Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.03.2004
Aktenzeichen: 16 U 131/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 745 Abs. 3
BGB § 2038 Abs. 1 S. 2
BGB § 2038 Abs. 2
1. Verfügungen sind nur bei Vorliegen besonderer Umstände Verwaltungshandlungen nach § 2038 I 2 1. Halbsatz BGB.

2. Auch die Veräußerungen von Nachlassgegenständen kann eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes im Sinne von §§ 2038 II, 745 III BGB sein.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 131/03

Verkündet am 25.03.2004 In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 14. Juli 2003 (3 O 674/02) abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, als Miterbin Schadensersatz zu leisten, weil sie einer Veräußerung des ererbten Ferienhauses in A zum Preis von 144.000,- € im Mai 2002 nicht zugestimmt hat.

Die Parteien sind Schwestern. Zusammen mit ihrem Bruder C B, für den eine Betreuung angeordnet ist, sind sie Mitglieder einer Erbengemeinschaft nach ihrem am ... März 2002 verstorbenen Vater D B. Die Erben sind ausgewiesen durch Erbschein des Amtsgerichts Butzbach vom 14. Juni 2002, ausgefertigt am 19. Juni 2002.

Zum Nachlass gehören auch mehrere Immobilien, u.a. ein Ferienhaus in A. Nach einer amtlichen Schätzung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Bereich des Landkreises E vom 22. März 2001 beträgt der Wert des Objekts 280.000,- DM.

Im Juni 2001, also noch zu Lebzeiten ihres Vaters, beauftragte die Klägerin in ihrer Funktion als Betreuerin ihres Vaters einen örtlichen Immobilienmakler, Herrn F, mit dem Verkauf des Anwesens.

Nachdem der Makler das Objekt mit mehr als 40 Interessenten besichtigt hatte, boten Kaufinteressenten im April 2002 einen dem amtlichen Wert entsprechenden Kaufpreis von 144.000,- €. Da zwischen den Parteien ein tiefes Zerwürfnis bestand, bat die Klägerin Herrn F, die Zustimmung der Beklagten für den Verkauf einzuholen.

Im Folgenden kam es zu mindestens zwei Telefongesprächen zwischen Herrn F und der Beklagten, deren Inhalt die Parteien unterschiedlich darstellen. Zudem korrespondierten der Makler und die Beklagte schriftlich. Mit Schreiben vom 15. Mai 2002 forderte die Klägerin die Beklagten nochmals unmittelbar auf, dem Verkauf zuzustimmen.

Dem kam die Beklagte trotz eines von den Kaufinteressenten bis zum 18. Juni 2002 verlängerten Angebots nicht nach. Vielmehr bewilligte und beantragte die Beklagte einen Tag vor Fristablauf, am 17. Juni 2002, die Eintragung eines Niesbrauchs an ihrem Erbteil zur Eintragung im Grundbuch.

Auf Antrag der Klägerin bestellte das für Herrn C B zuständige Amtsgericht in G am 6. Juli 2002 einen weiteren Betreuer zur Vertretung des Betreuten in der Nachlasssache D B. Bereits am 26. April 2002 hat das Amtsgericht der Klägerin mitgeteilt, dass der Genehmigung des Verkaufs der Immobilie in A nichts entgegenstehe.

Die Klägerin hat behauptet, keiner der Erben sei an der Übernahme des Grundstücks interessiert gewesen. Herr F habe der Beklagten geschildert, dass sich der Gesamtzustand des Objekts zunehmend verschlechtere und habe ihr wegen der zeit- und kostenintensiven Verwaltungsmaßnahmen zum Verkauf geraten. Auch habe Herr F der Beklagten angeboten, das Grundstück zu besichtigen.

Er habe mitgeteilt, dass die Beklagte den Schlüssel bei ihm abholen könne. Ende April 2002 habe die Beklagte einen Verkauf jedoch kategorisch abgelehnt. Nach weiteren schriftlichen und mündlichen Versuchen des Maklers habe die Beklagte dann im Mai 2002 erklärt, dass sie aus Prinzip nicht verkaufen werde, auch wenn das Haus dadurch weiteren Schaden nehme.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Erbengemeinschaft H B, C B und I B den Schaden zu ersetzen, der bei der Verwertung des Grundstücks A/J, Gemarkung J-Land, Flur ..., Flurstück .../..., Grundbuch von J-Land Bl. ..., als Differenz zwischen dem Betrag von 144.000,- € gegenüber dem bei der Verwertung erzielten Betrag liegt, soweit der Schaden durch den nicht erfolgten Verkauf im Juni 2002 verursacht worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe zum Zeitpunkt der Verkaufsbemühungen ein Interesse daran besessen, das Grundstück selbst zu nutzen. Dies habe sie auch gegenüber mehreren Personen deutlich gemacht.

Der Makler F habe ihr den alleinigen Zutritt zum Gebäude verweigert. Auch die Herausgabe der Schlüssel habe er abgelehnt. Sie habe deshalb keine Möglichkeit gehabt, das Grundstück zu besichtigen. Da sie auch im übrigen nicht in die Verkaufsbemühungen eingebunden worden sei, habe sie ihre Mitwirkungspflichten auch nicht verletzt.

Am 18. Juni 2002, dem Tag des Fristablaufs des Kaufangebotes, habe sie sich noch nicht einmal sicher sein können, Erbin geworden zu sein, da sie den Erbschein erst ca. 1 Woche nach Ausfertigung erhalten habe. Zudem habe ein Verkauf an die Kaufinteressenten gar nicht erfolgen können, da das Vormundschaftsgericht einem Verkauf innerhalb der von den Kaufinteressenten bis zum 18. Juni 2002 gesetzten Frist nicht zugestimmt habe. Schließlich sei auch kein mehrheitlicher Beschluss der Erben zum Verkauf des Anwesens gefasst worden.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen ... F. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 5. Mai 2003 (Bl. 185 - 194 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 14. Juli 2003 der Klage stattgegeben. Wegen der Entscheidungsgründe im einzelnen wird auf Bl. 285 bis 290 d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 29. Juli 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 14. August 2003 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie am 19. September 2003 begründet hat.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine Mitwirkungspflicht nach § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB nicht bestanden hat, da die von ihr verlangte Verfügung keine Verwaltungsmaßnahme sei.

Besondere Gründe, die ausnahmsweise auch die Veräußerung eines Nachlassgegenstandes als Verwaltungsmaßnahme erschienen lassen, würden nicht vorliegen.

Auch liege eine wesentliche Veränderung des Nachlasses in der Veräußerung, die nach § 2038 Abs. 2 i.V.m. § 745 Abs. 3 BGB nicht verlangt werden könne.

Außerdem sei eine Mitwirkung der Beklagten nicht erforderlich, da der notarielle Kaufvertrag von der Mehrheit der Erben hätte abgeschlossen werden können.

Ein solcher notarieller Kaufvertrag sei ihr niemals vorgelegt worden.

Die Beklagte beantragt,

das am 14. Juli 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Gießen, Az. 3 O 674/02, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, aus dem Leitsatz des BGH-Urteils vom 22.2.1965 - III ZR 208/63 - ergebe sich, dass verhindert werden solle, dass einzelne Quertreiber notwendige und im Interesse der übrigen Miterben stehende Maßnahmen verhindern können sollen und die Erbengemeinschaft damit faktisch handlungsunfähig machten. Auch beziehe sich § 745 Abs. 3 BGB auf den gesamten Nachlass und nicht auf den einzelnen Nachlassgegenstand. Eine wesentliche Veränderung des Nachlasses liege aber in der Veräußerung des Ferienhauses angesichts eines Nachlasswertes von 891.798,57 € nicht.

Die Beklagte sei niemals an einer Eigennutzung des Ferienhauses interessiert gewesen. Die Veräußerung des Anwesens sei wirtschaftlich sinnvoll gewesen.

Im Oktober 2003 konnte das Ferienhaus zu einem Preis von 100.000,- € verkauft werden. Im Winter 2002/2003 ist ein Wasserschaden eingetreten, der zu einer erheblichen Wertminderung des Objekts geführt hat.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist auch begründet, denn die Klage ist zwar zulässig aber unbegründet.

1. Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin zur Geltendmachung von Ansprüchen der Erbengemeinschaft ergibt sich aus § 2039 BGB.

Die ursprünglich erhobene Feststellungsklage war zulässig. Die Klägerin hatte insbesondere ein rechtliches Interesse an der Feststellung einer eventuellen Schadensersatzverpflichtung der Beklagten im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, denn in 1. Instanz war das Ferienhaus noch nicht veräußert, sodass die Höhe eines eventuellen Schadens nicht ermittelt werden konnte und eine Leistungsklage damit nicht möglich war.

Hieran hat sich durch die Veräußerung der Immobilie in der Berufungsinstanz nichts geändert, wobei offen bleiben kann, ob nunmehr die Schadensbezifferung und damit eine Leistungsklage möglich ist.

Wird erst im Laufe des Rechtsmittelverfahrens die Bezifferung einer Forderung möglich, ist der Kläger nicht genötigt, von der Feststellungsklage zur Leistungsklage überzugehen (BAG NZA 1997, 1168, BGH NJW 1978, 210, Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. § 256 Rdz 7 c). Deshalb brauchte die Klägerin ihre Klage nicht in eine Schadensersatzklage zu ändern. Das Feststellungsinteresse der Klägerin besteht trotz möglicher Leistungsklage weiter.

2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Erbengemeinschaft kein Anspruch nach § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu. Zwar kann sich ein solcher Anspruch ergeben, wenn ein Miterbe seine Mitwirkungspflicht nach § 2038 Abs. 1 S. 2 erster Halbs. BGB verletzt (so auch Staudinger/Werner, § 2038 Rdz. 19, Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl. § 43 II 1). Eine solche Mitwirkungspflicht der Beklagten bestand jedoch nicht.

a) Allerdings entfiel eine etwaige Mitwirkungspflicht der Beklagten nicht deshalb, weil die Klägerin und ihr Bruder, der Miteigentümer C B, die Veräußerung allein o hne Mitwirkung der Beklagten durchführen konnten. Soweit es um das Innenverhältnis der Miterben geht, ist unbestritten, dass für die Verwaltung des Nachlasses Mehrheitsentscheidungen ausreichen. Umstritten ist, ob §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 S. 1 BGB mit ihren Ausnahmen von der gemeinschaftlichen Verwaltung über das Innenverhältnis hinaus reicht und der Mehrheit auch Vertretungsmacht zuerkennt.

Eine Mindermeinung (Jülicher AcP 175, 143, OLG Neustadt MDR 1972, 574) vertritt die Auffassung, die mit Stimmenmehrheit beschlossene ordnungsgemäße Verwaltung wirke nur im Innenverhältnis. Im Außenverhältnis sei die Mitwirkung aller Miterben erforderlich. Dies sei notwendig, um einen ausreichenden Schutz der Minderheit zu gewährleisten.

Nach herrschender Meinung kann die Mehrheit kraft Beschlusses auch im Außenverhältnis Rechtsgeschäfte für die Miterben tätigen, soweit dies zur Ausführung des Beschlusses erforderlich ist (Soergel/Wolf, § 2038 Rdz. 11, Staudinger/Werner 2038 Rdz. 14 jeweils m.w.N.). Allerdings wird überwiegend die Vertretungsmacht ausdrücklich auf Verpflichtungsgeschäfte beschränkt (BGHZ 56, 47, BGH DNotZ 1972, 22). Verfügungsgeschäfte werden wegen § 2040 BGB ausgenommen. Die Vertreter dieser Ansicht meinen, der Mehrheitsbeschluss werde entwertet, wenn die Mehrheit gezwungen sei, die Minderheit auf Zustimmung zu verklagen. Dies beeinträchtige die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft und führe zu einer Belastung der Gerichte.

Der Senat konnte offen lassen, welcher der beiden Meinungen zu folgen ist, denn auch nach der herrschenden Meinung konnten die Klägerin und ihr Bruder allenfalls den notariellen Kaufvertrag für die Erbengemeinschaft abschließen, nicht aber wirksam die Auflassung erklären. Für die Eigentumsübertragung bedurften sie gemäß § 2040 BGB der Zustimmung der Beklagten.

Die Klägerin begehrt zwar die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Schadens, der durch den nicht erfolgten Verkauf im Juni 2002 verursacht worden ist.

Diesen Kaufvertrag hätten die Klägerin und ihr Bruder kraft Mehrheitsbeschluss auch ohne die Mitwirkung der Beklagten abschließen können. Jedoch legt der Senat den Antrag der Klägerin dahin aus, dass es ihr um die Zustimmung der Beklagten zur Veräußerung, also um die Verweigerung der Zustimmung zur Eigentumsübertragung des Grundstücks an die Erwerber ging. Hierzu war die Zustimmung der Beklagten notwendig.

b) Eine Mitwirkungspflicht der Beklagten ergibt sich nicht aus § 2038 Abs. 1 S. 2 erster Halbsatz BGB. Nach dieser Vorschrift ist jeder Miterbe den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sind. Er umfasst nach übereinstimmender Meinung (BGH FamRZ 1965, 267, Staudinger/Werner, § 2038 Rdz. 4) alle Maßnahmen, die auf eine tatsächliche oder rechtliche Erhaltung oder Vermehrung des Nachlasses, auf Ziehung von Nutzungen oder Bestreiten der laufenden Verbindlichkeiten gerichtet sind. Ausgehend von diesem Begriff der Verwaltung liegt in dem Verkauf und der Übereignung eines Nachlassgegenstandes keine Verwaltungsmaßnahme.

Der Bundesgerichtshof hat aber ausgeführt (FamRZ 1965, 269), dass unter Umständen zur Verwaltung auch Verfügungshandlungen erforderlich werden, d.h. solche Handlungen, die die Substanz des Nachlasses durch Veräußerung oder Belastung von Nachlassgegenständen dinglich verändern (so auch BGB-RGRK-Kregel § 2038 Anm. 1, Johannsen WM 1970, 755). Es sind also besondere Umstände erforderlich, die ausnahmsweise auch eine Verfügung als Verwaltungsmaßnahme erscheinen lassen.

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lag der besondere Umstand darin, dass eine Enteignung des Grundstücks drohte und der Verkäufer einen Preis geboten hatte, der bei der Enteignung als Entschädigung nicht erreicht worden wäre. Das Grundstück war also für den Nachlass auf jeden Fall verloren. Hätten die Erben nicht verkauft, wären sie enteignet worden.

Einen solchen besonderen Grund hatte die Klägerin nicht. Der Umstand, dass nach langem Suchen (von Juni 2001 bis April 2002) des Maklers mit insgesamt 44 Interessenten erst nach 9 Monaten ein Käufer gefunden werden konnte, der bereit war, den Kaufpreis von 144.000,- € zu bezahlen, ist kein besonderer Grund und macht die Veräußerung nicht zu einer Verwaltungsmaßnahme. Im Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war das Grundstück für den Nachlass nicht auf jeden Fall verloren. Vielmehr gab es für das Haus verschiedene Möglichkeiten der Verwertung. Neben dem Verkauf kommen die Sanierung des Gebäudes, die Vermietung des Hauses und die Übernahme durch einen Miteigentümer in Betracht.

Auch der Umstand, dass das Ferienhaus renovierungs- bzw. sanierungsbedürftig war, ist kein Gesichtspunkt, der ausnahmsweise die Veräußerung des Gebäudes als bloße Verwaltungsmaßnahme erscheinen lässt, denn zur Veräußerung gibt es durchaus auch Alternativen, die im Rahmen der Verwaltung des Objekts ergriffen werden können. Im Regelfall sind Verfügungen keine Verwaltungsmaßnahmen. Dies gilt vor allem, wenn sie der Auseinandersetzung und der Auflösung des Nachlasses dienen (Staudinger/Werner, a.a.O. Rdz. 5, Palandt-Edenhofer, § 2038 Rdz. 4). Eine Auseinandersetzung der Miterben, auch eine Teilauseinandersetzung der Erbschaft, ist in der Regel keine Verwaltung des Nachlasses. Insoweit ist ein Miterbe nicht zur Zustimmung verpflichtet. Die Übrigen könne n eine Erbteilungsklage erheben oder eine Teilungsversteigerung in die Wege leiten. Da es sich bei der Veräußerung des Objekts mangels besonderen Grundes nicht um eine Verwaltungsmaßnahme handelt, kommt es nicht darauf an, ob die Veräußerung eine ordnungsgemäße Verwaltung darstellt.

c) Selbst wenn man aber insoweit anderer Auffassung sein sollte und im vorliegenden Fall besondere Umstände annehmen würde, die ausnahmsweise eine Verfügung über das Grundstück zur Verwaltungsmaßnahme machen und darüber hinaus auch noch eine ordnungsgemäße Verwaltung annehmen wollte, käme eine Mitwirkungspflicht der Beklagten nicht in Betracht.

Nach § 2038 Abs. 2 S. 1, 745 Abs. 3 BGB kann eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes nicht beschlossen oder verlangt werden. Zwar bezieht sich § 745 Abs. 3 BGB vor allem auf die äußere Gestalt und die Zweckbestimmung (BGH NJW-RR 1995, 267). Darin erschöpft sich aber nicht der Sinn des § 745 Abs. 3 BGB. Vielmehr will er den einzelnen Miteigentümer bzw. Miterben vor Änderungen schützen, die die wirtschaftliche Grundlage der Gemeinschaft berühren (MK-Schmidt, § 745 Rdz. 25). Diese Grundlagen werden aber bei der Veräußerung des Gegenstandes ebenso betroffen wie bei der Veränderung der äußeren Gestalt einer gemeinschaftlichen Sache.

Wendet man die für die Bruchteilsgemeinschaft entwickelte Vorschrift des § 745 Abs. 3 BGB über § 2038 Abs. 2 S. 1 BGB auf die Miterbengemeinschaft an, die eine Gesamthandgemeinschaft ist, und sieht man - wie der Senat - nicht nur die Veränderung der äußeren Gestalt und die Zweckbestimmung sondern auch die Veräußerung als Veränderung im Sinne dieser Vorschrift an, so ist im vorliegenden Fall eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes anzunehmen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob man als Gegenstand im Sinne des § 745 Abs. 3 BGB den einzelnen Nachlassgegenstand ansieht (so Landgericht Hannover NJW-RR 1990, 454, Soergel-Wolf, 12. Aufl. § 2038 Rdz. 9; Staudinger-Werner, 12. Aufl. § 2038 Rdz. 13) oder ob man den Nachlass insgesamt als Gegenstand ansieht (so Palandt/Edenhofer, 63. Aufl. § 2038 Rdz. 6, MK-Dütz § 2038 Rdz. 13).

Auch wenn man den Nachlass insgesamt und nicht nur den einzelnen Gegenstand betrachtet, liegt eine wesentliche Veränderung vor, denn der Wert des Ferienhauses von 144.000,- € ist im Verhältnis zum Gesamtwert des Nachlasses von über 800.000,- € erheblich.

Da die Klägerin in dem Rechtsstreit unterlegen ist, hat sie gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst und auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).

Die grundsätzliche Bedeutung sieht der Senat in der Frage, in welchen Fällen auch Verfügungshandlungen Verwaltungsmaßnahmen im Sinne von § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB sein können, was der BGH vor knapp 40 Jahren in einem Ausnahmefall als möglich angesehen hat. Auch sollte höchstrichterlich geklärt werden, ob auch Veräußerungen von Nachlassgegenständen wesentliche Veränderungen im Sinne von §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 3 BGB darstellen können.



Ende der Entscheidung

Zurück