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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.04.2007
Aktenzeichen: 15 W 38/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 160
ZPO § 164
ZPO § 165
1. Inhaltliche Protokollberichtigungen, also Änderungen der Beweiskraft des Sitzungsprotokolls - § 165 S.1 ZPO - können nur dem Gericht zustehen können, das die mündliche Verhandlung geführt hat, so dass einem Beschwerdegericht von vornherein eine inhaltliche Änderung der Sitzungsniederschrift eines vorgeordneten Instanzgerichts versagt ist.

2. Der Protokollinhalt "Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert." impliziert, dass sämtliche vom Prozessgericht für entscheidungserheblich gehaltenen Umstände erörtert worden sind.


Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus Anwaltshaftung auf Schadensersatz in Anspruch. Sie wirft ihm anwaltliche Pflichtverletzungen in dem Vorprozess 7 O 2078/00 vor dem Landgericht Kassel vor, in welchem der Beklagte sie im Berufungsrechtszug (25 U 4/01 OLG Frankfurt am Main) als Anwalt vertreten hat. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Kassel am 20.2.2007 durch die Richter Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. A als Vorsitzenden, Vorsitzender Richter am Landgericht B und Richter Dr. C als beisitzende Richter unter Mitwirkung der Protokollführerin D als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 20.2.2007 wird Bezug genommen (Bl. 150 - 152 d.A.). Am Schluss der Sitzung ist ein Urteil verkündet worden, durch welches die Klage abgewiesen und der Widerklage des Beklagten auf Zahlung anwaltlichen Honorars stattgegeben worden ist.

Die Ausfertigung des Protokolls ist laut Vermerk der Serviceeinheit am 23.2.2007 an den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt Dr. RA1 aus O1, abgesendet worden.

Das Urteil vom 20.2.2007 ist dem damaligen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 9.3.2007 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 14.3.2007 hat sich Rechtsanwalt Dr. RA2 aus O2 beim Landgericht Kassel gemeldet und namens und im Auftrag der Klägerin die Berichtigung des Protokolls vom 20.2.2007 beantragt. Er hat gerügt,

1.

laut Protokoll sei die Sach- und Rechtslage erörtert worden; dies sei aber unrichtig, denn die Widerklage des Beklagten sei mit keinem Wort Gegenstand der Erörterung gewesen.

2.

In der mündlichen Verhandlung habe der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausführlich ergänzend und vertiefend zum bisherigen Vorbringen - auch unter Einschluss des Vortrags im Berufungsrechtszug im Vorprozess - vorgetragen, insbesondere auch zu einem zentralen Punkt. Dieses - nach seiner Auffassung ersichtlich entscheidungserhebliche - Vorbringen sei zur Überraschung der Klägerin ungeachtet der sehr ausführlichen Darlegungen ihres damaligen Prozeßbevollmächtigten vor der 7. Zivilkammer des Landgerichts Kassel nicht protokolliert.

3.

Zu Beginn der mündlichen Verhandlung habe der Vorsitzende Richter erklärt, der Akteninhalt sei bekannt. Dies müsse ins Protokoll aufgenommen werden.

Zu den Einzelheiten des Protokollberichtigungsantrags wird auf den Schriftsatz von Rechtsanwalt Dr. RA2 vom 14.3.2007 (Bl.169,170 d.A.) Bezug genommen.

Mit weiterem Schriftsatz vom selben Tage hat Rechtsanwalt Dr. RA2 auch Berichtigungen des Urteils vom 20.2.2007 beantragt.

Wegen des Urteilsberichtigungverfahrens hat der amtierende Vorsitzende der 7. Zivilkammer des Landgerichts Kassel, Vorsitzender Richter am Landgericht B, Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 11.5.2007 anberaumt und darauf hingewiesen, dass aus der Sitzungsgruppe der 7. Zivilkammer des Landgerichts Kassel in der mündlichen Verhandlung am 20.2.2007 der damals amtierende Vorsitzende Richter Dr. A durch Eintritt in den Ruhestand und der weitere beisitzende Richter Dr. C durch Versetzung an ein anderes Gerichts aus der Zivilkammer ausgeschieden seien, so dass von der damals verhandelnden Kammerbesetzung jetzt nur noch Vorsitzender Richter am Landgericht B, der nicht Berichterstatter gewesen sei, am Landgericht Kassel tätig sei. Weder das Urteil noch das Protokoll enthielten der Berichtigung unterliegende Fehler.

Hierauf hat Rechtsanwalt Dr. RA2 mit Schriftsatz vom 2.4.2004 wegen einer Urlaubsreise um Vertagung des Termins und um inhaltliche Klarstellungen zur Auslegung des Protokollinhalts gebeten und im Übrigen um Gewährung einer Frist zur ergänzenden Stellungnahme bis zum 25.4.2007. Das Protokoll sei jedenfalls unvollständig - Beweis: Rechtsanwalt Dr. RA1, Rechtsanwalt Dr. RA2 - wie er auch anwaltlich versichere (Bl.180,181 d.A.).

Der amtierende Vorsitzende hat daraufhin am 11.4.2007 den Termin im Urteilsberichtigungsverfahren verlegt und durch Beschluß vom selben Tage den Protokollberichtigungsantrag der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, das Protokoll sei nicht im Sinne der Berichtigungsanträge unrichtig, weil der Inhalt der Erörterung der Sach- und Rechtslage in das Protokoll nicht aufzunehmen sei. Deshalb seien weder die Frage einer Erörterung der Widerklage noch vertiefender Vortrag zur Klage, der ohnehin nicht über den bereits schriftsätzlich gehaltenen Vortrag hinausgegangen sei, protokollierungsbedürftig gewesen. Auch die Äußerung des in der mündlichen Verhandlung amtierenden Vorsitzenden Richters sei nicht protokollierungspflichtig.

Gegen diese ihm am 16.4.2007 zugestellte Entscheidung hat Rechtsanwalt Dr. RA2 am 24.4.2007 sofortige Beschwerde eingelegt.

Zwischenzeitlich hat er für die Klägerin auch Berufung eingelegt. Außerdem hat sich für die Klägerin nunmehr Rechtsanwalt RA3 aus O3 gemeldet und ebenfalls Berufung eingelegt.

Mit der sofortigen Beschwerde rügt Rechtsanwalt Dr. RA2, dass sein Protokollberichtigungsantrag zurückgewiesen worden sei, ohne der Bitte um Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme bis zum 25.4.2007 stattzugeben.

Das nicht protokollierte Unterbeiben einer Erörterung zur Widerklage sei dann gegenstandslos, wenn das Beschwerdegericht den Protokolleintrag der Erörterung der Sach- und Rechtslage als belanglos verstehe; andernfalls aber, wenn das Beschwerdegericht davon ausgehe, nach der Sitzungsniederschrift seien Klage und Widerklage erörtert worden, stelle sich die Frage einer Protokollfälschung.

Zur Hauptsache habe der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin entgegen der Beschwerdebegründung in einer Deutlichkeit vorgetragen, die gerade nicht Gegenstand des bisherigen schriftsätzlichen Vorbringens gewesen sei. Dies habe ins Protokoll aufgenommen werden müssen, auf eine Entscheidungsrelevanz des neuen Vorbringens und darauf, dass der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin keinen Protokollierungsantrag gestellt habe, komme es nicht an.

Die Ablehnung der Protokollberichtigung dahin, dass der in der mündlichen Verhandlung amtierende Vorsitzende Richter erklärt habe, der Akteninhalt sei bekannt, sei ohne Begründung in der Ablehnungsentscheidung eine unzutreffende Behauptung.

Darüber hinaus rügt die sofortige Beschwerde die Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör, welches ihr im Hinblick auf die Hinweise des Gerichts nach Eingang des Protokollberichtigungsantrags habe gewährt werden müssen. Der Anwalt der Klägerin beanstandet auch, dass an dem die Protokollberichtigung ablehnenden Beschluss die in der mündlichen Verhandlung amtierende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht mitgewirkt habe.

II.

Das Rechtsmittel der Klägerin bleibt erfolglos.

Der Senat kann über die sofortige Beschwerde entscheiden, ohne dass der amtierende Vorsitzende Richter der 7. Zivilkammer des Landgerichts Kassel ein Abhilfeverfahren - § 572 Abs. 1 S 1 ZPO - durchgeführt hat. Rechtsanwalt Dr. RA2 - von dem nach der Meldung von Rechtsanwalt RA3 aus O3 für die Klägerin im Berufungsrechtszug unklar ist, ob er noch Prozessbevollmächtigter der Klägerin ist, was für das Beschwerdeverfahren aber unschädlich ist - hat die sofortige Beschwerde unmittelbar bei dem Beschwerdegericht eingelegt. Dies ist gemäß § 569 Abs.1 S.1, letzter Halbsatz ZPO zulässig. Die Durchführung eines Abhilfeverfahrens ist nicht Verfahrensvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren, das Unterbleiben des Abhilfeverfahrens hindert nicht den Devolutiveffekt der sofortigen Beschwerde und ebenso auch nicht die Beschwerdeentscheidung des Beschwerdegerichts (vgl.: Zöller-Gummer, ZPO, 26. Auflage, § 542 Rdn.4). Aus der unmittelbaren Einreichung der Beschwerdeschrift an das Beschwerdegericht wird vielmehr in der Regel entnommen werden dürfen, dass der Beschwerdeführer das Beschwerdeverfahren aus Eilbedürftigkeits- oder Dringlichkeitsgründen um das erstinstanzliche Abhilfeverfahren verkürzt wissen will. Erkennt das Beschwerdegericht eine Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit an, so wird es ausnahmsweise über die Beschwerde entscheiden dürfen, ohne die Sache zum Abhilfeverfahren an das Ausgangsgericht zurückgeben zu müssen (vgl. z.B.: Schneider, MDR 2003, 253; Gehrlein, MDR 2003, 547 ff (552); OLG Frankfurt, MDR 2002, 1391 (Zurückweisung der Beschwerde ohne Abhilfeverfahren auch ohne Eilbedürfnis)). Hiervon ist vorliegend wegen des Laufes der Berufungsbegründungsfrist und des laufenden Urteilsberichtigungsverfahrens auszugehen.

Die sofortige Beschwerde, ist form- und fristgerecht eingelegt - §§ 567 Abs.1 Nr.2, 569 Abs.1 S.1,2, Abs.2 ZPO.

Ob das Rechtsmittel aber statthaft ist, ist jedenfalls hinsichtlich derjenigen Berichtigungsbegehren der Klägerin, die auf eine inhaltliche Vervollständigung der Sitzungsniederschrift vom 20.2.2007 gerichtet sind, zumindest zweifelhaft. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass inhaltliche Protokollberichtigungen, also Änderungen der Beweiskraft des Sitzungsprotokolls - § 165 S.1 ZPO - nur dem Gericht zustehen können, das die mündliche Verhandlung geführt hat, so dass einem Beschwerdegericht von vornherein eine inhaltliche Änderung der Sitzungsniederschrift eines vorgeordneten Instanzgerichts versagt ist. Das Beschwerdegericht ist mangels Teilnahme an der Sitzung, aus welcher das angegriffene Protokoll hervorgegangen ist, zu einer inhaltlichen Überprüfung des Protokolls nicht im Stande. Das entspricht für durchgeführte Protokollberichtigungen dem Willen des Gesetzgebers, der sich in der amtlichen Begründung der Bundesregierung zu § 164 ZPO dahin findet, dass eine Anfechtungsmöglichkeit der - durchgeführten - Protokollberichtigung nicht vorgesehen sei, weil das übergeordnete Gericht, da es an der Sitzung nicht teilgenommen habe, zu einer Überprüfung des Protokolls nicht geeignet erscheine (BT-DR 7/2729, S.63; vgl.: BGH NJW-RR 2005,214). Der Bundesgerichtshof bezeichnet die Auffassung der Unstatthaftigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen eine Protokollberichtigung mit diesem Argument als herrschende Meinung (BGH a.a.O. m.w.N.).

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, dass diese Rechtsprechung und die o.a. Gesetzesmaterialien gerade auf den Fall der durchgeführten Protokollberichtigung bezogen sind - für welche eine Beschwerdemöglichkeit auch nach § 567 Abs.1 Nr.2. ZPO nicht eröffnet ist. Das Argument aber, dass das Beschwerdegericht die inhaltliche Protokollberichtigung durch das Instanzgericht mangels Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung nicht beurteilen könne, gilt genauso, wenn das Instanzgericht die Protokollberichtigung abgelehnt hat, weil der Inhalt des Berichtigungsantrags sachlich nicht zutreffe. Auch diese Frage kann das Beschwerdegericht im Gegensatz zu dem Instanzgericht nicht aus eigener Anschauung beurteilen. Dies ist auch dann nicht anders, wenn das Beschwerdegericht verpflichtet würde, mit Hilfe dienstlicher Äußerungen oder von Aktenvermerken der an der erstinstanzlichen Sitzung beteiligt gewesenen Gerichtspersonen den Sachverhalt selbst zu überprüfen (so aber: Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 164 Rdn.15). Deshalb wird jede sachliche Entscheidung über das Protokoll dem Instanzgericht belassen bleiben müssen (so: Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 164 Rdn.8). Unberührt hiervon bleiben nur Fragen der Ablehnung eines Protokollberichtigungsantrags aus anderen als inhaltlichen Gründen durch das vorinstanzliche Gericht, die das Beschwerdegericht ohne eigene Kenntnis des Sitzungsverlaufs rechtlich abstrakt zu beurteilen vermag und demgemäß auch bescheiden muß (vgl. z.B.: OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 863 (Streit über die Protokollierungsbedürftigkeit einer informell durchgeführten Beweisaufnahme)). Solchenfalls gibt es keinen rechtlichen Grund, einem die Protokollberichtigung begehrenden Antragsteller die generell statthafte sofortige Beschwerde bei Ablehnung von Anträgen gemäß § 567 Abs.1 Nr.2 ZPO zu versagen.

1.Nach diesen Grundsätzen ist der Berichtigungsantrag der Klägerin dahin, die Widerklage sei nicht Gegenstand der Erörterung gewesen, der Beschwerde von vornherein nicht zugänglich. Die sofortige Beschwerde ist danach insoweit unstatthaft. Andernfalls wäre der Berichtigungsantrag insoweit aber auch unbegründet, weil das Protokoll schon nicht unrichtig ist. Der Protokollinhalt:

"Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert."

impliziert, dass sämtliche vom Prozessgericht für entscheidungserheblich gehaltenen Umstände erörtert worden sind. Dass eine Erörterung stattgefunden hat, stellt die Klägerin auch nicht in Abrede. Inhaltlich ist die Dokumentation, dass erörtert worden sei, neutral. Die Widerklage kann danach erörtert oder auch nicht erörtert worden sein.

Mit ihrem Begehren, das Protokoll müsse dokumentieren, dass die Widerklage nicht erörtert worden sei, rügt die Klägerin eine Unvollständigkeit der Sitzungsniederschrift, die sie durch entsprechende Protokollergänzung beseitigt wissen will.

Aber auch unter diesem Aspekt ist das Protokoll nicht unrichtig, nämlich nicht unvollständig.

Unvollständig im Sinne der Beschwerde ist das Protokoll nur dann, wenn die Widerklage tatsächlich nicht erörtert worden ist, und wenn dieser Umstand als wesentlicher Vorgang der mündlichen Verhandlung protokollierungspflichtig ist. Dies ist aber nicht der Fall.

Der Inhalt der sachlichen und rechtlichen Erörterungen ist in den Katalogen von § 160 Abs.1, Abs.3 ZPO nicht zum notwendigen Protokollinhalt erhoben. Die Erörterung der Sach- und Rechtslage ist nach Wegfall der Erörterungsgebühr auf der Grundlage des RVG nicht einmal mehr abstrakt ein wesentlicher protokollierungsbedürftiger Vorgang der Verhandlung im Sinne von § 160 Abs.2 ZPO, weil unmittelbare Rechtswirkungen an den Vorgang der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht anknüpfen (vgl. z.B.: Baumbauch/Lauterbach/Hartmann, a.a.O., § 160 Rdn.7). Schon gar nicht ist es notwendig als wesentlichen Vorgang der Verhandlung in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen, was im Einzelnen inhaltlich erörtert worden ist, oder gar, was gerade nicht erörtert worden ist. Im Übrigen unterliegt die Qualifizierung eines Verhandlungsinhalts als wesentlich im Sinne der obligatorischen Protokollierung gemäß § 160 Abs.2 ZPO dann, wenn nicht einschlägige rechtliche Vorschriften - Art. 103 Abs.1 GG, §§ 139, 278, 279, 285 u.a. ZPO - betroffen sind, dem Vorsitzenden im Rahmen eines weiten Ermessens (vgl.: Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O. § 160 Rdn.7). Beispielsweise kann der Beweis der Erteilung gebotener rechtlicher Hinweise allein durch den Inhalt der Akten geführt werden - § 139 Abs.4 ZPO -, also auch durch eine entsprechende Eintragung im Protokoll. Werden Protokollierungen gewünscht, die der Vorsitzende von sich aus nicht veranlasst, so haben die Beteiligten die Möglichkeit dies zu beantragen - § 160 Abs.4 S.1 ZPO. Das Gericht kann dem entsprechen oder die Protokollierung durch Beschluss, der in das Protokoll aufzunehmen ist, ablehnen. Dieser Beschluss ist unanfechtbar - § 160 Abs.4 S.2,3 ZPO -, was im übrigen wiederum die Unstatthaftigkeit einer auf inhaltliche Protokolländerungen gerichteten nachfolgenden sofortigen Beschwerde bestätigt.

Die Beweiskraft des Protokolls bezieht sich gemäß § 165 S.1 ZPO nur auf die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten. Dass die Nicht-Erörterung der Widerklage aus Rechtsgründen hierzu zählt, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Dem Schweigen des Protokolls kommt eine Beweiskraft nicht zu.

2. Soweit die Klägerin ausführlichen ergänzenden und vertiefenden Vortrag ihres erstinstanzlichen Anwalts inhaltlich in die Sitzungsniederschrift aufgenommen wissen will, ist dieses Beschwerdebegehren aus den vorgenannten Gründen unstatthaft. Andernfalls wäre es entsprechend den Ausführungen zu Nr.1. unbegründet.

3. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin begehrte Aufnahme der Äußerung des in der mündlichen Verhandlung vom 20.2.2007 amtierenden Vorsitzenden Richters, der Akteninhalt sei bekannt.

4. Die Klägerin ist dadurch, dass der im Protokollberichtigungsverfahren amtierende Vorsitzende Richter der 7. Zivilkammer des Landgerichts Kassel den Antrag ihres Anwalts auf Protokollberichtigung durch Beschluss vom 11.4.2007 abgelehnt hat, ohne eine Stellungnahmefrist bis zum 25.4.2007 einzuräumen, nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden.

Die von Rechtsanwalt Dr. RA2 mit Schriftsatz vom 2.4.2007 geäußerte Bitte, wegen der in Aussicht gestellten "(nahezu vollständigen) Ablehnung der ... gestellten Anträge", sei eine ergänzende Stellungnahme der Klägerin geboten, die bis zum 25.4.2007 erfolgen werde, bezieht sich auf den Hinweis des Vorsitzenden Richters vom 27.3.2007 im Zusammenhang mit der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung im Urteilsberichtigungsverfahren auf den 11.5.2007. Den Protokollberichtigungsantrag der Klägerin betrifft in diesem gerichtlichen Hinweis lediglich die Ankündigung, dass über die Protokollberichtigung ohne mündliche Verhandlung entschieden werde. Weitere sachliche Ausführungen des Vorsitzenden Richters haben ausschließlich das Urteilsberichtigungsverfahren zum Gegenstand. Der Hinweis des Vorsitzenden Richters, über den Protokollberichtigungsantrags solle ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, begründete seinem Inhalt nach keinen Anlass, der Klägerin im Protokollberichtigungsverfahren noch weiteres rechtliches Gehör zu gewähren. Vor diesem Hintergrund war die Ankündigung einer ergänzenden Stellungnahme bis zum 25.4.2004 durch den Anwalt der Klägerin aus objektiver Sicht auf inhaltliche Ausführungen zum Urteilsberichtigungsverfahren zu beziehen. Zum Protokollberichtigungsantrag macht der Anwalt der Klägerin inhaltliche Ausführungen unter Bezugnahme auf Details der Protokollberichtigungsantragsschrift, die im Wesentlichen den späteren Ausführungen in der Beschwerdeschrift entsprechen. Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, dass der Anwalt der Klägerin die in seinem Schriftsatz vom 2.4.2007 angekündigte ergänzende Stellungnahme auch auf zusätzliche Ausführungen zum Protokollberichtigungsantrag bezogen wissen wollte. Der Vorsitzende der Zivilkammer durfte vielmehr davon ausgehen, dass das Protokollberichtigungsbegehren aus Sicht der Klägerin ausgeschrieben sei, nachdem der Anwalt der Klägerin am 10.4.2007 die vom Landgericht ebenfalls unter dem 27.3.2007 angeforderte Prozeßvollmacht eingereicht hatte. Der Vorsitzende Richter musste vor der Bescheidung des Protokollberichtigungsantrags auch nicht auf die Fragen des Anwalts der Klägerin antworten, ob das ergänzende inhaltliche Vorbringen der Klägerin im Protokollberichtigungsantrag aus Sicht des Gerichts unwahr sei, und ob nach dem Sitzungsprotokoll davon auszugehen sei, die Widerklage sei im Termin erörtert worden (Schriftsatz vom 2.4.2007), denn in beiden Punkten ist die Ablehnung der Protokollberichtigung nicht auf die etwaige inhaltliche Unbegründetheit des Protokollberichtigungsbegehrens sondern allein auf die fehlende Protokollpflichtigkeit gestützt.

Soweit in der Zurückweisung des Protokollberichtigungsantrags durch den Vorsitzenden Richter der Zivilkammer vom 11.4.2007 auf der Grundlage der vorgenannten Korrespondenz gleichwohl eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin gesehen werden sollte, wäre diese jedenfalls durch das Beschwerdevorbringen der Klägerin nachträglich geheilt worden. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrem Beschwerdevorbringen den Vortrag gehalten hat, den sie andernfalls vor der Zivilkammer bis zum 25.4.2007 in das Protokollberichtigungsverfahren hätte einführen wollen. Dieser Vortrag liegt der vorliegenden Entscheidung in der Variante der hypothetischen Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde zu Grunde.

5. Auch die Rüge der fehlenden Mitwirkung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle an dem die Protokollberichtigung ablehnenden Beschluss vom 11.4.2007 geht fehl. Zwar ist nach § 164 Abs.3 Satz 2 ZPO im Falle der Durchführung der Protokollberichtigung der Berichtigungsvermerk, der auf dem Protokoll anzubringen ist, von dem Richter, der das Protokoll unterschrieben hat, und von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, wenn er zur Protokollführung hinzugezogen war, zu unterschreiben. Wird aber die Protokollberichtigung aus Rechtsgründen - wie vorliegend beispielsweise mangels Protokollpflichtigkeit im Sinne von § 160 Abs.2 ZPO - abgelehnt, so liegt eine Mitwirkung hierbei nicht in der Kompetenz des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (vgl. so i.Erg.: Zöller-Stöber, aaO, § 164 Rdn.10). Die im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.2.2007 mitwirkende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle war deshalb nicht berufen, an dem Beschluss des Vorsitzenden, durch welchen die Protokollberichtigung aus anderen als inhaltlichen Gründen abgelehnt worden ist, mitzuwirken.

Als mit ihrem Rechtsmittel unterliegende Partei hat die Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 97 Abs.1 ZPO zu tragen.

Ende der Entscheidung

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