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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 04.04.2008
Aktenzeichen: 11 Verg 9/07
Rechtsgebiete: GKG, VOF


Vorschriften:

GKG § 50 Abs. 2
VOF § 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Antragsteller beteiligte sich an einem begrenzt offenen Wettbewerb betreffend die Erweiterung der ...-Schule in O1. Durch das Preisgericht wurde den Arbeiten des Antragstellers der erste und derjenigen des Beigeladenen der dritte Preis zuerkannt. Das Preisgericht empfahl, die mit dem ersten Preis ausgezeichnete Arbeit mit der weiteren Planung zu beauftragen. Im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens wurde der Antragsteller darüber informiert, dass die Zuschlagserteilung an den Beigeladenen erfolgen solle. Daraufhin stellte der Antragsteller einen Nachprüfungsantrag mit dem Ziel, den Antragsgegner zu verpflichten, die Vergabeentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. In der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer wies die Vorsitzende daraufhin, dass bisher eine Wertungsentscheidung durch den Auftraggeber noch nicht getroffen worden sei. Daraufhin beantragte der Antragsteller, die Vergabestelle zu verpflichten, die Vergabeentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer zu treffen. Schließlich wurde in der Verhandlung ein Vergleich geschlossen, mit dem sich die Vergabestelle verpflichtete, die drei abgegebenen Angebote nach Durchführung erneuter Angebotsverhandlungen zu werten und hierbei die Empfehlungen des Preisgerichts zu berücksichtigen. Die in der bisherigen Matrix vorgesehene Bewertung des Honorars sollte überarbeitet werden. Der Antragsteller nahm den Nachprüfungsantrag in dem Vergleich zurück. Der Antragsgegner übernahm die Kosten des Verfahrens (Ergebnisprotokoll B. 44 - 46 d. A.).

Durch Beschluss vom 28.6.2007 stellte die Vergabekammer das Nachprüfungsverfahren ein.

Mit Schriftsatz vom 27.6.2007 beantragte der Antragsteller, seine notwendigen Auslagen in Höhe von 15.861,56 € festzusetzen. Als Gegenstandswert gab er einen Betrag von 300.000 € an (Bl. 37/38 d. A.). Durch den angefochtenen Beschluss setzte die Vergabekammer die zu erstattenden Kosten auf 1.615,78 € fest. Den Gegenstandswert setzte sie mit 15.000 € an. Die vom Antragsteller beantragte Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV-RVG wies die Vergabekammer mit der Begründung zurück, dass mit der 2,0-Gebühr gemäß Nr. 2300 (gemeint ist Nr. 2400) VV-RVG auch die Verhandlung, die zu der vergleichsweisen Regelung geführt hätte, abgegolten sei (Bl. 16 - 20 d. A.).

Gegen den am 26.7.2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer richtet sich die am 2.8.2007 eingegangene sofortige Beschwerde, mit der der Antragsteller geltend macht, der Gegenstandswert sei gemäß seinem Bruttoangebot von 425.365,00 € zu berechnen, ferner sei eine Einigungsgebühr anzusetzen.

Die Antragsteller beantragt,

den Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer abzuändern und die zu erstattenden Kosten in Höhe von 2.959,29 € festzusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner meint, eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden, da diese ein gegenseitiges Nachgeben voraussetze. Dazu sei es bei der zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarung nicht gekommen. Vielmehr stelle diese Vereinbarung inhaltlich ein Anerkenntnis dar.

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 116 GWB) und auch sonst zulässig, insbesondere innerhalb von zwei Wochen (117 Abs. 1 GWB) eingelegt worden.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Die Rechtsanwaltsgebühren, deren Erstattung der Antragsteller verlangen kann, berechnen sich aus einem Gegenstandswert von 21.268,25 € (5 % von 425.365 €). Soweit § 50 Abs. 2 GKG von der Auftragssumme spricht, ist damit die geprüfte Bruttoangebotsumme desjenigen Angebots des Antragstellers gemeint, welches eine Chance auf die Zuschlagserteilung haben soll (OLG Naumburg ZfBR 2003,308; Beschluss vom 23.8.2005 - 1 Verg 4/05; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz (Hrsg.), Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 123 Rdn. 31). Unstreitig lautete die geprüfte Bruttoangebotsumme des Antragstellers auf 425.365 €. Dass der Antragsteller in seinem Kostenfestsetzungsgesuch den Gegenstandswert mit 300.000 € angegeben hatte, steht einem höheren Ansatz im Beschwerdeverfahren nicht entgegen. Die irrtümliche Angabe des Gegenstandswertes bindet den Antragsteller nicht (OLG Hamm, Juristisches Büro 1982, 80; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 104 Rdn. 21 Stichwort "Streitwert").

Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist auch eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV-RVG entstanden. Diese Gebühr kann neben der Gebühr aus Nr. 2400 entstehen (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., RVG VV 2400 Rdn. 8). Sie ist vorliegend nicht durch die Geschäftsgebühr abgegolten. Die Einigungsgebühr setzt nach der amtlichen Anmerkung zu diesem Gebührentatbestand voraus, dass ein Vertrag geschlossen wurde, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wurde, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Ein gegenseitiges Nachgeben ist als solches nicht erforderlich (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 1000 Rdn. 27; Hartmann, a. a. O., RVG VV 1000 Rdn. 5). Der Vergleich beschränkt sich auch nicht auf ein bloßes Anerkenntnis durch den Antragsgegner, sondern geht über eine solches hinaus. Der letzte Antrag des Antragstellers war darauf gerichtet, die Vergabestelle zu verpflichten, die Vergabeentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer zu treffen. Damit blieb offen, welche Rechtsaufassung die Vergabekammer vertreten und welche Maßnahmen sie dem Antragsgegner aufgeben würde. In dem Vergleich wurde die Verpflichtung des Antragsgegners demgegenüber dahin konkretisiert, dass

1. über alle abgegebenen Angebote erneute Angebotsverhandlungen stattfinden,

2. die in der bisherigen Matrix vorgesehene Bewertung des Honorars überarbeitet wird,

3. die Angebote anschließend unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Preisgerichts zu werten sind und

4. die einzelnen Entscheidungen in einem § 18 VOF entsprechenden Vergabevermerk dargestellt und begründet werden.

Ferner nahm der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück. Es ist danach auch nicht mehr maßgeblich, dass der Antragsgegner die gesamten Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu tragen hatte.

Umsatzsteuer (VV 7007) ist nicht anzusetzen, da der Antragsteller vorsteuerabzugberechtigt ist und sich mit der Beschwerde dagegen auch ausdrücklich nicht mehr wendet. Allerdings ist die Umsatzsteuer noch in seinem ursprünglichen Beschwerdeantrag enthalten.

Damit errechnet sich folgender Kostenerstattungsanspruch des Antragstellers:

Gegenstandswert: 21.268,25 €

 2,0- Gebühr nach VV 2400 1.292,00 €
1,5- Gebühr nach VV 1000 969,00 €
Auslagenpauschale nach VV 7002 20,00 €
Fahrtkosten nach VV 7003 145,80 €
Abwesenheitsgeld nach VV 7005 60,00 €
Summe 2.486,80 €

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zwischen Antragsteller und Antragsgegner verhältnismäßig zu teilen. Eine Entscheidung über die Kosten des Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil er sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt hat.

Ende der Entscheidung

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