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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.04.2002
Aktenzeichen: 20 W 137/2002
Rechtsgebiete: RPflG, HGB


Vorschriften:

RPflG § 17 Nr. 1 b
HGB § 13 h Abs. 2
Wird die Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft zum Handelsregister B angemeldet, so hat der hierzu funktionell zuständige Richter (§ 17 Nr. 1 b RPflG) vor Übersendung der Akten an das Gericht des neuen Sitzes nach § 13 h Abs. 2 HGB zunächst die förmliche Richtigkeit der Anmeldung zu überprüfen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 137/2002

Verkündet am 30.04.2002

In der Handelsregistersache

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Vorlage des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21. März 2002 am 30. April 2002 beschlossen:

Tenor:

Das Verfahren ist derzeit noch vom Amtsgericht Frankfurt am Main fortzuführen.

Gründe:

Am 19. Dezember 2001 übersandte der Geschäftsführer der Gesellschaft dem Amtsgericht Frankfurt am Main eine Ausfertigung einer Notarurkunde über die Erhöhung des Stammkapitals und eine Verlegung des Sitzes nach S. sowie eine neue Gesellschafterliste. Diese Anmeldung wurde durch Zwischenverfügung des Rechtspflegers vom 2. Januar 2002 aus mehreren Gründen beanstandet. Sodann wurde am 28. Januar 2002 die Änderung der Firma der Gesellschaft, die Verlegung des Sitzes nunmehr nach Büdingen sowie die Bestellung eines neuen Geschäftsführers angemeldet. Daraufhin verfügte der Rechtspfleger des Amtsgerichts Frankfurt am Main am 29. Januar 2002 die Übersendung der Registerakte unter Bezugnahme auf die inhaltlich nicht geprüfte Anmeldung der Sitzverlegung dem Amtsgericht Friedberg zur Entscheidung über die gestellten Anträge. Mit Beschluss vom 05. März 2002 lehnte das Amtsgericht Friedberg die Übernahme des Verfahrens mit der Begründung ab, das Gericht des bisherigen Sitzes der Gesellschaft habe durch den zuständigen Richter die Prüfung der förmlichen Richtigkeit der Anmeldung noch nicht vorgenommen. Der Richter des Amtsgerichts Frankfurt am Main hält sich für örtlich unzuständig und hat die Akte dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung gemäss § 5 FGG vorgelegt. Er hält die Prüfung der förmlichen Richtigkeit durch das Gericht des bisherigen Sitzes und damit eine Aufteilung der Prüfung in eine vom abgebenden Gericht vorzunehmende formelle Prüfung und eine vom Registergericht des neuen Gerichts vorzunehmende inhaltliche Prüfung für nicht sachgerecht; jedenfalls könne die Prüfung der förmlichen Richtigkeit auch durch den Rechtspfleger erfolgen.

Der Senat ist zur Entscheidung über die Vorlage gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG berufen, da zwischen den zu unterschiedlichen Landgerichtsbezirken gehörenden Amtsgerichten Frankfurt am Main und Friedberg Streit über die örtliche Zuständigkeit besteht.

Das Verfahren ist derzeit noch vom Amtsgericht Frankfurt am Main fortzuführen, da die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Friedberg als Gericht des neuen Sitzes erst dann erfolgen kann, wenn der Registerrichter des Gerichts des bisherigen Sitzes die förmliche Richtigkeit der Anmeldung überprüft hat, was hier bisher noch nicht geschehen ist.

Nach § 13 h Abs. 1 HGB ist die Verlegung des Sitzes einer GmbH bei dem Registergericht des bisherigen Sitzes anzumelden. Dieses hat unverzüglich von Amts wegen die Verlegung dem Gericht des neuen Sitzes mitzuteilen und die Eintragungen für den bisherigen Sitz sowie die bei dem bisher zuständigen Gericht aufbewahrten Urkunden beizufügen. Das Gericht des neuen Sitzes hat zu prüfen, ob der Sitz ordnungsgemäß verlegt und § 30 HGB beachtet ist. Ist dies der Fall, so hat es die Verlegung einzutragen und dabei die ihm mitgeteilten Eintragungen ohne weitere Nachprüfung in sein Handelsregister zu übernehmen. Des weiteren ist die Eintragung dem Gericht des bisherigen Sitzes mitzuteilen, welches die erforderlichen Eintragungen von Amts wegen vorzunehmen hat (§ 13 h Abs. 2 HGB). Durch diese gesetzliche Regelung wird klargestellt, dass die materiellen Prüfung der angemeldeten Sitzverlegung sowie etwaige hiermit verbundener weiterer Anmeldungen allein dem Registergericht des neuen Sitzes obliegt, welches die bisher bereits vorgenommenen Eintragungen des Registergerichtes des bisherigen Sitzes ohne weitere Nachprüfung in sein Handelsregister zu übernehmen hat.

Allerdings ergibt sich aus dieser gesetzlichen Regelung nicht, dass das Registergericht des bisherigen Sitzes keinerlei Prüfung der bei ihm anzumeldenden Sitzverlegung vorzunehmen hat. Vielmehr hat das Registergericht des bisherigen Sitzes vor Übersendung der Akten an das Gericht des neuen Sitzes nach einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung zunächst die förmliche Richtigkeit der Anmeldung zu überprüfen (vgl. OLG Köln Rpfleger 1975, 251; OLG Hamm Rpfleger 1974, 195 und 1991, 317; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 13 h Rn. 2; Röhricht/von Westphalen/Ammon, HGB, 2. Aufl., § 13 h Rn. 4; Ebenroth/Boujong/ Joost/Pentz, HGB, § 13 h Rn. 18; MünchKomm/Bokelmann, HGB, § 13 h Rn. 5; Ensthaler/Achilles, Gemeinschaftskommentar zum HGB, 6. Aufl., § 13 h Rn. 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 13 h Rn. 4; Staub/Hüffer, HGB, 4. Aufl., § 13 c Rn. 5; Keidel/Schmatz/Stöber, Registerrecht, 5. Aufl., Rn. 50; Arnold, RPflG, 6. Aufl., § 17 Rn. 12; Ziegler, Rpfleger 1991, 485/486). Dieser Auffassung folgt auch der Senat.

Soweit ganz vereinzelt (vgl. Bartl/Fichtelmann/Schlarb/Schulze, GmbH-Recht, 5. Aufl., § 13 h HGB Rn. 1; Buchberger, Rpfleger 1991, 513/514) die Ansicht vertreten wird, die Übersendung an das Registergericht des neuen Sitzes habe ohne jegliche Vorprüfung zu erfolgen , vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen.

Mangelt es bereits an einer förmlichen Voraussetzung der Anmeldung der Sitzverlegung, so ist es sachwidrig, die Akten gleichwohl dem mit dieser Gesellschaft bisher noch nicht befassten Gericht des neuen Sitzes zu übersenden. Eine derartige Verfahrensweise lässt sich auch dem Wortlaut des § 13 h HGB nicht entnehmen. Vielmehr sollte durch die dortige Regelung eine möglichst zügige Eintragung der Sitzverlegung sogleich am Gericht des neuen Sitzes erreicht werden. Deshalb wurde die inhaltliche Überprüfung der Sitzverlegung zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten und unterschiedlichen Rechtsauffassungen dem Registergericht des neuen Sitzes in alleiniger Zuständigkeit übertragen. Die Befassung des Gerichtes des neuen Sitzes und die Übersendung der Akten an dieses ist aber nur dann sinnvoll, wenn jedenfalls eine formell ordnungsgemäße Anmeldung vorliegt und deshalb eine Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister des Gerichts an ihrem beabsichtigten neuen Sitz auch in Betracht kommt. In diesem Rahmen hat das Registergericht des bisherigen Sitzes insbesondere zu prüfen, ob die Anmeldung gemäss § 12 HGB in der dort geforderten öffentlich beglaubigten Form und durch die hierzu berufenen Personen erfolgt ist. Des weiteren ist festzustellen, ob der Anmeldung der nach § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG erforderliche vollständige Wortlaut des Gesellschaftsvertrages mit Notarbescheinigung beigefügt ist. Erweist sich hierbei die Anmeldung der Sitzverlegung schon formell als ordnungswidrig, so hat bereits das Gericht des bisherigen Sitzes dies durch Zwischenverfügung gemäß § 26 Satz 2 HRV zu beanstanden und unter Fristsetzung zunächst Gelegenheit zur Korrektur zu geben. Des weiteren hat es die Anmeldung selbst zurückzuweisen, wenn die Anmelder die Eintragungshindernisse daraufhin nicht ausräumen (vgl. hierzu insbesondere Ebenroth/Boujong/Joost/Pentz, a.a.O., Rn. 22 ­ 26).

Die Überprüfung der formellen Richtigkeit der Anmeldung beim Registergericht des bisherigen Sitzes obliegt gemäß § 17 Nr. 1 b RPflG dem Richter, da es sich bei der Sitzverlegung um eine Satzungsänderung handelt, die nicht nur die Fassung des Gesellschaftsvertrages betrifft. Zwar ist der in der Literatur vertretenen Auffassung beizupflichten, dass die registergerichtliche Prüfung einer Sitzverlegung keine besonderen Schwierigkeiten beinhaltet sondern sich auf Tätigkeiten bezieht, die der Rechtspfleger bei anderen ihm durch Gesetz in § 3 Nr. 1 a und e, Nr. 2 a ­ 3 RPflG übertragenen Aufgaben im allgemeinen ebenfalls selbständig wahrnimmt, so dass auch eine Übertragung der Verfügung auf Sitzverlegung auf den Rechtspfleger im Gesetz hätte erfolgen können (vgl. Arnold, a.a.O.; Dallmayer/Eickmann, RPflG, § 17 Rn. 16; Ziegler, a.a.O., S. 487; Buchberger, a.a.O., S. 514). Im Hinblick auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 17 Nr. 1 b RPflG, der die Verfügung auf Eintragung sämtlicher Satzungsänderungen im Handelsregister B, die nicht nur die Fassung betreffen, dem Richter vorbehält, kann es sich hierbei aber nur um Überlegungen de lege ferenda handeln. Bei der Sitzverlegung handelt es sich eindeutig um eine Satzungsänderung mit materiellem Gehalt. Damit ist de lege lata nicht nur die Eintragung dieser Satzungsänderung, sondern auch jede diesbezügliche vorbereitende registergerichtliche Tätigkeit und damit auch die vom Registergericht des bisherigen Sitzes vor der Abgabe eigenverantwortlich vorzunehmende Prüfung der formellen Ordnungsgemäßheit dem Richter vorbehalten (vgl. Arnold, a.a.O.; Dallmayer/Eickmann, a.a.O. Rn. 6, 16 und 20; Ziegler, a.a.O.).

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