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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.03.2006
Aktenzeichen: 2 WF 106/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115
Zur Frage, wann dem Antragsteller im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens vorgeworfen werden kann, er habe seine Bedürftigkeit durch nicht akzeptable Vermögensdispositonen selbst herbeigeführt.
Gründe:

Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die Trennung wurde im April 2005 vollzogen, indem der Antragsgegner aus dem Familienheim, das den Parteien gemeinsam gehört, auszog. Auch die Antragstellerin verließ das Haus mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern und mietete ab September 2005 eine Wohnung in O1 an. Das Haus steht seitdem leer.

Im August 2005 einigten sich die Parteien auf monatliche Unterhaltszahlungen des Antragsgegners in Höhe von insgesamt 1.200 Euro. Im Oktober/November 2005 kam jedoch zwischen den Ehegatten Streit auf, weil die Antragstellerin ein gemeinsames Wertpapierdepot "leergeräumt" hatte und dessen Wert in Höhe von rund 8.100 Euro realisiert und ausgegeben hatte. Der Antragsgegner reduzierte daraufhin im Dezember 2005 die Unterhaltszahlungen auf monatlich 600 Euro.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr Prozesskostenhilfe für eine Unterhaltsklage, mit der sie für sich und die Kinder einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 1.200 Euro verlangt. Einen Antrag auf Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses hatte das Amtsgericht abgelehnt.

Durch Beschluss vom 13.02.2006 hat das Amtsgericht den Prozesskostenhilfeantrag mangels Kostenarmut zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 24.02.2006 eingegangenen Beschwerde.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die nachgesuchte Prozesskostenhilfe kann der Antragstellerin nicht mit dem Hinweis auf mangelnde Bedürftigkeit versagt werden. Fest steht, dass sie abgesehen von 600 Euro Unterhalt und dem Bezug des Kindergeldes über keinerlei Einkünfte verfügt, mit denen sie die entstehenden Prozesskosten finanzieren könnte.

Fraglich kann danach nur sein, ob sie gemäß § 115 Abs. 3 ZPO ihr Vermögen einsetzen muss bzw. ob sie ihre Bedürftigkeit durch nicht zu akzeptierende Vermögensdispositionen vorwerfbar selbst verschuldet hat. Dies ist zu verneinen. Der Antragstellerin kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, im August 2005 einen PKW gekauft, von ihren Eltern einen Kredit aufgenommen und diesen im November 2005 mit den realisierten Mitteln aus dem Wertpapierdepot zurückgezahlt zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war die Unterhaltsfrage zwischen den Parteien geregelt. Die Antragstellerin musste nicht damit rechnen, dass der Antragsgegner seine Zahlungen reduzieren würde und ihr ein Prozess bevorsteht. Prozesskostenhilfe kann jedoch nicht aus dem Grunde verweigert werden, dass eine Partei ihr Vermögen zu einer Zeit großzügig verringert oder gar vergeudet hat, in der sie mit einem Prozess noch nicht zu rechnen brauchte (Zöller-Philippi, 25. Aufl., § 115 Rdn. 72). Die Verwertung des Wertpapierdepots war gerade der Anlass für den Antragsgegner, die Unterhaltszahlungen zu kürzen. In gleicher Weise sind die Ausführungen des Amtsgerichts zur Aufgabe der ehemaligen Wohnung zu bewerten. Unabhängig davon, ob der Auszug aus dem Familienheim unter finanziellen Gesichtspunkten vernünftig war oder nicht, hat er sich zu einem Zeitpunkt vollzogen, als die Parteien den Unterhalt noch ohne gerichtliche Hilfe regeln konnte. Dies kann der Antragstellerin im Nachhinein nicht vorgeworfen werden.

Richtig ist allerdings, dass die Antragstellerin zur ideellen Hälfte Eigentümerin des ehemaligen Familienheims in O2 ist und damit über einen Vermögenswert verfügt. Der Senat geht indessen davon aus, dass der Antragstellerin gegenwärtig ein Verkauf oder eine Beleihung der ihr gehörenden Haushälfte nicht zumutbar ist. Beide Parteien haben sich ausweislich des bisherigen Akteninhalts offenbar dazu entschlossen, das Haus zu verkaufen. Dies wird naturgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Antragstellerin ist jedoch dringend darauf angewiesen, ihren Unterhaltsanspruch geltend zu machen, da sie mit monatlich 600 Euro ihren eigenen und den Bedarf ihrer Kinder nicht decken kann. Eine Vermietung des Hauses dürfte in Anbetracht der gemeinsamen Verkaufsabsicht ebenfalls nicht zumutbar sein. Eine Beleihung kommt nicht in Betracht, denn es ist nicht damit zu rechnen, dass die Antragstellerin angesichts ihrer wirtschaftlichen Situation einen Kredit erhalten würde und monatliche Raten zur Rückführung aufbringen könnte. Es wird nach alledem spätestens nach vier Jahren zu prüfen sein, ob die Antragstellerin nicht nach dem Verkauf des Hauses die Prozesskosten in einer Summe zahlen kann.

Der Senat ist daran gehindert, über den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin abschließend zu entscheiden, da das Amtsgericht noch die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung prüfen muss und dieser Beurteilung nicht vorgegriffen werden kann. Der angefochtene Beschluss musste deshalb aufgehoben werden. Das Amtsgericht hat erneut über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden, wobei der Antrag nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand nicht wegen mangelnder Bedürftigkeit zurückgewiesen werden kann.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus Nr. 1811 zu § 3 Abs. 2 GKG, § 127 Abs. 4 ZPO.

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