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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.04.2008
Aktenzeichen: 2 U 214/07
Rechtsgebiete: BGB, GVG


Vorschriften:

BGB § 573
BGB § 578
GVG § 23 Nr. 2 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Räumung und Herausgabe von Mieträumen in der Liegenschaft ...straße .. in O1. sowie Zahlung rückständigen Mietzinses. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils und insbesondere auf die bei der Akte befindliche Kopie des Mietvertrages (Blatt 8 ff. der Akte) verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagten durch Teilurteil vom 5.10.2007, ihnen zugestellt am 19.10.2007, verurteilt, die Mieträume in der Liegenschaft ...straße .. in O1., bestehend aus sämtlichen Räumen des 1. OG des Hauses sowie einer Garage und vier Kfz-Stellplätzen spätestens am 31.5.2007 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, das Landgericht sei zuständig und der Mietvertrag sei wirksam bis zum 31.5.2007 befristet, da es sich um einen Gewerbemietvertrag handele. Hierfür sprächen der Inhalt des Mietvertrages, insbesondere der Verweindungszweck einer "Immobilien-Vermögensverwaltung" und des Forschungsinstituts "X1", sowie der Zweck, Abstellplätze für die Fahrzeuge des Beklagten zu 1) zu erhalten.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer am 30.10.2007 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 4.1.2008 an diesem Tage begründeten Berufung. Sie sind der Ansicht, es handele sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum, so daß das Landgericht unzuständig und die Kündigung unwirksam sei. Maßgebend sei der Vertragszweck. Forschung, Vermögensverwaltung und das Abstellen der Fahrzeuge als vertraglich vereinbarte Nutzungszwecke seien keine gewerblichen oder geschäftlichen Tätigkeiten, sondern Elemente der privaten Lebensgestaltung des Beklagten zu 1). Im übrigen sei es allein Sache des Mieters, welchen Tätigkeiten er in den Räumen nachgehe. Die Beklagten behaupten, die Klägerin habe seinerzeit geäußert, die Räume nur noch als Wohnraum vermieten zu wollen, ein Formular für einen Wohnraummietvertrag habe sie nicht zur Hand gehabt. Im Vertrauen auf die getroffenen Absprachen habe der Beklagte zu 1) umfangreiche Investitionen in die Räumlichkeiten getätigt. Im übrigen sei eine gewerbliche Nutzung der Räume niemals genehmigt worden. Ergänzend berufen sie sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagten beantragen,

das Teilurteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 5.10.2007 (Az.: 2-25 O 381/06) abzuändern und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 2 (Räumungsantrag) abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Begründung des Landgerichts sowie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie behauptet, für die Räume gebe es eine Baugenehmigung zur Nutzung durch freiberufliche Tätigkeit.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Z1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 4.4.2008 (Blatt 239 ff. der Akte) Bezug genommen.

II. § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Erlaß eines Teilurteils war zulässig, da die Entscheidung über den Räumungsantrag von der Entscheidung über den Zahlungsantrag unabhängig ist (§ 301 Abs. 1 ZPO).

Die Klage ist vor dem angerufenen Landgericht zulässig und hinsichtlich des Räumungsantrags begründet. Bei dem Vertragsverhältnis der Parteien handelt es sich nicht um einen Mietvertrag über Wohnraum, so daß nicht ausschließlich das Amtsgericht zuständig wäre (§ 23 Nr. 2 a) GVG). Demzufolge war auch die Befristung des Vertrages auf drei Jahre bis zum 31.5.2007 und die Beendigung des Vertrages durch Kündigung der Vermieterin ohne Vorliegen eines berechtigtes Interesse hieran möglich (§§ 573, 578 BGB).

Die Zuordnung des Mietobjekts als Wohnräume oder als sonstige Räume richtet sich nach dem vereinbarten vom Mieter verfolgten Vertragszweck, nicht nach einer möglicherweise hiervon abweichenden tatsächlichen Nutzung (vgl. BGH, NJW 1997, 1845; OLG Düsseldorf, WuM 1995, 434; OLG Celle, ZMR 1999, 469 m.w.N.). Es kommt auch nicht auf die eigene Einschätzung einer Partei an, sondern auf die wechselseitig abgegebenen Willenserklärungen, die aus der Sicht eines objektiven Empfängers auszulegen sind. Der von den Parteien vereinbarte Zweck des Betriebs einer Immobilien-Vermögens-Verwaltung und des Forschungsinstituts "X1" ist nicht auf eine Wohnnutzung durch einen der Mieter gerichtet. Unter einem Wohnraum ist jeder zum Wohnen, also zum Schlafen, Essen, Kochen und zu sonstiger dauernder privater Benutzung bestimmte Raum zu verstehen. Dabei gehören zum Wohnraum auch die Nebenräume. Wohnung ist die Gesamtheit der Räume, welche die Führung eines Haushalts ermöglicht. Zwar kann eine Immobilien-Vermögens-Verwaltung auch einen privaten Hintergrund haben, so daß den angemieteten Räumen die Funktion eines Arbeitszimmers als Teil einer Wohnung zukommen könnte. Bereits der Zweck des Betriebs des Forschungsinstituts "X1" hat aber nicht mehr eine Wohnnutzung zum Gegenstand, sondern eine geschäftliche Nutzung. Das Abstellen von Fahrzeugen vermag eine Wohnnutzung der Räume selbst nicht zu begründen. Die Mieträume selbst sind infolge des Fehlens eines Bades in diesem Zustand grundsätzlich nicht für eine Wohnnutzung geeignet. Auch eine gemischte Nutzung mit überwiegender Wohnnutzung ist nicht festzustellen. Eine Gesamtqualifizierung des Mietobjekts zusammen mit der in der Nachbarschaft befindlichen Wohnung des Beklagten zu 1) kann nicht erfolgen, da allein das Mietobjekt Vertragsgegenstand ist und die Parteien eine solche Verknüpfung nicht vereinbart haben. Bei der getroffenen Wertung kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte zu 1) seine Tätigkeiten gewerblich ausübt, da auch Räume, die nicht Gewerberäume sind, nicht zwingend als Wohnräume einzuordnen sind.

Die Beklagten haben auch nicht nachgewiesen, daß die Parteien bei Vertragsschluß mündlich eine andere Vereinbarung getroffen hätten. Die Zeugin Z1 hat den dahingehenden Vortrag der Beklagten nicht bestätigt. Insbesondere war sie bei dem Vertragsschluß selbst nicht anwesend, sondern konnte lediglich berichten, was der Beklagte zu 1) ihr gegenüber nachträglich geäußert hat. Dies reicht ohnehin zum Beweis einer Behauptung grundsätzlich nicht aus. Im übrigen sei die Frage, ob es sich um einen Wohnungs- oder einen Mietvertrag über andere Räume handeln solle, auch nicht ausdrücklich erörtert worden. Welche Vorstellungen sich die Beklagten sowie die Zeugin seinerzeit gemacht haben, ist für die objektive Einordnung des Vertrages wie dargelegt nicht entscheidend.

Eine Verlängerung des Vertrages gemäß § 2 Nr. 1 c) des Vertrages ist infolge der mit Schreiben vom 10.11.2006 erklärten Kündigung nicht eingetreten (§ 542 Abs. 2 BGB).

Die Beklagten haben die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nrn. 7, 10, 711 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstandes bemißt sich nach dem einjährigen Mietzins (§ 41 Abs. 1 GKG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1, 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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