mit elektrischer Energie geht.

Im hier zu entscheidenden Fall fehlt es an einer vergleichbaren Ausnahmebestimmung, nach der im Bereich der Versorgung mit Eisenbahnstrom verbundene und fremde Unternehmen gleich zu behandeln sind. Die Vorschriften des AEG und der EIBV sind - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts - auf die Belieferung mit Fahrstrom nicht anwendbar. Gem. § 1 Abs. 2 Satz 3 AEG gilt das Gesetz ( u.a.) nicht für die Versorgung von Eisenbahnen mit Fahrstrom, soweit nicht durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Ausnahmen von der Unanwendbarkeit des Gesetzes im Hinblick auf die Energieversorgung finden sich im AEG nur für Bahnstromfernleitungen und für Anlagen zur streckenbezogenen Versorgung mit Fahrstrom, während sich die Vertragsbeziehungen hinsichtlich der Versorgung mit Fahrstrom nach den allgemeinen Bestimmungen oder dem EnWG richten ( Hermes in Beck'scher AEG - Kommentar, § 1 Rn. 30 ; Suckale ebenda § 2 Rn. 137 ).

Die von der Beklagten im Hinblick auf das Gesetzgebungsverfahren geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken bedürfen hier schon deswegen keiner näheren Prüfung, weil der streitige Abrechnungszeitraum vor der Gesetzesänderung liegt und der frühere Rechtszustand ohnedies kein anderer war. Die erstmals im Rahmen der 3. AEG - Novelle aufgenommene Ausnahmebestimmung bezüglich Fahrstrom in § 1 Abs. 2 AEG n.F. dient lediglich der Klarstellung und hat zu keiner Einschränkung des Anwendungsbereichs des AEG geführt ( Suckale a.a.O. a.A. Elsner, NuR 06, 53 ).

Die Neuordnung des deutschen Eisenbahnrechts und das AEG von 1993 beruhen im Wesentlichen auf europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Umsetzung der Richtlinie des Rats 91/440 EWG vom 29.7.1991. Art. 3 der Richtlinie verweist wegen der Definition des Begriffs "Eisenbahninfrastruktur" auf Anlage 1 Teil A der Verordnung (EWG) Nr. 2598/70. In der dort in Bezug genommenen Aufstellung wird Fahrstrom nicht erwähnt. Bei der dortigen Aufzählung handelt es sich - nach freilich nicht unbestrittener Auffassung( vgl. Suckale a.a.O. § 2 Rn. 25 auch zu a.A.) - um eine abschließende Legaldefinition der Eisenbahninfrastruktur. Jedenfalls hätte es aber der ausdrücklichen Erwähnung von Fahrstrom bedurft, wenn er in den Anwendungsbereich der Richtlinie hätte einbezogen werden sollen. Denn bei der zum Betrieb von Zugmaschinen erforderlichen elektrischen Energie handelt es sich schon begrifflich nicht um einen Bestandteil der Infrastruktur. Zur Infrastruktur gehören Gegenstände und Einrichtungen ( Zugangsobjekte ), zu denen der Zugang gewährt werden muss, weil er Voraussetzung für den Betrieb eines Eisenbahnunternehmens ist. Nach Ziel und Systematik der Richtlinie sollen die Eisenbahnmonopole dadurch beendet werden, dass die monopolisierten Netze geöffnet und der Wettbewerb der Verkehrsunternehmen mittels eines Zugangsrechts zu den Infrastruktureinrichtungen ermöglicht wird. Soweit Elsner ( a.a.O. ) zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung auf "sonstige Ausnahmebereiche" verweist, die im AEG ausdrücklich angeführt seien, berücksichtigt er nicht, dass es sich dabei um Bereiche handelt, die an sich unter den Begriff der Infrastruktur fielen, was für Fahrstrom, mit Ausnahme der Stromleitungen, Abnahme- und Umschaltvorrichtungen, aber von vornherein nicht der Fall ist.

Ausnahmen von der Unanwendbarkeit des AEG im Hinblick auf Energieversorgung finden sich im AEG selbst nur für Bahnstromfernleitungen und für Anlagen zur streckenbezogenen Versorgung mit Fahrstrom, nicht jedoch für die Energieversorgung mit Fahrstrom selbst.

Die Klägerin ist zwar - insoweit - Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Sinne von § 2 Abs. 1, 2. Alternative AEG.

Für die Anwendung der eisenbahnrechtlichen Bestimmungen im hier interessierenden Zusammenhang genügt dies jedoch nicht. Der abweichenden Auffassung des Landgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.

Nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil nutzt die Beklagte zwar bei der Abnahme des Fahrstroms die Unterwerke und Stromleitungen zwischen Unterwerken und Fahrdraht, die gem. Anlage 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2598/70 auch im streitigen Abrechnungszeitraum schon zur Infrastruktur zählten.

Da die elektrische Energie, mit der die Eisenbahnverkehrsunternehmen versorgt werden, anders als die zu ihrem Transport benötigten Leitungen und Anlagen nicht zur Eisenbahninfrastruktur zählt (Suckale a. a. O.), sondern sich die Vertragsbeziehungen und Tarife nach dem EnWiG richten ( § 3 a EnWiG; Hermes a. a. O., Rn. 30), kann es für die Anwendbarkeit des AEG nicht genügen, dass bei der Abnahme von Fahrstrom zur Infrastruktur gehörende Einrichtungen zwangsläufig verwendet werden. Andernfalls würde die eigenständige Regelung für Fahrstrom außerhalb des AEG leer laufen, soweit es um den Bezug von der Klägerin geht.

Aus dem beiderseitigen Vortrag der Parteien geht auch nicht hervor, dass in dem im streitigen Zeitraum zur Anwendung kommenden Tarif ein gesondertes Entgelt für den Zugang zur Infrastruktur enthalten war. Zwar hat die Klägerin in anderem Zusammenhang - nämlich als Entgegnung auf die Behauptung der Beklagten, andere Anbieter hätten Fahrstrom um 30% günstiger angeboten - vorgetragen, es handele sich bei dem von ihr zugrunde gelegten Tarif um einen all - inclusive -Tarif, mit dem auch die Nutzung des Bahnstromnetzes abgegolten werde, während sich der ( angeblich) um 30% günstigere Preis Dritter auf die reine Energielieferung beziehe ( Ss. v. 6.12.2005, ,S. 20 = Bl. 562 d.A.). Die Parteien gehen aber übereinstimmend davon aus, dass es zum maßgebenden Zeitpunkt noch keinen gesondert ausweisbaren und zu addierenden Betrag für die Netznutzung geben konnte, da die Klägerin bis Anfang 2004 noch gar nicht habe wissen können, welche Kosten durch die Netznutzung entstehen ( Berufungserwiderung v. 15.3.2006, S. 22 = Bl. 604 d.A., Schriftsatz v. 28.10.2004, S. 1 ff. = Bl. 219 d.A.).

Damit ist nach dem insoweit unstreitigen Parteivortrag davon auszugehen, dass in dem von der Beklagten im Juni /Juli 2002 berechneten Tarif kein gesondertes Entgelt für die Benutzung der Eisenbahninfrastruktur (Bahnstromleitungen) im Sinne von §§ 5,6 EIBV enthalten war, wie sich im Übrigen auch aus Ziff. 4 der AGB der Klägerin ergibt.

Soweit die Klägerin Kosten für die Errichtung und Vorhaltung des Bahnstromnetzes in die Preiskalkulation einbezogen hat, stellt dies nicht die Berechnung eines besonderen Entgelts für die Nutzung der Infrastruktur ( § 5 EIBV), sondern die wirtschaftlich - kalkulatorische Ermittlung eines kostendeckenden Preises für die Energieversorgung dar.

d) Die Beklagte wird durch die von der Klägerin gewählte Rabattstaffelung auch nicht unbillig behindert ( § 20 GWB). Behinderung ist eine für das Wettbewerbsverhalten des betroffenen Unternehmens objektiv nachteilige Maßnahme (Bechthold a. a. O., Rn. 37 m.w.N). Die Preisdifferenzierung der Klägerin beeinträchtigt die Wettbewerbschancen der Beklagten, weil diese ein höheres Entgelt als die B AG zahlen muss und folglich einen höheren Kostenaufwand hat, um ihre schienengebundenen Güterverkehrsdienstleistungen zu erbringen. Dieser höhere Kostenaufwand begrenzt den finanziellen Handlungsspielraum der Beklagten, namentlich bei der Preisbildung und beeinträchtigt damit ihre Möglichkeiten und Chancen, auf den Angebotsmarkt für schienengebundene Güterverkehrsdienstleistungen in Wettbewerb mit der B AG zu treten. Darin liegt zwanglos eine Behinderung der Beklagten im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB (OLG Düsseldorf a. a. O.).

Die Behinderung kann aber nicht als unbillig angesehen werden.

Zwar kann, soweit die Anwendung des Diskriminierungsverbotes ausscheidet, in Einzelfällen Schutz über das allgemeine Behinderungsverbot bestehen.Die Bevorzugung von Konzernunternehmen und anderen interessenmäßig verbundenen Unternehmen ist jedoch in der Regel nicht unbillig, weil grundsätzlich niemand verpflichtet ist, fremden Wettbewerb zu fördern (Schultz a. a. O. Rn. 153 m. w. N.). Entscheidend ist, dass die Konzernspitze auch unmittelbar die Geschäftstätigkeit des Konzernunternehmens übernehmen könnte (Schultz a.a. O., Rn. 112) und sich die Behinderung des Drittunternehmens dann in gleicher Weise einstellen würde.

e) Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Preisfestsetzung im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 und 2 GWB sind ebenfalls nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte bereits in erster Instanz behauptet hat, einzelne Anbieter hätten Bahnstrom 30 % günstiger als die Klägerin angeboten, ist ihre Behauptung von der Klägerin bestritten worden (GA 562) und ihr Vortrag nebst "Beweisantritt" (GA 222) unsubstantiiert, weil ( die angeblichen) Angebote und deren Inhalt unter Zeugenbeweis gestellt werden, ohne die Anknüpfungstatsachen zu benennen. Darüber hinaus ist unklar, wie sich diese Behauptung zu dem Vortrag der Beklagten verhält, im fraglichen Zeitraum habe kein Dritter Bahnstrom angeboten. Schließlich sind die Ausführungen zur Vergleichbarkeit der Preise widersprüchlich, weil die Beklagte einerseits behauptet, es habe sich um "all - inclusive" - Preise gehandelt, während sie andererseits vorträgt, im streitigen Zeitraum habe die Klägerin über die Höhe der Durchleitungskosten noch gar keine Entscheidung getroffen gehabt. Eine Beweisaufnahme zu den angeblichen Vergleichspreisen kam unter diesen Umständen nicht in Betracht.

Weitere Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Preisfestsetzung im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 und 2 GWB sind nicht ersichtlich. Die Einräumung eines Mengennachlasses gegenüber dem Konzernunternehmen B AG stellt insbesondere keine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterbehandlung dar.

f) Eine allgemeine Prüfung der Billigkeit des Strompreises nach § 315 BGB war im vorliegenden Verfahren nicht veranlasst. Sie setzt voraus, dass einem Vertragspartner ein Leistungsbestimmungsrecht zusteht. Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat der Beklagten mit Schreiben vom 13.5.2002 zwei Berechnungsvarianten (Mischpreis- und Arbeits-/Leistungspreissystem) unterbreitet und ihr eine gemeinsame Bewertung angeboten. Ferner hat sie darauf hingewiesen, dass der Beklagten gemäß Ziff. 1.2 der AGB eine zweiwöchige Widerspruchsfrist zusteht, "nach deren Ablauf die Änderungen als vereinbart gelten". Die Beklagte hatte demnach die Möglichkeit, einer Preisänderung zu widersprechen und die Klägerin auf die Durchsetzung der Entgeltforderung im Klageweg zu verweisen. Damit ist für eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB wegen einseitiger Leistungsbestimmung kein Raum.

Selbst wenn eine Billigkeitskontrolle schon im Hinblick auf die im Vertrag ursprünglich "vereinbarten" Preise in Betracht käme, ist sie nicht Gegenstand des Verfahrens. Zwar hat derjenige, dem das Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist, die Billigkeit seiner Bestimmung darzutun, wenn sich die andere Vertragspartei auf die Unbilligkeit beruft ( BGH NJW 03, 3131). Voraussetzung ist jedoch, dass sich die andere Vertragspartei hinreichend deutlich auf die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung beruft.

Daran fehlt es hier : Mit Schriftsatz vom 2.2.2004 hat die Beklagte die Forderung unter dem Vorbehalt der Rechte im Nachverfahren anerkannt und vorgetragen, sie wolle ihre Einwendungen erst im Nachverfahren geltend machen, da sie einer möglicherweise ihr obliegenden Beweislast nur mit Beweismitteln Rechnung tragen könne, die allein im Nachverfahren berücksichtigungsfähig seien. Abschließend heißt es in diesem Schriftsatz, die Beklagte könne sich jedenfalls auf die Nichtigkeit der Preisregelung wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot bzw. den fehlenden Nachweis der Billigkeit berufen.

Die Klägerin hat - entgegen ihrer Ankündigung - im Nachverfahren die Unbilligkeit der Preisfestsetzung aber nicht gerügt, sondern sich nur auf die Nichtigkeit der Preisgestaltung gem. § 134 BGB wegen Diskriminierung infolge der Rabattgestaltung gem. §§ 19 Abs. 4 Nr. 1und 2, 20 GWB, 14 AEG berufen (Schriftsatz v.9.5.2004 = Bl. 90 ff. d.A.; 28.10.2004 =Bl. 219 d.A.). Auch ihr weiterer Vortrag in erster Instanz bezog sich ausschließlich auf den kartellrechtlichen Mißbrauchsvorwurf und die Verletzung eisenbahnrechtlicher Bestimmungen.

Will eine Partei die Unbilligkeit einer Leistungsbestimmung rügen, so muss sie diese Einwendung gegenüber einer Leistungsklage des Energielieferanten zumindest so deutlich zum Ausdruck bringen, dass der Prozessgegner seinen Vortrag darauf einstellen kann. Der nur beiläufige Hinweis im Urkundenprozess, die Beklagte könne sich auf den fehlenden Nachweis der Billigkeit ( im Nachverfahren ) berufen, genügt dafür nicht, zumal die Ausführungen im Schriftsatz vom 2.2.2004 nur als Ankündigung möglicher Einwendungen im Nachverfahren zu verstehen sind und die Beklagte andernfalls mit der Zurückweisung ihrer Einwendungen hätte rechnen müssen ( § 598 ZPO). Das betrifft allerdings nicht die Einwendung der unbilligen Leistungsbestimmung. Wäre sie schon im Urkundenprozess erhoben worden, hätte die Klägerin - sofern § 315 BGB hier anwendbar wäre, wovon die Beklagte ausgeht - nach der erwähnten Rechtsprechung ihrerseits die Billigkeit der getroffenen Leistungsbestimmung nachweisen müssen.

Wenn die Beklagte den Anspruch gleichwohl im Urkundenprozess anerkannt hat, zeigt dies umso mehr, dass sie die Einwendung der Unbilligkeit im Urkundenverfahren ( noch ) nicht erheben wollte und im Nachverfahren nicht mehr erhoben hat.

Zu Unrecht rügt die Beklagte deshalb in der Berufungserwiderung, die Klägerin habe nichts zur Billigkeit ihres Stromtarifs vorgetragen. Der gesamte erstinstanzliche Vortrag der Beklagten bot hierzu unter dem Gesichtspunkt des § 315 BGB keinen Anlass.

Selbst wenn man die knappen Ausführungen der Beklagten zu § 315 BGB am Ende der Berufungserwiderung als Geltendmachung einer entsprechenden Einwendung ansehen wollte, wäre sie verspätet, ohne dass es auf eine Verzögerung des Rechstreits ankommt (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sie zur Erhebung des Einwands der unbilligen Leistungsbestimmung gem. § 315 BGB - entgegen ihrer Ankündigung - im Nachverfahren erster Instanz nicht in der Lage gewesen wäre.

3.)

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil sich die Frage der Anwendbarkeit eisenbahnrechtlicher Bestimmungen auf die Versorgung mit Fahrstrom und die Auswirkungen des eisenbahnrechtlichen Diskriminierungsverbots in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle stellt.

Ende der Entscheidung

Zurück