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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.03.2008
Aktenzeichen: 19 U 205/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 812
BGB § 952
BGB § 1225
1. Der teilweise Erwerb einer Darlehensforderung nach § 1225 BGB führt nicht zu einem Anspruch nach § 952 BGB auf Erteilung einer vollstreckbaren Teilausfertigung einer dem ursprünglichen Darlehensgläubiger erteilten notariellen Unterwerfungsurkunde.

2. Er führt auch nicht zu einem Anspruch auf vollstreckbare Teilausfertigung nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, da ein Bereicherungsausgleich wegen des erteilten Schuldanerkenntnisses bzw. der Unterwerfungsurkunde nur im Verhältnis Altgläubiger/Schuldner in Betracht kommt.


Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg; die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin Miteigentum an einer der Beklagten erteilten vollstreckbaren Ausfertigung einer notariellen Urkunde erlangt hat. Die Klägerin als Verpfänderin eines Wertpapierdepots an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die A-Bank, begehrt die Herausgabe der im Besitz der Beklagten befindlichen vollstreckbaren Ausfertigung einer notariellen Urkunde vom 10.8.1998 zum Zwecke der Herstellung einer Teilausfertigung wegen und in Höhe des von ihr gezahlten Betrages von 255.645,-- EUR sowie die Übergabe der Teilausfertigung an sie, hilfsweise die Feststellung, dass die Vollstreckungsklausel in Höhe eines Teilbetrages ungültig ist. Das Wertpapierdepot der Klägerin diente der weiteren Absicherung eines den Darlehensnehmern B und C seitens der A-Bank gewährten Darlehens über 5.900.000,- DM. Im Wesentlichen wurde das Darlehen über eine Buchgrundschuld über 6 Mio. DM besichert. Überdies übernahmen die Darlehensnehmer in der notariellen Urkunde für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages einschließlich der Zinsen die persönliche Haftung und unterwarfen sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Am 23.03.2004 zahlte die Klägerin auf Anforderung der Beklagten und ohne selbst persönliche Darlehensschuldnerin zu sein unter Auflösung ihres Wertpapierdepots einen Betrag von 255.720,- Euro auf die Forderung aus dem Darlehensvertrag.

Die Grundschuld ist mittlerweile gelöscht. Das Begehren der Klage richtet sich ausschließlich auf die persönliche Vollstreckungsunterwerfung der Darlehensnehmer in der notariellen Urkunde (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 20.06.2007 / Bl.55f. d.A.)

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Ein Anspruch auf Erteilung einer vollstreckbaren Teilausfertigung sei nicht gegeben. § 952 BGB scheide als Anspruchsgrundlage aus, da die Ausfertigung einer notariellen Urkunde ausschließlich Eigentum desjenigen werde, dem sie gem. §§ 51, 52 BeurkG erteilt worden sei. Für den Hilfsantrag fehle es am Feststellungsinteresse.

Mit ihrem gegenüber der ersten Instanz geänderten Hauptantrag - Herausgabe der dritten vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde vom ....1998 an die Notarin N1 als Verwahrerin der Akten des Notars Dr. N2 zum Zwecke der Erteilung einer Teilvollstreckungsurkunde zu ihren, der Klägerin, Gunsten - trägt die Klägerin dem Umstand Rechnung, dass einerseits die Beklagte nach Vorlage der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung nunmehr, was unstreitig ist, im Besitz einer dritten vollstreckbaren Ausfertigung und andererseits der Notar Dr. N2 nach Erreichen der Altersgrenze zwischenzeitlich aus dem Notaramt ausgeschieden ist. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Feststellung der Ungültigkeit der der Beklagten erteilten Vollstreckungsklausel hinsichtlich eines Teilbetrages von 255.645,- Euro nebst Zinsen.

In Übereinstimmung mit dem Landgericht nimmt der Senat an, dass die Klägerin im Hinblick auf die von ihr auf die Darlehensforderung der Beklagten gegen die Darlehensnehmer B und C am 23.03.2004 erbrachte Zahlung i.H.v. 255.645,- Euro aus keinem Rechtsgrund, insbesondere nicht aus § 952 BGB, einen Anspruch auf die Erteilung einer vollstreckbaren Teilausfertigung der notariellen Unterwerfungsurkunde hat. Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Berufung, die Klägerin habe durch den Erwerb eines Forderungsteils insoweit auch einen Titel erhalten. Denn sie sei nach § 952 Abs.1 Miteigentümerin der im Besitz der Beklagten befindlichen Ausfertigung geworden mit der Folge, dass zwischen den Parteien eine Eigentumsgemeinschaft entstanden sei, deren Aufhebung nur durch die Herstellung zweier Teilausfertigungen bewirkt werden könne. Das Landgericht verkenne deshalb, dass die Ausfertigung nicht "ewig" im Eigentum desjenigen verbleibe, dem sie erteilt worden sei.

Nach § 952 Abs.1 S.1 BGB steht das Eigentum an dem über eine Forderung ausgestellten Schuldschein dem Gläubiger zu. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Inhaberschaft an einem Recht und das Eigentum an einer Urkunde, in der dieses Recht verbrieft ist, nicht auseinanderfallen. Schuldschein im Sinne dieser Vorschrift ist jede vom Schuldner über seine Verpflichtung ausgestellte Urkunde, gleichgültig ob diese nur zum Zwecke der Beweissicherung ausgestellt ist oder ob durch die Urkunde eine Verbindlichkeit erst begründet wird wie bei einem abstrakten Schuldversprechen oder einem Schuldanerkenntnis (Soergel-Henssler, BGB, 13. Aufl., § 952 Rdnr.1, Rdnr.6; Staudinger-Gursky, BGB, 2004, § 952 Rdnr.3; Münchener Kommentar-Füller, BGB, 4.Aufl., § 952 Rdnr.3, jeweils m.w.N.). Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass die Übernahme der persönlichen Haftung für die Zahlung eines Grundschuldbetrages ein selbstständiges Schuldversprechen nach § 780 BGB darstellt (BGH NJW 1985, 1831, BGH NJW 1992, 971f.). Sie lässt allerdings unberücksichtigt, dass § 952 BGB, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, nur Urkunden des privaten Rechts erfasst und Ausfertigungen von Urteilen, Beschlüssen sowie vollstreckbaren notariellen Urkunden nach §§ 47ff. BeurkG aufgrund ihres hoheitlichen Charakters nicht hierunter fallen (OLG München, DNotZ 1954m 552ff., 552; OLG Hamm NJW-RR 1997, 1232f., 1233 m.w.N.; Münchener Kommentar, a.a.O., § 952 Rdnr.2; Soergel, a.a.O., § 952 Rdnr.11; BGB RGRK-Pikart, 12. Aufl., § 952 Rdnr.19; Staudinger, a.a.O., § 952 Rdnr.6). Wenn aber Ausfertigungen gerichtlicher Entscheidungen oder vollstreckbarer Urkunden nicht zu den Schuldscheinen i.S.d. § 952 BGB gehören, bleibt es dabei, dass sie der hoheitsrechtlichen Natur der Erteilung entsprechend Eigentum dessen werden, dem sie erteilt werden.

Die Annahme eines Eigentumserwerbs nach § 952 BGB scheitert auch aus einer weiteren Erwägung. Die allgemeinen Vorschriften betreffend die Übertragung oder den Erwerb von Eigentum, insbesondere die § 929ff. BGB, werden durch die Sondervorschrift des § 952 BGB nur verdrängt, wenn die Urkunde ausschließlich als Schuldschein verwendet wird. Dokumentiert die Urkunde neben der Schuldverpflichtung noch andere Rechte oder sonstige Angelegenheiten von Belang, findet § 952 BGB keine Anwendung(Staudinger, a.a.O., § 952 Rdnr.4, Soergel, a.a.O., § 952 Rdnr.1). So liegt der Fall hier. Der Inhalt der notariellen Urkunde vom 10.08.1009 (Kopie Bl.9ff. d.A.) erschöpfte sich keineswegs in der Erteilung eines Schuldversprechens durch Übernahme der persönlichen Haftung für den Grundschuldbetrag. Wesentlicher Inhalt der in Großdruck mit ,Bestellung einer Buchgrundschuld' überschriebenen Urkunde war die Bestellung einer Grundschuld über immerhin 6 Mio. DM nebst Zinsen. Dass neben diesem Belastungsgegenstand der weiteren Darlehensbesicherung durch die von den Bestellern zusätzlich übernommene persönliche Haftung mit Vollstreckungsunterwerfung in ihr sonstiges Vermögen nur eine vergleichsweise untergeordnete Bedeutung zugekommen ist, liegt auf der Hand. Dies wird zudem daran deutlich, dass die A-Bank als Darlehensgeberin gem. S.3 des Darlehensvertrages die Auszahlung der ersten Grundstückskaufpreisrate von immerhin 4.620.616,- DM von der rangrichtigen Eintragung der Grundschuld abhängig gemacht hat, also die Übernahme der persönlichen Haftung mit Unterwerfungserklärung hierfür nicht für ausreichend erachtet hat. Gleiches galt für die weitere Rate über 1.279.384,- DM, deren Auszahlung erst nach Verpfändung des Wertpapierdepots mit Kurswert von seinerzeit 775.000,- DM erfolgen sollte.

Folglich hat die Zahlung der Klägerin und damit die (Teil-)Befriedigung der Beklagten als Pfandgläubigerin mit Forderungsübergang nach § 1225 BGB lediglich eine Veränderung im schuldrechtlichen Bestand bewirkt. Die Klägerin hat damit nicht gleichzeitig nach § 952 Abs.1 ZPO Miteigentum an der im Besitz der Beklagten befindlichen vollstreckbaren Ausfertigung der Schuldurkunde erlangt.

Der Berufung bleibt der Erfolg auch versagt, soweit sie den Hilfsantrag betrifft. Die Feststellungsklage ist unzulässig. Denn sie bezieht sich nicht auf ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis. Die begehrte Feststellung, dass die erteilte Vollstreckungsklausel wegen des angegebenen Teilbetrages ungültig sei, betrifft vielmehr eine abstrakte Rechtsfrage.

Das Vorbringen der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 26.02.2008 (Bl. 133 f. d.A.) rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung. Ohne Erfolg bleibt der Einwand, ein Anspruch auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung folge aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist die Beklagte hinsichtlich der Teilforderung über 255.645,00 € nicht auf Kosten der Klägerin um einen Vollstreckungstitel (teilweise) bereichert. Die Annahme eines Bereicherungsanspruchs im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter scheitert bereits daran, dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin die Grundschuld auf Grund einer Leistung oder auf sonstige Weise von den Darlehensnehmern B und C erhalten hat. Gleiches gilt für das Schuldanerkennntnis nebst Unterwerfung in die sofortige Zwangsvollstreckung, welches in der Übernahme der Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des Grundschuldbetrages liegt. Damit kann auch ein Bereicherungsausgleich nur in diesem Verhältnis erfolgen.

Ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung folgt auch nicht aus Ziffer IV Abs. 2 der notariellen Urkunde vom 10.08.1998. Soweit es hierin heißt, der jeweilige Gläubiger sei berechtigt, weitere Ausfertigungen dieser Urkunde auf Kosten des Bestellers zu erlangen, ist hiermit der Grundschuldgläubiger, also seinerzeit die A-Bank, nicht aber der der Darlehensforderung gemeint.

Dies ergibt sich aus Abs. 1 der genannten Bestimmung, der sich allein auf die Begründung der Grundschuld bezieht.

Nur der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe des (Teil-)Vollstreckungstitels im Hinblick auf den Übergang der Darlehensforderung auch nicht aus den aus § 402 i.V.m. §§ 1225, 412 BGB folgt. Hiernach ist der bisherige Gläubiger verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz befinden, auszuliefern. Zwar wird in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, dass in entsprechender Anwendung des § 402 BGB der Zedent auch zur Herausgabe eines über die Forderung erwirkten Titels verpflichtet ist (Soergel, BGB, 12. Aufl., § 402 Rn. 4; Münchner-Kommentar, BGB, 5. Aufl., § 402 Rn. 9 unter Hinweis allein auf Soergel, a.a.O.). Die analoge Anwendung des § 402 BGB auch auf Vollstreckungstitel scheitert aber bereits daran, dass die Pflicht zur Auslieferung von Urkunden sich auf alle Urkunden, aus denen sich etwas Beweiserhebliches über die Forderung ergibt, erstreckt, ein Vollstreckungstitel hingegen nicht Beweis-, sondern Vollstreckungszwecken dient. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen, weil nicht die nach § 1225 BGB übergangene Darlehensforderung tituliert ist, sondern lediglich die darüber hinaus bestehende Pflicht der Darlehensnehmer zur Übernahme des Grundschuldbetrages (Schuldanerkenntnis).

Soweit die Klägerin abweichend von ihrem Vortrag in der Berufungsbegründung nunmehr richtig stellt, dass es weder eine zweite noch eine dritte vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde, sondern nur eine für die Beklagte, und zwar vom 31.10.2003, existiert, erfordert dieser neue Vortrag mangels Anspruchsgrundlage keinen neuen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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