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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 23.10.2000
Aktenzeichen: 16 W 32/00
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 788
GKG § 11 Abs. 1
Ordnungsgeld wegen Verstoßes gegen eine Untersagungsverfügung
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

16 W 32/00

2/3 O 236/00 LG Frankfurt am Main

Entscheidung vom 23.10.2000

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren ...

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... am 23. Oktober 2000 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2. August 2000 (2/3 0 236/00) abgeändert.

Wegen Zuwiderhandlung gegen das durch die einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2000 (2/3 0 236/2000) zu Ziff. 1 ergangene Unterlassungsgebot wird gegen den Schuldner und die P. Publishing GmbH als Gesamtschuldner ein Ordnungsgeld von 2.500.-- DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500.-- DM ein Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken am Schuldner in eigener Person oder als Geschäftsführer der P. Publishing GmbH, festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

De r Beschwerdewert beträgt 5.000.-- DM; der Wert des zurückgewiesenen Teils der Beschwerde beläuft sich auf 2.500.-- DM.

Gründe

Durch einstweilige Verfügung vom 25.4.2000 ist es dem Schuldner untersagt worden,

1. im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über eine Strafanzeige im Zusammenhang mit der C.-KG Herrn W. H. namentlich zu erwähnen bzw. ihn als zu bezeichnen, und

2. zu verbreiten, daß Herr W. H. Geschäftsführer der C.-GmbH sei.

Durch Urteil vom 30.5.2000 hat das Landgericht die dem Schuldner am 29.4.2000 zugestellte einstweilige Verfügung bestätigt.

Eine inhaltsgleiche einstweilige Verfügung ist im Verfahren H. W. ./. P-GmbH (2/3 0 235/00 Landgericht Frankfurt am Main = 16 W 37/00 OLG Frankfurt am Main) ergangen.

Am 29.5.2000 wurde in der Zeitschrift I. V. H., einer Publikation der P-GmbH, deren Geschäftsführer der Schuldner ist - über eine Strafanzeige "insbesondere gegen W. H. und J. F. ... (keine Geschäftsführer der C. wie behauptet wurde)" berichtet. Dabei wurde der Gläubiger als "Verantwortlicher der A.-Lebensversicherungs-AG" bezeichnet, der im übernächsten Absatz nachgesagt wurde, daß sie einen "marode gewordenen Geschlossenen Immobilienfonds der C. CAPITAL gestützt haben" soll. Hierin sieht der Gläubiger eine Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 des Unterlassungsgebots der einstweiligen Verfügung.

Daraufhin hat das Landgericht auf Antrag des Gläubigers durch den angefochtenen Beschluß gegen den Schuldner wegen Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 des Unterlassungsgebots der einstweiligen Verfügung ein Ordnungsgeld von 5.000.- DM, ersatzweise für je 1.000.-- DM einen Tag Ordnungshaft, festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der geltend gemacht wird, der Schuldner habe nicht schuldhaft gegen die einstweilige Verfügung verstoßen, jedenfalls aber sei das Ordnungsgeld zu hoch bemessen. Außerdem verweist der Schuldner auf die im Verfahren H. ./. P.-GmbH mit Beschluß vom 22.8.2000 wegen derselben Zuwiderhandlung erfolgte Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von ebenfalls 5.000.-- DM und vertritt hierzu die Auffassung, in beiden Verfahren könne wegen wirtschaftlicher Identität der Schuldner nur ein einziges Ordnungsgeld festgesetzt werden.

Die statthafte (§ 793 ZPO) und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist hinsichtlich der Höhe des Ordnungsgeldes begründet und führt zudem zu dem Ausspruch einer gesamtschuldnerischen Festsetzung des Ordnungsgeldes.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, daß der Schuldner durch die Veröffentlichung vom 29.5.2000 schuldhaft gegen Ziff. 1 der einstweiligen Verfügung verstoßen hat. Die Behauptung, Rechtsanwalt Dr. H., der den Schuldner im Verfahren über den Erlaß der einstweiligen Verfügung und im Widerspruchsverfahren vertreten hat, habe ihn dahin informiert, daß die einstweilige Verfügung nach Einlegung des Widerspruchs "keine Wirksamkeit" habe, vermag den Schuldner nicht zu entschuldigen. Mit dem Hinweis auf einen ihm erteilten anwaltlichen Rat kann sich ein Vollstreckungsschuldner nur entlasten, wenn er gestützt auf den anwaltlichen Rat ohne Verschulden geirrt hat (OLG Hamburg, NJW-RR 1989, 1087; OLG Hamm WRP 1978, 223; Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl. § 890 Rn. 5; Thomas-Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 890 Rn. 15).

Im vorliegenden Fall steht der Annahme eines solchen Ausnahmefalls bereits entgegen, daß der Schuldner keine nachvollziehbaren Einzelheiten über den Inhalt der anwaltlichen Beratung vorgebracht hat. In der Beschwerdeschrift heißt es dazu lediglich, der Bevollmächtigte Dr. H. habe ihn, den Schuldner, "nur schleppend und unzureichend" informiert; er sei "aufgrund der Informationen und der Beratung" davon ausgegangen, daß erst ab Erlaß des Urteils im Widerspruchsverfahren - zu dem es frühestens am Schluß der auf den 30.5.2000 terminierten mündlichen Verhandlung kommen konnte - die beanstandeten Äußerungen "definitiv verboten seien". Ergänzend wird in der mit der Beschwerde- schrift vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Schuldners angegeben, er sei so informiert worden, daß "diese Verfügungen zunächst keine Wirksamkeit hätten, weil Widerspruch eingelegt war". Derartige pauschale Angaben reichen für einen entschuldbaren Verbotsirrtum von vornherein nicht aus (OLG Köln, WRP 1976, 116, 118; OLG Hamburg, a.a.0.).

im übrigen war der behauptete Irrtum auch deshalb vermeidbar, weil der anwaltliche Rat so offensichtlich unrichtig war, daß der Schuldner die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen. Der Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung ist kein Rechtsmittel. Denn er hat keine aufschiebende Wirkung in dem Sinne, daß die in der einstweiligen Verfügung verbotenen Behauptungen bis zur Entscheidung über den Widerspruch weiterhin aufgestellt und verbreitet werden durften. Es ist gerade der Zweck einer einstweiligen Verfügung, eine zwar vorläufige, aber doch mit ihrer Zustellung - sofort vollziehbare Regelung zu treffen. Diesen Zusammenhang hätte auch der Schuldner als Herausgeber einer Zeitschrift erkennen können und müssen. Fahrlässigkeit reicht aber aus, um den Verschuldensvorwurf zu begründen.

Bei Bemessung der Höhe des somit festzusetzenden Ordnungsgeldes hat der Senat berücksichtigt, daß dem Schuldner ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Unterlassungsgebot gemäß Ziff. 1 der einstweiligen Verfügung nicht nachgewiesen werden kann. Vielmehr ist davon auszugehen, daß er sich auf den Rat seines damaligen Bevollmächtigten verlassen hat. Das läßt den Schuldvorwurf zwar nicht entfallen, mindert ihn aber doch deutlich. Der Senat hält deshalb ein Ordnungsgeld von 2.500.-- DM für angemessen.

Zusätzlich ist auszusprechen, daß die Festsetzung des Ordnungsgeldes gegen den Schuldner und die P.-GmbH als Gesamtschuldner erfolgt. Denn es handelt sich um ein einziges Fehlverhalten der natürlichen Person, für das auch die GmbH einzustehen hat, deren alleiniger Geschäftsführer der Schuldner ist (OLG Hamm, NJW-RR 1987, 383).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 ZPO. Hat eine sofortige Beschwerde, mit der die Festsetzung eines Ordnungsgeldes dem Grunde nach und "hilfsweise" auch in der Höhe angegriffen wird, insofern Erfolg, als das erstinstanzlich festgesetzte Ordnungsgeld ermäßigt wird, sind in Anwendung des § 788 ZPO dem Schuldner trotz seines Teilerfolgs die gesamten Kosten beider Instanzen aufzuerlegen, wenn sich der Gläubiger in erster Instanz nicht auf einen bestimmten Mindestbetrag festgelegt, sondern lediglich auf ein empfindliches Ordnungsgeld angetragen hat, und wenn er auch in zweiter Instanz nicht darauf besteht, daß es bei dem verhängten Ordnungsqeld in der Höhe bleiben müsse (Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 2. Aufl' § 890 Rn. 50 m.w.N.). So hat sich der Gläubiger hier aber nicht verhalten. Denn er hat, wie sich aus der vom Senat beigezogenen Sache H. ./. P.-GmbH (16 W 37/00) ergibt, in der dortigen Beschwerdeerwiderung ausgeführt, die gegen die P.-GmbH und persönlich festgesetzten Ordnungsgelder seien "unverhältnismäßig niedrig, so daß eine weitere Reduzierung nicht in Betracht kommt". Im Hinblick darauf bleibt es bei der Quotelung gemäß § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf 3 ZPO. Der Wert des zurückgewiesenen Teils der Beschwerde war im Hinblick auf § 11 Abs. 1 GKG i.V.m. KV 1953 zu bestimmen.

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