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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.08.2000
Aktenzeichen: 20 RE-Miet 1/98
Rechtsgebiete: WiStG, ZPO, BGB


Vorschriften:

WiStG § 5
ZPO § 541 I
ZPO § 541 I S. 1 letzter Hs.
ZPO § 546 I S. 1 Nr. 1
BGB § 134
BGB § 554 a
BGB § 134 Halbsatz 2
BGB § 139
BGB § 568
Zur Nichtigkeit des Mietvertrag und zum Kündigungsrecht des Mieters bei Mietwucher nach § 5 WiStG.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN RECHTSENTSCHEIDUNG

20 RE-Miet 1/98

2/11 S 427/97 LG Frankfurt/M.

33 C 4448/95-50 AG Frankfurt/M.

Verkündet am 7.8.2000

In dem Rechtsstreit ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Vorlage der 11. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.04.1998 am 7.08.2000 folgenden Rechtsentscheid erlassen:

Tenor:

Der Erlass eines Rechtsentscheids wird wegen Unzulässigkeit der Vorlage abgelehnt.

Gründe

Das Landgericht geht mit dem Amtsgericht davon aus, dass die zwischen dem Kläger als Vermieter und dem Beklagten als Mieter vereinbarte Miethöhe gegen § 5 WiStG verstößt. Das Landgericht hält es für entscheidungserheblich, ob sich der Beklagte auf die Nichtigkeit des Mietvertrags oder auf ein fristloses Kündigungsrecht berufen kann. Es hat ausgeführt dass es sich angesichts der Vielzahl der Verfahren nach § 5 WiStG um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung handele, über die, soweit ersichtlich, noch kein Rechtsentscheid ergangen sei. Nach herrschender Ansicht werde ein Mietvertrag, in dem eine gegen 5 WiStG verstoßende Miete vereinbart worden sei, als teilnichtig angesehen mit der Folge, dass der Mieter nur den zulässigen Mietzins schulde, aber die Wohnung behalten könne. Das werde den Interessen der Mieter gerecht, die auf die Wohnung angewiesen seien. Diese Ansicht verkehre sich aber für die Mieter ins Gegenteil, die ein anderes Mietverhältnis begründet hätten und sich von dem gegen ein gesetzliches Verbot verstoßenden Vertrag lösen wollten. So sei die Interessenlage des Beklagten. Für ihn habe der Vertrag kein Interesse mehr. Nach Auffassung der Kammer müsse sich der Beklagte auf § 134 BGB berufen können mit der Folge, dass er lediglich für die Nutzungszeit Nutzungsentschädigung schulde. Sollte diese Frage aber verneint werden, so stelle sich die Frage, ob der Mieter, der kein Interesse mehr an dem Vertrag habe, wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung nach § 554 a BGB kündigen könne, was das Amtsgericht und das Landgericht Frankfurt am Main sowie das LG Berlin (Az.: 67 S 505/96, MM 1998,2039) verneint, das Amtsgericht Langen und diesem folgend das Landgericht Darmstadt aber bejaht hätten.

Das Landgericht hat folgende Frage zur Entscheidung durch Rechtsentscheid vorgelegt:

a) Ist der Mieter bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 5 WiStG berechtigt, sich auf die Totalnichtigkeit des Mietvertrags gemäß § 134 BGB zu berufen?

b) Ist der Mieter berechtigt, den Mietvertrag bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 5 WiStG gemäß § 554 a BGB fristlos zu kundigen, weil ihm mangels Interesse an dem Vertrag dessen Fortsetzung nicht zumutbar ist, auch wenn der Mietzins auf die zulässige Höhe reduziert wird?

Ein Rechtsentscheid ergeht nicht, denn die Vorlage ist insgesamt unzulässig. 1. Zur Vorlagefrage a):

Nach § 541 I ZPO kann das Landgericht einen Rechtsentscheid u.a. dann herbeiführen, wenn es als Berufungsgericht bei der Entscheidung einer Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt oder den Bestand eines solchen Mietverhältnisses betrifft, von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts abweichen will; das gleiche gilt, wenn einer solchen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt und sie durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden ist. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung in § 541 I S. 1 letzter Hs. ZPO ist mit demjenigen in § 546 I S. 1 Nr. 1 ZPO identisch. Es muss sich demnach bei der Vorlagefrage um eine Rechtsfrage handeln, die für eine Vielzahl von Fällen wesentlich werden kann und die bisher noch nicht durch eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung geklärt ist (vgl. OLG Frankfurt, WuM 1986,13; Bay0bLG, NJW-RR 1996,73 ff; a. A. MünchKommZPO-Rimmelspacher, § 541 Rn 18). Die Rechtsfrage muss also klärungsbedürftig sein. Klärungsbedürftigkeit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Frage in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet wird, ohne dass die Voraussetzungen für eine Divergenzvorlage vorliegen. Die Klärungsbedürftigkeit kann sich auch aus einer Auseinandersetzung im Schrifttum ergeben (Stein-Jonas-Grunsky, ZPO, 21. Aufl. 1994, § 546 Rn 6). Diese Vorlagevoraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

Die zivilrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen § 5 WiStG sind schon seit langem obergerichtlich geklärt. Bereits das OLG Stuttgart hat in der Begründung seines Rechtsentscheids vom 07.07.1981 (Az.: 8 RE-Miet 1/81, ZMR 1981, 318) ausgeführt, dass ein Verstoß gegen § 5 WiStG nach einhelliger Meinung nur zu einer Teilnichtigkeit der Mietpreisvereinbarung führe, im übrigen bleibe die Wirksamkeit des Mietvertrages unberührt. Streitig sei (nur), ob die Abrede über den Mietzins nichtig sei, soweit dieser die Zulässigkeitsgrenze des § 5 WiStG übersteige oder ob die Nichtigkeit auch den Teil erfasse, der über der. ortsüblichen Vergleichsmiete liege. Das OLG Stuttgart hat diese Frage dahingehend beantwortet, dass die Teilnichtigkeit die Mietüberhöhung nicht nur auf die gerade noch zulässige Miethöhe, sondern darüber hinaus auf den angemessenen Betrag zurückführe. Dem OLG Stuttgart in der Sache folgend hat das OLG Karlsruhe auf eine Divergenzvorlage hin in der Be- gründung seines Rechtsentscheid vom 02.02.1982 (Az: 3 RE-Miet 11/8 1; WuM 1982, 128) hierzu unter Bezug auf das Reichsgericht (RGZ 88, 250, 252) vertiefend ausgeführt, das gegen Preisvorschriften verstoßende Rechtsgeschäft werde einmal deshalb aufrechterhalten, weil der Gesetzgeber kein Interesse daran habe, den Leistungsaustausch Oberhaupt zu verhindern, sondern es diesem auf die Durchsetzung ankomme, dass das Rechtsgeschäft zu einem von ihm als angemessen angesehenen Preis bewirkt werde. Erst als weiteres Argument hat das OLG Karlsruhe auch angeführt, dass die Erhaltung des Rechtsgeschäfts den schutzwürdigen Interessen des Vertragsteils dienen solle, von dem dieser Preis gefordert werde. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei es gerechtfertigt, die regelmäßige Rechtsfolge des § 134 BGB lediglich hinsichtlich des objektiv gerechtfertigten Preises nicht anzuwenden. Da der Vermieter durch die Aufrechterhaltung des Rechtsgeschäfts nicht privilegiert werden solle, fehle es an jeder Berechtigung, ihm einen Anspruch zu belassen, der den objektiven Wert der von ihm erbrachten Leistung übersteige. Das OLG Hamburg hat sich in seinem ebenfalls auf eine Divergenzvorlage ergangenen Rechtsentscheid vom 15.1-1.1982 (Az.: 4 U 181/8 1; ZNM 1983, 1 00 ff) dieser Auffassung angeschlossen. Das OLG Hamburg hat ausgeführt, dass Vermieter, die bei der Einigung über den Mietzins die ortsübliche Vergleichsmiete dergestalt überschreiten, dass § 5 WiStG zum Zuge komme, die Risiken der Teilnichtigkeit tragen müssten, auch wenn sie auf diese Weise schlechter gestellt würden als Vermieter, welche die "Grauzone" noch nicht verlassen hätten.

Die Ansicht, dass Teilnichtigkeit eintrete, hat auch der Bundesgerichtshof in seinem Rechtsentscheid vom 1 1.01. 1984 vertreten (Az.: VIR ARZ 13/83, BGH NJ-W 1984, 68 ff; so auch Kohte, Die Rechtsfolgen der Mietpreisüberhöhung, NJW 1982, 2803 ff). Der Bundesgerichtshof hat nur den Umfang der eintretenden Teilnichtigkeit zurückgeschnitten und unter Berufung auf die nahezu einhellige Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum ausgeführt, dass der Verstoß gegen § 5 WiStG nicht zur Nichtigkeit des gesamten Mietvertrags führe, sondern in Anwendung von § 134 Halbsatz 2 BGB nur zur Teilnichtigkeit der Mietzinsabrede. Entscheidend sei, dass § 5 WiStG lediglich die Vereinbarung überhöhter Mieten unterbinden solle. Dabei könne die Teilnichtigkeit nicht weiter reichen als die tatbestandliche Erfüllung des Verbotsgesetzes. Was das Gesetz nicht verbiete, sei rechtmäßig und könne daher nicht der Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB anheimfallen. Aus rechtssystematischen Gründen könne die Nichtigkeitsgrenze in Fällen der vorliegenden Art nicht über die sogenannte Wesentlichkeitsgrenze i.S.v. § 5 WiStG hinaus bis auf die ortsübliche Vergleichsmiete ausgedehnt werden. Seither ist geklärt, dass ein Verstoß gegen § 5 WiStG aufgrund des Gesetzeszwecks nur die Teilnichtigkeit und keinesfalls die Gesamtnichtigkeit des Mietvertrags zur Folge hat. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Ergebnis sind nicht als durchgreifend erachtet worden (BVerfG 1994, 993 ff). Von einer Teilnichtigkeit geht auch der im Anschluss an den Rechtsentscheid des OLG Hamm vom 03.03.1983 (4 RE-Miet 9/82; ZMR 1983, 108) auf eine Divergenzvorlage ergangene Rechtsentscheid des Senats vom 04.04.1985 (20 RE- Miet 3/85, ZMR 1985, 200) aus, der sich mit der Fragestellung beschäftigt hat, inwieweit sich Veränderungen bei der ortsüblichen Vergleichsmiete auf die Höhe der zurückzuerstattenden Mietzahlungen auswirkt. Dieser Ansicht hat sich auch das Kammergericht in seinem auf eine weitere Divergenzvorlage ergangenen Rechtsentscheid vom 20.04.1995 (Az.: 8 RE-Miet 242/95, WuM 1995, 384 ff) angeschlossen.

Der Hinweis des Landgerichts auf die andersgeartete Interessenlage des Beklagten verfängt nicht, denn der Bundesgerichtshof hat in erster Linie auf den Zweck von § 5 WiStG abgestellt, als Mieterschutzvorschrift überhöhte Mietpreisvereinbarungen zu unterbinden und erst in zweiter Linie auf die übliche Interessenlage des Mieters, die Wohnung behalten zu wollen. Außerdem könnte sich eine Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages nach §§ 134, 139 BGB nur ergeben, wenn der Beklagte den Mietvertrag ohne den nichtigen Teil nicht geschlossen hätte. Abzustellen wäre dabei auf den Abschluss des Mietverhältnisses. Dazu hat das Amtsgericht bereits ausgeführt, dass der Beklagte damals den Mietvertrag gleichwohl ("erst recht") abgeschlossen hätte. Das Landgericht hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen, erst recht keine gegenteiligen getroffen. Insoweit lässt der Vorlagebeschluss eine sich aufdrängende Auseinandersetzung mit einem Teil des Sachverhalts vermissen. Anhaltspunkte, die Anlass zu der Annahme böten, dass der Beklagte den Mietvertrag nicht erst recht abgeschlossen hätte - wie das Amtsgericht festgestellt hat -, bestehen nicht, so dass auch aus tatsächlichen Gründen der beantragte Rechtsentscheid nicht in Betracht kommt (vgl. BGH NJW 1990, 3142). Abgesehen von den fehlenden Tatsachenfeststellungen kann die Vorlage des Landgerichts auch nicht in eine Divergenzvorlage umgedeutet werden (vgl. OLG Stuttgart, MDR 1989, 546/547), denn das Landgericht hat an keiner Stelle zu erkennen gegeben, dass es die o. g. Rechtsentscheide kennt und von ihnen abweichen will. So lässt der Vorlagebeschluss des Landgerichts auch jede Auseinandersetzung mit dem Schutzzweck des § 5 WiStG vermissen. Dieser stand im Zentrum der vorgenannten Rechtsentscheide. Es kann deswegen nicht unterstellt werden, dass das Landgericht, wenn es sich mit den genannten Rechtsentscheiden befasst hätte, § 5 WiStG einen weitergehenden Schutzzweck als die vorgenannten Entscheidungen zugeschrieben hätte. Das Landgericht hat in seiner Vorlage auch keine abweichende Meinung benannt und zu erkennen gegeben, dass es dazu neige, diese zu bevorzugen. Eine Umdeutungsmöglichkeit ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Sache dem Senat vorgelegt worden ist, obwohl der Kläger in seiner auf den Vorlagebeschluss hin eingereichten Stellungnahme unter Hinweis auf einige der o. g. Rechtsentscheide vorgebracht hat, die landgerichtliche Vorlage sei als Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung unzulässig. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die vorlegende Kammer dies in irgendeiner Weise zur Kenntnis genommen hat und die Entscheidung des Senats begehrt, weil sie von der nahezu einheitlichen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bezüglich der Teilnichtigkeit (vgl. Schmitt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl. 1999, § 5 WiStG Rn. 71 ff; vgl. auch Boecken, Mietpreisüberhöhung im Sinne von § 5 WiStG und ihre Folgen für die Wirksamkeit von Mietzinsvereinbarungen, WuM 1997, 145 ff) abweichen will, denn die Akten sind auf die gegenteilige Stellungnahme des Klägers alsdann ohne weitere Ausführungen dem Senat durch einfache Verfügung der Vorsitzenden vorgelegt worden.

II. Zur Vorlagefrage b)

Die Eventualfrage des Vorlagebeschlusses, nämlich ob im Falle der Verneinung einer Gesamtnichtigkeit des Mietvertrags der Mieter berechtigt sei, den Mietvertrag bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 5 WiStG gem. § 554 a BGB fristlos zu kündigen, weil ihm mangels Interesse an dem Vertrag dessen Fortsetzung nicht zu- mutbar sei, auch wenn der Mietzins auf die zulässige Höhe reduziert werde, ist ebenfalls nicht zulässig.

Einem Rechtsentscheid zugänglich sind lediglich Rechtsfragen. Vorliegend handelt es sich aber nur vordergründig um eine solche Fragestellung. Das vorlegende Landgericht hat sich zu dieser Vorlagefrage veranlasst gesehen, weil das Landgericht Darmstadt ein Urteil des Amtsgerichts Langen bestätigt hatte (beide WuM 1997, 442 ff), in dem dieses entschieden hatte, dass eine Mietpreisüberhöhung i. S. v. § 5 WiStG die fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Mieter nach § 554 a BGB rechtfertige und diese Ansicht weder der Rechtsprechung des Amts- noch der des Landgerichts Frankfurt am Main entspricht. Das Landgericht hat außerdem darauf hingewiesen, dass das Landgericht Berlin (NZM 1999, 306) ein Sonderkündigungsrecht gleichfalls verneint habe.

Nach § 554 a BGB kann ein Mietverhältnis über Räume ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist dann gekündigt werden, wenn ein Vertragsteil seine Verpflichtungen schuldhaft in einem solchen Maße verletzt, insbesondere den Hausfrieden so nachhaltig stört, dass dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das bedeutet, die Vertragsverletzung des Kündigungsgegners muss so schwerwiegend sein, dass sie die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses , und sei es auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum sonstigen Vertragsende objektiv unzumutbar macht. Die Unzmutbarkeit ist anhand einer Interessenabwägung aus einer Gesamtschau nach objektiven Maßstäben zu prüfen (Staudinger-Emmerich (1995), § 554 a BGB Rn 14 m. w. N.). Die Frage, ob für den Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zumutbar ist, ist damit im wesentlichen eine Tatfrage. Dies verkennt das Landgericht mit seiner Vorlagefrage.

Die Vorlagefrage enthält außerdem einen Denkfehler. Das Landgericht hat die Frage mit einer Vorgabe verknüpft ("weil ihm mangels Interesse am Vertrag dessen Fortsetzung nicht zumutbar ist, auch wenn der Mietzins auf die zulässige Höhe reduziert wird"). Diese Verknüpfung läßt eine Verneinung der Berechtigung zur fristlosen Kündigung nicht zu, da das Landgericht ausdrücklich von der Unzumutbarkeit der Fort- setzung des Mietvertrags ausgeht. Damit gibt es aber keine offene Frage mehr, die der Senat beantworten könnte.

Die Verweisung des vorlegenden Landgerichts auf die gegenteilige Rechtsprechung des Amtsgerichts Langen lässt in Verbindung mit der Vorlagefrage nur vermuten, dass das Landgericht geklärt wissen will, ob das Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale des § 5 WiStG bereits ohne weitere Prüfung die Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar i. S. v. § 554 a BGB erscheinen lässt oder ob der Umstand, dass die Miete bis zur Wesentlichkeitsgrenze herabgesetzt wird, bereits die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung entfallen lässt. In dieser Form kann die Frage aber nicht Gegenstand eines Rechtsentscheids sein, da dieses die tatsächliche Bewertung einer Vielzahl von unbekannten Sachverhaltsvarianten unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten voraussetzen würde.

Der Senat kann die Vorlagefrage auch nicht weiter eingrenzen, weil die landgerichtliche Vorlage nicht erkennen lässt, ob und mit welchem Ergebnis das Landgericht eine individuelle Interessenabwägung vorgenommen hat oder nicht. Das Landgericht hat sich in der Begründung seiner Vorlagefrage auf die Bemerkung beschränkt, dass dann, wenn die Nichtigkeit des gesamten Vertrags verneint werde, sich die Frage stelle, ob der Mieter, der kein Interesse an dem Vertrag mehr habe, wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung kündigen könne. In einem weiteren Satz hat es dann darauf verwiesen, dass diese Frage bisher vom Amts- und Landgericht Frankfurt am Main und auch vom Landgericht Berlin verneint worden sei, während das Amtsgericht Langen und das Landgericht Darmstadt dies bejaht habe. In der zitierten Entscheidung hat das Amtsgericht Langen (WuM 1997, 442) die bejahte Kündigungsmöglichkeit damit begründet, dass es im Hinblick auf das Regel- /Ausnahmeverhältnis des § 139 BGB sachgerecht sei, dem Vermieter das Preisrisiko aufzubürden und letztlich dem Mieter die Entscheidung zu überlassen, ob er an einem wegen Mietpreisüberhöhung teilnichtigen Mietvertrag festhalten wolle oder nicht. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Langen überstieg die in dem dortigen Fall vereinbarte Miete die Vergleichsmiete um 62 %. Gegen die Anwendung des § 139 BGB in diesem Zusammenhang bestehen zwar wegen der Vorrangstellung des § 134 I 2.Hs. BGB Bedenken. Ob die genannte Entscheidung im übrigen im Er- gebnis zutreffend ist, kann hier jedoch dahinstehen, weil die Entscheidung des beantragten Rechtsentscheids nicht davon abhängt.

Schließlich ist die Vorlage auch noch deswegen unzulässig, weil die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage nicht erkennbar ist. Ein Rechtsentscheid kann nach einhelliger Ansicht nur dann eingeholt werden, wenn die Rechtsfrage im konkreten Verfahren entscheidungserheblich ist, wenn der Inhalt des Berufungsurteils also je nach Antwort auf die Rechtsfrage unterschiedlich ausfällt. Diese Voraussetzungen muss das Landgericht darlegen, wobei dessen Rechtsstandpunkt maßgeblich ist (BGH NJW 1997, 3437 ff; OLG Hamm, ZMR 1994,153 ff; MünchKommZPO- Rimmelspacher, § 541 ZPO Rn 13; Stein-Jonas-Grunsky, Zivilprozeßordnung, § 541 Rn 8 und 21;). Das bedeutet, dass die Entscheidungserheblichkeit auf der Grundlage der im Vorlagebeschluss niedergelegten Rechtsauffassung, Tatsachenfeststellung und Tatsachenwürdigung für den Senat feststellbar sein muss (OLG Koblenz, WuM 1987, 141). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Amtsgericht hat zur Kündigung in seinem Urteil ausgeführt, dem Beklagten sei die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht unzumutbar gewesen, weil seine Interessen ausreichend dadurch geschützt und gewahrt seien, dass er kraft Gesetzes (§§ 134, 139 BGB) nur den höchst zulässigen Mietzins schulde. Das Landgericht hat sich sinngemäß hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit der Anwendbarkeit von § 554 a BGB auf die Bemerkung beschränkt, dass die beiden Vorlagefragen entscheidungserheblich seien. Es hat aber weder Ausführungen gemacht, ob es die Kündigung im übrigen für wirksam hält, noch hat es sonst irgendwelche tatsächlichen Feststellungen hierzu getroffen. Der Senat kann diese Feststellungen nicht nachholen, da die Tatsachenfeststellung Sache des Landgerichts ist und hier etliche Anzeichen darauf hindeuten, dass es auf das Vorliegen einer Kündigungsmöglichkeit nach § 554 a BGB nicht (mehr) ankommt. Aus den Akten ergibt sich nämlich, dass der Beklagte zwar mit Schreiben vom 27.12.1994 eine fristlose Kündigung des am 17.03.1994 geschlossenen Mietvertrags mit der Begründung ausgesprochen hat, er habe zwischenzeitlich anderen Wohnraum gefunden, der in der Höhe dem Mietspiegel sehr nahe komme. Mit Schreiben vom 04.07.1995 hat der Beklagte jedoch um die Zustimmung zur Untervermietung gebeten. Eine Übergabe der Wohnung nebst Schlüsselübergabe an den Kläger ist erst an 17.01.1997 erfolgt. Deswegen stellt sich u. a. die Frage, ob sich der Beklagte auf die Kündigung, wenn ein Kündigungsgrund nach § 554 a BGB bejaht werden würde, noch berufen könnte oder ob das Mietverhältnis nicht stillschweigend verlängert worden ist (§ 568 BGB), nachdem der Kläger die Kündigung nicht akzeptiert hatte. Das Landgericht hätte die Frage der Vertragsfortsetzung prüfen müssen, zumal der Kläger vorgebracht hatte, dass der Beklagte sich aufgrund seines nachfolgenden Verhaltens auf die Kündigung nicht mehr berufen könne. Grundsätzlich schließt auch eine Kündigung nach § 554 a BGB ein Eingreifen der gesetzlichen Fiktion des § 568 BGB nicht aus (vgl. Lammel, Wohnraummietrecht (1998), § 568 BGB Rn 27 m.w.N.). Vorliegend steht dem Eingreifen des § 568 BGB auch nicht die im Formularmietvertrag enthaltene Ausschlussklausel ("Eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses gemäß § 568 BGB tritt nicht ein") nicht ohne weiteres entgegen, da diese als regeImäßig unwirksam angesehen wird (OLG Schleswig, WuM 96, 85 ff; AG und LG Frankfurt am Main, WuM 1996, 621).

Ende der Entscheidung

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