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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.12.2008
Aktenzeichen: 19 U 91/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 234 Abs. 1
ZPO § 321 a
Eine erfolglos gebliebene Anhörungsrüge gem. § 321 a ZPO hat - ebenso wie eine erfolglos gebliebene Gegenvorstellung - keinen Einfluss auf den Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist.
Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus bereicherungsrechtlichen und erbrechtlichen Gesichtspunkten geltend. Das Landgericht hat die Klage durch am 28.02.2008 verkündetes Urteil abgewiesen. Das erstinstanzliche Urteil ist dem Kläger am 26.03.2008 zugestellt worden. Am 23.04.2008 hat der Kläger für die Durchführung der Berufung Prozesskostenhilfe beantragt und den Entwurf einer Berufungsbegründung beigefügt. Mit Beschluss vom 02.07.2008, dem Kläger zugestellt am 11.07.2008, hat das Berufungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die am 24.07.2008 gegen den Beschluss vom 02.07.2008 erhobene Anhörungsrüge hat das Berufungsgericht durch Beschluss vom 30.07.2008, dem Kläger zugegangen am 08.08.2008, zurückgewiesen. Am 22.08.2008 hat der Kläger Wiedereinsetzung beantragt wegen der Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist und zugleich Berufung eingelegt und das Rechtsmittel begründet.

II.

1. Die Berufung des Klägers ist unzulässig. Denn sie ist nicht innerhalb der Frist von einem Monat seit Zustellung des Urteils (§ 517 ZPO) eingelegt worden. Da das Urteil dem Kläger am 26.03.2008 zugestellt worden ist, war die Berufungsfrist bei Eingang der Berufung am 22.08.2008 abgelaufen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO).

2. Der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers ist unzulässig. Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden (§ 234 Abs. 1 S. 1 ZPO). Diese Frist beginnt mit Wegfall des Hindernisses, im Falle der Mittellosigkeit mit der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag (BGH NJW 1999, 3271 m.w.N.). Da der die Prozesskostenhilfe verweigernde Senatsbeschluss vom 02.07.2008 dem Kläger am 11.07.2008 zugestellt wurde, endete die Wiedereinsetzungsfrist mit Ablauf des 25.07.2008. Der am 22.08.2008 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag ist danach verfristet.

Die gegen den Senatsbeschluss vom 02.07.2008 rechtzeitig erhobene Anhörungsrüge hat keinen Einfluss auf den Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist. Insoweit gilt nichts anderes als bei einer Gegenvorstellung. Für eine Gegenvorstellung ist anerkannt, dass sie den Fristenablauf nicht beeinflusst. Nur dann, wenn das Gericht auf eine Gegenvorstellung hin den eigenen Beschluss aufhebt und Prozesskostenhilfe bewilligt, beginnt die Zweiwochenfrist erneut (BGH VersR 2007, 132; VersR 2002, 119, 120; VersR 1980, 86, 87; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 09.04.2008, 5 U 733/07, Juris; OLG Frankfurt am Main, VersR 1998, 609, 610; Münchener Kommentar/Gehrlein, 3. Aufl., ZPO § 234 Rn. 10; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 234 Rn. 8).

Eine - wie hier - erfolglos gebliebene Anhörungsrüge gemäß § 321 a ZPO hat ebenso wie eine erfolglos gebliebene Gegenvorstellung keinen Einfluss auf den Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist. Die Anhörungsrüge ist kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf eigener Art, durch den das Gericht von der Bindungswirkung des § 318 ZPO sowie von der formellen und materiellen Rechtskraft freigestellt wird, wenn sich die Rüge als begründet erweist (Münchener Kommentar/Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 321 a Rn. 4). Sie hindert den Eintritt der Rechtskraft nicht. Erst wenn sich herausstellt, dass die Rüge begründet ist, wird ähnlich einer Wiedereinsetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens die Rechtskraft durchbrochen und das Verfahren fortgesetzt (BGH NJW 2005, 1432). Sie entspricht danach in ihren Wirkungen der Gegenvorstellung, auf die hin das Gericht nach der Rechtsprechung insbesondere bei Grundrechtsverstößen als befugt angesehen wird, eine Entscheidung selbst dann zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, wenn sie nach dem Prozessrecht grundsätzlich innerhalb der Instanz unabänderlich ist (BGH NJW 2000, 590; NJW 2001, 2262 m.w.N.). Allein der Umstand, dass der Gesetzgeber für die Anhörungsrüge die Regelung des § 321 a ZPO geschaffen hat, während die Gegenvorstellung auf anerkannten Grundsätzen der Rechtsprechung beruht, rechtfertigt nicht eine unterschiedliche Behandlung des Fristenlaufs.

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