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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.12.2006
Aktenzeichen: 11 Verg 7/06
Rechtsgebiete: GWB, VOL/A


Vorschriften:

GWB § 97
GWB § 107
VOL/A § 25
Zur Interpretation einer Ausschreibung für den Betrieb von Buslinien im Hinblick auf die Frage, ob das Angebot eines Bieters nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen ist.
Gründe:

A.

Die verbundenen Antragsgegner hatten am 11.2.2006 europaweit den Betrieb von sechs Buslinien mit neun Bussen für acht Jahre ausgeschrieben. Einziges Zuschlagskriterium war das wirtschaftlich günstigste Angebot. Hinsichtlich der finanziellen und fachlichen Leistungsfähigkeit waren von den Bietern u. a. folgende Angaben gefordert:

b) Eigenkapitalbescheinigung (siehe Anlage D)

c) Zusatzbescheinigung (siehe Anlage E)

...

i) Bescheinigung der Genehmigungsbehörde über die Bestellung eines Betriebsleiters nach BO-Kraft oder vergleichbar.

...

m) Ausgeführte Betriebsleistungen - sowie Angabe der Busverkehrsleistungen, die mit dem Gegenstand der Vergabe zu vergleichen sind - in den letzten drei Betriebsjahren (Beschreibung, Benennung von Ansprechpartnern der beauftragenden Stellen, Rechnungswert).

In der Anlage D befindet sich ein Formular der Antragsgegner, das den Titel "Eigenkapitalbescheinigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr", in Anlage E ein Formular, das den Titel "Zusatzbescheinigung nach § 2 Abs. 3 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr" (i. F.: PBZugV) trägt. Ferner heißt es in der Ausschreibung hierzu:

Die finanzielle Leistungsfähigkeit ... ist zu verneinen, wenn ... beim Verkehr mit Kraftomnibussen das Eigenkapital zzgl. der Reserven des Bieters i. S. d. § 2 Abs. 3 PBZugV weniger als 9.000 € für das erste Fahrzeug oder weniger als 5.000 € für jedes weitere Fahrzeug beträgt (2 Abs. 1 Nr. 2 PBZugV)...

Auf die Ausschreibung gingen vier Angebote ein, und zwar von der Antragstellerin, der Beigeladenen und zwei weiteren Unternehmen. Mit Schreiben vom 18.05.2006 teilten die Antragsgegner der Antragstellerin mit, es sei beabsichtigt, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin sei aus der Wertung ausgeschlossen worden, weil diese den erforderlichen Eigenkapitalnachweis nicht erbracht und damit ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen habe. Ein Rügeschreiben der Antragstellerin vom 29.5.2006 blieb erfolglos.

Daraufhin hat die Antragstellerin am 31.5.2006 bei der Vergabekammer des Landes Hessen einen Nachprüfungsantrag gestellt und hierzu beantragt,

1) die Antragsgegner zu verpflichten, die Angebote unter Einschluss des Angebots der Antragstellerin neu zu bewerten

2) hilfsweise: die Antragsgegner zu verpflichten, die Ausschreibung aufzuheben.

Die Antragsgegner und die Beigeladene haben beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Durch Beschluss vom 7.7.2006 hat die 2. Vergabekammer dem Hilfsantrag der Antragstellerin entsprochen und den weitergehenden Hauptantrag zurückgewiesen. Der Beschluss ist im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Hauptantrag der Antragstellerin sei unbegründet, weil die Antragstellerin den Nachweis ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit nicht erbracht habe und deshalb mit ihrem Angebot von den Antragsgegnern zu Recht ausgeschlossen worden sei. Den von der Antragstellerin abgegebenen Erklärungen sei nicht zu entnehmen, inwieweit diese über positives Eigenkapital verfüge. Die von der Antragstellerin beauftragten Wirtschaftsprüfer hätten diese Frage ausdrücklich offen gelassen. Dem stehe nicht entgegen, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragstellerin mit den Begrifflichkeiten des von den Antragsgegnern vorgegebenen Formulars nicht darzustellen gewesen sei; die Antragsgegnerin sei in diesem Fall gehalten gewesen, sich bei den Antragsgegnern darüber zu informieren, wie in ihrem Fall die Formulare auszufüllen gewesen seien. § 7 a Nr. 5 VOL/A, wonach die Vergabestelle Unternehmen zur Vervollständigung und Erläuterung der vorgelegten Bescheinigungen auffordern könnten, stehe dem nicht entgegen. Zum einen handele es sich hierbei um eine Ermessensvorschrift. Zum anderen habe die Antragstellerin weder in ihrem Rügeschreiben noch im Nachprüfungsverfahren dargetan, dass die von ihr vorgelegte Rangrücktrittserklärung ihrer Muttergesellschaft oder die Patronatserklärung ihrer "Großmutter" überschuldungsbefreiende Wirkung gehabt habe.

Dagegen sei der Hilfsantrag der Antragstellerin zulässig und begründet. Die Zulässigkeit ergebe sich daraus, dass sich auch ein im Vergabeverfahren zu Recht ausgeschlossener Bieter im Nachprüfungsverfahren auf das Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 2 GWB berufen könne. Die Begründetheit folge daraus, dass auch die Angebote der übrigen Bieter, insbesondere das der Beigeladenen, an Mängeln litten, die zwingend zu ihrem Ausschluss führten, und dass in einem solchen Fall das Gleichbehandlungsgebot dazu führe, dass die Ausschreibung aufzuheben sei. Die Beigeladene sei zwar nicht darum vom Vergabeverfahren auszuschließen, weil sie keine Bescheinigung der Genehmigungsbehörde über die Bestellung eines Betriebsleiters nach der BO-Kraft vorgelegt habe. Der Ausschreibung sei nicht zu entnehmen, was insoweit gelten solle, wenn ein Betriebsleiter nicht bestellt und auch seine Bestellung von der Behörde nicht angeordnet worden sei; in diesem Fall sei die Bescheinigung der Behörde über die fachliche Eignung der Geschäftsführer der Beigeladenen ausreichend. Doch sei die Beigeladene darum auszuschließen gewesen, weil sie keine Nachweise über ihre in den letzen drei Jahren erbrachten Betriebsleistungen vorgelegt habe, Im Ausschreibungstext heiße es eindeutig, dass Nachweise für alle drei vergangenen Betriebsjahre, also für 2003 bis 2005, zu erbringen seien. Es sei auch sachgerecht gewesen, derartige Nachweise zu fordern. Die Beigeladene sei nicht in der Lage gewesen, solche Nachweise vorzulegen, weil sie erst seit Dezember 2004 Verkehrsleistungen erbringe. Die hiermit verbundene Diskriminierung der Beigeladenen als "Newcomer" sei hinzunehmen. Die weitere, bislang nicht ausgeschlossene Bieterin sei darum auszuschließen, weil auf einer von ihr vorgelegten Bescheinigung über die steuerliche Zuverlässigkeit keine Gültigkeitsdauer vermerkt gewesen und die Bescheinigung zudem älter als drei Monate gewesen sei. In dieser Situation sei es durch den Gleichbehandlungsgrundsatz geboten, die Ausschreibung aufzuheben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde trägt die Beigeladene vor: Die Vergabekammer habe dadurch, dass sie ohne Anhörung das Gebot der weiteren Bieterin für. nicht berücksichtigungsfähig angesehen habe, gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen. Die Ausschreibung sei, soweit darin Angaben zu ausgeführten Betriebsleistungen in den letzten drei Betriebsjahren gefordert worden seien, nach dem Horizont eines redlichen Bieters auszulegen. Danach habe sie -die Beigeladene - die Ausschreibung nicht dahin verstehen müssen, dass mit der Wendung "in den letzten drei Betriebsjahren" Angaben zu jedem der letzten drei Jahre gefordert gewesen seien. Schon der Wortlaut der Ausschreibung lege eine solche Deutung nicht nahe. Eine systematische Auslegung von § 7 a VOL/A bestätige diesen Befund: Während in dem hier einschlägigen § 7 a Nr. 2 II a VOL/A nur von einer "eine Liste der wesentlichen in den letzten Jahren erbrachten Leistungen" die Rede sei, heiße es in dem (hier nicht einschlägigen) § 7 a Nr. 2 I d VOL/A, dass der Unternehmer eine "Erklärung über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie den Umsatz bezüglich der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist, jeweils bezogen auf die letzten drei Geschäftsjahre" beibringen müsse; die VOL/A differenziere also genau zwischen Nachweisen für die "letzten drei" Geschäftsjahre.

Zudem sei der Zweck des § 7 a Nr. 2 II a VOL/A in der Sicherung der Qualität, nicht der Kontinuität zu sehen. Sie habe durch Vorlage von Verträgen hinreichende Angaben zu ihren Leistungen sowie zu deren Rechnungswert gemacht und Ansprechpartner für die Vergabestelle benannt. Die Benennung eines Betriebsleiters nach der BO-Kraft in ihrem Angebot sei darum unterblieben, weil die zuständige Behörde die Bestellung eines solchen Betriebsleiters bislang von ihr nicht verlangt habe. Schließlich sei nicht auf die Jahre 2003 bis 2005, sondern auf die Jahre 2004 bis 2006 abzustellen, für die sie Angaben gemacht habe.

Die Beigeladene beantragt,

die Entscheidung der 2. Vergabekammer des Landes Hessen vom 7.7.2006 insoweit aufzuheben, als die Antragsgegner hierdurch verpflichtet werden, die am 11.2.2006 veröffentlichte Ausschreibung über das Linienbündel "... " aufzuheben, und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin insgesamt zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hierzu trägt sie vor: Mit Blick auf die anzustrebende Leistungskonstanz sei es zulässig gewesen, von den Bietern in der Ausschreibung Nachweise über ihre Leistungen in den vergangenen drei Betriebsjahren zu fordern; in diesem Sinn sei die Ausschreibung der Antragsgegner auch zu verstehen. Zudem weise das Angebot der Beigeladenen weitere Mängel auf, aufgrund derer es zwingend von der Wertung auszuschließen gewesen sei. So habe die Beigeladene keine Erklärungen zu Ausführungen von Leistungen und zum Rechnungswert dieser Leistungen abgegeben; sie habe auch keinen Ansprechpartner benannt, obwohl all dies in der Ausschreibung gefordert gewesen sei. Auch habe die von der Beigeladenen beauftragte Wirtschaftsprüferin die Angaben zur finanziellen Leistungsfähigkeit nach der PBZugV nur "in wesentlichen Teilen" bestätigt, so dass auch die wirtschaftliche Eignung der Beigeladenen nicht hinreichend dargetan sei. Darüber hinaus habe die Beigeladene entgegen der Ausschreibung keine behördliche Bestätigung über die Bestellung eines Betriebsleiters nach der BO-Kraft vorgelegt.

Ferner hat die Antragstellerin Anschlussbeschwerde erhoben, zu deren Begründung sie Folgendes vorträgt: Sie habe durch ihre Angaben zum Rangrücktritt ihrer Muttergesellschaft und zur Patronatserklärung der Muttergesellschaft ihrer Muttergesellschaft (i. F.:"Großmutter"). den Nachweis von Reserven i. S. v. § 2 III PBZugV geführt. Ihre hinreichende Kapitalausstattung sei auch von den von ihr beauftragten Wirtschaftsprüfern bestätigt werden. Eine Pflicht zur Nachfrage bei den Antragsgegnern, ob diese Angaben als ausreichend angesehen würden, habe nicht bestanden. Ihre Wirtschaftsprüfer seien darum nicht in der Lage gewesen, die eine Oberschuldung beseitigende Wirkung des Rangrücktritts und der Patronatserklärung festzustellen, weil keine Oberschuldungsbilanz erstellt worden sei; das sei auch durch die Ausschreibung nicht gefordert gewesen. Es sei nicht zutreffend, dass die Patronatserklärung ihrer "Großmutter" nicht zu ihren Gunsten, sondern nur zugunsten ihrer Muttergesellschaft abgegeben worden sei.

Schwierigkeiten beim Verständnis dieser Erklärungen durch die Vergabestelle rechtfertigten einen Ausschluss ihres Angebots nicht; gegebenenfalls sei die Vergabestelle gehalten gewesen, sachverständigen Rat einzuholen.

Die Antragstellerin beantragt hierzu,

die Entscheidung der 2. Vergabekammer des Landes Hessen vom 7.7.2006 insoweit abzuändern, als hierdurch der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wurde und die Antragsgegner zu verpflichten, die Angebote unter Einschluss des Angebots der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bewerten.

Die Beigeladene beantragt hierzu,

die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

Da die Vergabekammer davon ausgegangen sei, dass die Antragstellerin von den Antragsgegnern zu Recht als Bieterin ausgeschlossen sei, habe sie nicht die Antragsbefugnis der Antragstellerin bejahen dürfen. Das Angebot der Antragstellerin sei zudem schon aus formalen Gründen zurückzuweisen gewesen. Die Antragsgegner seien durch § 7 a Nr. 2 III 1 VOL/A daran gehindert gewesen, von der europaweiten Bekanntmachung ihrer Ausschreibung abzuweichen und den Bietern in Ziff.3.2 ihrer Bewerbungsbedingungen zu gestatten, von den Anlagen D und E zum Angebotsschreiben abweichende Erklärungen abzugeben.

Die Antragsgegner haben keine Erklärungen abgegeben.

B.

I) Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig, insbesondere nach § 116 Abs. 1 Satz 2 GWB statthaft und innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 GWB erhoben. Sie ist auch begründet. Mit ihr greift die Beigeladene den angefochtenen Beschluss insoweit an, als die Vergabekammer dem auf Verpflichtung der Antragsgegner zur Aufhebung der Ausschreibung gerichteten Hilfsantrag der Antragstellerin entsprochen hat. Dieser Antrag ist zwar entgegen der Auffassung der Beigeladenen zulässig (1), aber - anders als die Vergabekammer gemeint hat - nicht begründet (2).

1) Der Zulässigkeit dieses Antrags steht nicht die fehlende Antragsbefugnis der Antragstellerin mit Blick darauf entgegen, dass dieser Antrag für den Fall gestellt ist, dass der Hauptantrag der Antragstellerin unbegründet, das Angebot der Antragstellerin also zu Recht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen worden ist. Für die nach § 107 Abs. 2 GWB erforderliche Geltendmachung der Verletzung von Rechten ist die Darstellung notwendig, aber auch ausreichend, dass dem antragstellenden Unternehmen durch die Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden zu entstehen droht. Dabei genügt die schlüssige Behauptung, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlaufe des Vergabeverfahrens missachtet worden sein sollen (vgl. BGHZ 159, 186, 192).

a) Die Antragstellerin hat im Zuge des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer mit Schriftsatz vom 16.6.2006 vorgetragen, dass auch die beiden von den Antragsgegnern gewerteten Angebote nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen gewesen seien, und zwar das Angebot der Beigeladenen mangels Vorlage einer Bescheinigung über die Bestellung eines Betriebsleiters nach der BO-Kraft und das Angebot der dritten Bieterin wegen unterbliebener Vorlage der Eigenkapitalbescheinigungen im Original. Sie hat sich ferner im Zuge des Beschwerdeverfahrens den von der Vergabekammer festgestellten weiteren Mangel im Angebot der Beigeladenen (fehlende Angaben zu den Betriebsleistungen in den letzten drei Jahren) zu eigen gemacht. Damit hat sie eine Verletzung einer zwingenden Bestimmung über das Vergabeverfahren i. S. v. § 97 Abs. 7 GWB geltend gemacht. Denn ein fehlender Nachweis der Fachkunde ebenso wie der fehlende Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zwingend zum Ausschluss des Bieters aus der Wertung der Angebote (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2002 Verg 56/02).

b) Im Übrigen hat die Antragstellerin damit auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nach § 97 Abs. 2 GWB geltend gemacht. Dieses Gleichbehandlungsgebot zwingt den öffentlichen Auftraggeber insbesondere, die Entscheidung, wem er den Auftrag erteilt, und die hierzu nötigen Wertungen nach einem einheitlichen Maßstab zu treffen. Wenn der öffentliche Auftraggeber hierbei den Mangel eines Angebots eines Bieters zum Anlass nimmt, dieses Angebot nicht zu werten, findet deshalb eine Selbstbindung in der Weise statt, dass jedenfalls auch diejenigen Angebote anderer Bieter ausgeschlossen werden müssen, die ebenfalls an dem beanstandeten oder einem gleichwertigen Mangel leiden (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06 - Umdruck S. 15/16). Um solche gleichwertigen Mängel handelt es sich bei den unzureichenden Eigenkapitalnachweisen im Angebot der Antragstellerin einerseits und bei den von der Antragstellerin gerügten bzw. von der Vergabekammer festgestellten Mängeln im Angebot der Beigeladenen und der dritten Bieterin andererseits. Für die dritten Bieter liegt das auf der Hand, da es sowohl bei dem von der Antragstellerin gerügten Mangel (fehlendes Original der Eigenkapitalbescheinigung) als auch bei den von der Vergabekammer festgestellten Mängeln (fehlender Vermerk der Gültigkeitsdauer auf der Bescheinigung über die steuerliche Zuverlässigkeit und zu hohes Alter dieser Bescheinigung) um solche Defizite handelt, die die finanzielle Ausstattung der Bieter und damit den Aspekt der finanziellen Leistungsfähigkeit 1. S. v. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A betreffen. Aber auch im Fall der Beigeladenen gilt nichts anderes. Zwar betrifft sowohl der im Nachprüfungsverfahren zunächst von der Antragstellerin gerügte Mangel(fehlende Bescheinigung über die Bestellung eines Betriebsleiters nach BO-Kraft) als auch der von der Vergabekammer festgestellte Mangel (fehlende Angaben zu den Betriebsleistungen in den letzten drei Jahren) nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit, sondern die Fachkunde und damit ein anderes Tatbestandsmerkmal des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A. Darum fehlt es aber nicht an der Gleichwertigkeit der geltend gemachten Mängel, weil die VOL/A an ihr Vorliegen dieselben rechtlichen Folgen knüpft: Fehlender Nachweis der Fachkunde führt ebenso wie fehlender. Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOLIA zum Ausschluss des Bieters aus der Wertung der Angebote.

c) Aufgrund dieser geltend gemachten Verstöße droht der Antragstellerin ein Schaden i. S. v. § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB. Als Maßnahme der Antragsgegner kommt, wenn Mängel in allen Angeboten der berücksichtigungsfähigen Bieter vorliegen, die Aufhebung des Vergabeverfahrens in Betracht. Diese kann zu einer erneuten Ausschreibung der nachgefragten Leistung führen, wenn der Bedarf beim öffentlichen Auftraggeber fortbesteht (vgl. § 26 Nr. 5 VOL/A). Der um Nachprüfung nachsuchende Bieter hat dann die Chance, sich an der erneuten Ausschreibung im Rahmen eines vergaberechtsgemäßen Verfahrens mit einem dieser Ausschreibung entsprechenden konkurrenzfähigen Angebot zu beteiligen (BGH, Beschluss vom 26.09.2006- X ZB 14106 - Umdruck S. 15/16; OLG Düsseldorf, VergabeR 2005, 483, 485). Der Wahrnehmung dieser Chance steht die von der Antragstellerin behauptete Nichtbeachtung von Vergabevorschriften durch die Antragsgegnerin entgegen.

d) Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch nicht § 107 Abs. 3 GWB entgegen. Die Antragstellerin hat gemäß § 111 GWB erst im Nachprüfungsverfahren Akteneinsicht erhalten und konnte darum die geltend gemachten Defizite in den Konkurrenzangeboten im Zuge des Vergabeverfahrens nicht erkennen und darum auch nicht rügen.

2) Der Hilfsantrag der Antragstellerin ist aber nicht begründet, weil das Angebot der Beigeladenen - entgegen der Auffassung der Vergabekammer - nicht nach § 25 Nr. 2 Abs. 1VOL/A auszuschließen war.

a) Das Angebot der Beigeladenen wäre allerdings dann zwingend nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen, wenn ihr Angebot nicht den Anforderungen der Ausschreibung hinsichtlich der Angaben zur Fachkunde entspräche (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2002 - Verg 56/02). Dies wäre dann zu bejahen, wenn die Ausschreibung dahin zu verstehen wäre, dass mit den von den Bietern geforderten Angaben zu den "ausgeführten Betriebsleistungen in den letzten drei Jahren" Angaben zu jedem dieser Betriebsjahre, also für die Jahre 2003, 2004, und 2005 gefordert waren. Denn jedenfalls für das Jahr 2003 und auch im Wesentlichen für 2004 konnte die Beigeladene hierzu keine Angaben machen, weil sie erst seit Dezember 2004 Verkehrsleistungen erbringt. Die Antragsgegner wären auch nicht gehindert gewesen, von den Bietern solche Angaben zu fordern. Zwar schreibt § 7 a Nr. 2 Abs. 2 Buchstabe a VOL/A lediglich vor, dass eine Liste der "in den letzten Jahren" erbrachten Leistungen als Nachweis der fachlichen und technische Fachkunde gefordert und vorgelegt werden kann; die Vergabestelle ist jedoch befugt, diese Vorgabe durch die Angabe des Zeitraums zu konkretisieren, für den Nachweise zu erbringen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.9.2005 - Verg 50/05 - Rn. 61 ff.). Auch die mit einem Nachweis der Betriebsleistungen für mehrere Jahre verbundene Benachteiligung von "Newcomern" stünde einem solchen Verlangen nicht entgegen; soweit der öffentliche Auftraggeber mit Blick auf die Eigenart des auszuführenden Auftrags - hier: die Gefährlichkeit der Personenbeförderung im Straßenverkehr - ein besonderes Maß an Erfahrung von den Bietern verlangt, ist dies von den "Newcomern" hinzunehmen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.1.2006 - Verg 93/05 - Rn.53).

Die Ausschreibung der Antragsgegner ist aber nicht in dem Sinn zu verstehen, dass für jedes der letzten drei Betriebsjahre ausgeführte Betriebsleistungen nachzuweisen sind. Maßgebend für das Verständnis der Ausschreibung ist der objektive Empfängerhorizont, also das Verständnis eines durchschnittlichen, mit der Art der Ausschreibung vertrauten Bewerbers (BGH BauR 2002, 536). Der Wortlaut des Ausschreibungstextes, von dem zunächst auszugehen ist, ist insoweit - entgegen der Ansicht der Vergabekammer - nicht eindeutig. Er enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass in jedem dieser Jahre derartige Leistungen erbracht sein mussten. Hätten die Antragsgegner Angaben zu jedem der drei Geschäftsjahre (2003, 2004, 2005) gewollt, so hätte es nahe gelegen, dies im Ausschreibungstext unmissverständlich klarzustellen, etwa durch die Formulierung "Angaben zu Betriebsleistungen in jedem der letzten drei Jahre". Zumindest hätte die Ausschreibung - auch mit Blick auf das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB - erkennen lassen müssen, dass die Antragsgegner einer mindestens dreijährigen Erfahrung der Bieter im Bereich des Buslinienverkehrs besondere Bedeutung beimaßen (vgl. zu einem derartigen Fall OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2.1.2006 - Verg 93/05). An Anhaltspunkten hierfür fehlt es in der Ausschreibung der Antragsgegner vollständig. Schließlich hat auch der Verlauf des Vergabeverfahrens gezeigt, dass die Antragsgegner beabsichtigen, der Beigeladenen ungeachtet der für sie ohne weiteres erkennbaren fehlenden dreijährigen Unternehmenstätigkeit den Zuschlag zu erteilen, dass sie also in den fehlendenAngaben zu allen Betriebsjahren 2003 bis 2005 kein dem Zuschlag entgegen stehendes Hindernis gesehen haben. All dies zeigt, dass die Beigeladene die Ausschreibung als redliche Bieterin dahin verstehen durfte, dass es ausreichte, wenn Angaben zu den (irgendwann) in den letzten drei Jahren ausgeführten Betriebsleistungen gemacht wurden (ebenso offenbar auch das Verständnis einer Ausschreibung, durch die "Referenzen aus den letzten fünf Jahren" gefordert war, durch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.9.2005 - Verg 50/05 - Rn. 61).

b) Auch die übrigen von der Antragstellerin gerügten. Mängel im Angebot der Bei- geladenen rechtfertigen nicht die Annahme, dieses Angebot entspreche nicht den Anforderungen der Ausschreibung und sei darum nicht zu berücksichtigen gewesen.

aa) Angaben zur Ausführung von Leistungen hat die Beigeladene gemacht, indem sie sechs von ihr in der Vergangenheit mit öffentlichen Auftraggebern geschlossene "Verkehrs-Service-Verträge" vorgelegt hat. Diese Verträge enthalten auch Angaben zur Höhe der dort zugunsten der Beigeladenen vereinbarten Vergütung. Der Antragstellerin ist zwar einzuräumen, dass diese vertraglich vereinbarte Vergütung nicht unbedingt mit dem letztlich abgerechneten "Rechnungswert" identisch sein muss, dessen Angabe in der Ausschreibung gefordert ist. Doch lassen schon die den Verträgen zu entnehmenden. Angaben zu den "Grundvergütungen" erkennen, dass es sich um öffentliche Aufträge mit einem Volumen zwischen ca. 700.000 € und ca. 2.200.000 € gehandelt hat, dass also die Beigeladene in ganz erheblichem Umfang Verkehrleistungen an öffentliche Auftraggeber erbracht hat, und allein dies war nach Sinn und Zweck der Ausschreibung hier gefordert. Der Antragstellerin ist ferner zuzugeben, dass im Angebot der Beigeladenen eine ausdrückliche Benennung von Ansprechpartnern bei den beauftragenden Unternehmen, wie sie durch die Ausschreibung verlangt ist, in diesem Zusammenhang unterblieben ist. Doch ergibt sich aus den von der Beigeladenen vorgelegten Verträgen, die durchweg von den Geschäftsführern ihrer Vertragspartner unterzeichnet worden sind, dass insoweit diese Geschäftsführer als Ansprechpartner in Betracht kommen. Selbst wenn diesen Geschäftsführern - wie die Antragstellerin vorgetragen hat - im Einzelfall die für die Beantwortung von technischen Detailfragen erforderliche Sachkunde fehlen sollte, so sind sie aufgrund ihres Überblicks über das von ihnen geleitete Unternehmen doch fraglos in der Lage, ihrerseits ein hierfür geeigneten Mitarbeiter zu benennen. Dies lässt sie als geeignet "Ansprechpartner" im Sinn. des Ausschreibungstextes erscheinen.

bb) Zweifel an der wirtschaftlichen Eignung der Beigeladenen mussten die Antragsgegner auch nicht darum haben, weil die von der Beigeladenen beauftragte Wirtschaftsprüferin den Nachweis über Reserven nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 PBTugV nur als "in wesentlichen Teilen" als erbracht angesehen hat.

(1) Den rechtlichen Rahmen für den Eignungsnachweis gibt nach der Ausschreibung, die hierauf Bezug nimmt, § 2 PBZugV ab. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 PBZugV ist die finanzielle Leistungsfähigkeit zu verneinen, wenn beim Verkehr mit Kraftomnibussen das Eigenkapital zuzüglich der Reserven des Unternehmens im Sinn von Abs. 3 weniger als 9.000 € für das erste Fahrzeug oder weniger als 5.000 € für jedes weitere Fahrzeug beträgt; die Leistungsfähigkeit ist dabei nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBZugV durch Vorlage einer Eigenkapitalbescheinigung eines Wirtschaftsprüfers nachzuweisen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PBZugV sind dem nachgewiesenen Eigenkapital gewisse Reserven des Unternehmens hinzuzurechnen, die ebenfalls durch Erklärung eines Wirtschaftsprüfers o. ä. nachzuweisen sind ( 2 Abs. 3 Satz 2 PBZugV)

(2) Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen, dass zur Ausführung des Auftrags 9 Fahrzeuge erforderlich waren; dies haben die Verfahrensbevollmächtigten der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gestellt. Damit war Eigenkapital in Höhe von 49.000 € nachzuweisen. Diesen Nachweis hat die Beigeladene schon durch die von der beauftragten Wirtschaftsprüferin abgegebene Erklärung nach 2 I PBZugV, die Eigenkapital in Höhe von mehr als 85.000 € ausweist und die nicht mit der Einschränkung "in wesentlichen Teilen" versehen ist erbracht; auf die Zusatzbescheinigung nach 2 III PBZugV ,die diese Einschränkung enthält, kommt es danach nicht mehr an.

cc) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Antragstellerin, die Beigeladene habe entgegen der Ausschreibung keine behördliche Bestätigung über die Bestellung eines Betriebsleiters nach der BO-Kraft vorgelegt. Nach § 4 1 BO-Kraft ist die Bestellung eines solchen Betriebsleiters grundsätzlich fakultativ; nur bei größeren Betrieben "soll" die Genehmigungsbehörde eine derartige Bestellung anordnen. Die Beigeladene hat hierzu vorgetragen, dass eine solche behördliche Anordnung in ihrem Fall nicht erfolgt sei, dass auch die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen und dass deshalb ein solcher Betriebsleiter in ihrem Unternehmen bisher nicht bestellt worden sei. Der Vergabestelle steht es allerdings frei, von den Bietern in der Ausschreibung auch eine nur fakultative Bestellung eines solchen Betriebsleiters zu fordern. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen. Denn es heißt insoweit in der Ausschreibung, es sei eine "Bescheinigung der Genehmigungsbehörde über die Bestellung eines Betriebsleiters oder vergleichbar" vorzulegen (Hervorhebung durch den Senat). Es mag sein, dass dieser Hinweis auf eine "vergleichbare Bescheinigung" in erster Linie auf ausländische Bieter gemünzt ist, für die die BO-Kraft nicht gilt. Aus der Ausschreibung ergibt sich aber nicht, dass ein vergleichbarer Nachweis nur in diesem Fall zulässig sein sollte. Der Zusatz am Ende der Textpassage zeigt vielmehr, dass die Bestellung eines solchen Betriebsleiters von den Antragsgegnern nicht uneingeschränkt verlangt wurde. Darum ist davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen die Bestellung eines solchen Betriebsleiters unterblieben ist, weil sie von der zuständigen Behörde bislang nicht verlangt wurde, der Unternehmer selbst, hier also die Geschäftsführer der Beigeladenen, die Aufgaben nach den § 3, 4 BO-Kraft wahrzunehmen haben und dass in diesem Fall die Vorlage einer Bescheinigung über die Bestellung eines Betriebsleiters entbehrlich war.

dd) Nach alledem mussten die Antragsgegner das Angebot der Beigeladenen nicht zwingend ausschließen, sondern durften es ohne Verstoß gegen Vergabevorschriften in der Wertung berücksichtigen. Die von der Antragstellerin mit ihrem Hilfsantrag erstrebte Aufhebung der Ausschreibung war somit nicht geboten.

II) Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

1) Sie ist allerdings ungeachtet der Tatsache, dass sie bedingt erhoben worden ist, zulässig. Auch eine Anschlussberufung kann für den Fall erhoben werden, dass dem in erster Linie gestellten Antrag auf Zurückweisung der Berufung nicht entsprochen wird (sog. Hilfsanschlussberufung, vgl. BGH NJW 1984, 1240). Für eine Anschlussbeschwerde kann nichts anderes gelten (BayObLG, IBR 2004, 1134). Ein solcher Fall liegt hier vor: Die erforderliche Beschwerdebefugnis ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin mit ihrer Anschlussbeschwerde geltend macht, sie sei mit ihrem Angebot zu Unrecht nach § 25 Nr. 2 1 VOL/A ausgeschlossen worden; auf die Frage der Beschwerdebefugnis eines zu Recht ausgeschlossenen Bieters kommt es daher insoweit nicht an.

2) Die Anschlussbeschwerde ist aber unbegründet. Die Antragsgegner haben - wie auch die Vergabekammer angenommen hat - das Angebot der Antragstellerin zu Recht von der Wertung ausgeschlossen, weil sie ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht in der durch die Ausschreibung geforderten Weise dargetan hat.

a) Die Frage, ob die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragstellerin als gewährleistet anzusehen ist, bemisst sich nach § 2 Abs. 2 und 3 PBZugV, auf den die Ausschreibung der Antragsgegner insoweit verweist. Einen Eigenkapitalnachweis im Sinne von § 2 Abs. 2 PBZugV hat die Antragstellerin unstreitig nicht erbracht. Zwar können nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PBZugV Darlehen sowie Bürgschaften, soweit sie in einer Krise des Unternehmens nach der Überschuldungsbilanz wie Eigenkapital zur Befriedigung der Unternehmensgläubiger zur Verfügung stehen, als Reserven dem Eigenkapital nach § 2 Abs. 2 PBZugV hinzugerechnet werden. Dabei nimmt § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PBZugV ersichtlich auf § 19 lnsO Bezug. Als Schuldnervermögen berücksichtigungsfähig ist danach grundsätzlich zunächst eine sog. "harte" Patronatserklärung (s. dazu Jaeger, lnsO, 2004, § 19, Rn. 66), wie sie die "Großmutter" der Antragstellerin am 15.3.2006 abgegeben hat (Anlage 3 b zum Angebot der Antragstellerin). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist nach Auffassung des Senats auch nicht zweifelhaft, dass es sich hierbei um eine "harte" und nicht etwa nur um eine "weiche" und damit unzureichende Patronatserklärung handelt; die "Großmutter" der Antragstellerin erklärt insoweit, dass sie die Antragstellerin bis zu einem Betrag von 7,2 Mio. € derart ausstatten wird, dass diese stets in der Lage sein wird, ihre Verpflichtungen zu erfüllen; hierbei handelt es um eine Formulierung, wie sie für eine "harte" Patronatserklärung typisch ist (vgl. das ganz ähnliche Formulierungsbeispiel bei Fleischer, WM 1999, 666, 667). Auch bestehen nach dem Gesamtzusammenhang trotz einer etwas unglücklichen Formulierung keine Zweifel, dass die Erklärung zugunsten der Antragstellerin und nicht etwa nur zugunsten von deren Muttergesellschaft abgegeben sein sollte. In derselben Weise wie eine solche "harte" Patronatserklärung ist auch ein Rangrücktritt, wie er von der Muttergesellschaft der Antragstellerin erklärt worden ist (Anlage 3 a zum Angebot der Antragstellerin), grundsätzlich geeignet, gegen die Antragstellerin gerichtete Forderungen bei der Oberschuldungsprüfung nach § 19 lnsO außer Acht lassen zu können (BGHZI46, 264, 269ff.); auch § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PBZugV lässt dies ausdrücklich zu.

b) Gleichwohl bestehen mit Blick auf den Sinn und Zweck des § 2 PBZugV aus mehreren Gründen durchgreifende Bedenken dagegen, dass die Rangrücktrittserklärung der Muttergesellschaft der Antragstellerin geeignet ist, als "Reserve" i. S. v. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PBZugV eine hinreichende Eigenkapitalausstattung der Antragstellerin i. S. v. § 2 Abs. 2 PBZugV zu gewährleisten.

aa) Die genannten Bestimmungen der PBZugV sind dahin zu verstehen, dass die Gewährung eines Darlehens, das dem Darlehensnehmer zufließt, sein Eigenkapital dann vermehrt, wenn der Darlehensgläubiger für seine Darlehensforderung den Rangrücktritt erklärt. Denn für die (ab diesem Zeitpunkt vorrangigen) Gläubiger wirkt ein solches Darlehen wie eine unentgeltliche Zuwendung an den Darlehensnehmer. Im vorliegenden Fall ist aber nicht erkennbar, dass der Antragstellerin durch den Rangrücktritt irgendwelches Kapital zugeflossen ist. Sie hat vielmehr bei ihrer Muttergesellschaft bislang Schulden in Höhe von 7.579.739,32€; nach dem Rangrücktritt treten Schulden in Höhe von 6.680.000 € hinter ihren Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern zurück. Dass dadurch der Antragstellerin irgendwie zusätzliche Liquidität zugeflossen sein könnte, die nun für andere Zwecke - etwa die Reparatur eines defekt gewordenen Linienbusses - eingesetzt werden könnte, ist nicht ersichtlich. Ob ein derartiger Rangrücktritt im Sinn der PBZugV eigenkapitalersetzend wirken kann, erscheint dem Senat zweifelhaft.

bb) Vor allem aber - und das ist entscheidend - sind nach § 2 Abs. 3 Satz 2 PBZugV die Nachweise ausreichender Reserven durch Vorlage einer Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers zu erbringen. In der von der Antragstellerin vorgelegten Bescheinigung der von ihr beauftragten Wirtschaftsprüfer heißt es hierzu, es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob der Rangrücktritt eine die Überschuldung beseitigende Wirkung im Sinn von § 19 lnsO habe; als Grund wird angegeben, dass der nicht durch Vermögenseinlage gedeckt Verlustanteil des Kommanditisten der Antragstellerin wegen der noch nicht abgeschlossenen Jahresabschlussprüfungen bzw. wegen noch nicht abgeschlossenen Zwischenabschlussprüfungen nicht endgültig feststehe. Dies wiederum beruhte nach den Angaben des Wirtschaftsprüfers darauf, dass sich der nicht durch eine Vermögenseinlage gedeckte Verlustanteil des Kommanditisten der Antragstellerin zwar auf mindestens 5.619.000 € belief, dass aber wegen der noch nicht abgeschlossenen Prüfungen ein höhere Verlustanteil möglich sei. Diese Erklärung konnten, und mussten die Antragsgegner als objektive, redliche Adressaten dahin verstehen, dass nicht feststand, ob der Rangrücktritt der Muttergesellschaft der Antragstellerin in Höhe von 6.680.000 € dazu führen würde, dass die darlehensweise überlassenen Mittel "wie Eigenkapital zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stehen" würden, wie § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PBZugV dies verlangt. Denn wenn der Verlustanteil des Kommanditisten ausweislich einer abschließenden Prüfung den Betrag übersteigen sollte, bis zu dem der Rangrücktritt erklärt wurde, bliebe nichts mehr übrig, was i. 5. v. § 2 Abs. 3 PBZugV als Reserve dem (nicht vorhandenen) Eigenkapital der Antragstellerin hinzugerechnet werden könnte.

Soweit die Antragstellerin hierzu geltend macht, das Fehlen einer abgeschlossenen Jahresprüfung sei unschädlich, weil ein Überschuldungsstatus durch die Ausschreibung nicht gefordert worden sei, ist 'dies unbeachtlich. Es ist nach § 2 PBZugV, auf den die Ausschreibung Bezug nimmt, Sache der Bieter, den Nachweis hinreichenden Eigenkapitals - auf welche Weise auch immer - zu führen. Wenn ein Bieter den - vom Verordnungsgeber als Ausnahmefall angesehenen - Weg über § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PBZugV wählt, ist es eine Sache, die, hierfür erforderlichen Nachweise beizubringen. Angesichts der insoweit eindeutigen Erklärungen des von der Antragstellerin beauftragten Wirtschaftsprüfers mussten die Antragsgegner diesen Nachweis nicht als, geführt ansehen. Sie konnten vielmehr nach diesen Erklärungen nicht ausschließen, dass sie im Fall eines Zuschlags an die Antragstellerin mit einem überschuldeten Unternehmen kontrahieren würden. Dies rechtfertigt es, dass die Antragsgegner die finanzielle Leistungsfähigkeit der Antragstellerin als nicht gewährleistet angesehen und diese darum von der Wertung der Angebote ausgeschlossen haben.

c) Hinsichtlich der Patronatserklärung bestehen aufgrund der Bescheinigungen der von der Antragstellerin beauftragten Wirtschaftsprüfer die oben (b, bb) dargelegten Bedenken in gleicher Weise.

III) Die Nebenentscheidungen beruhen auf einer entsprechenden Anwendung der § 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, 162 Abs. 3 VwGO.

Ende der Entscheidung

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