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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 13 U 103/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 633
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die klagende Innenausbaufirma hat von dem beklagten Bauträger Restwerklohn in Höhe von mehr als 70.000 € für Bauhandwerksleistungen bei der Errichtung eines Altenheims verlangt. Die Beklagte hat sich zum einen mit Angriffen gegen die Höhe des Restwerklohns, zum anderen mit zur Aufrechnung gestellten Vorschussanforderungen für die Beseitigung behaupteter Mängel verteidigt und Klageabweisung beantragt. Widerklagend hat sie die über die durch die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung hinausgehenden Vorschussanforderungen (ca. € 6.000.-) und Feststellung der Ersatzpflicht der Kl. für die zukünftig noch entstehenden Kosten der Beseitigung zweier Baumängel begehrt. Das Landgericht (vgl. dessen Urteil Bl. 403 ff. d. A.) hat der Klage im Umfang von € 14.987,28 nebst Zinsen stattgegeben. Die Klageabweisung im Übrigen hat das Landgericht mit der berechtigten Aufrechnung der Beklagten mit einem Mängelbeseitigungsvorschuss wegen Mängeln der "Einpflege" des großflächig verlegten C-Kautschukbelag-Bodens begründet. Es hat auch dem Widerklageantrag zu II (Feststellung der Ersatzpflicht der Kl. für die zukünftig - über den durch die Aufrechnung verbrauchten Betrag hinaus - noch entstehenden Kosten der Mängelbeseitigung hinsichtlich der "Einpflege" eines C-Bodens), unter Abweisung der Widerklage im Übrigen, stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit der Berufung der Klägerin (vgl. deren Begründung Bl. 453 d. A.) angegriffen sind allein noch die Kürzung der Werklohnforderung um den Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten von € 12.737,- für die mangelhafte Einpflege des C, sowie die auf die Widerklage zugesprochene Feststellung.

Die Klägerin behauptet unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages weiterhin, eine ordnungsgemäße Einpflege erbracht zu haben. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 10. 7. 2006 (Bl. 453 d.A.) sowie den Schriftsatz vom 22. 2. 2007 (Bl. 519 d. A.) verwiesen.

Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Auf ihr Vorbringen in der Berufungserwiderung vom 27. 7. 2006 (Bl. 463 d. A.) sowie im Schriftsatz vom 3. April 2007 (Bl. 555 d. A.) wird verwiesen.

Das Berufungsgericht hat nach Erteilung eines rechtlichen Hinweises, dass die bisherige Beweisaufnahme nicht ausreiche (vgl. die richterliche Verfügung vom 5. 1. 2007, Bl. 468 d. A.), vor dem vorbereitenden Einzelrichter gemäß § 527 ZPO weiteren Beweis durch eine erneute mündliche Erläuterung der von ihm erstatteten Gutachten des Sachverständigen SV1 erhoben. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Februar 2007 (Bl. 506 ff. d. A.) verwiesen.

Der vorbereitende Einzelrichter hat, da die Beklagte in diesem Termin säumig war, der Berufung der Klägerin gemäß §§ 527 Abs. 3 Nr. 3, 539 Abs. 2 Satz 1 ZPO - ohne die durchgeführte ergänzende Beweisaufnahme zu verwerten - stattgegeben. Gegen das Versäumnisurteil hat die Beklagte fristgemäß Einspruch eingelegt.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

wie erkannt.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten und den Einspruch der Klägerin zurückzuweisen.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet, weshalb das Versäumnisurteil aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen waren. Die von der Klägerin vorgenommene Einpflege war mangelhaft.

(1.) Der Sachverständige SV1 hat jetzt, seine drei schriftlichen Gutachten ergänzend erläuternd bestätigt, dass in allen mit C ausgelegten Räumen die geschuldete Einpflege mangelhaft war.

- Danach war statt einer weichen, sich mit dem Material verbindenden "Einpflege" in allen Räumen eine ungeeignete, nämlich zu harte "Versiegelung" oder "Beschichtung" vorgenommen worden, die zu fleckenhaften Abplatzungen geführt hat (vgl. im einzelnen S. 3 seiner mündlichen Erläuterungen vom 23. 2. 07, Bl. 508 d. A.).

Dass es sich bei dieser Art der Versiegelung um einen Mangel handelt, hat die Klägerin - allerdings nur für die vier Räume, die der Sachverständige SV1 in seinem ersten Gutachten (vgl. S 28 ff. des Gutachtens vom 1. 8. 2001, dort Photographien 17 bis 17 c) bewertet hatte - selbst bereits im Schriftsatz vom 15. 8. 2002 (Bl. 139 ff d. A.) anerkannt ("für den Kläger ist es eine Selbstverständlichkeit, diesen Bereich nachzubessern ", Bl. 141 d. A.).

Es ist angesichts des mangelhaften Erscheinungsbildes des Fußbodens gleichgültig, ob es unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßregeln möglich gewesen wäre, auch mit dem verwendeten Mittel eine ordnungsgemäße Einpflege herzustellen, worauf das Schreiben der Firma B vom 5. 7. 2000 (Bl. 245 d. A., Anlage B 21) einen Hinweis darstellen könnte, denn dann wäre jedenfalls die entsprechende Sorgfalt, wie das Resultat zeigt, von der Klägerin nicht aufgebracht worden.

- Die bisher offen gebliebene Frage (vgl. dazu die richterlichen Hinweise in der Ladungsverfügung vom 5. 1. 2007 Bl. 468 ff. d. A.), ob dieser Mangel sich in sämtlichen mit C ausgelegten Räumen vorfindet, ist durch die ergänzende mündliche Erläuterung des Sachverständigen nunmehr beantwortet.

(2.) Auf die vom Sachverständigen in seinem (dritten) schriftlichen Gutachten vom 10. 12. 2003 aufgegriffene und zwischen den Parteien eingehend erörterte Frage der Lebensdauer der tatsächlich aufgebrachten "Beschichtung" im Vergleich zu der gewöhnlichen "Einpflege" kommt es nicht an. Denn die "Einpflege" (oder auch eine ordnungsgemäß aufgebrachte "Beschichtung") hätte sich gleichmäßig und ohne die das Erscheinungsbild besonders störenden fleckenhafte Abplatzungen (vgl. zu diesen die vom Sachverständigen jetzt in Bezug genommenen Fotos auf S. 8 ff. des Gutachtens vom 10. 12. 2003) abgelaufen.

Der gleichmäßig und ohne Abplatzungen abgelaufene Belag wäre außerdem ohne größeren Aufwand durch einfache Hinzugabe eines Einpflegemittels in das Wischwasser wieder zu erneuern gewesen. Hingegen muss, wie der Sachverständige in seiner mündlichen Erläuterung vom 23. 2. 2007 (vgl. S. 5 der Sitzungsniederschrift, Bl. 516 d. A.) überzeugend ausgeführt hat, die fehlerhaft aufgebrachte Beschichtung mit "Reinigungspads", das sind geeignete Aufsätze auf Poliermaschinen, wesentlich aufwendiger abgerieben werden.

(3.) Angesichts dieser Feststellung der Ungeeignetheit des aufgebrachten Material durch den Sachverständigen - sie wurde anhand des konkreten Zustandes des Bodens vor Ort getroffen - kommt es auf den von der Klägerin in den Mittelpunkt ihrer Berufungsangriffe gestellten Gesichtspunkt, ob das Mittel "A..." ein für den verwendeten Bodenbelag geeignetes Einpflegemittel (nach dem Standard des Ausführungsjahres 1999) war, nicht an.

- Das Landgericht hat die Frage, welches Mittel verwendet wurde, in seinem Urteil ausdrücklich offen gelassen (vgl. S. 10 unten des landgerichtlichen Urteils, Bl. 412 d. A.).

- Der Frage, ob tatsächlich A... Verwendung gefunden hat, musste nicht durch Ausschöpfung der von der Klägerin dafür in der Berufungsbegründung angebotenen Beweismittel nachgegangen werden. Zwar hat die Firma B als Belaghersteller im Schreiben vom 5. 10.2005 (noch erstinstanzlich vorgelegt, Bl. 334, Anlage K 34 zum Schriftsatz der Klägerin vom 17. 10. 2005) vorsichtig und mit Einschränkungen bestätigt, dass sie, wegen einer entsprechenden Empfehlung der Firma A, die Beschichtung "A..." für C empfohlen habe. Auch in dem schon erwähnten Schreiben Bs vom 5. 7. 2000 (Bl. 245, Anlage B 21 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26. 2. 2004) kommt zum Ausdruck, dass eine Beschichtung des Cbodens mit A ... ungewöhnlich, aber nicht grundsätzlich ungeeignet sei, wenngleich geeignet nur dann, falls die verschiedenen technischen Regeln ("Parameter") bei der Erst-Einpflege beachtet würden. Auch der Hersteller der Beschichtung, die Firma A, hat sich bezüglich ihres Produktes "A..." in diesem Sinne - und zwar gerade bezüglich der Kautschuk-Böden der Firma B - geäußert (vgl. das, allerdings sehr kurze, Schreiben der Firma A vom 15. 11. 2005, Bl. 388 d. A., überreicht vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 16. 2. 2006).

Beide Hersteller-Empfehlungen haben danach aber schon aus sich heraus keinesfalls die Verbindlichkeit anerkannter technischer Regeln, wie sie gegebenenfalls DIN-Normen zukommen können. Im Übrigen wäre angesichts des konkret festgestellten mangelhaften Erscheinungsbildes des beschichteten Bodens auch eine verbindliche technische Regel nicht geeignet, den Boden als mangelfrei erscheinen zu lassen.

Da hier werkvertragliche Gewährleistungsansprüche (nach § 633 Abs. 3 BGB a. F.) im Streit stehen, kommt es auf ein Verschulden der Klägerin, welches bei einer eindeutigen und verbindlichen technischen Empfehlung für A... angezweifelt werden könnte, nicht an.

(4.) Den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2007 gestellten Beweisanträgen war nicht nachzugehen.

a) Der Vortrag zu der in das Wissen der sistierten Zeugin Z1 (sie ist nicht identisch mit dem Zeugen Z2, erstmals von der Klägerin benannt im Schriftsatz vom 28. 2. 2001, Bl. 73 d. A., für ein anderes Beweisthema) gestellten Tatsache, es sei von der Klägerin gar keine harte "Beschichtung", sondern eine weiche "Emulsion" aufgebracht worden, ist neu und widerspricht dem erstinstanzlichen und dem noch in der Berufungsbegründung gehaltenen zweitinstanzlichen bisherigen Vortrag, der dahin ging, die "Beschichtung" mit A... sei dem damaligen geringeren technischen Standard und den Empfehlungen der Hersteller gemäß gewesen. Die Klägerin ist mit diesem neuen Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Im Übrigen ergibt sich aus den von dem Klägervertreter in diesem Termin übergebenen "Reinigungs- und Pflegeempfehlungen" der Firma B (der Klägervertreter verweist auf die Tabelle in der dortigen Seite 17, Bl. 578 d. A.) nichts anderes, als aus den oben zu (3.) zitierten Herstellerempfehlungen.

Die sistierte Zeugin Z1 ist zudem ein neues, ebenfalls nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludiertes Beweismittel, denn die Klägerin hat sich bisher nicht auf sie bezogen. Dass sie in dem schon mehrfach zitierten Schreiben der Firma B vom 5. 7. 2000 (Bl. 245 d. A.) als "technische Beraterin" genannt ist und offensichtlich als eine der ersten das behauptete Schadensbild gesehen hat, ersetzt kein erstinstanzliches Beweisangebot. Ihre Vernehmung hätte schließlich die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, denn sie hätte eine erneute Vernehmung des Sachverständigen SV1 erforderlich gemacht.

b) Dass der Sachverständige SV1 die erforderliche Kompetenz für die Beurteilung der hier noch umstrittenen Frage nicht aufweise, sondern es der Vernehmung eines Sachverständigen für das Reinigungsgewerbe bedürfe, ist von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2007 vorgebracht worden. Dies, nachdem sie drei schriftliche Gutachten und zwei mündliche Erläuterungen dieses Sachverständigen ohne Bedenken zu erheben hingenommen hat und obwohl sie nicht erläutert, weshalb sie seine Sachkunde jetzt anzweifelt. Auch mit diesem neuen Angriffsmittel ist die Klägerin daher nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

Die Höhe der für die Mängelbeseitigung aufzuwendenden Kosten hat das Landgericht (S. 11 seines Urteils, Bl. 413 d. A.) überzeugend begründet. Die Berufung greift die Höhe nicht an. Auch erstinstanzlich ist diese nicht bestritten worden.

Der Feststellungsantrag rechtfertigt sich daraus, dass weitere Kosten (u. a. für das Ausräumen der nachzuarbeitenden Zimmer usw.) entstehen können. Das Bestehen eines Feststellungsinteresses hat die Berufung ebenfalls nicht angegriffen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97, 344 ZPO. Das Rechtsmittel der Klägerin war erfolglos, allerdings hat die Beklagte die durch ihre Säumnis im Termin vom 23. 2. 2007 entstandenen Kosten zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert: € 27.737 (Zahlungsantrag € 12.737,-; Feststellungsantrag 1/3 von € 45.000 = € 15.000.-).

Ende der Entscheidung

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