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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 04.12.2008
Aktenzeichen: 2 Ss 335/08
Rechtsgebiete: HSchG


Vorschriften:

HSchG § 182
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Das Amtsgericht Eschwege hat die Angeklagten mit Urteil vom 2. Mai 2007 wegen dauernder und hartnäckiger Entziehung ihrer Kinder von der Schulpflicht zu Geldstrafen verurteilt. Auf die auf den Strafausspruch beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft hiergegen, hat das Landgericht Kassel mit Urteil vom 18. Juni 2008, den Strafausspruch aufgehoben und die Angeklagten jeweils zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt.

Die hiergegen eingelegte Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

Das Berufungsurteil hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil bereits die Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch angesichts der nur unzureichenden Feststellungen in dem amtsgerichtlichen Urteil nicht zulässig war.

Die Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Ein Rechtsmittel kann nur auf solche Beschwerdepunkte beschränkt werden, die losgelöst von dem nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach dem inneren Zusammenhang rechtlich und tatsächlich beurteilt werden können, ohne eine Prüfung des übrigen Urteilsinhalts notwendig zu machen. Voraussetzung für eine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist insbesondere, dass die Feststellungen des Amtsgerichts zur Tat eine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung des Landgerichts bilden. Sind die Feststellungen zur Tat derart knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich, dass weder der Schuldspruch, noch der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat in groben Zügen erkennbar wird, und daher keine ausreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung bilden können ist die Berufungsbeschränkung unwirksam (vgl. BayObLG, NStZ 1988, 570 m.w.N.; OLG Köln NZV 1992, 203).

So verhält es sich hier.

Das Amtsgericht hat übersehen, dass die Schulpflicht jedes Kind höchstpersönlich betrifft und die Entscheidung der angeklagten Eltern, das jeweils betroffene Kind der Schulpflicht zu entziehen, jeweils eine eigene selbständige Straftat darstellt. Dabei ist ebenso aus dem Blick geraten, dass die Anklage auch nur den Vorwurf gegen drei der vier schulpflichtigen Kinder (A, B und C) umfasst und damit - basierend auf den dazugehörigen Strafanträgen der Schulbehörde - zum Verfahrensgegenstand gemacht hat. Auf das ebenfalls im Urteil miteinbezogene schulpflichtige Kind D erstreckt sich die Anklage nicht. Da das Landgericht nur eine Strafe festgesetzt hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht dies bei der Strafzumessung zum Nachteil der Angeklagten verwertet hat.

II.

Das Landgericht wird den Sachverhalt, auch wenn das festgestellte Verhalten der Angeklagten den Straftatbestand des § 182 HSchG vom Grundsatz erfüllt (vgl. BverfGK 8, 151-159), im Ganzen neu feststellen müssen, da nicht klar zu erkennen ist, welche konkreten Zeiträume bei welchem Kind berücksichtigt wurden. Den Feststellungen ist in Teilen zu entnehmen, dass bzgl. zwei der Kinder bereits rechtskräftige Bußgeldverfahren ergangen sind und auch ein Strafverfahren gemäß § 153 a StPO gegen Auflagen vorläufig eingestellt worden ist. Der Zeitpunkt der endgültigen Einstellung wird nicht mitgeteilt, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass bzgl. bestimmter Zeiträume Strafklageverbrauch eingetreten ist. Dies wird bei der Bestimmung des individuellen Schuldvorwurfs zu berücksichtigen sein, wobei der neue Tatrichter trotz Verschärfung des Schuldspruchs zu beachten haben wird, dass auf Grund des Verschlechterungsverbots die jeweils neu festzusetzende Gesamtstrafe 3 Monate nicht übersteigen darf.

Ende der Entscheidung

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