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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.07.2003
Aktenzeichen: 13 U 20/97
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 326 a. F.
BGB § 326 Abs. 1
Zur Frage, ob auf einen Vergleich zwischen einer französischen und einer deutschen Gesellschaft französisches oder deutsches Recht anzuwenden ist.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 20/97

Verkündet am 23.07.2003

in dem Rechtsstreit

Der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Mai hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2003 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., Richter am Oberlandesgericht ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt - 2. Kammer für Handelssachen mit Sitz in Offenbach - vom 25. Oktober 1996 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten beider zweiter Rechtszüge sowie der Revision zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 115 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 115 % desjenigen Betrages leistet, dessen Vollstreckung sie betreibt.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft nach französischem Recht mit Sitz in Frankreich, entwickelt und vertreibt Software. Mit der "Firma C... T..., vertreten durch den Geschäftsführer A. schloss sie unter dem 5. März 1992 in deutscher Sprache einen schriftlichen "Händlervertrag" (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 11 ff. d. A.). Durch ihn erhielt die "C..." ein nicht exklusives Vertriebsrecht für das Programmpaket "W..." in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die bei der Klägerin erworbenen und von "C..." auf eigene Rechnung an Kunden weiterverkauften Programmpakete waren durch erst freizuschaltende Sicherheitsschlüssel, sogenannte "d...s", gesichert. Artikel 16 Nr. 5 dieses Vertrages bestimmt: "Dieser Vertrag sowie alle Einzelverträge, die in Ausfüllung dieses Vertrages geschlossen werden, unterliegen dem deutschen Recht."

Am 7. Juli 1993 änderten die Parteien - auf der Händlerseite trat nunmehr nicht mehr die "C... T...", sondern die "C... T... GmbH" auf - den Händlervertrag von 1992 hinsichtlich des Vertragsgebietes (wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 22 d. A.). Eine von der Klägerin am 29. November 1994 ihr angebotene Nachtragsvereinbarung zum Händlervertrag lehnte die Beklagte am 1. Dezember 1994 ab. Die Klägerin kündigte den Händlervertrag am gleichen Tag zum 5. März 1995 und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 23. Februar 1995 zur Auskunft über veräußerte Software und zur Herausgabe der nicht veräußerten "d...s" auf (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 28 ff. d. A.).

Unter dem 1. Juni 1995 schlossen die Parteien in französischer Sprache eine Nachtragsvereinbarung, welche die Kündigung vom 1.Dezember 1994 aufhob und den Händlervertrag bis 5. März 1998 verlängerte. Diese Nachtragsvereinbarung stand unter zwei auflösenden Bedingungen: Zahlung von DM 144.900,- bis 8. Mai 1995 durch die Beklagte an die Klägerin und Rücksendung von 24 mit ihren Nummern bezeichneten "d...s" an die Klägerin bis 30. September 1995 oder, stattdessen, deren Erwerb und Bezahlung. Wegen der Einzelheiten dieser Nachtragsvereinbarung wird auf Blatt 35 ff. der Akten verwiesen.

Unter dem 27. September 1995 bestellte die Beklagte bei der Klägerin 22 dieser 24 Programme (vgl. wegen der Einzelheiten K 7, Bl. 40 d. A.). Den von der Klägerin dafür verlangten Kaufpreis von DM 572.000,00 zahlte die Beklagte nicht. Wegen weiterer Rechnungen der Klägerin über DM 26.000.- (zwei), DM 2.880,-, und DM 169.920.- wird auf die Klageschrift Bl. 8 ff. verwiesen.

Unter dem 9. November/4. Dezember 1995 schlossen die Parteien in französischer Sprache eine Vereinbarung, durch die sie ihre Geschäftsbeziehung beenden wollten. Die Beklagte verpflichtete sich, zum Ausgleich sämtlicher klägerischer Forderungen DM 200.000,- zahlen. Die Klägerin selbst sollte ab dem 04.01.1996 die gesamten neuen Wartungsverträge übernehmen. Die Vereinbarung schließt mit der Klausel "La presente constitue une transaction au sens des articles 2044 et suivants du code civil" (übersetzt : "Dies stellt einen Vergleich im Sinne der Artt. 2044 ff. des Zivilgesetzbuches dar.") Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung vgl. Bd I Bl. 43 ff. (französisches Original) bzw. Bl. 46 ff. d. A. (deutsche Übersetzung).

Da keine Zahlungen erfolgten, mahnte die Klägerin mit Fax-Schreiben vom 12. Dezember 1995 die Zahlung von 150.000,- DM an und setzte für die Übersendung einer zugleich verlangten kompletten Kundenliste Frist bis 13. Dezember 1995. Sie drohte an, bei fruchtlosem Verstreichen dieser Frist die Erfüllung des Vergleichs abzulehnen. Mit einem- ebenfalls in französischer Sprache abgefassten - Schreiben vom 22. Dezember 1995 (französisches Original Bl. 66) setzte die Klägerin der Beklagten eine Nachfrist und fügte hinzu : "Ce delai passe, la societe S... renoncera à la transaction conclue entre les parties et refusera son execution, conformement à l'article 326 du Code Civil allemand. Elle renoncera au profit de la transaction et poursuivra sur la base des ses demandes initiales" (übersetzt, Bl. 69: Sollte diese Frist überschritten werden, verzichtet S... auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich und lehnt seine Erfüllung ab, und dies entsprechend dem Artikel 326 des deutschen Zivilgesetzbuches. Sie verzichtet auf den Vorteil des Vergleiches und wird weiter auf Basis ihrer ursprünglichen Forderungen vorgehen). Dieses Schreiben ging der Beklagten am selben Tag per Fax zu. Am 22. Dezember 1995 leistete die Beklagte eine Teilzahlung in Höhe von DM 53.202,40, erklärte wegen des Restes aber die Aufrechnung mit Gegenforderungen (vgl. die - allerdings ohne Erklärung eine Zahlungshöhe von DM 53.287,60 enthaltende - Abrechnung der Beklagten im Schreiben vom 2. Februar 1996, Bd. I Bl. 99 d. A.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei von dem Vergleich wirksam zurückgetreten. Sie hat mit der Klage die Bezahlung der Rechnungen vom 27. September bis 16. November 1995 über eine Gesamtsumme von DM 796.800,00 verlangt, wovon sie sich die geleistete Zahlung von DM 53.202,40 hat abziehen lassen.

Die Forderungshöhe ergibt sich im Einzelnen aus der Aufstellung Bd. I, Bl. 8-10 d. A.

Die Klägerin hat ferner die im Klageantrag bezeichneten sechs Sicherheitsschlüssel herausverlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 743.597,60 DM nebst 5 % Zinsen seit 28. Dezember 1995 zu zahlen,

sowie

ihr, der Klägerin, die Sicherheitsschlüssel (d...s) mit den Nummern 3... (drei Schlüssel), 6..., 2.... und 22... herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Vergleich vom 9. November/4. Dezember 1995 unterliege französischem Recht; diesem zufolge sei ein Rücktritt durch einseitige Parteierklärung nicht möglich, sondern eine gerichtliche Auflösung erforderlich.

Gegen die nach Zahlung von DM 53.202,40 verbleibende Vergleichssumme hat die Beklagte mit Gegenforderungen aufgerechnet: Die Klägerin habe drei Kunden der Beklagten aufgefordert, keine Zahlungen für bereits empfangene Leistungen mehr zu erbringen und ihr dadurch einen Schaden in Höhe von DM 147.712,40 zugefügt.

Hilfsweise hat sie mit einer weiteren Schadensersatzforderung aufgerechnet, die ihr zustehe, da die Klägerin einer Firma "Sp..." mitgeteilt habe, sie, die Beklagte, sei nicht dazu berechtigt, die von "Sp..." erworbene Software einzubauen. Dadurch sei ihr ein Betrag von DM 50.000,00 - aus einem gerichtlichen Vergleich mit "Sp..." vor dem Landgericht Memmingen - entgangen. Die von "Sp..." gegen die Beklagte erhobene Vollstreckungsgegenklage sei nur aufgrund der Aussage eines von der Klägerin für "Sp..." zur Verfügung gestellten Zeugen erfolgreich gewesen. Sachvortrag wegen der herausverlangten d...s hat die Beklagte nicht gehalten.

Im angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage in vollem Umfange stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe kein Streit darüber, dass auch der Vergleich vom November/Dezember 1995 nach deutschem Recht zu beurteilen sei. Von diesem Vergleich sei die Klägerin wirksam zurückgetreten. Rechtserhebliche Einwendungen gegen die Klageforderungen seien nicht erhoben; die Aufrechnungen seien unbegründet: Wenn die Beklagte aufgrund ordnungsgemäß erbrachter Leistungen Forderungen gegen ihre Kunden erlangt habe, könne die Klägerin diese nicht durch eine Mitteilung an die betreffenden Kunden, an die Beklagte nicht mehr zu zahlen, zum Erlöschen bringen. Im Fall "Sp..." sei nicht feststellbar, inwieweit der für die Beklagte ungünstige Ausgang des Rechtsstreits auf eine von der Klägerin veranlasste unwahre Zeugenaussage zurückzuführen sei. Zur Rückgabe der Sicherheitsschlüssel sei die Beklagte nach Beendigung des Händlervertrages oder jedenfalls ab Unterzeichnung des Vergleichs verpflichtet.

Gegen dieses Urteil wendet die Beklagte sich mit der Berufung. Im ersten, vor dem Senat in den Jahren 1997 und 1998 durchgeführten Berufungsverfahren hat die Beklagte ihre Auffassung wiederholt, der Vergleich unterliege französischem Recht und könne nur durch richterlichen Gestaltungsakt aufgehoben werden. Aber auch nach deutschem Recht sei kein Rücktritt möglich, weil durch den "Vergleich" kein gegenseitiger Vertrag geschlossen, sondern einerseits ein Verfügungsgeschäft, ein Erlass, vollzogen, andererseits eine Zahlung versprochen worden seien.

Ferner sei die Frist der Ablehnungsandrohung zu kurz gewesen und damit unwirksam.

Die Beklagte hat ihre Gegenforderungen aus von der Klägerin vereitelten Geschäften mit den Firmen K., G. und P. mit einer Schadenshöhe von DM 147.712,40 wiederholt. Die Klägerin habe diese Geschäfte mit Schreiben vom 12. Dezember 1995 (Bd. I Bl. 102 d. A.) vereitelt. Dessen Verfasserin, die S... Deutschland, sei 100 %ige Tochter der Klägerin; die Klägerin müsse für deren Fehlverhalten einstehen. Gegen die Rechnungsstellung der Klägerin hat die Beklagte vorgebracht: Die Rechnung vom 29. September 1995 habe sie, die Beklagte, mit Schreiben vom 5. Oktober 1995 (Be. I. Bl. 144 ff.) moniert. Die Rechnungen über (zweimal) DM 26.000,00, DM 2.880,00 und DM 169.920,00 habe sie nicht erhalten. Forderungen für Wartungsleistungen würden zu Unrecht geltend gemacht, weil sie unentgeltlich zu erbringende Garantieleistungen gewesen seien. Hinsichtlich der Gegenforderung wegen des Verhaltens der Klägerin im Zusammenhang mit "Sp..." hat die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt.

Höchst vorsorglich hat die Beklagte mit weiteren DM 393.001,00 aufgerechnet, die ihr zuständen, weil ihr Einnahmen aus Wartungsverträgen mit insgesamt 56 Kunden entgangen seien.

Auch in der Berufung hat die Beklagte nichts gegen die Herausgabe der d...s vorgebracht, hat allerdings - auch insoweit - beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat das landgerichtliche Urteil verteidigt.

Die Berufung der Beklagten sei hinsichtlich der herausverlangten d...s mangels Begründung unzulässig.

Im Übrigen sei sie unbegründet. Auf den Vergleich sei deutsches Recht anzuwenden; sie sei wirksam zurückgetreten.

Die Klageforderung sei der Höhe nach zutreffend; der in Rechnung gestellte Betrag entspreche den Preisen der Nachtragsvereinbarung vom 1. Juni 1995. Von dem Inhalt der ihr angeblich nicht zugegangenen Rechnungen habe die Beklagte spätestens mit der Klageschrift Kenntnis erhalten.

Aufrechenbare Gegenforderungen ständen der Beklagten nicht zu. Schadensersatzforderungen bezüglich der Kunden K.-Fb..., G. und P. seien nicht ersichtlich. Die Beklagte hätte etwaige Ansprüche gegen diese Firmen gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen müssen. Soweit sie ihre Ansprüche mit dem Schreiben der S... GmbH vom 12. Dezember 1995 an verschiedene Kunden begründet, gehe dieses zum einen nicht zu ihren, der Klägerin, Lasten, denn die S... Deutschland sei eine andere Firma, gebe aber zum anderen nur das wieder, was die Parteien in dem Vergleich vom November/Dezember 1995 vereinbart gehabt hätten, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu welchem sie, die Klägerin, noch nicht von dem Vergleich zurückgetreten gewesen sei. Bezüglich des Schadensersatzanspruches in Zusammenhang mit "Sp..." hat die Klägerin behauptet, die Beklagte habe versucht, durch eigene Software den Programmschutz der Klägerin zu umgehen. Zu Recht habe sie, die Klägerin, "Sp..." daraufhin mitgeteilt, eine Wartung der Software durch sie komme dann nicht in Frage, wenn kein "Original-d..." eingesetzt sei.

Durch Urteil vom 16.09.1998 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen (vgl. im Einzelnen Bl. 375 ff. d. A.) und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stände die Forderung über DM 796.800,00 aus selbständigen, von der Nachtragsvereinbarung vom 1.Juni 1995 unabhängigen Kaufverträgen zu.

Die Beklagte könne sich nicht auf den Vergleichsabschluss berufen. Nach - auf den Vergleich anwendbarem, vgl. im Einzelnen Bd II Bl. 386 f. d. A. - deutschem Recht sei die Klägerin von diesem Vergleich wirksam zurückgetreten. Die Voraussetzungen für den Rücktritt gemäß § 326 Abs. 1 BGB (damalige Fassung) seien gegeben, insbesondere sei die gesetzte Nachfrist nicht zu kurz und sei die Ablehnungsandrohung hinreichend klar ausgesprochen.

Zurückzugreifen sei daher auf den ursprünglichen Händlervertrag von 1992, da die Nachtragsvereinbarung von Juni 1995 durch Eintritt der auflösenden Bedingung weggefallen sei. Damit sei der Rechtszustand nach der Beendigung des ursprünglichen Händlervertrages durch Kündigung mit Wirkung zum 5. März 1995 wieder aufgelebt.

Der Rechnung vom 20. September 1995 über DM 26.000,00 (DM 24.000,00 für Software und DM 2.000,00 für ein Standard Interface) liege eine Bestellung der Beklagten vom 19. September 1995 (Kopie Bl. 69 ff. d. A.) zugrunde. Die Beklagte habe substantiierte Einwendungen nicht erhoben.

Auch die Bestellung vom 27. September 1995 (Bl. 40 d. A.) der unter dem 29. September 1995 mit DM 572.000,00 berechneten (Bl. 39 d. A.) 22 Programme (verkörpert jeweils in den Sicherheitsschlüsseln/d...s) und zugehörigen Interfaces sei von der Beklagten nicht substantiiert bestritten.

Die Rechnung vom 29. September 1995 über DM 2.880.- betreffe eine Fax-Bestellung vom selben Tag (Bl. 72 d. A.).

Schließlich habe die Bekl. mit Fax vom 16. Oktober 1995 (Bl. 76 d. A.) einen weiteren d... bestellt (Rechnung Bl. 80 d. A. über DM 26.000,00). Auch hiergegen habe die Beklagte substantiierte Einwendungen nicht erhoben.

Sämtliche Rechnungen seien der Beklagten spätestens mit der Klageschrift zugegangen.

Die Rechnung vom 16. November 1995 über DM 169.920,00 habe die Klägerin zu Recht für von ihr erbrachte Wartungsleistungen erstellt. Zwar lägen die einzelnen Wartungsverträge nicht vor. Es sei aber weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin auch Wartungskosten für unter Garantie stehende Kunden berechnet habe (vgl. im einzelnen Bd II Bl. 390 d. A.).

Von den sich demnach ergebenden DM 796.800,00 verbliebe für die Klägerin - abzüglich des gezahlten Betrages von DM 53.202,40 - die zuzusprechende Klageforderung.

Aufrechenbare Gegenforderungen ständen der Beklagten nicht zu. Schreiben der Firma S... N-I hätten der Durchsetzung berechtigter Ansprüche der Beklagten nicht im Wege gestanden; über darauf gerichtete Versuche habe die Beklagte nichts vorgetragen. Nicht nachgewiesen sei im übrigen, dass die Klägerin für das Verhalten dieser N-ler Firma - das außerdem der damaligen Rechtslage entsprochen habe - überhaupt einstehen müsse; zudem sei die behauptete Schadenshöhe unschlüssig (vgl. im Einzelnen Bl. 391 d. A.).

Ansprüche aus entgangenem Gewinn aus Wartungsverträgen ständen der Beklagten nicht zu. Entgegen der Ansicht der Beklagten seien diese Verträge durch den Rücktritt der Klägerin von dem Vergleich nicht wieder aufgelebt, da sie erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die Kündigung mit Wirkung vom 5. März 1995 - wenn überhaupt - entstanden sein könnten (Bd. I Bl. 193, Bd. II Bl. 272 d. A.). Schadensersatzansprüche wegen einer Stunden- und Kilometerpauschale (jetzt noch DM 50.000.-) seien nicht durch substantiierten Vortrag der Beklagten untermauert.

Auch Schadensersatzansprüche aufgrund eines Vertragsverhältnisses der Beklagten zu "Sp..." ständen der Beklagten nicht zu. Zu Recht habe die Klägerin die Freischaltung ihres Sicherheitsschlüssels für "Sp..." verweigert.

Auf die Revision hat der Bundesgerichtshof mit Urteil des VIII. Zivilsenates vom 19. Januar 2000 dieses Senatsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den Senat zurückverwiesen (vgl. im einzelnen Bd. III Bl. 69 ff. d. A.).

Zu Unrecht habe der Senat die Berufung mangels Berufungsbegründung für unzulässig erachtet, soweit die Herausgabe verschiedener d...s beantragt sei. Denn die Angriffe der Berufung gegen die Wirksamkeit des Rücktritts vom Vergleich erfassten auch diese Herausgabeansprüche; eine gesonderte Berufungsbegründung sei insoweit nicht erforderlich.

Mit Erfolg wende sich die Revision gegen die Anwendung deutschen Rechtes. Sofern bei der Frage nach der Rechtswahl für den von den Parteien geschlossenen Vergleich deutsches Recht anwendbar sei, verletze die Auslegung des Berufungsgerichts die gesetzlichen Auslegungsregeln und anerkannten Auslegungsgrundsätze.

Nach deutschen Auslegungsregeln sei vom Wortlaut des Vergleichs auszugehen.

Der Senat habe sich diesbezüglich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, welchen Sinn die Abrede "die vorliegende Urkunde stellt einen Vergleich im Sinne der Artikel 2044 ff. des Zivilgesetzbuches dar" habe. Es fehle an einer nachvollziehbaren Grundlage für die Senatsauffassung, diese Abrede bringe den Willen der Parteien, den Vergleich der Geltung französischen Rechts zu unterstellen, nicht unmissverständlich zum Ausdruck. Fehle es nämlich an alternativen Deutungsmöglichkeiten, so könne der einzige in Betracht kommende Sinngehalt der Regelung nicht missverständlich sein (im Einzelnen Bd. III Bl. 73 f. d. A.). Der Senat habe zudem die Anforderungen an die Eindeutigkeit einer Rechtswahl überspannt. Dem Berufungsurteil sei nicht zu entnehmen, inwiefern die gewählte Formulierung nicht mit hinreichender Sicherheit ergebe, dass der Vergleich abweichend vom ursprünglichen Händlervertrag durch eine nachträglich getroffene Rechtswahl französischem Recht unterliegen solle. Die ausdrückliche Bezugnahme auf Art. 2044 Zivilgesetzbuch spreche für eine stillschweigende Rechtswahl. Dafür sprächen im Übrigen auch die außerhalb der Urkunde liegenden Umstände (vgl. im Einzelnen Bd. IM Bl. 74 R d. A.). Die in Artikel 16 Nr. 5 des Händlervertrages getroffene Wahl deutschen Rechtes sei auf den vorliegenden Vergleich nicht anzuwenden, da dieser weder ein Einzelvertrag im Sinne der Bestimmung des Rahmenvertrages, noch "in Ausfüllung" desselben geschlossen worden sei.

Eine nachträgliche Rechtswahl sei schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Parteien erstinstanzlich zunächst übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechtes ausgingen. Ein entsprechender Gestaltungswille beiderseits sei nicht zu erkennen (Bd. III Bl. 75 d. A.).

Sofern die für den Vergleich geltende Rechtswahl nach französischen Auslegungsregeln zu ermitteln sein sollte, kranke das Senatsurteil daran, dass diese nicht festgestellt und nicht der Auslegung zugrunde gelegt worden seien.

Schließlich habe der Senat keine Feststellungen dazu getroffen, unter welchen Voraussetzungen nach französischem Recht ein Vergleich durch richterliches Urteil aufgelöst werden könne.

Im erneuten zweiten Rechtszug wiederholt die Beklagte ihre Berufungsangriffe.

Neu ist allein dass die Beklagte ihrer Passivlegitimation bestreitet (erstmals im Schriftsatz vom 8. Oktober 2002; wegen der Einzelheiten vgl. Bd. IV Bl. 142 ff. d. A.): Der Händlervertrag von 1992 sei zwischen der Kl. und einer C... T... GbR der Gesellschafter A./T. zustande gekommen. Die Bekl. sei nicht deren Rechtsnachfolgerin. Die streitgegenständlichen Forderungen beträfen allein die GbR.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils vom 25. Oktober 1996 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Den neuen Vortrag der Beklagten zur fehlenden Passivlegitimation rügt sie als verspätet. Im übrigen habe die Beklagte die Geschäfte der früheren GbR übernommen (vgl. im einzelnen den Schriftsatz der Klägerin vom 7. Januar 2003, Bd. IV, Bl. 151 ff.d. A.).

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 13. Dezember 2000 (Bd. IV Bl. 70 ff. d. A.) eine schriftliche Rechtsauskunft des zuständigen Fachreferenten am M.-P.Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Dr. H-... Pf... eingeholt, welches der Sachverständige erstattet (Bd. IV Bl. 114 ff. d. A.) und im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2003 mündlich erläutert hat (vgl. die Sitzungsniederschrift Bd. V Bl. 282 ff. d. A.). Auf den Text des schriftlichen Rechtsgutachtens und auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung war - nach erneuter Überprüfung im zweiten Rechtszug und nach Einholung eines international-privatrechtlichen Gutachtens - abermals zurückzuweisen. Sie ist unbegründet.

I. Der Geltendmachung der Klageforderung steht der Vergleich vom November/Dezember 1995 nicht entgegen, denn die Klägerin ist von diesem Vergleich gemäß § 326 Abs. 1 BGB a. F. wirksam zurückgetreten.

Auf den Vergleich und den Rücktritt von ihm ist deutsches Recht anzuwenden.

1. Ausgangspunkt der Prüfung, ob deutsches oder französisches Recht anzuwenden ist, ist die zutreffende Feststellung des Sachverständigen, dass der Vergleich prima facie - aufgrund der in ihm enthaltenen Indizien - beiden Rechtsordnungen unterfällt, und dass somit die Frage des anwendbaren Rechtes nach den Auslegungsregeln beider Rechtsordnungen zu untersuchen ist (vgl. Gutachten des M.-P.-I. Bd. IV Bl. 117 R, 118 d. A.). Der Sachverständige hat allerdings umfassend und einleuchtend begründet (Bd. IV Bl. 118 Mitte d. A.), dass sich die deutschen und die französischen Auslegungsregeln zur Ermittlung der getroffenen Rechtswahl - jedenfalls in ihrer hier erforderlichen Anwendung - so wenig unterscheiden, "dass praktische Unterschiede bei richtiger Rechtsanwendung nicht vorkommen dürfen". Beide Rechtsordnungen beruhten auf dem Römer Übereinkommen vom 19. Juni 1980, welches der Gesetzgeber in Deutschland in das EGBGB eingestellt hat, während es in Frankreich - in Konkordanz mit den in Rechtsprechung und Lehre in Frankreich schon zuvor entwickelten Regeln - unmittelbar gelte (vgl. wegen der Einzelheiten das schriftliche Gutachten, Bd. IV Bl. 119 R d. A.).

a. Auftragsgemäß hat sich der Sachverständige mit der Frage befasst, welches Recht nach französischen Auslegungsregeln für diesen Vergleich gewählt wäre, und ist überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass dies das deutsche Recht ist.

Anzuknüpfen ist an die ausdrückliche Rechtswahl im Händler-Vertrag vom März 1992, die auf deutsches Recht lautete (vg. dazu auch die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen Bd. V Bl. 283 und 289 d. A.). Diese sollte nicht nur für den Händlervertrag selbst, sondern gemäß Art. 16 Nr. 5 auch für die in seiner Ausfüllung geschlossenen Einzelverträge gelten. Dies ist so zu verstehen, dass für sämtliche Bestellungen der Beklagten als Vertriebsunternehmen bei der Klägerin als der Herstellerin deutsches Recht gelten sollte.

Dem schließt sich die Frage an, ob die Parteien für den den Händlervertrag beendenden Vergleich eine abändernde Rechtswahl getroffen haben. Dies ist zu verneinen; eine abändernde Rechtswahl haben die Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend vorgenommen.

- In der ihn abschließenden Klausel des Vergleiches von November/Dezember 1995, welche auf Artikel 2044 ff. code civil verweist, liegt keine nachträgliche Vereinbarung des französischen Rechtes.

Diese Klausel erklärt sich nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen dadurch, dass die daran beteiligten französischen Advokaten (wobei maitre Lt. zugleich auch deutscher Rechtsanwalt war) damit zum einen klarstellen wollten, dass es sich bei dem in dieser Urkunde Niedergelegten nicht um eine lediglich unverbindliche, etwa vorbereitende, Vereinbarung, sondern um einen bindenden Vertrag handele (vgl. Bb. IV Bl. 126 d.A.).

Zum zweiten erklärt sich dieser Zusatz aus speziellen Anforderungen des französischen anwaltlichen Standesrechts. Ohne diesen Zusatz - oder eine andere, gleichwertige Formulierung - wären beide Prozessbevollmächtigte bezüglich dieser Absprache einer strengen Verschwiegenheitspflicht unterlegen, und hätte demzufolge die Klägerin von der Vergleichsurkunde nicht Gebrauch machen können (vgl. wegen der Ausführungen des Sachverständigen hierzu Bd. IV Bl. 122-126 sowie mündliche Erläuterung Bd. V Bl. 288 f. d. A.).

- Der Sachverständige hat ebenfalls überzeugend dargelegt, dass in den Umständen, unter denen die vergleichsweise Regelung zustande gekommen ist, keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine stillschweigende Wahl französischen Rechtes zu erblicken sind. Zwar gebe es einige auf Frankreich hinweisende Indizien: Ort des Vergleichschlusses war Mn..., die Vertretung der Parteien geschah durch zwei französische Rechtsanwälte, benutzt wurde die französischen Sprache, die neuere Rechtsprechung der cour de cassation zur charakteristischen Leistung des Vertriebsvertrages gehe dahin, dass diese die Lieferung vom (französischen) Hersteller an den (deutschen) Händler sei. Diesen nach Frankreich weisenden ständen indes starke nach Deutschland weisende Indizien gegenüber: Die Vertragswährung war die DM, das Gebiet der noch vorzunehmenden Restabwicklung sowie für die Überleitung der Kunden auf die Klägerin war Deutschland (vgl. die Ausführungen des Sachverständigen Bd. IV Bl. 128 f. d. A.). Angesichts dessen reichten die nach Frankreich weisenden Indizien nicht aus, um eine Wahl französischen Rechtes als gewollt zu betrachten.

- Schließlich befindet der Sachverständige - ebenfalls einleuchtend -, dass sich auch aus dem nachvertraglichen Verhalten der Parteien keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Wahl französischen Rechtes ergeben. Die dem Sachverständigen - bei seiner mündlichen Erläuterung des Gutachtens - im französischen Original vorgelegten Bestätigungen des maitre Re... (vgl. dessen Fax-Schreiben vom 26. März und vom 15. Mai 2003 Bd. V Bl. 281 f und 281 d) führen zu keinem anderen Ergebnis. Das Faxschreiben vom 26. März 2003 besagt zur Frage der Rechtswahl nichts. Das Faxschreiben vom 15. Mai 2003 führt zwar in seinem zweiten Absatz aus: "ce visa ... n'était motivé par aucune regle deontologique de la profession d'advocat." (übersetzt: "Dieser Verweis war durch keine anwaltlich-berufsständische Regel begründet"), und fährt fort: "II s'agissait ... de qualifier la nature du contrat et d'en determiner ses effets." (übersetzt: "Es handelte sich allein darum, die Rechtsnatur des Vertrages zu bestimmen und seine Auswirkungen zu definieren.") Aus diesen Formulierungen ist indes lediglich zu erschließen, dass aus der Sicht des Vertreters der Beklagten, des maitre Re..., die Betonung des Vergleichscharakters dieses Rechtsgeschäftes im Vordergrund stand. Dies ergibt sich mit großer Deutlichkeit auch aus seinem Schreiben vom 26. März. Selbst wenn dem maitre Re... die standesrechtliche Bedeutung dieser Formulierung bei der Abfassung des Vergleichstextes nicht vor Augen gestanden haben sollte, so spräche dies nicht gegen das Vorhandensein guter dafür in Frankreich vorhandener standesrechtlicher Gründe, wie sie der Sachverständigen dem Senat überzeugend dargelegt hat. Es mag sein, dass maitre Lt. als der andere Verhandlungsbeteiligte es war, der ihnen Eingang in die Urkunde verschafft hat. Jedenfalls fehlt es in den Bestätigungen des maitre Re... an einer hinreichend deutlichen, eine Rechtswahl für den Vergleich darstellenden Formulierung, die nach den Ausführungen des Sachverständigen etwa hätte lauten können; "La presente transaction est regle par la loi francaise." (übersetzt: "Der gegenwärtige Vergleich unterliegt französischem Recht."; vgl. Bd. IV Bl. 126 d. A.)

b. Auch nach deutschen Auslegungsregeln unterliegt der Vergleich deutschem Recht.

Zur Begründung verweist der Senat auf die Ausführungen des Sachverständigen zur Auslegung der Rechtswahl nach französischem Recht. Dieselben Erklärungen und sonstigen Umstände, auf die nach französischem Recht für diese Auslegung abzustellen ist, sind auch nach den deutschen Auslegungsregeln maßgeblich und führen zu demselben Ergebnis wie nach französischem Recht: Auszugehen ist von deutschem Recht als dem Recht des Händlervertrages. Da die Formulierung des letzten Satzes in der Vergleichsurkunde nicht die in der französischen Sprache übliche Formulierung für eine ändernde Rechtswahl ist und da eine andere, unter anderem standesrechtliche, Deutung naheliegt, ergibt sich eine Rechtswahl auch nicht aus dem Vergleichstext. Den sonstigen Umständen ist eine Rechtswahl ebenfalls nicht zu entnehmen.

2. Von diesem Vergleich ist die Klägerin wirksam zurückgetreten. Die Wirksamkeit dieses Rücktritts ergibt sich aus § 326 BGB a. F.

a. Bei dem Vergleich handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag, durch den die Parteien einen Streit im Wege der gegenseitigen Nachgabe beseitigt haben (§ 779 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat versprochen, einen Teilbetrag zu zahlen, und die Klägerin hat sich im Gegenzug zum Verzicht auf die die Vergleichssumme übersteigende Forderungshöhe verpflichtet. Die aus diesem Vertrag geschuldeten Verfügungen - vollständige Zahlung der Vergleichssumme und Erlass - sind nicht erfolgt, sodass schon aus diesem Grund der Auffassung der Beklagten, es handele sich nicht um einen gegenseitigen Vertrag, sondern um ein Nebeneinander von Zahlungsverpflichtung und Erlassverfügung, nicht beizutreten ist.

b. Die Voraussetzungen für einen nach § 326 Abs. 1 BGB a. F. wirksamen Rücktritt sind gegeben. Die Beklagte hat die Vergleichsforderung nicht erfüllt. Sie hat die am 27. November 1995 fällige Teil-Vergleichssumme von DM 150.000.- nicht vollständig bezahlt, diese Forderung auch nicht durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht (vgl. dazu im einzelnen unten), ferner der Klägerin nicht die bis 27. bzw. 30. November 1995 geschuldeten Kundenlisten und Verkaufsnummern mitgeteilt.

Die Fristsetzung vom 12. auf den 13. Dezember 1995 sowie die Setzung der Nachfrist vom 22. auf den 27. Dezember sind, selbst in Ansehung der Weihnachtsfeiertage, nicht zu kurz, da ja lediglich Geld zu zahlen, nicht aber etwa eine zeitaufwendige Werkleistung fertigzustellen war. Entgegen der Auffassung der Beklagten (vgl. Bd. II Bl. 300) konnte diese keinesfalls verlangen, dass die Klägerin ihr Zeit und Gelegenheit einräumt, den Vergleichsbetrag erst noch zu verdienen. Im übrigen käme es darauf nicht an, weil eine unangemessen kurze eine angemessene Nachfrist in Lauf setzt (allg. Meinung, vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Auflage 2001, Rn 17 zu § 326 BGB a. F.) und die Beklagte den Vergleichsbetrag bis heute nicht gezahlt hat. Die Ablehnungsandrohung ist - durch die im obigen Tatbestand zitierte Formulierung der Klägerin im letzten Absatz des Schreibens vom 22. Dezember 1995 - unmissverständlich.

II. Rechtsfolge des wirksamen Rücktritts ist, dass die ursprünglichen Forderungen aus den Kaufverträgen wieder aufleben. Die geltend gemachten Beträge stehen der Klägerin zu.

1. Die Beklagte - und nicht die C... T... GbR - ist Schuldnerin der klageweise geltend gemachten Ansprüche. Sie hat die den streitgegenständlichen Forderungen zugrundeliegenden Bestellungen ab dem 19. September 1995 gemacht, wie sich zum Teil aus dem Stempel der Beklagten auf Bestell-Faxbriefen ergibt (betrifft die Bestellungen vom 27. und 29. September 1995 Bd. I Bl. 40 und 72), und wie im übrigen aus der Tatsache hervorgeht, dass die Beklagte - nachdem sie als GmbH Ende 92 gegründet war - den Betrieb der früheren GbR übernommen hat und die Parteien nach Überzeugung des Senates darüber einig waren, dass die Beklagte an die Stelle der früheren GbR in den Händlervertrag eintritt. Es gibt nicht den geringsten Hinweis im Beklagtenvortrag darauf, dass neben dem Betrieb der GmbH noch der Software-Vertrieb der früheren GbR gesondert weitergeführt worden wäre. Die Übernahme der Händlerposition von der GbR durch die GmbH ergibt sich zudem deutlich aus dem unter dem Firmennamen der Beklagten geführten Schriftwechsel, so aus dem Zusatz zum Händlervertrag vom 7. Juli 1993 (Bd. l Bl. 22 d. A.) und dem Protokoll vom 1. Juli 1995 (Bd. I Bl. 30 ff. d. A.). Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 8. Oktober 2002 (Bd. V Bl. 281 a ff.) sind angesichts all dessen nicht nachvollziehbar.

Überlegungen, ob in dem jahrelangen Nicht-Bestreiten der Passivlegitimation ein prozessuales Geständnis der eignen Passivlegitimation durch die Beklagte liegt (zur Abgrenzung bloßen Nichtbestreitens gegenüber prozessualem Geständnis vgl. Zöller/G reger 23. Auflage 2002 Rn 3 zu § 288 ZPO), sind deswegen entbehrlich.

2. Die geltend gemachten Forderungen stehen der Klägerin zu, denn die Beklagte hat die Programme, deren Bezahlung gefordert wird, bestellt und (zumeist schon lange Zeit vor der Bestellung) erhalten.

a. Gegen die Bestellung vom 19. September 1995 (Bd. I Bl. 69 d. A.) hat die Beklagte substantiierte Einwendungen nicht erhoben; das bloße Bestreiten mit Nichtwissen (so Schriftsatz vom 25. 9. 1996 Bd. I Bl. 123 d. A.) ist unerheblich. Die Rechnung vom 20. September über DM 26.000.-, die die Beklagte nicht erhalten haben will, ist ihr spätestens als Anlage K 16 zur Klage (Bd. I Bl. 71 d. A.) zugegangen.

Der Preis der Hauptprogramme - DM 24.000.- - ergibt sich aus der Vereinbarung der Parteien vom 1. Juni 1995 (vgl. Bd. I Bl. 32 d. A.). Zwar ist diese Vereinbarung zwischen den Parteien nicht wirksam, weil die in ihr enthaltenen auflösenden Bedingungen eingetreten sind. Jedoch ist darin als Tatsachenfeststellung festgehalten und von der Beklagten mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass Je prix d'achat en vigueur depuis début 1995 pour les distributeurs s'élève à: version PC 24 000 DM ("Der Händler-Einkaufspreis, in Kraft seit Anfang 1995, beläuft sich auf: Version PC DM 24.000.-."). Damit musste der Beklagten klar sein, dass ihre Vertragspartnerin die drei Monate später ausgesprochene Bestellung nur zu diesen jetzt gültigen Preisen, nicht aber zu früher geltenden Preisen annehmen wollte. Die Einwendungen der Beklagten (vgl. das nur in deutscher Übersetzung vorliegende Schreiben Bd I Bl. 144 d. A.) beziehen sich auf Preise aus dem Jahr 1994 und sind für die 1995 getätigten Bestellungen unerheblich. Denn für die Preisbildung kommt es auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht auf den Zeitpunkt der - hier vor dem Vertragschluss gelegenen - Auslieferung der Programme an.

Dass die Beklagte die Interfaces (Schnittstellen) zum Preis von DM 2.000.- entgegen ihrem Bestreiten (Bd. I Bl. 123 iVm Bl. 144 d. A.) ebenfalls bestellt hat, ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 26. Mai 2003, Bd. II Bl. 251 ff. d. A.). Danach ist der Senat davon überzeugt, dass die Interfaces zum Funktionieren der sonstigen Programme ("hardlocks") technisch erforderlich waren und deshalb von der Beklagten immer mitbestellt wurden. Das eine Bestellung leugnende Bestreiten der Beklagte im Schriftsatz vom 5. Juni 2003 (Bd. II Bl. 281 b d. A.) setzt sich nicht mit dem Vortrag der Klägerin zur technischen Erforderlichkeit der Interfaces auseinander. Unstreitig ist ferner, dass die Klägerin schon lange vor der Bestellung im Besitz der "hardlocks" und der Interfaces war und erkennen musste, dass sich ihre zwischen beiden nicht unterscheidende Bestellung - aus der Sicht der Klägerin als Erklärungsempfängerin - auf das Haupt- und das Hilfsprogramm beziehen musste. Schließlich bestreitet die Beklagte den Vortrag der Klägerin (Bd. II Bl. 253 d. A.) - den diese mit einem Beispiel eines Angebotes der Beklagten an ihren Kunden "K. Fb..." untermauert -, die Beklagte habe allen Kunden auch die Interfaces geliefert und berechnet, nicht substantiiert (Bd. II Bl. 281 b d. A.).

b. Das zur Rechnung vom 20. September 1995 Ausgeführte gilt ebenso für die Rechnungen vom 29. September 1995 über DM 572.000.- (Bd. I Bl. 39; Bestellung Bd. I Bl. 40 d. A.) und vom 20. Oktober 1995 über DM 26.000.- (Bd. I Bl. 71; Bestellung Bl. 72 d. A.), deren Beträge somit der Klägerin ebenfalls zustehen.

c. Dass sie die Wartung des d... mit der Nummer 6... bei der Klägerin bestellt habe, hat die Beklagte nicht bestritten. Die ihr zunächst angeblich nicht zugegangene Rechnung hat die Beklagte spätestens als Anlage zur Klageschrift erhalten. Auch in Höhe von DM 2.880.- war sie somit zu verurteilen.

d. Auch die Rechnung vom 16. November 1995 (Bd. I Bl. 83) über DM 169.920.- für Wartungsarbeiten hat die Beklagte der Klägerin zu zahlen. Dem auf gerichtlichen Hinweis gehaltenen eingehenden ergänzenden Vortrag im Schriftsatz der Klägerin vom 26. Mai 2003 (Bd. V Bl. 253 ff.), der die jeweiligen Programme, deren Lieferdatum, deren Garantiezeit, deren Wartungszeiträume, sowie Ausführungen über die von der Beklagten geleisteten Zahlungen enthält, ist die Beklagte in ihrem einzigen danach eingereichten Schriftsatz (Bd. V Bl. 281 a ff.) nicht entgegengetreten.

3. Da die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien aus dem Händlervertrag durch die Kündigung der Klägerin zum 15. März 1995 beendet wurden, steht der Beklagte kein Recht zum Besitz der sechs ihr noch verbliebenen "d...s" zu, die sie somit herauszugeben hat.

III. Gegenforderungen der Beklagten bestehen nicht.

1. Schadensersatz wegen angeblicher Vereitelung eines Geschäfts mit der Firma "K. Fb..." (behauptete Schadenshöhe DM 75.831.-) steht der Beklagten nicht zu. Die Berufungsbegründung (Bd. II Bl. 180 d. A.) enthält bereits zum Vertragsschluss keinen substantiierten Vortrag, soweit dort ausgeführt wird, dieses Geschäft sei "bereits angebahnt bzw. abgeschlossen" gewesen (Bd. II Bl. 182 d. A.). Dieser Vortrag reicht angesichts der klägerischen Behauptung, die Beklagte habe lediglich eine - noch dazu gescheiterte - Testinstallation vorgenommen, installiert worden aber sei die Anlage schließlich von der S... Deutschland (Bd. I Bl. 110, Bd. II Bl. 287 f., 290d. A.), nicht aus. Auch trägt die Beklagte nicht vor, welche Mitarbeiter der S... es gewesen sein sollen, die "massiv zu Lasten der Beklagten interveniert hätten" (so Beklagtenvortrag Bd. II Bl. 290 d. A.). Im übrigen entsprach das Schreiben der S... Deutschland vom 12. Dezember 1995 den Bedingungen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs. Dass keine Zahlungen der Kunden an die Beklagte mehr geleistet werden sollen, galt nicht für abgeschlossene Kauf-, sondern allein für die Wartungsverträge. Daher kommt es gar nicht mehr darauf an, ob die Klägerin - was sie bestreitet - für Handlungen der S... Deutschland einzustehen hat. Auch dass die Beklagte keinen Vortrag dazu hält, warum sie ihre angeblich bestehenden Ansprüche auf Zahlung nicht gegenüber ihren Kunden durchzusetzen versucht hat, ist nach alldem nicht mehr von Belang.

2. Auch im Zusammenhang mit der Firma G. (behaupteter Schaden noch DM 7.516,40, vgl. Bd. II Bl. 273, 277 d. A.) steht der Beklagten keine Gegenforderung zu. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, welches Verhalten der Klägerin zu dem behaupteten Rechnerstillstand infolge fehlender d...s im September und November 1995 (Bl. 277f.) geführt habe. Im übrigen fehlt Vortrag dazu, warum die angeblich der Beklagten zustehenden Forderungen gegen diesen Kunden nicht durchgesetzt wurden.

3. Auch hinsichtlich der Firma P.s (vgl. dazu den Beklagtenvortrag Bd. I Bl. 196 d. A.), bezüglich derer die Klägerin (Bd. I Bl. 110 d. A.) bestreitet, je tätig geworden zu sein, ist nicht vorgetragen, welches Verhalten der Klägerin eine Schadensersatzpflicht ausgelöst haben kann. Auch hier fehlt im übrigen jeder Vortrag, warum die angeblich der Beklagten zustehenden Forderungen gegen diesen Kunden nicht durchgesetzt wurden.

4. Weiterhin steht der Beklagten auch im Zusammenhang mit der Firma "Sp..." keine Gegenforderung (behauptet sind, Bd. I Bl. 97, DM 50.000.-) zu. Dem Senat ist nicht nachvollziehbar, worin nach dem Beklagtenvortrag das schuldhafte Verhalten der Klägerin liegen soll, aufgrund dessen die Vollstreckung aus dem Vergleich vom 24. Januar 1996 für unzulässig erklärt wurde (Urteil des LG Memmingen vom 24. Juli 1996 Bd. II Bl. 212 ff.) Dass sie versucht habe, den "d..." der Klägerin mit Hilfe eigner Software unerlaubt zu umgehen, hat die Beklagte (vgl. dazu ihren Vortrag im Schriftsatz vom 23. September 1997 Bd. II Bl. 303 d. A.) nicht substantiiert bestritten. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass sie den "d...", den sie bei "Sp..." als Gegenleistung für die Zahlung von DM 50.000.- hätte installieren müssen, bei der Klägerin bestellt und bezahlt hat. Im übrigen hätte die Klägerin selbst bei erfolgter Zahlung im Hinblick auf die bestehenden Zahlungsrückstände der Beklagten aus anderen Geschäften hinsichtlich dieses "d..." ein Zurückbehaltungsrecht gehabt. Der Vortrag der Beklagten schließlich, die Klägerin habe durch eine manipulierte und unwahre Zeugenaussage - wohl im Verfahren zur Entscheidung über die Zwangsvollstreckungsgegenklage der "Sp..." - der Beklagten Schaden zugefügt, ist gänzlich unsubstantiiert.

5. Schließlich kann die Beklagte gegen die Forderungen der Klägerin auch nicht mit Ansprüchen aus 44 Wartungsverträgen (gemäß den von der Beklagten vorgelegten "Pflegescheinen", Bd. II Bl. 221 -265 d. A., insgesamt DM 303.600.-, Bd. I Bl. 193 d. A., sowie zusätzlich DM 89.401,-, zusammen somit DM 393.001.- vgl. Bl. II Bl. 272 d. A.) aufrechnen. Auch hier hat die Beklagte nicht vorgetragen, durch welches unerlaubte Verhalten die Klägerin diese eine Vertragserfüllung durch die Kunden der Beklagten unterbunden habe, und weshalb sie, die Beklagte, gegen diese Kunden, falls sie denn vertraglich an sie gebunden gewesen sein sollten, nicht wegen Vertragserfüllung vorgegangen ist. Ferner weist die Klägerin diesbezüglich zu Recht auf durchgreifende Bedenken wegen der Schlüssigkeit der Gegenforderung hin (vgl. Bd. II Bl. 297 d. A.), da die Beklagte bei ihrer Berechnung unberücksichtigt lässt, was sie aus den Wartungsverträge ihrerseits an die Klägerin hätte abführen müssen.

6. Endlich ist auch die Aufrechnung mit Gegenforderungen der Beklagten gemäß ihrer Rechnung vom 15. September 1995 für Stunden- und Kilometergelder wegen "dedommagementsurvenue le 15 septembre 1995" (Schadensbeseitigungsarbeiten aufgelaufen bis 15. September 1995) nicht berechtigt (ursprünglich DM 55.466,72, Bd II Bl. 266 d. A., jetzt, Bd IV Bl. 55 d. A. DM 50.000.-). Es ist nicht dargetan, welche Schadensersatzarbeiten geleistet wurden, wodurch die geltende gemachten Arbeitsstunden und Fahrtkosten anfielen, und weshalb die Klägerin dafür einzustehen haben soll. Das angebotene Zeugnis K (Bd I Bl. 193 d. A.) war daher nicht zu erheben, da es sich um Ausforschung handeln würde.

IV. Die Kosten beider Berufungen und der Revision waren der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben sind (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Bundesgerichtshof die Frage der anzuwendenden Auslegungsregeln bereits im aufhebenden Urteil geklärt hat. Im übrigen hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung der Rechtsprechung oder die Sicherung ihrer Einheitlichkeit eine erneute Entscheidung des Revisionsgerichtes.

Der Streitwert beträgt € 715.024,35 (= DM 1.392.598,60).

Klageforderung auf Zahlung DM 743.597,60 Klageforderung auf Herausgabe der d...s DM 156.000,00 Hilfsaufrechnung Wartungsverträge DM 393.001,00 Hilfsaufrechnung Sp... DM 50.000,00 Hilfsaufrechnung Fahrtkosten usw. DM 50.000,00 (dass ursprünglich DM 55.466,72 geltend gemacht waren, bleibt, da dadurch bei keinen Gebührentatbestand ein Gebührensprung ausgelöst wird, unberücksichtigt) Summe DM 1.392.259,86 Summe in € 712.024,35

Die Aufrechnungspositionen wegen Schadensersatz im Zusammenhang mit den Kunden K., G. und P.s sind Hauptaufrechnung, denn in Höhe dieser DM 147.712,40 erkennt die Beklagte die Forderung an. Sie sind gem. § 19 Abs. III GKG für den Streitwert nicht anzusetzen.

Ende der Entscheidung

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