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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 21.08.2007
Aktenzeichen: 11 U 8/07 (Kart)
Rechtsgebiete: GWB, BGB, 1. AVVFstr


Vorschriften:

GWB § 1
GWB § 35 a. F.
GWB § 35 Abs. 1
GWB § 38 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 164
BGB § 164 Abs. 1
BGB § 164 Abs. 2
BGB § 247
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 823 Abs. 2
1. AVVFstr § 7 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die klagende Bundesrepublik Deutschland verlangt von der Beklagten wegen Submissionsabsprachen Schadensersatz bzw. Rückzahlung von Werklohn aus ungerechtfertigter Bereicherung.

Die Beklagte betreibt ein Straßenmarkierungs-Unternehmen. Bei der Vergabe von Straßenmarkierungsaufträgen kam es in der Vergangenheit zu umfangreichen Preisabsprachen, an denen die Beklagte beteiligt war. Am 15.01.1992 trafen sich die im sogenannten Arbeitskreis Hessen zusammengeschlossenen Unternehmen der Fahrbahn-Markierungsbranche im Hotel A in O1 und sprachen sich über ihr Angebotsverhalten bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand für Fahrbahnmarkierungsarbeiten in der Weise ab, dass ein Mindestbieter festgelegt und darüber liegende Schutzangebote der übrigen Bieter vereinbart wurden. Die konkreten Angebotspreise wurden zwischen den sich an den jeweiligen Ausschreibungen beteiligenden Unternehmen abgesprochen.

Die Beklagte und die B GmbH boten als Bietergemeinschaft unter der Federführung der Beklagten am 20.02.1992 dem Hessischen Straßenbauamt O2 den Abschluss eines Jahresrahmenvertrages an. Da das Angebot das günstigste war, schloss das Amt mit der Bietergemeinschaft am 14.05.1992 den Vertrag ab, der eine Laufzeit vom 01.04.1992 bis zum 31.03.1993 hatte (Anl. 1/K und 2/K).

Die Beklagte bot ferner am 25.02.1992 aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung dem Hessischen Straßenbauamt O3 einen Jahresrahmenvertrag an, den das Amt durch Schreiben vom 10.04.1992 mit der Laufzeit vom 01.04.1992 bis zum 31.03.1993 annahm (Anl. 3/K und 4/K).

In beiden Fällen waren die Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau, Ausgabe 1988 (ZVB - StB 88) Vertragsbestandteil. Ziffer 31.1 ZVB - StB 88 lautet:

"Wettbewerbsbeschränkungen (zu § 8 Nr. 4)

31.1 Wenn der Auftragnehmer aus Anlass der Vergabe nachweislich eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt, hat er 3 v. H. der Auftragssumme an den Auftraggeber zu zahlen, es sei denn, dass ein Schaden in anderer Höhe nachgewiesen wird.

....."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ZVB - StB 88 Bezug genommen (Anlage 6/K).

Wie von den Beteiligten am 15. 01.1992 abgesprochen, war die Bietergemeinschaft der Beklagten und der Fa. B bzw. die Beklagte Mindestbieterin in diesen beiden Fällen. Sie erhielt die Aufträge, nachdem sie ihre Angebotspreise mit den anderen Mitgliedern des Bieterkartells abgestimmt und die anderen Mitglieder höhere Angebote abgegeben hatten. Wegen der Höhe der jeweils abgegebenen Angebote wird auf die Anlagen 9/K und 10/K Bezug genommen.

Gegenüber dem Hessischen Straßenbauamt O2 rechnete die Beklagte beauftragte Markierungsarbeiten an Bundesautobahnen und Bundesstraßen im Jahr 1992 mit 227.846,20 DM (Bl. 158 - 183 d. A.) und im Jahr 1993 mit 21.851,95 DM (Bl. 185 - 190 d. A.) ab. Gegenüber dem Hessischen Straßenbauamt O3 erfolgten Abrechnungen solcher Arbeiten im Jahr 1992 mit 277.409,20 DM (Bl. 192 - 211 d. A.) und im Jahr 1993 mit 38.700,65 DM (Bl. 213 - 222 d. A.). Die Klägerin bezahlte diese Beträge an die Beklagte.

Wegen Verstößen gegen §§ 1, 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB erließ die 3. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts am 21.03.1996 einen Bußgeld-Bescheid gegen den früheren persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten sowie gegen die Beklagte und verhängte wegen wettbewerbswidriger Preisabsprachen Bußgelder. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bußgeld-Bescheid verwiesen (Anlage 7/K). Gegenstand des Bußgeld-Bescheides ist u. a. die oben erwähnte Absprache vom 15.01.1992.

Die Beklagte zahlte im Hinblick auf die Regelung in Nr. 31.1 ZVB - StB 88 wegen Aufträgen in den Jahre 1992 und 1993 von insgesamt 1.059.771,88 DM an die Klägerin 22.843,50 DM (Bl. 16 d. A.).

Nach Abschluss des Kartellbußgeldverfahrens beauftragte die Deutsche Studiengesellschaft für Straßenmarkierungen e. V. (DSGS), eine Interessenvertretung der Fahrbahn-Markierungsunternehmen, die Kienbaum Management Consultants GmbH damit, bundesweit in ausgewählten Mitgliedsfirmen der DSGS eine Untersuchung der Strukturkosten im Bereich der Fahrbahn-Markierungsarbeiten durchzuführen. In dieser mit Datum vom 07.01.2000 erstellten Studie wurden Kennwerte für einen kostendeckenden Preis für Fahrbahn-Markierungen ermittelt, wobei sich die Untersuchung auf 24 von ca. 120 bis 200 branchenzugehörigen Firmen erstreckte, darunter die größten Unternehmen der Branche. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf die Anlage 12/K verwiesen.

Die Klägerin macht mit der Klage hinsichtlich der oben genannten Markierungsarbeiten auf Bundesautobahnen und Bundsstraßen die Differenz des jeweils gemäß der Kienbaum-Studie ermittelten kostendeckenden Preises zu dem auf der Grundlage der geschlossenen Verträge an die Beklagte gezahlten Preis geltend. Teilweise rechnet sie die dort für eine Strichbreite von 0,12 m zugrunde gelegten Kosten auf andere Strichbreiten um. Dabei ermittelte sie (inklusive Mehrwertsteuer) bezüglich des Auftrages des Hessischen Straßenbauamtes O2 Preisdifferenzen von 43.551,32 DM (1992) und 3.948.04 DM (1993) sowie bezüglich des Auftrages des Straßenbauamtes O3 Differenzen von 94.655,99 DM (1992) und 11.822,32 DM (1993). Von den ermittelten Preisdifferenzen zieht die Klägerin die von der Beklagten geleisteten Pauschalbeträge (3 % des Auftragspreises) ab. Sie verlangt die Erstattung eines Restschadens von 137.003,41 DM = 70.048,73 EUR. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 95 ff. und Bl. 100-111 d. A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 03.11.2004 forderte die Klägerin die Beklagte unter Zugrundelegung eines Mindestschadens in Höhe von 15 % der Abrechnungssumme zur Zahlung von 73.626,10 EUR auf (Anlage 18/K).

Die Klägerin hat gemeint, die Klageforderung sei unter den Gesichtspunkten sowohl der culpa in contrahendo als auch der ungerechtfertigten Bereicherung begründet. Die Preisabsprachen - nicht jedoch die Werkverträge als solche - seien wegen Gesetzesverstoßes nichtig, so dass sich der Wert der ausgeschriebenen Markierungsarbeiten nicht nach den vereinbarten Preisen bemesse, sondern nach Preisen, die bei Beachtung der für das Ausschreibungsverfahren geltenden Vorschriften im Wettbewerb erzielbar waren. Der Schaden des Auftraggebers liege darin, dass er mit der vereinbarten Vergütung einen höheren als den erzielbaren (hypothetischen) Wettbewerbspreis bezahlt habe. Dabei sei die Höchstgrenze der Selbstkostenfestpreis zuzüglich Unternehmergewinn (§§ 5 Abs. 3, 7 und 9 der Verordnung PR-Nr. 1/72 über die Bauleistungen bei öffentlichen oder mit öffentlichen Mitteln finanzierten Aufträgen vom 06.03.1972 (BGBl. I S. 293), nachfolgend: VO/PR 1/72). Die Nichtigkeit der auf Submissionsbetrug beruhenden Preisabrede habe zur Folge, dass entweder der hypothetische Wettbewerbspreis oder der Selbstkostenfestpreis für die Abrechnung des Werklohnes und für die Ermittlung des Schadens maßgeblich sei. Beweispflichtig für beide Preise sei die Beklagte.

Die Klägerin hat nach teilweiser Klagerücknahme beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie (Klägerin) 70.048,74 EUR nebst 8 v. H. Zinsen p. a. über dem Basiszins gemäß § 247 BGB seit 04.12.2004 sowie 2,-- EUR Auslagen zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin gerügt und gemeint, dass nicht die Klägerin, sondern das Land Hessen ihr Vertragspartner geworden sei. Ferner hat sie die Höhe der Klageforderung bestritten und darauf hingewiesen, dass die Kienbaum-Studie nicht geeignet sei, die maßgeblichen Selbstkostenfestpreise für die Jahre 1992 und 1993 zu ermitteln. Die Kienbaum-Studie stelle lediglich dar, welche Selbstkosten in einem idealisierten Arbeitsumfeld für einzelne Bezuggrößen entstehen. Sie gehe davon aus, dass keine wetterbedingten Ausfallzeiten, defekte Maschinen, erkrankte Arbeiter etc. vorkommen. In einer Kalkulation müssten diese Faktoren jedoch zwingend berücksichtigt werden, da sie regelmäßig zu längeren Arbeitszeiten, Reparaturkosten etc. führten. Aus diesem Grund müsse der hypothetische Marktpreis zwingend mindestens 10 % über dem Kienbaum-Wert liegen. Außerdem sei ein Unternehmergewinn von 5 % des Umsatzes hinzuzurechnen. Der hypothetische Marktpreis liege somit zumindest 15 % über dem von Kienbaum ermittelten Wert.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass es zwar von der Aktivlegitimation der Klägerin ausgehe, da die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung die Bundesstraßenverwaltung im Wege der Auftragsverwaltung gemäß Art. 90 Abs. 2 GG vertrete. Die Klägerin könne auch einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo haben. Jedoch habe sie einen über die Schadenspauschale von 3 % hinausgehenden Schaden nicht darlegen und beweisen können. Die in Ziffer 31 der ZVB-StB 88 vereinbarte Klausel stelle eine Schadenspauschale in Verbindung mit einer Beweislastverteilung dar. Die Klägerin könne danach einen den Pauschalbetrag übersteigenden Schaden geltend machen, sofern sie einen solchen nachweise. Eine andere Beweislastverteilung rechtfertige sich auch nicht in Anlehnung an die Entscheidung des OLG München vom 19.02.2002 (NJW-RR 2002, 886 = VergabeR 2002, 546). Anders als im dortigen Fall könne hier nicht von einer Nichtigkeit der Preisvereinbarung ausgegangen werden. Die Nichtigkeit ergebe sich weder aus der Nichtigkeit der Kartellabrede noch folge sie daraus, dass der Tatbestand eines Eingehungs- oder Erfüllungsbetruges (§ 263 StGB) vorliege. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Klägerin ein Schaden entstanden sei. Ein Schaden könne eintreten, wenn Anbieter durch Preisabsprachen und Vorspiegelung von Wettbewerb die Bildung des Wettbewerbspreises verhindern und dadurch der mit dem Anbieter vereinbarte Preis höher sei als der erzielbare Wettbewerbspreis. Ob der geforderte Preis dem Wettbewerbspreis entsprochen habe, sei aber zwischen den Parteien gerade streitig. Einzelheiten zu den Submissionsabsprachen im Kartell seien nicht vorgetragen, so dass nicht auf eine Differenz zwischen Angebots- und Nullpreis abgestellt werden könne. Auch hinsichtlich eines Erfüllungsbetruges lasse sich vorliegend nicht ohne weiteres feststellen, ob die geforderten Preise auf der Grundlage des Angebots über den nach der VO PR 1/72 zulässigen Selbstkostenfestpreisen liegen. Bezüglich in Betracht kommender Rückerstattungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung fehle es an der schlüssigen Darlegung des Umfangs einer Bereicherung unter Berücksichtigung des hypothetischen Wettbewerbspreises. Mit ihrer Kalkulation im Schriftsatz vom 23.05.2006 könne die Klägerin den behaupteten Schaden nicht nachvollziehbar darstellen, weil es an Anknüpfungstatsachen fehle, die erst eine sachverständige Nachprüfung des Rechenwerks erlaubt hätten. Insbesondere habe die Klägerin keine konkrete Berechnung der Forderung anhand vergleichbarer Aufträge vorgenommen, keine konkreten Marktpreise benannt oder sonstige Anhaltspunkte dargelegt. Mangels greifbarer Anhaltpunkte komme auch eine Schätzung des Schadens nicht in Betracht. Die Kienbaum-Studie sei dafür keine geeignete Grundlage. Zum einen ließen sich die Ergebnisse, die auf einer Befragung von Unternehmen im Jahre 1998 beruhten, nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der hier streitigen Auftragserteilung übertragen. Noch deutlicher spreche gegen die Heranziehung der Studie, dass sie teilweise Idealbedingungen zugrunde lege und wesentliche, für die Preisbildung wichtige Faktoren wie krankheits- und wetterbedingte Ausfälle unberücksichtigt lasse und einen Unternehmergewinn nicht mitkalkuliere. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidung des Landgerichts verwiesen (Bl. 243 - 255 d. A.).

Gegen das am 20.12.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.12.2006 Berufung eingelegt und diese am letzten Tag der bis 22.02.2007 verlängerten Frist begründet.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag weiter. Sie ist der Ansicht, sie sei aktivlegitimiert und verweist u. a. auf § 7 Abs. 1 der 1. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen (1. AVVFstr) vom 03.07.1951 in der Fassung vom 11.02.1956, wonach in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Länder den Bund im Bereich der Auftragsverwaltung unter der Bezeichnung "Bundesrepublik Deutschland - Bundesstraßenverwaltung - " gerichtlich und außergerichtlich vertreten. In der Sache sieht sie die Darlegungs- und Beweislast für den angemessenen Wettbewerbspreis und/oder den Selbstkostenfestpreis bei der Beklagten. Sie meint, die Selbstkostenfestpreise nach der VO PR Nr. 1/72 müsse die Beklagte anhand ihrer Vorkalkulation darlegen und beweisen. Fehle die Vorkalkulation, so werde die Abrechnungsregelung nach der VO PR Nr. 1/72 nicht hinfällig. Gemäß Nr. 43 Abs. 2 der Leitsätze für die Ermittlung von Preisen für Bauleistungen aufgrund von Selbstkosten (LSP-Bau) dürften die Selbstkosten für allgemeines Unternehmerwagnis nicht mehr als 6 % und darüber hinaus keinen Leistungsgewinn des Unternehmers enthalten.

Die Klägerin behauptet, die Selbstkosten der Unternehmen, auch die der Beklagten, seien in den 6 bzw. 7 Jahren bis zur Erstellung der Kienbaum-Studie gestiegen (Beweis: Sachverständigengutachten).

Sie vertritt ferner die Ansicht, es liege auf der Hand, dass der Selbstkostenfestpreis laut Vorkalkulation der Beklagten erheblich unter dem vereinbarten Werklohn gelegen habe, da die Beklagte ihr Angebot mit einem Leistungsgewinn von 5 % kalkuliert habe. Im Falle einer verbotenen Preisabsprache dürfe ein Leistungsgewinn jedoch nicht angesetzt werden. Der Leistungsgewinn ergebe hier einen Betrag von 28.290,40 DM = 14.464,65 EUR. Der gezahlte pauschale Schadensersatz dürfe hiervon nicht abgesetzt werden, weil er bereits den Schaden abdecke, der ihr dadurch entstanden sein, dass der auf der Basis der Selbstkostenfestpreise ermittelte Werklohn noch erheblich über dem hypothetischen Wettbewerbspreis liege.

Ferner nimmt die Klägerin Bezug auf ein Gutachten des Sachverständigen SV1 vom 01.03.2007, das vom Landgericht Kassel in einem Rechtsstreit der Klägerin gegen C - Az.: 9 O 1963/05 - eingeholt wurde (Bl. 304 - 309 d. A.).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.11.2006 - Az.: 2/3 O 8/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 70.048,74 EUR nebst 8 v. H. Zinsen p. a. über dem Basiszins gemäß § 247 BGB sei 04.12.2004 sowie 2,-- EUR Auslagen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

A) Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

B) In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1.) Ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo, der zugunsten des Auftraggebers bei unzulässigen Angebotsabsprachen in Frage kommt (OLG Celle WuW/E OLGE 559; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.11.2006 - Az. 11 U 53/03 (Kart) = VergabeR 2007, 422 ff.; Schmidt ZIP 1983, 652; Diehl ZfBR 1994, 106), scheitert daran, dass die Klägerin nicht Vertragspartner der Beklagten und damit auch nicht Gläubiger der der Beklagten obliegenden vorvertraglichen Pflichten geworden ist.

Das Landgericht hat die in erster Instanz bestrittene Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. In der Berufungsinstanz stellt die Beklagte die Aktivlegitimation zwar ausdrücklich nicht weiter in Abrede. Dies entbindet den Senat jedoch nicht von der Prüfung dieser Anspruchsvoraussetzung. Bei der Frage, ob nach dem vorgetragenen Sachverhalt der Anspruch der Klägerin oder einem Dritten (vorliegend: dem Land Hessen) zusteht, handelt es sich um ein Rechtsproblem, das nicht dem Verhandlungsgrundsatz unterliegt.

a) Die Verträge wurden von Straßenbaubehörden des Landes Hessen geschlossen. Diese handelten im Zweifel als Vertreter des Landes. Sofern sie für eine andere Körperschaft, vorliegend für die Klägerin, auftreten wollen, muss dieser Wille im Sinne von § 164 Abs. 1 und Abs. 2 BGB erkennbar werden. Das war hier jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil sprachen die Umstände aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten dafür, dass die Landesbehörden das Land Hessen vertreten wollten. In dem Rahmenvertrag vom 14.05.1992 war in der Kopfzeile die Zeile für den Auftraggeber:

"Auftraggeber: Straßenbauverwaltung

..................................... Hessen

Vertreten durch: Hessisches Straßenbauamt Bauvorhaben

O2 ...................."

nicht ausgefüllt worden, so dass die Beklagte schon deshalb den Eindruck haben musste, Auftraggeber sei die "Straßenbauverwaltung Hessen". Hinzu kommt, dass beide hier in Rede stehenden Aufträge nicht nur Bundesstraßen, sondern auch Landes- und Kreisstraßen betrafen. Die Beklagte konnte nicht annehmen, dass sie den Auftrag für Leistungen an Bundesstraßen von einem anderen Vertragspartner erhalten habe als den Auftrag für die im selben Vertrag vereinbarten Leistungen an Landes- und Kreisstraßen. Vielmehr durfte sie von einem einheitlichen Vertragspartner für alle Vertragsleistungen ausgehen. Dafür kam wegen des Bezugs auf Landes- und Kreisstraßen nur das Land Hessen in Frage.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Verwaltung der Bundesstraßen von den Ländern als so genannte Bundesauftragsverwaltung wahrgenommen wird (Art. 90 Abs. 2 GG). Denn auch im Bereich der Auftragsverwaltung wird der beauftragte Rechtsträger in eigener Zuständigkeit, mit eigenen Bediensteten und mit eigenen Mitteln tätig. Seine Organe werden nicht zu solchen des Rechtsträgers, für den die Auftragsverwaltung erfolgt. Dessen Kompetenzen beschränken sich auf Aufsichtsmaßnahmen (vgl. BGHZ 16, 95, 99; Lerche in: Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 85 Rdn. 5). Verträge zur Erfüllung der Straßenbaulast schließen deshalb die Länder im eigenen Namen (Zech, DVBl. 1987, 1089, 1090; Nicolaus, NVwZ 2003, 929 f.; Ibler in: v. Mangoldt/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 90 Rdn. 64). Soweit für Rechtsgeschäfte vermögensrechtlicher Art wegen § 7 Abs. 1 1. AVVFstr angenommen wird, dass nicht die Länder, sondern der Bund Vertragspartner werde (Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. Kap 2 Rdnr. 28.63), ist dies im Streitfall nicht einschlägig. Zum einen betreffen die in der Verwaltungsvorschrift genannten "vermögensrechtlichen Angelegenheiten" nur Vereinbarungen über den Erwerb, die Belastung oder die Veräußerung von Straßengrundstücken. Zum anderen enthebt die Verwaltungsvorschrift die handelnden Landesbehörden nicht von dem aus § 164 BGB folgenden Erfordernis, die vertretene Körperschaft erkennbar zu machen. Vielmehr ordnet sie gerade an, dass die Landesbehörden die Vertretung des Bundes durch die Bezeichnung "Bundesrepublik Deutschland - Bundesstraßenverwaltung - " kenntlich machen. Das ist jedoch in den hier zur Entscheidung stehenden Auftragsfällen unterblieben.

b) Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin, die allerdings im Verhältnis zum Land die Kosten der Baumaßnahmen zu tragen hat (Art. 104a Abs. 2 GG, § 6 des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs vom 02.03.1951, BGBl. I S. 157), kann auch nicht aus dem Gesichtpunkt hergeleitet werden, dass das vorvertragliche Pflichtenverhältnis zwischen dem Land Hessen und der Beklagten auch zu ihren Gunsten Schutzwirkungen entfaltet hat. Voraussetzung einer solchen Schutzwirkung zugunsten Dritter ist nämlich, dass der Dritte selbst schutzbedürftig ist (z. B. BGHZ 136, 168 f; BGH NJW 1996, 2927, 2929). Die Klägerin ist jedoch nicht in diesem Sinne schutzbedürftig. Die sich aus einer Verletzung vorvertraglicher Pflichten ergebenden Ansprüche können vom Land als Partei dieses Rechtsverhältnisses geltend gemacht werden. Die Klägerin kann aufgrund ihres Weisungsrechts das Land erforderlichenfalls zur Geltendmachung solcher Ansprüche anhalten.

2.) Ein Rückzahlungsanspruch ergibt sich für die Klägerin ferner nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei dieser Rechtsgrundlage bestehen Ansprüche nur innerhalb des Leistungsverhältnisses (BGH NJW 1999, 1393, 1394 m. w. N.; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 812 Rdn., 43). Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens, wobei sich die Zweckbestimmung nach dem Willen der Parteien richtet (BGH a. a. O.). Da Partei der hier in Rede stehenden Verträge das Land Hessen war, sind die Vergütungsleistungen an die Beklagte vom Land erbracht worden. Dieses wollte mit der Vergütungszahlung seine vertraglichen Pflichten erfüllen. Ansprüche des Landes gegen die Klägerin auf Übernahme oder Erstattung dieser Kosten berühren als reine Innenbeziehungen das bereicherungsrechtliche Leistungsverhältnis nicht.

3.) Auch deliktische Schadensersatzansprüche stehen der Klägerin nicht zu. Soweit dafür Ansprüche wegen Betruges (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB, § 826 BGB) in Betracht gezogen werden könnten, scheitert dies daran, dass die Beklagte nur die Bediensteten des Landes Hessen und damit diese Körperschaft über die Submissionsabsprachen getäuscht und dadurch nur deren Vermögensverfügung bewirkt hat. Zwischen dem Getäuschten und dem Verfügenden muss zur Erfüllung des Betrugstatbestandes Identität bestehen (BGHSt 18, 223; Schönke/Schröder/Cramer/Perron, StGB, 27. Aufl., § 263 Rdn. 65), überdies muss der dem Geschädigten entstehende Vermögensnachteil mit dem Vermögensvorteil des Täters korrespondieren (Schönke/Schröder/Cramer/ Perron Rd. 60). An beiden Voraussetzungen fehlt es hier jedoch. Die Bediensteten der hessischen Straßenbaubehörden hatten vor Abschluss der Verträge und vor Auszahlung der Vergütung zu prüfen, ob den in der Submission vorgelegten Angeboten Preisabsprachen zugrunde lagen. Sie verfügten durch die Auftragserteilung und die Auszahlung des Entgelts über das Vermögen des Landes. Dagegen ist nicht ersichtlich, dass sich Bedienstete der Klägerin mit der Möglichkeit unzulässiger Absprachen über das Angebotsverhalten befassten, bevor sie ihrerseits Zahlungen an das Land veranlassten. Die der Beklagten durch die Vermögensverfügungen angefallenen Vermögensvorteile bestanden in dem Erwerb des vertraglichen Vergütungsanspruchs sowie anschließend in dem Erhalt der Vergütungszahlung. Dem korrespondierten aber lediglich die durch die Vertragsschlüsse begründeten Zahlungsverpflichtungen des Landes Hessen bzw. die von ihm geleisteten Auszahlungen. Die Verpflichtungen der Klägerin und die spätere Zahlungsbewirkungen gegenüber dem Land korrespondierten mit den von der Beklagten erlangten Vorteilen dagegen nicht.

Auch ein Anspruch nach §§ 1, 35 Abs. 1 GWB in der damals geltenden Fassung besteht nicht. § 35 GWB a. F. setzte voraus, dass die verletzte Norm (hier: § 1 GWB a. F.) den Schutz eines anderen bezweckte. Geschützt waren auch Abnehmer (OLG Frankfurt am Main, WM 1989, 1102, 1105), wenn sich die Kartellabsprache gezielt gegen sie richtete (BGHZ 86, 324, 330; für § 33 Abs. 3 GWB in der jetzigen Fassung beschränkt die herrschende Meinung den Anspruch auf den unmittelbar Betroffenen, der mit dem Kartelltäter unmittelbar in Kontakt steht, Bechtold, GWB, 4. Aufl. § 33 Rdn. 10 m. w. N.). Abnehmer war im Streitfall jedoch wiederum nur das Land Hessen als Vertragspartner der Beklagten, nicht dagegen die Klägerin, auch wenn die mit der Beklagten vereinbarten Leistungen letztlich der Erfüllung der ihr obliegenden Straßenbaulast dienten und im Innenverhältnis zum Land von ihr zu finanzieren waren. Nur gegen den unmittelbaren Vertragspartner der Fahrbahnmarkierungsunternehmen richtete sich jedoch die Submissionsabsprache.

C) Da die Berufung erfolglos bleibt, hat die Klägerin die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht gemäß § 543 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die Entscheidung beruht vielmehr auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls und der Anwendung bereits höchstrichterlich geklärter Rechtssätze.

Ende der Entscheidung

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