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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: 13 W 92/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 42
Ein Richter, der einen begründeten Terminsverlegungsantrag unter Hinweis auf die Möglichkeit der Bestellung eines Unterbevollmächtigten in einer Bausache ablehnt, obwohl der nachsuchende Prozessbevollmächtigte nicht in einer Sozietät verbunden ist, und über das daraufhin gestellte Ablehnungsgesuch noch selbst entscheidet, ist als befangen im Sinne des § 42 ZPO anzusehen.
Gründe:

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit berühmt sich der Kläger gegen die beiden Beklagten - Geschäftsführerin und behaupteter faktischer Geschäftsführer einer in Insolvenz geratenen GmbH - unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 5, 6 GSB eines Schadensersatzanspruches in Höhe von € 17.105,34. Der Klageschriftsatz nebst Anlagen umfasst 52 Blatt.

Der Einzelrichter des Landgerichts hat mit Verfügung vom 21.07.2005 (Bl. 53 R d. A.) das schriftliche Vorverfahren angeordnet und den Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung von vier Wochen gesetzt.

Mit Schriftsatz vom 08.08.2005 hat sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu den Akten legitimiert (Bl. 55 d. A.) und den Antrag angekündigt, dass die Klage abgewiesen werden solle. Der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt hat daraufhin zunächst Wiedervorlage auf den 1. September 2005 und am 6. September Wiedervorlage auf den 15. September 2005 verfügt (Bl. 56 R d. A.).

Mit Fax vom 05.09.2005, bei Gericht am gleichen Tage um 12.28 Uhr eingegangen (Bl. 57 d. A.), hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wegen "starker anderweitiger Arbeitsbelastung" und im Hinblick auf "eine außerordentlich komplexe Angelegenheit, die zeitraubende Vorarbeiten (z. B. Akteneinsichtnahme, Sichtung und Erfassung von umfangreichen Unterlagen etc.)", um eine Erstreckung der Klageerwiderungsfrist bis 30. September 2005 nachgesucht.

Der Klägervertreter hat mit dem Erkenntnisrichter am 07.09.2005 vorgelegten Schriftsatz (Bl. 59 d. A.) um Mitteilung gebeten, ob zwischenzeitlich eine Verteidigungsanzeige der Beklagten vorliege. Der Erkenntnisrichter hat hieraufhin und nach der Aktenfoliierung auch nach Einheftung des vorstehend in Bezug genommenen Faxschreibens des Beklagtenvertreters Termin zur Güteverhandlung und zur anschließenden mündlichen Verhandlung auf den 13. Oktober 2005 terminiert. Der Originalschriftsatz des Beklagtenvertreters, mit welchem um eine Fristerstreckung ersucht wird, ist dem Richter am 09.09.2005 vorgelegt worden (Bl. 60 d. A.). Mit Beschluss vom 12. September 2005 hat der Richter im Hinblick auf die Terminierung eine Fristverlängerung abgelehnt (Bl. 61 d. A.).

Unter Bezugnahme auf ein von ihrem Prozessbevollmächtigten mit dem Richter am 10.10.2005 geführtes Telefongespräch, in welchem ihr Prozessbevollmächtigter auf eine Terminsüberschneidung hingewiesen habe - anderweitiger Termin vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am gleichen Tage, terminiert mit Verfügung vom 02.06.2005 - und der Erstrichter "kategorisch" eine Terminsverlegung abgelehnt und auf die Möglichkeit verwiesen habe, "einen Kollegen in Untervollmacht auftreten zu lassen" (vgl. Bl. 67 d. A.), haben die Beklagten mit bei Gericht am 10. Oktober 2005 eingegangenem Schriftsatz den mit der Rechtssache befassten Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der weitergehenden Begründung wegen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 10.10.2005 (Bl. 87 ff. d. A.) verwiesen.

Der abgelehnte Einzelrichter hat mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 (Bl. 72 f. d. A.), auf dessen Inhalt gleichfalls Bezug genommen wird, den Ablehnungsantrag des "Beklagtenvertreters" vom 10.10.2005 als unzulässig verworfen, weil der Ablehnungsantrag offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Dem Antrag läge nämlich, so führt der Richter aus, "ersichtlich einzig der - verfahrensfremde - Zweck, angesichts bisher trotz Fristablauf nicht vorliegender Klageerwiderung (und Ablehnung nunmehr eines Antrages auch auf kurzfristige Terminsverlegung,) den Verhandlungstermin am 13.10.2005 zu vereiteln" zugrunde.

Mit bei Gericht am 12.10.2005 eingegangenem und dem Richter am 13.10.2005 vorgelegten Schriftsatz hat der Beklagtenvertreter auf eine lebensbedrohende Erkrankung des Beklagten zu 2) hingewiesen und Ausführungen zur Sache gemacht. Zugleich ist erneut ein Befangenheitsgesuch angebracht worden, dessen Begründung wegen auf den Inhalt des vorbezeichneten Schriftsatzes Bezug genommen wird (Bl. 84 ff. d. A.). Im Wesentlichen stützt sich das Befangenheitsgesuch auf die Erwägung, dass der Richter ihrem, der Beklagten, Befangenheitsantrag verfahrensfremde Zwecke unterstelle und gegen sie "haltlose Angriffe" mache. Auch wiesen sie, die Beklagten, im Besonderen auf das Ansinnen des Richters hin, dass ihr Prozessbevollmächtigter einen Unterbevollmächtigten angesichts der "komplexen Sache" bestellen solle.

Bei Aufruf der Rechtssache am 13. Oktober 2005 hat der Einzelrichter dem Klägervertreter eröffnet, er sei erneut wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden, und hat sodann einen am gleichen Tage gefassten Beschluss verlesen (Bl. 93 f. d. A.), mit welchem er das erneute Ablehnungsgesuch des Beklagtenvertreters aus den "einschlägigen Gründen" des Beschlusses vom 11.10.2005 erneut als unzulässig verwarf. Gegen die Beklagten ist sodann am 13. Oktober 2005 Versäumnisurteil ergangen.

Gegen das Versäumnisurteil haben die Beklagten Einspruch eingelegt und gegen den ihnen am 04.11.2005 zugestellten Beschluss vom 13.10.2005, mit welchem ihr erneutes Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen worden ist, mit bei Gericht am 18.11.2005 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde. Der Begründung wegen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 18.11.2005 verwiesen.

Mit Beschluss vom 25.11.2005 (Bl. 139 f. d. A.) hat der Einzelrichter der sofortigen Beschwerde "mit der Maßgabe abgeholfen, bzw. nicht abgeholfen, dass die Unzulässigkeit des Ablehnungsantrages vom 13.10.2005 nachträglich (mit Wirkung ex nunc) "entfallen ist". Zur Begründung hat dann der Einzelrichter ausgeführt:

Das Beschwerdevorbringen ändert an der damaligen rechtlichen Einschätzung des Ablehnungsantrages (unzulässig, weil offenkundig rechtsmissbräuchlich) nichts. Jedoch ist inzwischen diese Unzulässigkeit infolge Durchführung des Verhandlungstermins am 13.10.2005 nunmehr entfallen. Dem war bei der jetzigen Entscheidung auf sofortige Beschwerde hin betreffend Abhilfe bzw. Nichtabhilfe entsprechend Rechnung zu tragen.

Die Akten sind dem Oberlandesgericht auf die sofortige Beschwerde hin am 06.12.2005 vorgelegt worden. Antragsgemäß ist den Beklagten eine weitere Beschwerdebegründungsfrist zunächst bis zum 30.12.2005 gesetzt und ihrem Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht gewährt worden. Der weiteren Beschwerdebegründung wegen wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 10. und 17.01.2006 verwiesen (Bl. 164 f., Bl. 186 f. d. A.).

Das Beschwerdegericht hat den abgelehnten Richter ersucht, sich zu dem Befangenheitsgesuch dienstlich zu äußern.

Er erklärt unter dem 19.01.2006:

Ablauf und Inhalt des Ablehnungsverfahrens in tatsächlicher Hinsicht ergeben sich aus den Akten ab Bl. 65 ff.

Hinsichtlich der geltend gemachten Ablehnungsgründe verweise ich auf meinen Aktenvermerk vom 10.10.05 (Bl. 76 d. A.),

den Beschluss vom 11.10.05 (Bl. 72 ff. d. A.),

den Beschluss vom 13.10.05 (Bl. 93 ff. d. A.) sowie den Beschluss vom 25.11.05 (Bl. 139 f. d. A.).

Daraus wiederhole ich, dass und weswegen ich einen Ablehnungsgrund im Sinne § 42 ZPO nicht für gegeben erachtet habe sondern umgekehrt die Ablehnungen als unzulässig erachtet habe.

Ich sehe auch weiterhin einen solchen begründeten Ablehnungsumstand nicht.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rn 14; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 64. Aufl. 2006, Rn 9, jeweils zu § 46 und mit weiteren Nachweisen), weil der angefochtene Beschluss das Ablehnungsgesuch als unzulässig verwirft und § 46 Abs. 2 ZPO nach seinem Wortlaut die sofortige Beschwerde nur gegen einen Beschluss eröffnet, mit welchem das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird (das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen sieht die sofortige Beschwerde gegen einen das Ablehnungsgesuch als unzulässig verwerfenden Beschluss indessen in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 2 ZPO als statthaft an, vgl. dessen Beschluss vom 04.06.1998 in MDR 1998 Seite 1242). Die sofortige Beschwerde ist des Weiteren auch zulässig, weil sie form- und fristwahrend eingelegt worden ist.

2.

Das Beschwerdegericht hat sich eingehend mit dem Umfang seiner Prüfungskompetenz befasst und ist letztendlich zu dem Ergebnis gelangt, dass es jedenfalls hier befugt ist, umfassend über das Ablehnungsgesuch der Beklagten zu entscheiden, weil damit der Instanzenzug der Beklagten nicht verkürzt wird.

Das Gesetz geht in § 45 ZPO davon aus, dass über das Ablehnungsgesuch das Gericht zu entscheiden hat, dem der abgelehnte Richter angehört, jedoch ohne dessen Mitwirkung. Nach Einführung des originären Einzelrichters in Zivilsachen in § 348 ZPO ist es streitig, ob über ein Ablehnungsgesuch gegen einen originären Einzelrichter dessen geschäftsplanmäßiger Vertreter oder die Zivilkammer in voller Besetzung zu entscheiden hat (vgl. Zöller-Vollkommer a. a. O. Rn 1 f. sowie Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann a. a. O. Rn 4, jeweils zu § 45 mit weiteren Nachweisen; anderer Ansicht als die vorgenannten Kommentatoren das OLG Oldenburg im Beschluss vom 23.05.2005 = MDR 2005 Seite 1129).

Im vorliegenden Fall hat der abgelehnte Richter über das Ablehnungsgesuch selbst entschieden. Diese Vorgehensweise hält die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur im Anschluss an die Entscheidung des 3. Zivilsenats des Reichsgerichtes vom 23. Juni 1899 (RGZ 44, 402) für zulässig, wenn das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich gestellt worden ist (a. A. Schneider, Zuständigkeitskontroversen im zivilprozessualen Ablehnungsrecht in MDR 1999, Seite 14 ff.). Hat der abgelehnte Richter zu Unrecht einen Missbrauchstatbestand angenommen - wovon vorliegend, was noch weiter unten auszuführen sein wird, auszugehen ist -, so hat ein unzuständiger Richter die Entscheidung getroffen mit der Folge, dass nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das zuständige Gericht zurückzuverweisen ist (in diesem Sinne auch ausdrücklich Zöller-Vollkommer a. a. O. Rn 14 zu § 46). In entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 ZPO (wofür sich im Übrigen auch Zöller-Gummer a. a. O. in Rn 27, 31 zu § 572 gerade auch für den Fall aussprechen, dass das Erstgericht einen Antrag als unzulässig zurückgewiesen hat; vgl. auch Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann a. a. O. Rn 19 zu § 572, wonach eine Zurückverweisung nur die Ausnahme bilden soll, wenn Hemmnisse für eine abschließende Entscheidung des Beschwerdegerichts bestehen) geht das Beschwerdegericht jedoch davon aus, dass es vorliegend zumindest befugt ist, sofort in der Sache über das Ablehnungsgesuch abschließend zu entscheiden, weil das Beschwerdegericht das Ablehnungsgesuch für begründet erachtet - was noch auszuführen sein wird - und damit für den Gesuchsteller keine Verkürzung des Rechtsmittelzuges eintritt (vgl. § 46 Abs. 2 1. Halbsatz ZPO).

3.

Nach § 42 Abs. 3 ZPO steht das Ablehnungsrecht den Prozessparteien zu, nicht jedoch den Prozessbevollmächtigten der Parteien. Dass vorliegend der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im eigenen Namen den Erstrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen wollte - was in der Tat zur Unzulässigkeit des Gesuches führen würde -, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: In der Begründung des Ablehnungsgesuches gemäß Schriftsatz vom 12.10.2005 wird gerade ausgeführt, dass der Richter der "Beklagtenseite" inzidenter zum Vorwurf mache, sie missbrauche geltendes Verfahrensrecht. Es ist daher rechtsfehlerhaft, was vorab festzustellen ist, wenn es in der Beschlussformel heißt "Ablehnung des Beklagtenvertreters". In den Beschlussgründen findet sich nicht einmal ansatzweise ein Hinweis darauf, dass der Erstrichter möglicherweise davon ausgegangen sein könnte, der Rechtsanwalt der Beklagten selbst habe in eigenem Namen die beiden Ablehnungsgesuche gestellt.

III.

Das Ablehnungsgesuch ist, wie oben bereits verlautbart, begründet.

Nach § 42 ZPO hat ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Prozess auszuscheiden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen (vgl. nunmehr die gesetzliche Definition in § 1036 Abs. 2 ZPO). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat den hier beschriebenen Sachverhalt, dass schon der äußere Anschein von Befangenheit zu vermeiden ist, zutreffend wie folgt umrissen: "justice must not only be done, it must also be seen to be done" (zitiert nach Zöller-Vollkommer a. a. O. Rn 8 zu § 42). Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus. Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist oder er sich für unbefangen hält (vgl. Zöller-Vollkommer a. a. O. Rn 9 zu § 42 mit Nachweisen). Da für die Beurteilung der Befangenheitsbesorgnis von der Person des Ablehnenden auszugehen ist, enthält auch der grundsätzlich anzulegende objektive Maßstab denknotwendigerweise eine subjektive Komponente.

Es entspricht gesichertem Erkenntnisstand in der Rechtsprechung, dass bei Behinderung der Ausübung von Parteirechten die Besorgnis der Befangenheit begründet ist (vgl. die Nachweise bei Zöller-Vollkommer a. a. O. Rn 23 zu § 42), auch wenn grundsätzlich Verfahrensverstöße und Rechtsfehler eines Richters im Allgemeinen keinen Ablehnungsgrund darstellen; es sei denn, dass sich für die betroffene Prozesspartei der Eindruck einer sachwidrigen Benachteilung aufdrängt (vgl. in diesem Sinne bereits Beschluss des 13. ZS des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 26.11.1999 zu Aktenzeichen 13 W 66/99 = OLGR 2000 Seite 36).

Vor diesem vorbeschriebenen Hintergrund ist bereits mehrfach angenommen worden, dass die Verweigerung einer begehrten Terminsverlegung regelmäßig nicht die Ablehnung nach § 42 ZPO rechtfertigt (vgl. u. a. Beschluss des Familiensenats des Brandenburgischen OLG vom 25.10.1999 = FuR 2000 Seite 384). Mehrfach ist aber auch entschieden worden, dass in der Verweigerung einer Terminsverlegung ein Ablehnungsgrund liegt, wenn sich für die Partei der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung aufdrängt (vgl. u. v. a. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.1983 = NJW 1984 Seite 882, Beschluss des Familiensenats des OLG Köln vom 18.11.1996 = NJW-RR 1997 Seite 828 und Beschluss des 11. ZS des OLG Köln vom 08.11.2002 = MDR 2003 Seite 170; Beschluss des 12. ZS des OLG München vom 04.07.2001 = NJW-RR 2002 Seite 862 und Beschluss des 3. ZS des OLG Zweibrücken vom 02.02.1999 = OLGR 1999 Seite 291). Ein solcher Eindruck muss sich aus der Sicht auch einer verständigen Partei dann aufdrängen, wenn einem begründeten Terminsverlegungsgesuch nicht stattgegeben wird und damit zugleich in ihr Recht auf rechtliches Gehör eingegriffen wird.

Ob vorliegend im Hinblick auf den Prozessstoff dem ursprünglich gestellten Gesuch des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf Verlängerung der Klageerwiderungsfrist, zumal vor dem Hintergrund der später geschilderten Krankheit des Beklagten zu 2), möglicherweise zwecks Sicherstellung des Rechts auf rechtliches Gehör und unter Berücksichtigung der ursprünglich verfügten Wiedervorlagefrist auf den 15. September 2005 zu entsprechen gewesen wäre, braucht hier, da nicht Gegenstand des Ablehnungsverfahrens, nicht entschieden zu werden. Gegenstand des Ablehnungsgesuches ist nämlich die verweigerte Terminsverlegung und die richterliche Würdigung, dass der Terminsverlegungsantrag in der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke gestellt worden sei.

Aufgrund des Aktenvermerks (Bl. 76 d. A.) des abgelehnten Richters vom 10. Oktober 2005, in welchem er selbst feststellt, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten wegen einer Terminskollision um Terminsverlegung nachgesucht habe und er, der Richter, ihn auf eine Terminswahrnehmung durch Unterbevollmächtigten verwiesen habe, steht fest, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen begründeten Terminsverlegungsantrag gestellt hat. Auf Anfrage des Beschwerdegerichts hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten durch Übersendung des Sitzungsprotokolls (Bl. 201 d. A.) auch nachgewiesen, dass er am 13. Oktober 2005 einen Termin vor dem 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt in Frankfurt im Verfahren zu Aktenzeichen 1 U 8/2004 wahrgenommen hat und dieser Termin vom 1. Zivilsenat bereits mit Verfügung vom 2. Juni 2005 (Bl. 199 d. A.) anberaumt worden ist.

Die Beklagten lassen im vorliegenden Streitverfahren ihre rechtlichen Interessen durch einen Rechtsanwalt vertreten, der nach dem Briefkopf sich nicht mit anderen Rechtsanwälten zu gemeinsamer Berufsausübung verbunden hat. Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Zweibrücken hat in seinem Beschluss vom 2. Februar 1999 (OLGR 1999 Seite 291) die Ermessensentscheidung des Gerichts, einem Terminsverlegungsantrag nicht stattzugeben, als zumindest dann für vertretbar angesehen, wenn die Partei mehrere in Sozietät stehende Rechtsanwälte zu ihren Prozessbevollmächtigten bestellt hat und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, nach denen nur einer dieser Bevollmächtigten das besondere Vertrauen der Partei genießt. Die Frage, ob ein anderer Anwalt auch das besondere Vertrauen der Beklagten genießt, stellt sich vorliegend indessen gar nicht, weil eben die Beklagten keine Anwaltssozietät mandatiert haben. In dem Ansinnen, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen Unterbevollmächtigten bestellen solle, liegt aus der Sicht der Beklagten eine Missachtung ihrer grundrechtlich geschützten Parteirechte. Unter Beachtung der Vorschrift des § 227 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Lichte der EMRK war das Erstgericht verpflichtet, den anberaumten Termin aufzuheben, weil die Aufrechterhaltung des Termins die Beklagten in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt im Besonderen auch Beschluss des 2. ZS des OLG Köln vom 18.12.2002 = OLGR 2003 Seite 107). Die Beklagten haben einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens mandatiert. Dieser war wegen eines anderen Gerichtstermins, der zeitlich zuvor bereits terminiert worden war, verhindert, den hier anberaumten - zeitlich späterer - Termin zur mündlichen Verhandlung wahrzunehmen.

Das erste Ablehnungsgesuch der Beklagten stellt sich mithin bereits als zulässig und letztlich auch als begründet dar. Der Richter, der diesem begründeten Terminsverlegungsantrag nicht stattgegeben und sodann über einen daraufhin gestellten Befangenheitsantrag selbst entschieden hat, war schon deshalb im Sinne des Ablehnungsrechts befangen (wie hier auch der 12. Zivilsenat des OLG München in seinem Beschluss vom 04.07.2001 = NJW-RR 2002 Seite 862). Dass der Richter sodann über das hier verfahrensgegenständliche Ablehnungsgesuch, mit welchem gerade diese Vorgehensweise gerügt wurde, nochmals selbst entschied, bildet einen weiteren und neuen Ablehnungsgrund. Aus Sicht der Beklagten wollte der Erstrichter gleichsam auf Biegen und Brechen den Termin zur mündlichen Verhandlung unter Verkürzung ihres Anspruches auf rechtliches Gehör durchführen. Der Erstrichter unterstellt den Beklagten die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke und argumentiert mit der am 11.10.2005 noch nicht vorliegenden Klageerwiderung ohne sich indessen mit der nunmehr geltend gemachten Terminskollision und der daraus folgenden Problematik auseinander zu setzen. Wenn dies die Beklagten erneut zum Anlass nahmen, ein Befangenheitsgesuch anzubringen, ist dies ersichtlich nicht rechtsmissbräuchlich. Selbst wenn der abgelehnte Richter rechtsirrtümlich einen Rechtsmissbrauchstatbestand annimmt, wovon er ersichtlich auch heute noch ausgeht, hätte er hier zumindest erkennen müssen, dass der Sachverhalt schon aufgrund des Ductus seiner Erstentscheidung möglicherweise anders gesehen werden kann, weshalb er gehalten gewesen wäre, eine Entscheidung durch das Gericht in anderer Besetzung herbeizuführen. Die Selbstentscheidung kann auch nach herrschender Meinung nur in besonders krass gelagerten Ausnahmefällen zulässig sein, denn es gilt dem Missbrauch des Missbrauchtatbestandes vorzubeugen. Von einem solchen krassen Ausnahmefall kann vorliegend, wie die obigen Ausführungen belegen, nicht ausgegangen werden. Aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten kann unter diesen Umständen nicht erwartet werden, dass sie von der Neutralität und Distanziertheit des Richters zum Prozessstoff noch ausgehen.

IV.

Das Beschwerdegericht weist darauf hin, dass aufgrund des begründet erklärten Befangenheitsgesuchs das Versäumnisurteil vom 13. Oktober 2005 im Sinne des § 719 ZPO nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist, weshalb sich erneut die Frage nach der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil ohne Sicherheitsleistung - wie dies ursprünglich mit Schriftsatz vom 18.11.2005 (Bl. 123 d. A.) beantragt war - stellen dürfte, nachdem das Prozessgericht mit Beschluss vom 25.11.2005 (Bl. 136 d. A.) die Zwangsvollstreckung nur einstweilen gegen Sicherheitsleistung eingestellt hat.

V.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da ersichtlich die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Abgesehen davon, dass die Entscheidung auf einer tatrichterlichen Würdigung beruht und der Rechtssache im Hinblick auf die zahlreichen Entscheidungen zu der hier anstehenden Problematik weder eine grundsätzliche Bedeutung zukommt noch diese geeignet ist, das Recht fortzubilden und das Gericht sich auch nicht in Widerspruch zur höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung setzt (vgl. § 574 ZPO), verbietet sich die Zulassung einer Rechtsbeschwerde schon aus der Ratio des § 46 Abs. 2 1. Halbsatz ZPO.

VI.

Das Ablehnungsverfahren ist ein unselbständiges Nebenverfahren, weshalb - soweit zumindest die Beschwerde nicht zurückgewiesen wird - sich eine gesonderte Kostenentscheidung verbietet.

Der Beschwerdewert für die Anwaltsgebühren entspricht dem Gegenstandswert des Erkenntnisverfahrens, weshalb er hier auf € 17.105,27 festzusetzen war.

Ende der Entscheidung

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