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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 03.03.2000
Aktenzeichen: 2 U 85/99
Rechtsgebiete: VerbrKrG, BGB, ZPO


Vorschriften:

VerbrKrG § 12
VerbrKrG § 4
VerbrKrG § 4 Abs. 1
VerbrKrG § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziff. 1
BGB § 125
BGB § 167 Abs. 2
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 181
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
ZPO § 91
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Eine unwiderrufliche Vollmacht zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages bedarf nicht der Mindestangaben nach § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 a) - f) VerbrKredG.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 85/99

2/10 O 203/98 LG Frankfurt am Main

Entscheidung vom 3.3.2000

In dem Rechtsstreit ...

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main ­ 10. Zivilkammer ­ vom 05. März 1999 teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 54.087,97 DM nebst 9.421,66 DM Zinsen für die Zeit vom 20.02.1997 bis 30.04.1999 sowie 6,95% Zinsen aus 54.087.97 DM seit 01.05.1999 zu zahlen. Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Kläger 8% und die Beklagten 92% zu tragen.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von jeweils 78.000.- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Beklagten beträgt jeweils 54.087,97 DM.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die beklagten Eheleute, die seit September 1995 getrennt leben und inzwischen geschieden sind, gaben gemäß notarieller Urkunde vom 15.12.1993 gegenüber den Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft, die unter der Bezeichnung S.-P. Fonds Nr. 2 M., Wohnanlage ... GdbR" gegründet worden war, ein Angebot dahingehend ab, dass sie mit einer Kapitalbeteiligung von 50.000,- DM in die Gesellschaft eintreten wollten. Ferner boten sie in dieser Urkunde dem Rechtsanwalt Dr. H. den Abschluss eines Treuhandvertrages an, der unter anderem eine Vollmacht an den Rechtsanwalt enthielt, sie bei dem Erwerbsvorgang zu vertreten und auch einen Darlehensvertrag für sie abzuschließen. Des weiteren war in der Urkunde vorgesehen, dass die Annahme des Treuhandvertrages in notarieller Form spätestens drei Monate ab dem Tag der Errichtung der notariellen Urkunde zu erfolgen hatte.

Rechtsanwalt Dr. H. nahm am 28.12.1993 bei der Klägerin namens der Beklagten ein Darlehen über 50.000,- DM auf, welches er ausgezahlt erhielt; auf den Inhalt des Darlehensvertrages wird Bezug genommen (Bl. 13 ff. d.A.). Der Kredit wurde notleidend, so dass ihn die Klägerin zum 19.02.1997 fristlos kündigte und Rückzahlung des aufgelaufenen Kreditbetrags verlangt.

Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, Rechtsanwalt Dr. H. habe vollmachtlos gehandelt, weil er den Treuhandauftrag nicht in der vorgesehenen Form angenommen habe. Die Beklagte zu 1) hat darüber hinaus gemeint, die eingegangene Verpflichtung sei sittenwidrig und damit nichtig, weil sie über kein Einkommen verfügt habe und das Kreditengagement für sie sinnlos gewesen sei. Der Beklagte zu 2) hat vorgebracht, er sei über die Risiken des Beteiligungsvertrages nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden, weswegen ihm ein Schadensersatzanspruch zustehe, den er auch der Forderung der Klägerin entgegenhalten könne.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, das die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Beklagten von Rechtsanwalt Dr. H. bei Abschluss des Kreditvertrages ordnungsgemäß vertreten worden seien; es sei nicht zu ersehen, dass dieser das Angebot auf Abschluss des Treuhandvertrages in der vorgesehenen Form binnen der genannten Frist angenommen habe.

Die Klägerin hat gegen das Urteil des Landgerichts, das ihr am 30. März 1999 zugestellt worden ist, am 28.04.1999 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel am 17.05.1999 begründet.

Die Klägerin beruft sich insbesondere darauf, dass die Angebote in der notariellen Urkunde vom 15.12.1993 in einer weiteren notariellen Urkunde vom 28.12.1993 formund fristgerecht angenommen worden seien. Auch seien die Zinszahlungen auf das Darlehen zunächst von den Beklagten selbst geleistet worden, nachdem diese über den Inhalt des von Dr. H. für sie abgeschlossenen Kreditvertrages vollständig informiert worden seien.

Die Klägerin hat im zweiten Rechtszug ihre Forderungsberechnung korrigiert und beantragt nach teilweiser Rücknahme der Berufung, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 54.087,97 DM nebst 9.421,66 DM Zinsen für die Zeit vom 20.02.1997 bis 30.04.1999 sowie 6,95% aus 54.087,97 DM seit 01.05.1999 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie rügen die erstmalige Vorlage der Annahmeerklärung im zweiten Rechtszug als verspätet.

Die Beklagte zu 1) hält an ihrer Auffassung fest, dass der Kreditvertrag sittenwidrig sei, weil sie bei Abschluss des Vertrages über keine Mittel verfügt habe, diesen zu erfüllen; sie sei in ihrer Ehe mit dem Beklagten zu 2) nicht berufstätig gewesen. Der Beklagte zu 2) macht im zweiten Rechtszug insbesondere geltend, dass die Beklagten nicht wirksam verpflichtet worden seien, weil die Kreditvollmacht für den Treuhänder nicht die - nach Ansicht des Beklagten zu 2) - auch in einer Vollmacht erforderlichen Angaben nach § 4 Verbraucherkreditgesetz enthalten habe und deshalb unwirksam sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat Erfolg.

Die Anspruchsgrundlage für die Klageforderung, deren Höhe außer Streit ist, liegt in § 12 VerbrKrG i.V.m. Ziff. 6 des Kreditvertrages vom 28.12.1993, der zwischen der Klägerin und den Beklagten wirksam zustande gekommen ist.

Zwar haben die Beklagten diesen Kreditvertrag mit der Klägerin nicht persönlich geschlossen. Sie wurden aber beim Vertragsschluss von dem Treuhänder Dr. H. wirksam vertreten, so dass die von Dr. H. im Namen der Beklagten abgegebene Willenserklärung unmittelbar für und gegen die Beklagten wirkte (§ 164 Abs. 1 BGB).

Der Treuhänder Dr. H. verfügte auch über die erforderliche Vertretungsmacht zum Abschluss eines die Beklagten verpflichtenden Kreditvertrages, weil die Beklagten ihm in Teil B IV Ziffer 1 der Urkunde des Notars Dr. J. vom 15.12.1993, mit welcher sich Dr. H. bei Abschluss des Kreditvertrages gegenüber der Klägerin legitimierte, entsprechende Vollmacht erteilt hatten. Die für die Bevollmächtigung nach Teil B IV Ziffer 2 f der Urkunde vom 15.12.1993 erforderliche Annahme des Treuhandvertrages in notarieller Form durch den Treuhänder Dr. H. ist unter Ziffer III der Urkunde der Notarin S. vom 28.12.1993 erfolgt; dies ist im zweiten Rechtszug nicht mehr im Streit.

Die so erteilte Vollmacht war nicht wegen eines Verstoßes gegen Formerfordernisse aus § 4 VerbrKrG nach § 125 BGB nichtig.

Nach § 4 Abs. 1 VerbrKrG bedarf der Kreditvertrag der schriftlichen Form; er muss die in § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziff. 1 aufgeführten Angaben enthalten.

Diesen Anforderungen genügt der Kreditvertrag vom 28.12.1993; das ist nicht im Streit. Nach § 167 Abs. 2 BGB bedarf demgegenüber die Erteilung einer Vollmacht nicht der Form, die für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. Danach sind die für den Kreditvertrag aufgestellten Formerfordernisse nicht auf eine Vollmacht zum Abschluss eines Kreditvertrages zu beziehen. Gleichwohl wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertreten, dass die Formerfordernisse des § 4 Abs. 1 VerbrKrG über den Kreditvertrag, hinaus auch auf eine Vollmacht zum Abschluss eines Kreditvertrages auszudehnen seien. Begründet wird dies damit, dass der vom Verbraucherkreditgesetz angestrebte Verbraucherschutz ohne eine solche Ausdehnung unvollständig wäre und durch Einschaltung Bevollmächtigter unterlaufen werden könnte. Im Einzelnen ist dabei umstritten, ob dies nur für unwiderruflich oder auch für widerruflich erteilte Vollmachten gelten soll und ob nur das Schriftformerfordernis als solches auf die Vollmacht ausgedehnt werden soll oder ob die Vollmacht auch die in § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziff. 1 aufgeführten Einzelangaben enthalten muss.

Da die im Streitfall erteilte (unwiderrufliche) Vollmacht notariell beurkundet wurde und damit dem etwa aus § 4 Abs. 1 VerbrKrG herzuleitenden Schriftformerfordernis jedenfalls genügte (§ 126 Abs. 3 BGB), ist hier nur zu entscheiden, ob die in § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG für einen Kreditvertrag, Geforderten Angaben auch bereits in einer dem Kreditvertrag vorangehenden und ihm zugrundeliegenden Vollmacht enthalten sein müssen, was bei der streitgegenständlichen Vollmacht nicht der Fall war.

Dafür spricht der Schutzzweck des § 4 VerbrKrG, denn die für den Kreditvertrag geforderten Mindestangaben können ihre Warnfunktion gegenüber dem Verbraucher - das ist der Vertretene. den die Kreditverpflichtung trifft, nicht der Vertreter - nur erfüllen, wenn er vor Abschluss des Kreditvertrages Kenntnis davon erhält und diese Bedingungen durch seine Unterschrift akzeptiert; dies ist bei einer nicht näher konkretisierten Vollmacht zum Abschluss eines Kreditvertrages nicht gewährleistet. Es ist deshalb die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass der mit dem Verbraucherkreditgesetz beabsichtigte Verbraucherschutz von Seiten der Kreditgeber ausgehöhlt und unterlaufen werden könnte, indem auf deren Veranlassung Bevollmächtigte, die den Kreditnehmer vertreten, aber von ihrer Interessenlage her auf Seiten des Kreditgebers stehen, eingeschaltet werden. Gegen eine solche Ausdehnung spricht zunächst ein methodologisches Bedenken. Dass es vernünftige Gründe geben mag, auch an eine Kreditvollmacht bestimmte inhaltliche Anforderungen zu stellen, ist allein kein hinreichender Grund gegen eindeutige gesetzliche Regelungen, die dies nicht fordern, zu verstoßen. Wenn man § 4 VerbrKrG vom Kreditvertrag analog auf die Kreditvollmacht anwenden wollte, setzte dies eine "Regelungslücke", d.h. eine planwidrige Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung voraus. Dass der Gesetzgeber des noch relativ jungen Verbraucherkreditgesetzes die grundlegenden Normen des Rechts der Stellvertretung - insbesondere der Vorschrift des § 167 Abs. 2 BGB - nicht bedacht und deshalb "versehentlich" eine von § 167 Abs. 2 BGB abweichende Regelung für die Kreditvollmacht versäumt habe, ist nicht ohne weiteres zu unterstellen.

In der Sache spricht gegen die Ausdehnung der Erfordernisse des § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG auf die Kreditvollmacht vor allem, dass dies eine rechtsgeschäftliche Stellvertretung, bei Kreditverträgen weitgehend unmöglich macht, weil die erforderlichen Angaben bei der Vollmachterteilung im Regelfall noch nicht bekannt sein werden, oder aber - so diese Angaben bekannt sind - praktisch funktionslos: Denn wenn der Kreditvertrag, mit den nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG erforderlichen Angaben bereits vollständig ausgearbeitet sein muss, um die entsprechenden Angaben mit der in § 4 geforderten Unterschrift des Kreditnehmers in die Vollmacht aufnehmen zu können, kann der Kreditnehmer anstelle der Vollmacht ebenso gut den bereits ausgearbeiteten Kreditvertrag selbst unterzeichnen. Letztlich liefe die Ausdehnung des § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG auf eine Kreditvollmacht darauf hinaus, dass der Abschluss eines Kreditvertrages praktisch zu einem höchstpersönlichen Rechtsgeschäft würde. Dass mit dem Verbraucherkreditgesetz eine so weitgehende Beschränkung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit des Verbrauchers, sich bei Abschluss eines Kreditvertrages vertreten zu lassen, beabsichtigt war, ist nicht zu ersehen.

Soweit das OLG München in seinem Beschluss (OLG München v. 22.4.1999 - 31 W 11 10/99) dem unter Berufung auf Vortmann (EWiR 1998, 763 f) entgegenhält, den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 VerbrKrG könne z.B. auch "dadurch genügt werden, dass dem Treuhänder in der Vollmacht schriftlich die Verpflichtung, auferlegt wird, den Treugeber vor Abschluss des Kreditvertrages über die Umstände nach § 4 Abs. 1 Satz 4 VerbrKrG zu informieren", überzeugt dies nicht. Soll die Vollmacht schon wirksam sein, wenn sie eine bloße Informationspflicht enthält (ohne Rücksicht auf deren Erfüllung), dann hängt die Wirksamkeit der Vollmacht gerade nicht davon ab, dass der Vertretene von den Pflichtangaben nach § 4 VerbrKrG tatsächlich Kenntnis erhält und - gewarnt durch diese - den Kreditvertrag dennoch akzeptiert; bei diesem Verständnis gäbe das OLG München selbst die These auf, die es begründen wollte, dass nämlich eine Kreditvollmacht ohne die Mindestangaben nach § 4 VerbrKrG in jedem Fall nichtig sei.

Wenn aber die vom OLG München erwogene Informationspflicht bedeuten soll, dass die Vollmacht erst wirksam werden soll, wenn die Informationspflicht vom Bevollmächtigten vor Abschluss des Kreditvertrages tatsächlich erfüllt wird, dann läuft dies praktisch darauf hinaus, dass der Vertretene dem beabsichtigten Abschluss eines Kreditvertrages - in Kenntnis der Pflichtangaben nach § 4 VerbrKrG - zustimmen muss, wodurch das Vertreterhandeln als Stellvertretung im Rechtsgeschäft wiederum gegenstandslos wird; der Vertreter wäre nicht mehr als ein den Abschluss des Kreditvertrages vorbereitender Gehilfe, aber nicht der Repräsentant des Vertretenen, auf dessen Kenntnis und Willenserklärung es ankommt.

Der Senat hält deshalb mit dem OLG Köln (OLG Köln, Urt. v. 29.10.1999 - 3 U 156 / 98) grundsätzlich daran fest, dass im Recht der Stellvertretung das Informationsbedürfnis auf den Vertreter verlagert ist, der für den Vertretenen rechtsgeschäftlich handelt. Dies ist die notwendige Folge der Repräsentantenstellung des Vertreters, auf dessen Kenntnis und Unkenntnis es nach § 166 Abs. 1 BGB ankommen soll und der deshalb auch von den Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG Kenntnis zu nehmen hat, indem er seine auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung, die diese Angaben enthalten hat, unterzeichnet. Eine Rechtsfortbildung dahin, dass (nicht nur - wie gesetzlich geregelt - der Kreditvertrag, sondern darüber hin auch) eine Kreditvollmacht ausnahmslos die Pflichtangaben nach § 4 VerbrKrG enthalten müsse, erscheint dem Senat nicht sachgerecht. Ob eine solche Ausdehnung der Erfordernisse des § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG auf die Kreditvollmacht in besonders gelagerten Fällen geboten sein könnte, um eine Aushöhlung des Verbraucherschutzes durch Einschaltung von Vertretern zu unterbinden, braucht im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden. Denn für eine solche Ausdehnung besteht nach der Überzeugung des Senats jedenfalls dann kein Anlass, wenn die Kreditvollmacht - wie im Streitfall - notariell beurkundet wurde. Mit der Einschaltung eines Notars wird der Verbraucher regelmäßig hinreichend vor Übereilung geschützt und - aufgrund der Betreuung und Belehrung durch den Notar (§§ 14 BNot0, 17 BeurkG) - auch in die Lage versetzt, Bedeutung und Risiken des beurkundeten Rechtsgeschäfts - so auch einer beurkundeten Kreditvollmacht - verständig zu beurteilen. Ein Verbraucher, der eine Kreditvollmacht notariell beurkunden lässt, ist nicht gleichzusetzen mit einem Verbraucher, dem eine notarielle Betreuung und Belehrung bei Erteilung einer Kreditvollmacht nicht zuteil wird. Der von einem Notar über die Bedeutung und die Risiken der erteilten Kreditvollmacht belehrte Verbraucher hat es vielmehr selbst in der Hand, ob er diese Risiken auf sich nehmen oder in der Weise vermindern will, dass er dem Bevollmächtigten in der Vollmacht konkrete Weisungen für den Abschluss des beabsichtigten Kreditvertrages erteilt (z.B. hinsichtlich der Zinskonditionen), insoweit die Vollmacht beschränkt und sich so vor dem Abschluss unvorteilhafter Kreditverträge schützt. Aus diesen Gründen bietet nach der Überzeugung des Senats jedenfalls die notarielle Beurkundung einer Kreditvollmacht hinreichenden Schutz des Verbrauchers vor Übereilung und sachwidriger Beeinflussung, so dass einer solchen Vollmacht die rechtliche Wirksamkeit nicht deshalb versagt werden kann, weil sie die in § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG für Kreditverträge aufgeführten Pflichtangaben nicht enthält.

Das Vorbringen des Beklagten zu 2) im Schriftsatz vom 12.1.2000 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass der Treuhänder Dr. H. Mehrheitsgesellschafter der P.-GmbH war, die den Sachwert-Plus-Fonds Nr. 2 M. vertrieb und vermarktete und bei welcher der Beklagte zu 2) selbst als Anlageberater tätig war, ist für die Beurteilung der Wirksamkeit der dem Treuhänder erteilten Kreditvollmacht nicht von rechtlicher Bedeutung. Auch wenn der Treuhänder als Gesellschafter der P. GmbH ein wirtschaftliches Interesse am Vertrieb der Fonds-Anteile hatte, war er dadurch rechtlich nicht gehindert, in Vollmacht der Kläger einen Kreditvertrag für diese zu schließen; ein Insichcgeschäft (§ 181 BGB) lag nicht vor. Im Übrigen behaupten die Beklagten auch selbst nicht, dass der Treuhänder Dr. H. ihre Interessen bei Ausführung des Treuhandvertrages und insbesondere bei Abschluss des Kreditvertrages missachtet und dadurch den Treuhandvertrag verletzt hätte. Vielmehr hatte der vom Treuhänder Dr. H. für die Beklagten mit der Klägerin geschlossene Kreditvertrag marktübliche Konditionen, über welche die Beklagten mit Schreiben der Klägerin vom 22.2.1994 im Einzelnen informiert wurden und die von den Beklagten weder vorprozessual noch im vorliegenden Rechtsstreit als unangemessen angegriffen werden.

Nach alledem war die Kreditvollmacht vom 15.12.1993 wirksam und damit der vom Treuhänder geschlossene Kreditvertrag vom 28.12.1993 für die Beklagten bindend.

Dass dieser Kreditvertrag selbst nicht gegen die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes verstieß, ist außer Streit. Eine Unwirksamkeit des Kreditvertrages aus anderen Gründen ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich.

Soweit die Beklagte zu 1) vorbringt, der Kreditvertrag sei sittenwidrig, weil sie als den Haushalt versorgende Ehefrau damals über keine Einkünfte verfügt habe, um das finanzielle Engagement zu erfüllen, reicht dies allein ­ ohne Hinzutreten weiterer Umstände ­ nicht aus, um eine Sittenwidrigkeit des Kreditvertrages nach § 138 Abs. 1 BGB anzunehmen. Denn ein Schuldner hat grundsätzlich selbst zu prüfen und zu entscheiden, wo die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit liegen. Davon abgesehen behauptet die Beklagte zu 1) selbst nicht, dass der Klägerin die finanziellen Verhältnisse der Beklagten zu 1) bekannt gewesen wären, so dass es auch auf Seiten der Klägerin an den subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit fehlt.

Wucher nach § 138 Abs. 2 BGB scheidet schon deshalb aus, weil die Konditionen des Kreditvertrages marktüblich waren.

Soweit der Beklagte zu 2) im ersten Rechtszug gemeint hat, er könne dem Anspruch der Klägerin aus Kreditvertrag einen Anspruch aus culpa in contrahendo entgegensetzen, weil er über die Chancen und Risiken der streitgegenständlichen Geldanlage unzureichend aufgeklärt worden sei, ist sein Vorbringen unsubstantiiert, zumal der Beklagte zu 2) selbst als Anlageberater bei der P. GmbH tätig und auch mit dem vertrieb der von den Beklagten selbst erworbenen Fonds-Anteile befasst war. Davon abgesehen scheitert ein Anspruch des Beklagten zu 2) aus culpa in contrahendo auch daran, dass der Beklagte zu 2) den für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen Schaden nicht dargelegt hat. Dass die Geldanlage nicht werthaltig gewesen sei, behauptet er selbst nicht; sein Vorbringen, er wisse darüber nichts (Bl. 111 d.A.), reicht zur Darlegung eines Schadens nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO i.V.m. § 97 Abs. 2 ZPO; die Klägerin wäre im Stande gewesen, die für die Begründetheit ihrer Klage erforderliche Annahme des Reuhandvertrages durch Dr. H. bereits im ersten Rechtszug nachzuweisen, und hat deshalb die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Beklagten wurde gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

Die Revision wurde zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob eine notariell beurkundete Kreditvollmacht die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 Verbraucherkreditgesetz enthalten muss, grundsätzliche Bedeutung hat und ­ soweit der Senat sieht ­ höchstrichterlich bislang nicht entschieden ist (§ 546 Abs. 1 ZPO).



Ende der Entscheidung

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