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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 19 U 70/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 280 I
Ein Nutzungsausfallschaden, der nach § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen ist, kann wegen Verletzung der Pflicht zur Schadensgeringhaltung durch den Geschädigten gem. § 254 BGB auf den Zeitraum zu begrenzen sein, der von dem Schuldner zur Nacherfüllung benötigt worden wäre, wenn ihm hierzu Gelegenheit gegeben worden wäre.
Gründe:

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung der Klägerin hat in dem tenorierten Umfang Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten wegen der mangelhaften Reparatur der Auspuffkrümmerdichtung an dem von der Klägerin erworbenen ... gemäß § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Höhe von insgesamt 2.308,89 EUR beanspruchen.

In tatsächlicher Hinsicht ist der Entscheidung die Feststellung des Landgerichts zugrunde zu legen, dass nicht bewiesen ist, dass die Beklagte bereits im März 2004 eine erste Nachbesserung an der Auspuffkrümmerdichtung des von ihr am 09.11.2003 an die Klägerin verkauften ... vornahm. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Tatsachenfeststellung bestehen nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aus der Aussage des Zeugen Z1, dass bei der Beklagten jeder Reparaturvorgang dokumentiert wird, entsprechende Unterlagen über die von der Klägerin behauptete Reparatur im März 2004 nicht vorhanden sind, jedenfalls Zweifel an der Richtigkeit der die Behauptung der Klägerin bestätigenden Aussage des Zeugen Z2 ableitete und die Klägerin demgemäss als beweisfällig ansah. Das Sachverständigengutachten ergibt nicht, dass mindestens zwei Reparaturen an dem Auspuffkrümmer durchgeführt worden sein müssen. Auch die Rechnung der Beklagten vom 01.07.2004, mit der der Klägerin lediglich eine Stiftschraube in Rechnung gestellt wird, ist kein hinreichendes Indiz für die Richtigkeit der Behauptung der Klägerin.

Vor diesem tatsächlichen Hintergrund besteht ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 281 BGB selbst dann nicht, wenn das von der Klägerin erworbene Fahrzeug bereits bei Übergabe einen Mangel an der Befestigung der Auspuffkrümmerdichtung aufwies.

Obwohl die Reparatur der Befestigung der Auspuffkrümmerdichtung durch die Beklagte im Juni 2004 fehlschlug und zum Schaden am Zylinderkopf führte, wie der Sachverständige - von den Parteien nicht angegriffen - festgestellt hat, kann die Klägerin von der Beklagten die Kosten der Mangelbeseitigung durch die Firma A gemäß Rechnung vom 18.04.2005 und vom 06.05.2005 in Höhe von insgesamt 2.417,66 EUR nicht beanspruchen. Denn es fehlt an der erforderlichen Frist zur Nacherfüllung. Die Klägerin hat von der Beklagten nicht Nacherfüllung, sondern gemäß Schreiben vom 01.04.2005 sogleich Schadensersatz in Geld verlangt. Eine Fristsetzung zur (weiteren) Nacherfüllung war für die Klägerin auch nicht unzumutbar. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte die Reparaturarbeiten vorsätzlich nicht fachgerecht ausführte. Hierfür ist maßgeblich, dass gegen die erforderlichen Fachkenntnisse der Beklagten zur Ausführung einer ordnungsgemäßen Reparatur keine Bedenken bestehen und die Beklagte sich auch ausdrücklich zur Nachbesserung bereit erklärte.

Auf § 280 Abs. 1 BGB, der eine Frist zur Nacherfüllung nicht voraussetzt, kann die Klägerin den Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Reparatur des Fahrzeugs durch die Firma A nicht stützen. Diese Bestimmung ist nur dann einschlägig, wenn Ersatz für Schäden verlangt wird, die durch die Pflichtverletzung endgültig entstanden sind und durch Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung nicht beseitigt werden können (vgl. Palandt/Heinrichs, 65. Aufl., BGB § 280 Rdnr. 18 m.w.N.). Ist - wie hier - die Nachbesserung deshalb fehlgeschlagen, weil ein neuer Mangel der Kaufsache - hier: der Schaden am Zylinderkopf - erzeugt wurde, kann insoweit Schadensersatz nur statt der Leistung verlangt werden. Das Erzeugen eines neuen Mangels der Kaufsache ist ein Fall des Fehlschlagens der Nachbesserung.

Begründet ist die Klage hingegen, soweit die Klägerin Ersatz von 616,08 EUR wegen der Kosten des Sachverständigengutachtens verlangt. Die Klägerin hatte nach ersten Untersuchungen des Fahrzeugs Anhaltspunkte dafür, dass der erhebliche Motorschaden Folge der mangelhaft durchgeführten Reparatur der Beklagten war. Sie durfte sich deshalb zur Einholung eines Gutachtens über Ursache und Ausmaße des eingetretenen Schadens veranlasst sehen.

Dieser Schaden konnte durch Nacherfüllung nicht beseitigt werden; der Anspruch richtet sich demnach nach § 280 Abs. 1 BGB, der eine Fristsetzung nicht voraussetzt.

Begründet ist die Klage ferner wegen eines Nutzungsausfallschadens in Höhe von 1.634,-- EUR. Ersatz dieses Schadens kann die Klägerin ebenfalls gemäß § 280 Abs. 1 BGB verlangen. Infolge der mangelhaften Reparatur der Beklagten stand ihr das Fahrzeug in der Zeit vom 16.03.2005 bis zum 06.05.2005 nicht zur Nutzung zur Verfügung. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen des Nutzungsausfalls steht der Klägerin jedoch nur für den Zeitraum zu, in welchem ihr die Nutzung auch dann entgangen wäre, wenn sie ihre Obliegenheit erfüllt hätte, der Beklagten erneut Nacherfüllung zu ermöglichen. Da die Beklagte der Klägerin am 15.04.2005 Nachbesserung anbot und die Reparatur bei ihr 5 Werktage in Anspruch genommen hätte, hätte die Klägerin in diesem Fall das Fahrzeug lediglich in der Zeit vom 16.03.2005 bis zum 22.04.2005, also an 38 Tagen nicht nutzen können. Bei einem Tagessatz von 43,-- EUR ergibt sich daraus ein Schaden von 1.634,-- EUR. Ersatz wegen des darüber hinaus gehenden Nutzungsausfalles, der tatsächlich bis zum 06.05.2005 eintrat, kann die Klägerin nicht verlangen. Denn dieser Nutzungsausfall ist nur deshalb entstanden, weil die Klägerin der Beklagten keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gab und somit gegen ihre Obliegenheit zur Schadensgeringhaltung verstieß. In diesem Umfang hat sie ihren Schadensersatzanspruch gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB verloren (Lorenz, NJW 2006, 1175, 1176).

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB nur aus einem Geschäftswert von 616,08 EUR - die Tätigkeit erstreckte sich nicht auch auf die Geltendmachung von Nutzungsausfall - und somit in Höhe von 58,81 EUR beanspruchen.

Ein weitergehender Schadensersatzanspruch steht der Klägerin auch nicht aus deliktischer Haftung der Beklagten zu. Wer es versäumt, die notwendigen Voraussetzungen für eine vertragliche Einstandspflicht zu schaffen, kann Ersatz für dieselben Aufwendungen nicht auf dem Umweg über einen Schadensersatz wegen Eigentumsverletzung beanspruchen (BGH NJW 1998, 2282, 2283).

Die Klägerin kann von der Beklagten Schadensersatz in gleicher Weise dann beanspruchen, wenn das erworbene Fahrzeug bei Übergabe nicht mangelhaft war. In dem die Beklagte die Reparatur "aus Kulanz" ohne Berechnung durchführte, wurde sie nicht lediglich aufgrund eines Gefälligkeitsverhältnisses tätig (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O. vor § 241 Rdnr. 7 m.w.N.). Da die Klägerin die Nachbesserung als Gewährleistung aufgrund des Kaufvertrages verlangte, da sie ferner wegen der für sie ersichtlich auf dem Spiel stehenden erheblichen Werte auf eine fachgerechte Reparatur vertraute, die die Beklagte sich ohne Berechnung durchzuführen bereiterklärte, wurde durch die Annahme des Reparaturauftrages "aus Kulanz" kein Gefälligkeitsverhältnis, sondern ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis begründet. Auf dieses Schuldverhältnis sind nicht die Regeln des Auftragsrechts anzuwenden. Vielmehr wollten die Parteien die Mangelbeseitigung an der Auspuffkrümmerdichtung ersichtlich so behandeln, als könne die Klägerin Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB verlangen. Auch in diesem Fall ist die Klägerin mangels Frist zur Nacherfüllung auf Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB in dem oben genannten Umfang beschränkt.

Hinsichtlich des Schadens von 616,08 EUR kann die Klägerin von der Beklagten Zinsen seit dem 11.04.2005 aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB beanspruchen. Aufgrund des Anwaltsschreibens vom 01.04.2005 befindet sich die Beklagte seit dem angegebenen Zeitpunkt insoweit im Verzug. Hinsichtlich des Schadens von 1.634,-- EUR kann die Klägerin von der Beklagten Prozesszinsen gemäß § 291 für die Zeit nach Zustellung des klageerweiternden Schriftsatzes vom 13.07.2005 am 27.07.2005 verlangen.

Im übrigen sind die Klage und die Berufung danach nicht begründet.

Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO entsprechend dem Anteil ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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