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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.11.2001
Aktenzeichen: 12 U 142/00
Rechtsgebiete: VerbrKrG, ZPO


Vorschriften:

VerbrKrG § 9 Abs. 3
VerbrKrG § 9 Abs. 4
VerbrKrG § 9
VerbrKrG § 3 Abs. 2 Ziffer 4
VerbrKrG § 9 Abs. 1
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Das Verbraucherkreditgesetz findet keine Anwendung auf Kredite, die zur Finanzierung der Beteiligung an einem Immobilienfonds gewährt wurden.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit ...

Der 12. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2001 durch die Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 03.05.2000 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 145.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können durch Bankbürgschaft erbracht werden.

Beschwer der Beklagten: 179.517,93 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt mit der Klage Rückzahlung eines von ihr gekündigten Darlehens, das ihre Rechtsvorgängerin, die Raiffeisenbank S. eG, der Beklagten im Jahr 1992 zum Zwecke der Erwerbs von drei Immobilienfondsanteilen gewährt hat.

Die Beklagte begehrt widerklagend die Rückzahlung der auf dieses Darlehen seit Oktober 1992 geleisteten Zinsen.

Die Beklagte trat am 11.08.1992 nach vorausgegangener Beratung durch einen Vermögensberater der Vermittlungsgesellschaft D. GmbH dem von der Wohnungsbaugesellschaft mbH St. in Rechtsform einer Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR errichteten W.-Immobilien-Fonds Nr. ... St.-Mitte II mit drei Immobilienfondsanteilen gegen eine von ihr erbrachte Zahlung von je 35.128,00 DM bei.

Im Zeitpunkt des Beitritts stand ihr der über den Immobilienfond erstellte Prospekt - auf den verwiesen wird - zur Verfügung.

Das Konzept für diesen Fond sah vor, daß der Erwerber der Fonds den dafür geschuldeten Betrag durch Aufnahme eines Darlehens finanzierte und die sich daraus ergebenden steuerlichen Vorteile zusammen mit den Mieteinnahmen - deren Höhe für einen Zeitraum von fünf Jahren garantiert wurde - die finanziellen Belastungen aus dem Erwerb der Fonds weitestgehend abdecken sollte.

Die Beklagte unterzeichnete am 11.08.1992 einen ihr von einer Mitarbeiterin der D. GmbH vorgefertigten, an die Raiffeisenbank S. eG gerichteten Darlehensantrag über 105.384,00 DM. Der zustande gekommene Darlehensvertrag - wegen dessen Inhalt auf die bei den Akten befindliche Ablichtung (Bl. 14 bis 20 d. A.) verwiesen wird - sah eine monatlich fällige Verzinsung der Darlehenssumme vor. Die Tilgung des Darlehens sollte am 01.05.2010 in einer Zahlung mit Hilfe der gleichzeitig abzuschließenden Kapitallebensversicherung, für die Beiträge von monatlich 274,70 DM zu erbringen waren, erfolgen. Als Sicherheit verpfändete die Beklagte an die kreditgebende Bank die drei Immobilienfondsanteile einschließlich der darauf entfallenden Mietzah- lungsansprüche sowie eine gleichzeitig abgeschlossene kapitalbildende Lebensversicherung bei der AuM. L. AG.

Die im Prospekt W.-Wohnungsbaugesellschaft mbH prognostizierten Mieteinnahmen sanken in den folgenden fünf Jahren erheblich. Die W.-Wohnungsbaugesellschaft mbH fiel am 31.10.1997 in Konkurs. Eine Bewertung der Fondsanteile durch die Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR vom 01.01.1998 wies einen Rückgang des Wertes der Fonds um bis zu 76,71 % auf.

Mit Schreiben vom 25.08.1998 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie ab dem 01.09.1998 die bis dahin regelmäßig erfolgten Zinszahlungen einstellen werde und bot zum Ausgleich die Übereignung der drei Fondsanteile an. Da eine Einigung der Parteien nicht zustande kam, kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 17.03.1999. Die Beklagte kam der Aufforderung zur Zahlung der Darlehensschuld in Höhe von 109.024,30 DM, für die die Klägerin eine Frist bis zum 15.07.1999 gesetzt hatte, nicht nach.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 109.024,30 DM nebst 6,95 % Zinsen seit dem 16.07.1999 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 48.871,83 DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu verurteilen, die Klägerin zu verurteilen, sämtliche an sie von der Beklagten abgetretene Sicherheiten freizugeben nämlich die Verpfändung des BGB-Anteils an der Grundstücks-, Vermögensund Verwaltungs GbR St. Mitte II (Fonds-Nr. ... der W.- Wohnungsbaugesellschaft mbH i. K. St.) und die Abtretung der Lebensversicherung über DM 60.000,00 bei der AuM. L. AG (Vers. Nr. ...), Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile an der Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR i. K. St., festzustellen, daß sie nicht verpflichtet ist, der Klägerin ab 13.10.1999 weitere Leistungen aus dem Darlehensvertrag vom 19.10.1992 Darlehensnummer ... über 105.384,00 DM zu erbringen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Fondsanteile seien überteuert veräußert worden. Im Preis für die Anteile seien Provisionen und weitere Kosten enthalten gewesen, die aus dem Prospekt nicht hätten entnommen werden können. Darüber hinaus seien im Prospekt enthaltene Angaben hinsichtlich der Nutzflächen und der in Abhängigkeit davon erzielbaren Mieten sowie hinsichtlich der Umlagefähigkeit einzelner Nebenkosten unzutreffend gewesen. Die im Prospekt vorgegebenen Mieten seien zu keiner Zeit eingegangen, so daß die Mietgarantien hätten in Anspruch genommen werden müssen.

Wegen der Einzelheiten der Beanstandungen, die die Beklagte bezüglich der erworbenen Fondsanteile in erster Instanz erhoben hat, wird auf deren in dieser Instanz eingereichte Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beklagte ist in erster Instanz von der Nichtigkeit des Darlehensvertrags ausgegangen. Außerdem hat sie der Klägerin eine Verletzung ihrer Aufklärungspflichten angelastet und gemeint, die Klägerin müsse sich außerdem eine unzureichende Aufklärung durch den Anlagevermittler zurechnen lassen.

Den aus der Aufklärungspflichtverletzung hergeleiteten Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo hat die Beklagte dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin entgegengehalten und aus ihm zugleich einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zinsen hergeleitet.

Darüber hinaus hat die Beklagte die Ansicht vertreten, nach § 9 Abs. 3 des Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG) die Rückzahlung des Kredits verweigern zu dürfen. Sie hat ihren Beitritt zu der Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR inzwischen gekündigt.

Die Klägerin hat die Einwände der Beklagten für unbegründet erachtet.

Einer Aufklärung über die mit dem Erwerb der Fondsanteile verbundenen Risiken habe es nicht bedurft. Das Verbraucherkreditgesetz finde auf Geschäfte der von der Beklagten getätigten Art keine Anwendung.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Inhalt der in dieser Instanz gewechselte Schriftsätze mit Anlagen verwiesen.

Das Landgericht hat mit seinem hiermit in Bezug genommenen Urteil vom 03.05.2000 der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Gegen das ihr am 05.06.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.07.2000 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.10.2000 mit am 29.09.2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte hält an ihrer Ansicht fest, das Verbraucherkreditgesetz finde auch auf Kredite Anwendung, die zum Zwecke des Beitritts zu einer Abschreibungsgesellschaft aufgenommen werden.

Sie lastet der Klägerin weiterhin eine Aufklärungspflichtverletzung an und leitet die Pflicht zu ihrer Aufklärung aus einem bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorhanden gewesenen Wissensvorsprung sowie daraus her, daß die Bank ihre Rolle als Kreditgeber überschritten habe.

Die Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen, die sie aus einer Verletzung der Aufklärungspflichten der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Hinblick auf die ihr wirtschaftlich nachteilige Koppelung des Darlehensvertrags mit einer kapitalbildenden Lebensversicherung herleitet.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Und auf die Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an sie DM 40.493,63 nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu zahlen, sämtliche an die Klägerin und Widerbeklagte ihr abgetretenen Sicherheiten freizugeben, und zwar die Verpfändung des BGB-Anteils an der Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR St. Mitte II (Fonds Nr. ... der W. Wohnungsbaugesellschaft mbH i. K., St.) sowie die Rechte an der Lebensversicherung über DM 60.000,00 bei der AuM. L. AG (Nr. ...) Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile der Beklagten und Widerklägerin an der Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR St. Mitte II (Fonds Nr. ... der W. Wohnungsbaugesellschaft mbH i. K., St.). Festzustellen, daß sie nicht verpflichtet ist, der Klägerin ab Rechtshängigkeit weitere Leistungen aus dem Darlehensvertrag vom 19.10.1992 - Darlehens-Nr. ... - über 105.384,00 DM zu erbringen, daß insbesondere keine Pflicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta besteht.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und beruft sich auf das in Ziffer 2 (1) der zum Inhalt des Darlehensvertrags gemachten allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Aufrechnungsverbot. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das zulässige Rechtsmittel der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Rückzahlung des ihr gewährten Darlehens verurteilt und die auf die Erstattung der geleisteten Zinszahlungen und weiterer Leistungen gerichtete Widerklage der Beklagten abgewiesen.

Aus § 9 Abs. 3 des Verbraucherkreditgesetzes kann die Beklagte ein Recht zur Verweigerung der Rückzahlung des Darlehens nicht herleiten, weil das Verbraucherkreditgesetz keine Anwendung auf Kredite findet, die zur Finanzierung der Beteiligung an einer Immobilienfonds GbR gewährt wurden.

Zwar wurde die Frage, ob es sich bei einer derartigen Beteiligung um eine "andere Leistung" im Sinne des § 9 Abs. 4 VerbrKrG handelt, höchstrichterlich noch nicht entschieden; der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seinen Entscheidungen vom 27.06.2000 (WM 2000, 1685 und WM 2000, 1687) dahingestellt sein lassen.

Der Bundesgerichtshof hat jedoch in einer vor dem Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes getroffenen Entscheidung die von ihm entwickelten Grundsätze über den Einwendungsdurchgriff - die in § 9 des späteren Verbraucherkreditgesetzes Eingang gefunden haben - beim finanzierten Abzahlungskauf für unanwendbar gehalten, wenn es um die drittfinanzierte Beteiligung des Käufers an einer Abschreibungsgesellschaft zum Zwecke des steuerbegünstigten Erwerbs von Wohnungseigentum ging (NJW 1981, 389).

Er hat diese Ansicht damit begründet, daß der Einwendungsdurchgriff seine Rechtfertigung darin finde, daß die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts in zwei rechtlich selbständige Verträge nicht zu Lasten des Käufers/Kreditnehmers gehen dürfe, der im allgemeinen kein Interesse an dieser Aufspaltung habe, und dem die Einschaltung eines Finanzierungsinstituts in aller Regel auch keinen Vorteil bringe. Der sich an eine Abschreibungsgesellschaft Beteiligende sei demgegenüber an der Aufnahme eines Kredits und der dadurch bewirkten Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts in rechtlich selbständige Verträge aus steuerlichen Gründen dringend interessiert. Wenn aber der Kreditnehmer die Einschaltung eines Kreditinstituts anstrebe, um steuerliche Vergünstigungen zu erlangen, so sei es auch sachgerecht, ihn das damit verbundene "Aufspaltungsrisiko" tragen zu lassen und es ihm nicht zu gestatten, sich auf die Grundsätze des Einwendungsdurchgriffs zu berufen. Auch sei es bei einem derartigen Geschäft von der Interessenlage her nicht geboten, daß der Darlehensnehmer nach Treu und Glauben dem Kreditgeber Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft entgegenhalten dürfe. Eine solche Notwendigkeit bestehe bei solchen, typischerweise der langfristigen Vermögensanlage und nicht der Beschaffung von Konsumgütern dienenden Geschäften nicht. Ferner sei zu berücksichtigen, daß bei dem Personenkreis, der für derartige Geschäfte im allgemeinen in Betracht komme, in der Regel eine wirtschaftliche und rechtsgeschäftliche Unerfahrenheit zu verneinen sei und auch Unklarheiten darüber, daß Immobilienveräußerer und kreditgebende Bank verschiedene Rechtsträger sind, nicht bestünden, so daß eine den Einwendungsdurchgriff rechtfertigende Schutzbedürftigkeit nicht anerkannt werden könne. Dabei sei auch zu beachten, daß dieser Personenkreis sich vielfach der Hilfe eines Steuerberaters oder Anlageberaters bedienen werde oder dies zumindest zum eigenen Schutz tun könne.

Sämtliche den Senat überzeugende Überlegungen, die den Bundesgerichtshof veranlaßt haben, es demjenigen, der einer Abschreibungsgesellschaft zum Zwecke des steuerlich vorteilhaften Erwerbs von Immobilien beitritt, zu versagen, dem Kreditgeber Einwendungen aus dem Beitrittsgeschäft entgegen zu halten, sind auf den von der Beklagten vorgenommenen Beitritt zur Immobilienfonds GbR uneingeschränkt übertragbar.

Der Erwerb der Immobilienfondsanteile diente, wie aus dem Prospekt zum W. Immobilienfonds Nr. ... mit Deutlichkeit hervorgeht und von der Beklagten selbst in der Klageerwiderung betont wird - zumindest auch - der Erzielung von Steuervorteilen, die zusammen mit den Mieterlösen die finanziellen Belastungen aus dem Erwerb weitestgehend abdecken sollten. Zur Erreichung dieses Zweckes war die Aufnahme des Kredits und die dadurch bewirkte Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts in zwei rechtlich selbständige Verträge erforderlich und gewollt. Der auch von dem Verbraucherkreditgesetz - so wie von der früheren Rechtssprechung zum Einwendungsdurchgriff - bezweckte Schutz des Käufers oder Erwerbers einer anderen Leistung vor einer nicht in seinem Interesse liegenden Aufspaltung eines einheitlichen Geschäfts in zwei Verträge kann der Beklagten bei dem von ihr getätigten Geschäft deshalb nicht zugute kommen.

Auch auf die Beklagte trifft im übrigen die Überlegung zu, daß die von dem Verbraucherkreditgesetz vorausgesetzte besondere Schutzbedürftigkeit nicht zu erkennen ist, weil sie sich vor der Entscheidung über den Beitritt zur Immobilienfonds GbR der Hilfe eines Fachberaters hätte bedienen können, ein Vorgang, den der Bundesgerichtshof wiederholt als zu den Obliegenheiten des Erwerbers gehörend beurteilt hat [WM 1987, 1426 (1428); WM 1988, 561 (563); WM 1992, 901 (902)].

Die Anwendbarkeit von § 9 Abs. 3 VerbKrG auf die Beitritt zu einer Immobilienfonds GbR läßt sich auch nicht aus der Regelung in § 3 Abs. 2 Ziffer 4 VerbKrG herleiten.

Der Gesetzgeber mußte Kreditverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Wertpapieren, Devisen oder Edelmetallen dienen und nach seinem Willen nicht dem Einwendungsdurchgriff ausgesetzt sein sollen, ausdrücklich von der Regelung in § 9 des Gesetzes ausnehmen, weil es sich bei diesen Erwerbsgeschäften um Kaufgeschäfte handelt, die ansonsten nach § 9 Abs. 1 von dem Schutz dieser Vorschrift erfaßt worden wären. Bei Rechtsgeschäften der vorliegend zu beurteilenden Art bedurfte es einer ausdrücklichen Herausnahme aus dem Schutz des § 9 nicht, weil sie von § 9 Abs. 1 nicht erfaßt werden. Eine Aussage über die Behandlung des Beitritts zu einer Immobilienfonds GbR als "andere Leistung" im Sinne von § 9 Abs. 4 VerbKrG ist damit nicht getroffen. Es läßt sich im Gegenteil aus der in § 3 Abs. 2 Ziffer 4 getroffenen Regelung ein Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers entnehmen, Spekulationsgeschäfte nicht dem Schutz des Verbraucherkreditgesetzes zu unterstellen (Drescher WM 1993, 1445). Die Beklagte kann der Darlehensrückzahlungsforderung der Klägerin auch keinen Anspruch wegen Verletzung von Aufklärungspflichten entgegenhalten.

Der von der Beklagten erhobene Vorwurf, die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe Pflichten zur Aufklärung über die mangelnde Werthaltigkeit der Fondsanteile und die mit ihrem Erwerb verbundenen Risiken verletzt, ist nicht gerechtfertigt.

Eine finanzierende Bank ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluß zu warnen [BGH WM 1996, 196 (197); BGH WM 1997, 662; BGH WM 2000, 1685].

Dies gilt insbesondere bei steuersparenden Erwerbsmodellen, bei denen davon auszugehen ist, daß die Interessenten entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich der Hilfe von Fachleuten bedienen [BGH WM 1990, 920 (922); BGH WM 1992, 902].

Bei der Finanzierung eines derartigen Rechtsgeschäfts ist eine Aufklärungspflicht des Kreditinstituts nur dann zu bejahen, wenn dieses in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens eine konkrete Kenntnis hat, die ihrem Kunden nicht ohne weiteres zugänglich ist und sie diesen "Wissensvorsprung" auch erkennen kann (BGH WM 2000, 1685). Dabei ist das Kreditinstitut nicht gehalten, sich einen solchen Wissensvorsprung zu verschaffen (BGH WM 1994, 201).

Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen, die der Rechtsvorgängerin der Klägerin bekannt, für sie aber nicht erkennbar waren. Sie leitet ihre Beanstandungen zu einem großen Teil aus Angaben in dem Prospekt über den W. Immobilien-Fonds Nr. ... her, der ihr selbst zur Verfügung stand. Der Vorwurf der Beklagten geht letztlich dahin, daß das Kreditinstitut nicht über die Überteuerung der Fondsanteile aufgeklärt habe. Zu einer solchen Bewertung und Aufklärung der Beklagten war die Rechtsvorgängerin der Klägerin indessen nicht verpflichtet. Die Beurteilung, ob bei dem Erwerbsmodell die Gesamtkosten in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Erwerbsobjekts stehen, gehört nicht in den Risikobereich der Bank; bei steuersparenden Erwerbermodellen hat sich der Anleger selbst - gegebenenfalls unter Hinzu- ziehung eines Fachberaters - darüber zu unterrichten, ob die aufzuwendenden Gesamtkosten in angemessenem Verhältnis zum Wert der zu erwerbenden Beteiligung stehen, und das ihn finanzierende Kreditinstitut kann in der Regel ohne Sorgfaltsverstoß davon ausgehen, daß der Anleger diese Prüfung auch vorgenommen hat [BGH WM 1987, 1482; BGH WM 1988, 563; BGH WM 1992, 901 (903)].

Ebenso gehört es zum wirtschaftlichen Risiko der Kapitalinvestition, das der Darlehensnehmer nicht auf die Finanzierungsbank abwälzen darf, ob sich die erwarteten Mieteinnahmen realisieren lassen [BGH WM 1992, 901 (903)]. Auf den Vermögensnachteil, der sich bei Inanspruchnahme des Darlehens ergeben konnte, soweit kein Ausgleich durch die frei verwendbaren Steuervorteile erfolgte, und darauf, daß das aufgenommene Fremdkapital nicht dem realen Gegenwert des Anteils entsprach, war die Beklagte im Prospekt (S. 72) ausdrücklich hingewiesen.

Ein Wissensvorsprung des Kreditinstituts über die Unrentabilität der Anlage reicht nicht aus, um daraus Aufklärungspflichten herzuleiten (BGH BB 1999, 760).

Tatsachen dafür, daß die Rechtsvorgängerin der Klägerin Kenntnis darüber gehabt hätte, daß wertbildende Faktoren des Objekts gegenüber der Beklagten falsch dargestellt wurden oder die Beklagte gar arglistig getäuscht wurde, trägt die Beklagte nicht vor.

Ein konkreter Wissensvorsprung in Bezug auf ein spezielles Risiko des zu finanzierenden Vorhabens hätte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten allerdings vorgelegen, wenn sie gewußt oder damit gerechnet hätte, daß das Vorhaben scheitern wird (BGH WM 1988, 898; BGH BB 1999, 760).

Auch für diese Annahme fehlt es indessen an dem erforderlichen Tatsachenvortrag der Beklagten. Aus der Aussage des in der Kreditabteilung der Klägerin tätigen Bankkaufmanns Peter Höfle, die dieser am 12.05.1998 vor dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg gemacht hat, aus dessen persönlicher Einschätzung über die Gefahren von Fonds-Finanzierungen, läßt sich eine positive Kenntnis oder aber die konkrete Erwartung der Rechtsvorgängerin der Klägerin bezüglich des Scheiterns des vorliegend zu beurteilenden Immobilienfonds nicht herleiten. Gegen eine solche Einschätzung spricht im Gegenteil entscheidend, daß die Bank die von der Beklagten erworbenen Fondsanteile als Sicherheit für den gewährten Kredit akzeptiert hat.

Tatsachen, die den Vorwurf der Beklagten rechtfertigen könnten, die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe bewußt die Augen vor der sich ihr aufdrängenden Erkenntnis geschlossen, daß das Vorhaben scheitern werde, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Immerhin wurden von der Wohnungsbaugesellschaft mbH St. nach dem Immobilien- Fonds Nr. ... zahlreiche weitere Fonds gebildet und ihrem Geschäftsführer im Haftbefehl des Amtsgerichts St. vom 08.11.1999 ein gesetzwidriges Verhalten erst im Zusammenhang mit dem im Oktober 1993 gegründeten Fonds Nr. 33 vorgehalten, wobei die wachsenden finanziellen Probleme der W.-Gruppe entscheidend auf den im Jahr 1995 eingetretenen Verfall der Mieten zurückgeführt werden.

Die Beklagte kann eine der Rechtsvorgängerin der Klägerin obliegende Aufklärungspflicht auch nicht daraus herleiten, daß die Bank aufgrund einer Vielzahl von das selbe Projekt betreffenden Kreditanträgen von Kunden, für die wegen ihres geringen Einkommens keine Teilfinanzierung durch Steuerersparnis in Betracht gekommen sei, habe erkennen können, daß eine sachgerechte Aufklärung durch die Vermittlerin der Fonds nicht stattgefunden habe.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin durfte davon ausgehen, daß die Beklagte den im Prospekt (S. 72) enthaltenen Warnhinweis bezüglich der Gefahren bei fehlendem Ausgleich durch Steuervorteile beachtet hatte und - gegebenenfalls nach Einschaltung eines Fachberaters - unter Berücksichtigung der bei ihr vorliegenden - der Bank nicht bekannten - wirtschaftlichen Verhältnisse zu dem Ergebnis gelangt war, den Beitritt zu der Gesellschaft vornehmen zu sollen.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat dadurch, daß sie von individuellen Zinsvereinbarungen je nach Bonität des Kunden abgesehen und dadurch Vertrauen in die Werthaltigkeit der ihr als Sicherheit abgetretenen Fondsanteile bekundet hat, nicht die Voraussetzungen geschaffen, die unter dem von der Rechtsprechung entwickel- ten Gesichtspunkt der Überschreitung der Rolle als bloßem Kreditgeber eine Aufklärungspflicht begründet hätte.

Die von der Beklagten bekundete Ansicht, die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe durch ihr Verhalten den Anschein erweckt, als bürge sie für die Seriosität der Anlage, vermag der Senat nicht zu teilen.

Der somit begründete Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des gewährten Darlehensbetrags (§ 607 Abs. 1 BGB) ist nicht durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen untergegangen, weil die Klägerin diese Ansprüche bestreitet und weil die Aufrechnung mit streitigen, nicht rechtskräftig festgestellten Ansprüchen nach Ziffer 2 (1) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin, die zum Inhalt des Darlehensvertrags geworden sind, ausgeschlossen ist.

Für die von der Beklagten im Wege der Widerklage verfolgten Ansprüche ist nach den vorstehenden Ausführungen eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich.

Die Kosten ihres deshalb erfolglosen Rechtsmittels hat die Beklagte nach § 97 ZPO zu tragen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit mit Abwendungsbefugnis folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten wurde gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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