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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 12.11.2004
Aktenzeichen: 15 U 132/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 I
Das Land als Träger der Straßenbaulast genügt seiner Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhang mit der Durchführung von Mäharbeiten, wenn es das Schnittgut anschließend abseits vom Fahrbahnrand liegen lässt und nach einem Unwetter zeitnah eine Kontrollfahrt durchführt. Kommt es kurze Zeit später zu einem Verkehrsunfall, weil Grasschnitt auf die Fahrbahn hinübergeweht und diese dadurch glatt geworden ist, hat das Land hierfür nicht einzustehen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN 15. Zivilsenat in Kassel IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 132/04

Verkündet am 12. November 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 15. Zivilsenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richter am Landgericht ... als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 4. Mai 2004 - 2 O 45/04 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen das beklagte Land Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.

Am Mittwoch, dem 10. Juli 2002, befuhr die Zeugin Z 1, die Lebensgefährtin des Klägers, mit dem dem Kläger gehörenden Pkw, einem ..., gegen 18.45 Uhr die Landstraße L ... aus O 1 kommend in Richtung O 2. Für den Bereich der späteren Unfallstelle war durch eine entsprechende Beschilderung eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 70 km/h erlaubt. Ferner wurde durch das Zeichen 105 des § 40 StVO auf eine Doppelkurve, zunächst links, hingewiesen und durch das Zusatzzeichen 1006/36 des § 39 StVO vor der Gefahr von Auffahrunfällen gewarnt. Das beklagte Land war und ist für diesen Streckenabschnitt verkehrssicherungspflichtig.

Die Zeugin Z 1 kam mit ihrem Fahrzeug ausgangs einer Rechtskurve über eine Kuppe nach links von der Fahrbahn ab, fuhr eine Böschung hinunter und prallte gegen einen Baum. Sie wurde bei dem Unfall leicht verletzt, an dem BMW entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Der Kläger begehrt mit der Klage Ersatz seines materiellen Schadens in Höhe von 6.069,29 €, der sich aus dem Wiederbeschaffungswert für ein Ersatzfahrzeug in Höhe von 5.275 €, einer Nutzungsentschädigung von 380 €, Sachverständigenkosten in Höhe von 394,29 € und einer Auslagenpauschale von 20 € zusammensetzt.

Der Kläger hat behauptet, die Zeugin Z 1 sei mit ca. 60 km/h durch die oben genannte Rechtskurve über die Kuppe gefahren. Die Fahrbahn sei aufgrund des vorausgegangenen Regens noch nass gewesen. Für sie völlig überraschend habe auf beiden Fahrbahnen festgefahrenes Schnittgut in erheblichem Umfang gelegen. Das Gras habe aufgrund der Nässe der Fahrbahn dazu geführt, dass diese absolut schmierig und glatt gewesen sei. Zudem sei die Fahrbahn durch Erde verschmutzt gewesen. Die Verunreinigung der Fahrbahn sei durch zuvor durchgeführte Mäharbeiten am Straßenrand verursacht worden. Insoweit ist unstreitig, dass das beklagte Land am Unfalltag zwischen etwa 15.00 Uhr und 15.50 Uhr im Bereich der späteren Unfallstelle die mit Gras bewachsenen Banketten gemäht hatte. Der Kläger hat weiter behauptet, dass auf der infolge der Verunreinigungen schmierigen Geraden das Fahrzeug nach links weggerutscht und - unstreitig - eine Böschung hinunter geraten sei. Er hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land sei seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen und habe unter Verstoß gegen § 32 StVO das sich auf der Straße und den Banketten befindliche Mähgut nicht beseitigt. Gerade aufgrund des am Unfalltag unstreitig herrschenden Unwetters hätten weitere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und die Straße sowie der angrenzende Bereich nach Abschluss der Mäharbeiten laufend überprüft werden müssen. Das Schnittgut hätte unmittelbar nach dem Mähen abgefahren, zumindest hätten die vor den Mäharbeiten aufgestellten Warnschilder bis zum Abtransport des Mähgutes stehen gelassen werden müssen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.069,29 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 29.08.2002 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, es sei bei den Mäharbeiten ein Mähfahrzeug mit Gebläse verwendet worden, welches das Schnittgut von der Fahrbahn weg in Richtung der Banketten geblasen habe. Bis zum Ende der von ca. 15.00 Uhr bis 15.50 Uhr andauernden Mäharbeiten am Straßenrand in Richtung O 3 seien Schnittgut oder Erde auf der Fahrbahn nicht vorhanden gewesen. Aufgrund des am Nachmittag herrschenden Unwetters hätten Mitarbeiter der Straßenmeisterei ..., nämlich die Zeugen Z 2 und Z 3, gegen 17.00 Uhr eine Kontrollfahrt durchgeführt und kein Schnittgut und keine Erdverschmutzung auf der Fahrbahn im Bereich der späteren Unfallstelle festgestellt. Allerdings habe zu dieser Zeit äußerst schlechtes Wetter mit Regen und Sturm geherrscht, der im Bezirk der Straßenmeisterei ... zur Entwurzelung einzelner Bäume geführt habe. Die Zeugin Z 1 sei angesichts der ungünstigen Witterungsbedingungen zu schnell gefahren, obwohl sie über Ortskenntnisse verfügt habe und ihr die Beschilderung bekannt gewesen sei.

Das beklagte Land hat nach Durchführung der Beweisaufnahme vor dem Landgericht behauptet, das zur Unfallzeit auf der Straße liegende Gras sei durch einen schnittgutführenden Anhänger dort hingelangt.

Schließlich hat sich das beklagte Land gegen die Höhe des geltend gemachten Schadens gewandt.

Das Landgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2004 Beweis über den Hergang des Verkehrsunfalles vom 10. Juli 2002 durch Vernehmung der Zeugen Z 1, Z 4 ,Z 5, Z 2 und Z 3 erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2004 (Bl. 52 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg hat durch Urteil vom 4. Mai 2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Er hat im Wesentlichen ausgeführt, das beklagte Land habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei zwar davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls die Fahrbahn unter anderem mit Grasschnitt belegt gewesen sei, welches von den vorausgegangenen Mäharbeiten hergerührt habe. Der Unfall sei auch zumindest durch die Fahrbahnverschmutzung mit verursacht worden. Nach den Mäharbeiten sei die Fahrbahn aber ordnungsgemäß gereinigt worden und habe sich in einem gefahrlosen Zustand befunden. Der Umstand, dass das Mähgut nach Beendigung der Arbeiten abseits vom Fahrbahnrand liegen gelassen worden sei, begründe keine Pflichtverletzung, denn eine nennenswerte Gefahr gehe hiervon üblicherweise nicht aus. Das Schnittgut sei erst durch das unmittelbar vor dem Unfallereignis herrschende Unwetter auf die Fahrbahn getragen worden. Gleichwohl ergebe sich daraus keine Haftung des beklagten Landes. Denn es habe etwa eine Stunde vor dem Unfallzeitpunkt durch die Zeugen Z 2 und Z 3 eine Kontrollfahrt durchführen lassen. Ständige Kontrollfahrten seien dem beklagten Land auf den betreffenden Streckenabschnitten nicht zumutbar, da diese einen unverhältnismäßigen und daher nicht zumutbaren organisatorischen Aufwand erfordert hätten. Jedenfalls hätten Kontrollfahrten nicht in stündlichen oder noch geringeren zeitlichen Abständen durchgeführt werden müssen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 28. Mai 2004 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 21. Juni 2004 bei Gericht eingegangenen und am 28. Juli 2004 begründeten Berufung.

Der Kläger behauptet, der Verkehrsunfall vom 10. Juli 2002 sei nicht auf einen Fahrfehler der Zeugin Z 1 zurückzuführen. Diese habe in Kenntnis des Kurvenverlaufs ihre Fahrgeschwindigkeit auf angemessene ca. 60 km/h reduziert. Sie habe weder von Mäharbeiten, die erst im Bereich der Unfallstelle begonnen hätten, noch von einer Straßenverschmutzung Kenntnis gehabt. Erst nach dem Befahren der Kuppe habe sie bemerkt, dass die Straße mit Schnittgut überzogen gewesen sei. Das Fahrzeug sei aufgrund der durch das Schnittgut verursachten unerwarteten Glätte sofort weggerutscht. Der Kläger behauptet weiter, entgegen der Annahme des Landgerichts habe das Unwetter nicht unmittelbar vor dem Unfall geherrscht, sondern sich bereits am Nachmittag ereignet, was nicht zuletzt durch das Schreiben der GVV Kommunalversicherung VVaG vom 29.08.2002 bestätigt werde. Deshalb sei auch durch den Zeugen Z 3 bereits ab 16.00 Uhr die Kontrollfahrt durchgeführt worden. Infolge dessen sei bereits zu diesem früheren Zeitpunkt eine nennenswerte Gefahr von dem Schnittgut ausgegangen, weshalb Veranlassung bestanden habe, es zu beseitigen. Da die zuständige Straßenmeisterei dies nicht getan habe, habe sie eine Pflichtverletzung begangen. Denn bereits übliche Windverhältnisse genügten, neben der Fahrbahn auf der Bankette bzw. im Graben liegendes Schnittgut auf die Fahrbahn zu wehen (Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens). Die Beseitigung des Schnittguts direkt nach Beendigung der Mäharbeiten sei deshalb unabdingbar gewesen. Dies sei dem beklagten Land auch möglich gewesen, denn das Schnittgut hätte in mitgeführten Fangkörben aufgefangen werden können. Die Gefahrbeseitigung sei auch wirtschaftlich zumutbar gewesen, denn Kostengesichtspunkte dürften nur ganz ausnahmsweise berücksichtigt werden. Aufgrund der sofortigen Handlungspflicht sei die durchgeführte Kontrollfahrt nicht ausreichend gewesen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.069,29 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 29.08.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 27. Juli 2004 (Bl. 101 ff. d. A.) und 5. November 2004 (Bl. 128 ff. d. A.) sowie den Schriftsatz des Beklagten vom 27. August 2004 (Bl. 111 ff. d. A.) nebst den jeweils überreichten Anlagen verwiesen.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg; denn das angefochtene Urteil erweist sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens des Klägers als richtig.

Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, steht dem Kläger gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zu, der ihm durch den Verkehrsunfall vom 10. Juli 2002 entstanden ist. Denn das beklagte Land hat keine ihm gegenüber dem Kläger obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist, entgegen der im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht, § 823 Abs. 1 BGB. Daraus ergibt sich hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs der Straßenverkehrssicherungspflicht allerdings kein Unterschied, denn das Haftungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB gilt bei der in allen Bundesländern außer Hessen hoheitlich ausgestalteten Straßenverkehrssicherungspflicht nicht (vgl. BGH, VersR 1994, 618). Es ändert sich lediglich die Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG anstatt § 823 BGB).

Der Träger der Straßenbaulast - für Landesstraßen der vorliegenden Art das Land, § 41 Abs. 1 HessStraßenG - hat nach seiner Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu unterhalten. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich nicht nur auf die Fahrbahn, sondern auch auf den Straßenkörper, nämlich Banketten, Sicherheitsstreifen und Gräben. Inhaltlich werden die Vorkehrungen geschuldet, die im Rahmen der berechtigten Sicherheitserwartungen des in Betracht kommenden Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von den Verkehrsteilnehmern abzuwehren (vgl. Palandt/Sprau, 63. Auflage, § 823, Rdnr. 51, 221). Maßgeblich ist deshalb zunächst, für welche Art von Verkehr ein Weg nach seinem äußeren Befund unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der allgemeinen Verkehrsverhältnisse sowie der allgemeinen Verkehrsauffassung gewidmet ist (vgl. BGH, VersR 1989, 847). Es ist ein diesem Verkehrsbedürfnis entsprechender, hinreichend sicherer, gefahrloser Zustand der Verkehrsfläche herbeizuführen und zu erhalten; andererseits muss der Benutzer die Straße so hinnehmen, wie sie sich darbietet, und sein Verhalten den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen (vgl. BGHZ 108, 273). Der Pflichtige muss in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise nach den Verhältnissen im Einzelfall alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag (vgl. BGH, VersR 1979, 1055). Dabei ist eine Verkehrssicherung nicht erreichbar, die jeden Unfall ausschließt. Es muss deshalb nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des beklagten Landes zu verneinen. Dies gilt zunächst, soweit die Mitarbeiter des beklagten Landes nach Durchführung der Mäharbeiten am Nachmittag des 10. Juli 2002 das Schnittgut abseits vom Fahrbahnrand haben liegen lassen. Insoweit hat das Landgericht ohne Rechtsfehler ausgeführt, dass hiervon eine nennenswerte Gefahr im Allgemeinen nicht ausgeht. Denn ohne Hinzutreten besonderer Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass Schnittgut auf die Straße geweht wird und dort für Verkehrsteilnehmer gefährlich werden kann. Dies wird vorliegend durch das weitere Geschehen nach Durchführung der Mäharbeiten am 10. Juli 2002 bestätigt. Der Zeuge Z 4 hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht ausgesagt, dass er die Unfallstelle etwa gegen 16.00 Uhr passiert habe. Zu dieser Zeit seien die Mäharbeiten beendet gewesen und Gras bzw. Rasenschnitt habe nicht auf der Fahrbahn gelegen. Die Straße sei sauber und es sei alles ordnungsgemäß weggeräumt gewesen. Diese Aussage wird mit der Berufung nicht angegriffen. Geht man mit dem Vorbringen des Klägers weiter davon aus, dass sich das Unwetter bereits am Nachmittag - noch während der Mäharbeiten - ereignet hatte, bestand für das beklagte Land kein hinreichender Anlass, vorbeugende Maßnahmen gegen die zwar denkbare, aber doch entfernte Möglichkeit des Hinüberwehens von Grasschnitt auf die Fahrbahn zu ergreifen. Denn der Straßenabschnitt, auf dem der Unfall später passierte, befand sich unmittelbar nach den Mäharbeiten in einem gefahrlosen Zustand. Für eine Annahme, dass sich hieran etwas ändern könnte, bestand keine Veranlassung, zumal das gemähte Gras aufgrund der Regenfälle inzwischen ziemlich nass geworden und deshalb erfahrungsgemäß weniger windanfällig als trockenes Gras war. Nicht unberücksichtigt gelassen werden darf ferner, dass die Banketten des Straßenabschnittes, auf dem sich der Unfall ereignete, am Unfalltag mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum ersten Mal überhaupt gemäht worden waren. Anhaltspunkte dafür, dass es bereits in der Vergangenheit anschließend zu Verkehrsbeeinträchtigungen durch das Hinüberwehen von Grasschnitt auf die Fahrbahn gekommen sein könnte, sind weder vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich.

Das beklagte Land hat die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht auch im weiteren Verlauf des 10. Juli 2002 nicht verletzt. Es ist vielmehr seiner Überwachungspflicht durch die alsbald nach Beendigung des (ersten) Unwetters durch die Zeugen Z 2 und Z 3 durchgeführte Kontrollfahrt hinreichend nachgekommen, die sie gegen 17.30 Uhr an der späteren Unfallstelle vorbeiführte. Das beklagte Land trifft grundsätzlich, wie der Kläger zutreffend ausführt, eine laufende Überwachungspflicht, um sichtbare Mängel oder Veränderungen festzustellen (vgl. BGH, NJW 1973, 277, 278). Es hat aufgrund des am Nachmittag herrschenden Unwetters die Straßen des in Betracht kommenden Bezirks alsbald durch eine Kontrollfahrt der Zeugen Z 2 und Z 3 überprüfen lassen, die für den späteren Unfallbereich keine eine Gefahr für Fahrzeugführer begründende Veränderung festgestellt haben. Nach den Aussagen beider Zeugen lag gegen 17.30 Uhr kein Gras auf der Fahrbahn. Es lagen deshalb keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich - offenbar aufgrund des (nächsten) Unwetters - hieran etwas ändern könnte, so dass es nicht einer alsbaldigen erneuten Kontrollfahrt bedurfte, wobei zu berücksichtigen ist, dass die zuständige Straßenmeisterei nicht nur den Streckenabschnitt auf der L 3145 zwischen O 1 und O 2 zu überwachen hatte, sondern sich ihre Straßenverkehrssicherungspflicht auf eine Vielzahl von Landstraßen bezog. Außerdem ist mehr als fraglich, ob der Unfall, den die Zeugin Z 1 gegen 18.45 Uhr erlitt, hätte vermieden werden können, wenn Mitarbeiter der zuständigen Straßenmeisterei nochmals eine Kontrollfahrt, z. B. eine Stunde nach Abschluss der erfolgten Kontrollfahrt, durchgeführt hätten. Dies hätte nämlich vorausgesetzt, dass sie die Unfallstelle gerade zu einem Zeitpunkt hätten passieren müssen, als bereits Grasschnitt auf die Fahrbahn geweht war, und zudem noch vor dem Erreichen der Unfallstelle durch die Zeugin. Hiervon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden.

Mangels irgendwelcher Anhaltspunkte, die auf das spätere Hinüberwehen von Schnittgut hätten schließen können, bestand für die Mitarbeiter der Straßenmeisterei auch keine Veranlassung, Warnschilder aufzustellen.

Aus Vorgenanntem folgt, dass dem beklagten Land auch kein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 StVO vorzuwerfen ist, ungeachtet der Frage, ob ein auf einen derartigen Verstoß gründender Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu richten wäre.

Nach alledem handelt es sich bei dem auf die Straße gewehten Schnittgut ähnlich hierauf gewehter Blätter oder herabfallender Äste um ein allgemeines Risiko, das jeder Verkehrsteilnehmer mit der Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt und selbst zu tragen hat.

Das beklagte Land hat somit seine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Da andere Anspruchsgrundlagen für das mit der Klage geltend gemachte Begehren nicht ersichtlich sind, kommt es auf die Frage nicht an, ob ein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden der Zeugin Z 1 wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 StVO zu berücksichtigen ist.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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