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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.05.2005
Aktenzeichen: 20 W 138/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 25
WEG § 43
1. Für die wirksame Verfahrenseinleitung im Wohnungseigentumsverfahren ist die vereinfachte und unmissverständliche Kurzbezeichnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft ausreichend, ohne dass etwa alle Wohnungseigentümer einzeln und namentlich aufgeführt zu werden brauchen.

2. Es ist nicht zulässig, durch Eigentümerbeschluss die Möglichkeit zu schaffen, sog. Eventualeinberufungen vorzunehmen. Hierfür fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz.


Gründe:

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer der sich aus dem Rubrum ergebenden Liegenschaft. Zu den Rechtsverhältnissen im Einzelnen wird auf die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vom 16.11.1984 (Bl. 41 ff d. A.) Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich alle Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.07.2002 mit der Begründung angefochten, diese seien in einer Wiederholungsversammlung gefasst worden, die unzulässigerweise unmittelbar im Anschluss an die beschlussunfähige Erstversammlung stattgefunden habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die sich bei den Gerichtsakten befindliche Ablichtung des Versammlungsprotokolls vom 12.07.2002 (Bl. 21 d. A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 07.07.2003 (Bl. 121 ff d. A.), auf den verwiesen wird, die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.07.2002 antragsgemäß für ungültig erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die sofortige Einberufung der Wiederholungsversammlung sei gemäß § 25 Abs. 4 WEG bzw. § 11 Abs. 3 Satz 3 der Gemeinschaftsordnung unzulässig gewesen. Der hierzu gefasste Mehrheitsbeschluss zu Tagesordnungspunkt 2 der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.06.2001 (Bl. 22 d. A.) sei mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung zur Abänderung von Vereinbarungen nichtig. Die Antragsschrift sei zumindest auslegungsfähig gewesen und auch rechtzeitig bei Gericht eingegangen. Die Berufung auf einen lediglich formalen Mangel sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, zumal hinter § 25 Abs. 4 WEG Gerechtigkeitserwägungen stünden, so dass vielmehr die Verfahrensweise der Verwaltung zu beanstanden sei.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren unter Vertiefung ihres Vortrags weiter verfolgt haben. Sie haben im Übrigen vorgebracht, zu dem Wohnungseigentümerbeschluss zu Tagesordnungspunkt 2 vom 12.07.2002 (Sanierung Treppenhaus) sei ein weitergehender Zweitbeschluss in der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.04.2003 gefasst worden (Bl. 80 d.A.), der in dem von der Antragstellerin betriebenen Anfechtungsverfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 65 UR II 347/03, rechtskräftig bestätigt worden sei.

Die Antragstellerin ist der sofortigen Beschwerde der Antragsgegner entgegen getreten. Nach mündlicher Verhandlung haben die Antragstellerin und die Antragsgegner die Hauptsache im Hinblick auf die Anfechtung des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.07.2002 zu Tagesordnungspunkt 2 (Sanierung Treppenhaus) übereinstimmend für erledigt erklärt.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 164 ff d. A.), auf den gleichfalls verwiesen wird, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und auf eine weiter vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner eingelegte Geschäftswertbeschwerde den Geschäftswert für beide Instanzen bis zum 24.02.2004 auf 1.533,88 EUR, danach auf 1.022,58 EUR festgesetzt. Es hat darüber hinaus angeordnet, dass die Antragsgegner die Gerichtskosten der zweiten Instanz und die der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu 2/3 zu erstatten haben. Zur Begründung hat das Landgericht sich auf die Entscheidung des Amtsgerichts berufen, auf die die Kammer nach eigener Prüfung Bezug genommen hat. Zur Kostenentscheidung hat das Landgericht begründend ausgeführt, dass vorliegend ausnahmsweise Veranlassung bestanden habe, von dem in Wohnungseigentumssachen geltenden Grundsatz abzuweichen, wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner sei insbesondere auch unter Berücksichtigung des inzwischen vorliegenden Beschlusses des erkennenden Senats in einer gleich gelagerten Parallelsache vom 02.02.2004, Az. 20 W 491/02, als mutwillig zu bezeichnen.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 02.04.2004 (Bl. 173 d. A.) sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 28.08.2004 (Bl. 177 ff d. A.), auf den gleichfalls verwiesen wird, begründet haben. Die Antragstellerin hat im Verfahren der weiteren Beschwerde keine Stellungnahme abgegeben.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die sofortige weitere Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 Satz 1 FGG, 546 ZPO, auf die hin er lediglich zu überprüfen ist.

Soweit die weitere Beschwerde die Nichteinhaltung der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG durch die Antragstellerin rügt (vgl. Seite 2, letzter Absatz der Begründung vom 28.08.2004), verweist der Senat auf seine Ausführungen im Parallelbeschluss vom 02.02.2004, Az. 20 W 491/02, dort Seite 8, die auch hier gelten. Das Amtsgericht hat in seinem Beschluss vom 07.07.2003 festgestellt, dass die Verzögerung der Zustellung im vorliegenden Verfahren durch das Gericht verursacht worden sei, weil es vor Zustellung eine Geschäftswertfestsetzung und Vorschusseinzahlung umsetzen wollte. Zu Recht hat es in der Folge darauf abgestellt, dass bei der Beschlussanfechtung der Fortgang des Verfahrens nicht ohne weiteres von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden kann, so dass eine dadurch entstehende Verzögerung der Zustellung nicht zur Fristversäumung führen kann.

Auch die weitere Rüge der weiteren Beschwerde, die Verfahrensbeteiligten seien in der Antragsschrift nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden, haben die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei nicht durchgreifen lassen. Grundsätzlich ist für die wirksame Verfahrenseinleitung in Wohnungseigentumssachen die vereinfachte und unmissverständliche Kurzbezeichnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft ausreichend, ohne dass etwa alle Wohnungseigentümer einzeln und namentlich aufgeführt zu werden brauchen (vgl. Senat, Beschluss vom 14.02.2005, 20 W 360/04; BGH NJW 1977, 1686; WE 1990, 84; BayObLG NJW-RR 1986, 564; MDR 1987, 765; Rpfleger 2004, 692; DWE 2004, 138; vgl. auch Staudinger/Wenzel, BGB, Stand Juni 1997, Vorbem zu §§ 43 WEG Rz. 24). Notwendig und ausreichend ist es insoweit, die Beteiligten so klar zu bezeichnen, dass keine Zweifel an ihrer Stellung und Identität aufkommen können und dass aus der Bezeichnung für jeden Dritten die betreffenden Beteiligten ermittelbar sind (Senat, a.a.O.; BayObLG Rpfleger 2004, 692; BGH NJW 1977, 1686). Diesen Anforderungen wird die Angabe der Antragsgegner in der Antragsschrift noch gerecht. Dass im Antrag als Passivrubrum lediglich die Bezeichnung "Wohnungseigentumsgemeinschaft WEG ..." genannt ist und in der Begründung die Eigentümergemeinschaft ... ... - ... bezeichnet ist, während die richtige Bezeichnung lauten müsste "WEG ... ... - ..." ändert daran nichts. Insbesondere im Zusammenhang mit der Begründung und der in Bezug genommenen Ladung ist dieser Schreibfehler nicht geeignet, Zweifel an der Identität der Antragsgegner aufkommen zu lassen, zumal im Schriftsatz vom 12.12.2002 von Antragsgegnerseite selbst mitgeteilt worden ist, dass eine WEG ... ..., die von dem beteiligten Verwalter A - dem Beteiligten zu 3. -, vertreten werde, nicht existiere. Eine Verwechslungsgefahr scheidet mithin aus. Dass im Rubrum des Weiteren aufgeführt wurde, dass die Antragsgegner durch den "Verfahrensstandschafter der übrigen Wohnungseigentümer A" vertreten würden, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls unerheblich. Eventuelle Vertretungsverhältnisse der Beteiligten hat das Gericht von Amts wegen festzustellen. Gleiches gilt für die Frage, wer im Beschlussanfechtungsverfahren Antragsgegner ist. Die von der weiteren Beschwerde gerügte fehlerhafte Bezeichnung (auch) der Aktivseite, also der Antragstellerin, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass diese Umstände vorliegend zu einer Verzögerung der Zustellung geführt hätten.

Soweit die weitere Beschwerde die Ausführungen der Vorinstanzen zur Ungültigkeit der noch verfahrensgegenständlichen Beschlussfassung der Wohnungseigentümer rügt, greifen diese Einwendungen nicht durch. Der Senat verweist zur Begründung insoweit auf seine Ausführungen im Beschluss vom 02.02.2004, 20 W 491/02, die auch hier gelten. Dort hat der Senat im Einzelnen ausgeführt und begründet, dass die hier wiederum vorgenommene Eventualeinberufung unzulässig ist. Der Senat hat in jenem Beschluss, Seiten 7 ff, auch Ausführungen zum Rechtsmissbrauch gemacht, die auch vorliegend gelten. Die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts im Beschluss vom 07.07.2003, Seite 4 unten, wonach es vorliegend nicht zu beanstanden sei, dass die Antragstellerin sich regelmäßig auf die Regelungen der Teilungserklärung beruft, sind aus Rechtsgründen in keiner Weise zu beanstanden.

Soweit die Antragsgegner sich im vorliegenden Verfahren auf den Wohnungseigentümerbeschluss vom 07.06.2001 beziehen, der im Parallelverfahren vor dem Senat aus verfahrensrechtlichen Gründen keine Rolle spielte, haben die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei festgestellt, dass jener Beschluss nichtig ist. Jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Beschluss vom 20.09.2000 (NJW 2000, 3500) ist es nicht mehr zulässig, durch Eigentümerbeschluss die Möglichkeit zu schaffen, Eventualeinberufungen vorzunehmen. Hierfür fehlt die Beschlusskompetenz; ein gleichwohl gefasster Beschluss ist nichtig (vgl. im Einzelnen Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 4. Aufl., Rz. 757; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 25 Rz. 3; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 25 WEG Rz. 13; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 25 Rz. 88; Erman/Grizwotz, BGB, 11. Aufl., § 25 WEG, Rz. 7, jeweils mit weiteren Nachweisen). Vorliegend kommt hinzu, dass § 11 Abs. 3 Satz 3 der Gemeinschaftsordnung eine dem Gesetz vergleichbare Regelung getroffen hat. Auch eine Regelung der Teilungserklärung wäre nicht durch bloßen Mehrheitsbeschluss möglich (vgl. OLG Köln NJW-RR 1990, 26; vgl. weiter Palandt/Bassenge, a.a.O., § 10 WEG Rz. 9, 9 a; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 10 Rz. 30 a).

Soweit die weitere Beschwerde in diesem Zusammenhang ausführt, es handele sich bei dem Wohnungseigentümerbeschluss vom 07.06.2001 um einen einstimmigen Beschluss, kann sich dies ausweislich des vorgelegten Versammlungsprotokolls nicht einmal um die in dieser Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer (3.../1.000stel) handeln - was nach den obigen Ausführungen überdies auch nicht ausreichend gewesen wäre -, da der Wohnungseigentümerbeschluss ausweislich des Protokolls lediglich mit Mehrheit ("2.../1.000") gefasst worden und demgemäß auch lediglich als Mehrheitsbeschluss deklariert worden ist.

Es ist weiter aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht im angefochtenen Beschluss die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens im hier noch verfahrensgegenständlichen Umfang den Antragsgegnern auferlegt hat. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass das Rechtsbeschwerdegericht die als Ermessensentscheidung ergangene Kostenentscheidung nur auf ihre Gesetzmäßigkeit (§ 27 FGG) überprüfen kann, nämlich darauf, ob von ungenügenden und verfahrenswidrigen Feststellungen ausgegangen wurde, ob wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden, ob gegen die Denkgesetze oder allgemeinen Erfahrungssätze verstoßen wurde, oder ob von dem Ermessen ein dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwider laufender oder die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreitender und damit rechtlich fehlerhafter Gebrauch gemacht wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 09.02.2004, 20 W 47/04; BayObLG WuM 1992, 569; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 47 Rz. 23; Staudinger/Wenzel, a.a.O., § 47 WEG, Rz. 34; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 47 Rz. 56, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Entscheidung des Landgerichts lässt nach diesem Prüfungsmaßstab keinen Rechtsfehler erkennen. Zu Recht hat es darauf abgestellt, dass die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen im Wesentlichen durch die Entscheidung des Senats im Parallelverfahren vom 02.02.2004 geklärt waren und einzig die Frage der vereinbarungsändernden Wirkung des Beschlusses der Wohnungseigentümer vom 07.06.2001 eine neue Fragestellung darstellt, die aber bereits durch das Amtsgericht zutreffend geklärt worden war.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 47 Satz 1 WEG; danach entspricht es billigem Ermessen, dass die Antragsgegner die Gerichtskosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben.

Aus den Gründen des landgerichtlichen Beschlusses hält es auch der Senat vorliegend ausnahmsweise für gerechtfertigt, die Erstattungsfähigkeit eventuell angefallener außergerichtlicher Kosten der Antragstellerin anzuordnen, § 47 Satz 2 WEG, zumal in der weiteren Beschwerde neue Gesichtspunkte nicht vorgetragen worden sind.

Die Wertfestsetzung hat der Senat an der zuletzt unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch das Landgericht orientiert, § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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