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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.05.2003
Aktenzeichen: 20 W 169/03
Rechtsgebiete: GBO, WEG


Vorschriften:

GBO § 53 I 1
GBO § 71 II
GBO § 80 III
WEG § 12
Bei einem Verstoß des Grundbuchamts gegen eine Verfügungsbeschränkung nach § 12 WEG steht den anderen Wohnungseigentümern kein Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB zu. Dementsprechend sind sie auch nicht beschwerdebefugt für eine Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO gegen die Eintragung des Erwerbers als Eigentümer.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 169/2003

Entscheidung vom 20. Mai 2003

In der Grundbuchsache

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 25.03.2003

am 20.05.2003 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Der Beschwerdewert wird ­ auch für das landgerichtliche Verfahren - auf 100.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beteiligte zu 1) ist Mitglied der Eigentümergemeinschaft ....... in Neuhof. Sie hatte durch Teilungserklärung vom 04.11.1992 Sondereigentum an sieben Wohnungen begründet (Bl. 173-177 d. A.), sie ist noch als Eigentümerin in den Wohnungsgrundbüchern von Neuhof Blatt 2319-2321 eingetragen. Nach der Teilungserklärung bedarf die Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters mit Ausnahme der Veräußerung an Ehegatten, bestimmte Verwandte oder im Weg der Zwangsvollstreckung bzw. durch den Konkursverwalter. Mit diesem Inhalt ist das hier betroffene Sondereigentum auch im Grundbuch eingetragen worden. Zum ersten Verwalter war bis zum 01.10.1997 der Ehemann der Beteiligten zu 1) in der Teilungserklärung bestimmt worden. Laut Protokoll einer Eigentümerversammlung vom 28.04.1995 wurde der Miteigentümer K. zum neuen Verwalter bestellt (Bl. 148 d. A.). Bei dieser Versammlung waren nur die Miteigentümer A. geb. .... K., P. und J. anwesend, auf die 457/1000 Miteigentumsanteile entfielen. Laut Protokoll einer Eigentümerversammlung vom 18.04.2000 (Bl. 134 d. A.) wurde die Verwalterbestellung von K. verlängert. Außer diesem, der auch als Versammlungsleiter fungierte, waren nur die Miteigentümer P. und J. anwesend. Unter dem 20.09.2001 erteilte K. seine Zustimmung als Verwalter zu der Veräußerung der Wohnung Nr. 4 an den Beteiligten zu 2), wobei der Kaufvertrag mit Auflassung von dessen Verfahrensbevollmächtigten zu UR-Nr. 88/2001 am 20.09.2001 beurkundet worden war (Bl. 85, 86-89 d. A.). Nach Vorlage der Verwalterbestellung gemäß Beschluss vom 19.04.2000 in der Form des § 26 Nr. 4 WEG sowie einer Bestätigung des AG Fulda ­Abteilung für Wohnungseigentumssachen- vom 05.11.2002, dass keine Verfahren anhängig gemacht worden seien, die die Anfechtung eines am 18.04.2000 gefassten Beschlusses der Eigentümergemeinschaft Frankfurter Straße 19-19 A in Neuhof betrafen, hat das Grundbuchamt den Beteiligten zu 2) am 06.12.2002 als Eigentümer des betroffenen Wohnungseigentums eingetragen. Die Beteiligte zu 2) hat unter dem 23.01.2003 die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen diese Eintragung beantragt und geltend gemacht, K. sei mangels Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung vom 28.04.1995 nicht wirksam zum Verwalter bestellt worden. Auch bei wirksamer Bestellung sei seine Amtszeit am 28.04.2000 beendet gewesen, also habe er am 20.09.2001 nicht mehr als Verwalter der Veräußerung zustimmen können. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 28.01.2003 (B. 150 d. A.) den Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs zurückgewiesen, da nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG von der Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses vom 18.04.2000 auszugehen sei und es deshalb an der für die Anwendung des § 53 GBO erforderlichen Gesetzesverletzung fehle. Ihre Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) im wesentlichen darauf gestützt, dass auch der Bestellungsbeschluss vom 18.04.2002 mangels Beschlussfähigkeit unwirksam sei. Die Beteiligte zu 1) habe auch keine Einladung zu der Versammlung vom 18.04.2000 bekommen, noch sei ihr dieser Beschluss bekannt gemacht worden, so dass sie ihn nicht habe anfechten können. Erst im Rahmen des von dem Miteigentümern P. und K. eingeleiteten Verfahrens 1 II 10/2002 WEG vor dem Amtsgericht Fulda habe sie von dem Beschluss vom 18.04.2000 Kenntnis erlangt. Auch zu der Eigentümerversammlung vom 09.01.2002, in der laut Protokoll der Miteigentümer D. zum Verwalter bestellt wurde (Bl. 156,157 d. A.), sei die Beteiligte zu 1) weder eingeladen worden, noch seien ihr die gefassten Beschlüsse bekannt gemacht worden. Zudem habe der Beteiligte zu 2) nicht vor seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch am 06.12.2002 als stimmberechtigter Miteigentümer berücksichtigt werden dürfen. Da keine Abwahl von K. erfolgte, habe die Gemeinschaft nach dem Inhalt der Protokolle jetzt zwei Verwalter, von denen D. und nicht K. der Veräußerung an den Beteiligten zu 2) habe zustimmen müssen. Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und ausgeführt, es sei kein Amtswiderspruch einzutragen, da das Grundbuchamt den Bestellungsbeschluss vom 18.04.2000 habe als wirksam ansehen dürfen, insbesondere nach dem Negativattest des Wohnungseigentumsgerichts. Die Beteiligte zu 1) macht in der weiteren Beschwerde gegen den ihre Erstbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Landgerichts geltend, die Verwalterbestellung vom 18.04.2002 sei offenkundig unwirksam, was das Grundbuchamt inhaltlich habe überprüfen müssen. Da von den sieben Sondereigentumsanteilen am 18.04.2000 nur drei Eigentümer vertreten waren, habe die Minderheit keinen Mehrheitsbeschluss fassen können. Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 78, 80 Abs.1 Satz 1 und 2 GBO zulässig, insbesondere ist die Beteiligte zu 1) schon deshalb beschwerdebefugt, weil das Landgericht ihrer Erstbeschwerde den Erfolg versagt hat (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 78, Rdnr. 2; Bauer/von Oefele: GBO, § 78 Rdnr. 12). Die weitere Beschwerde ist aber nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 78 GBO, 546 ZPO). Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) konnte schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie ­ auch als beschränkte Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO - nicht zulässig war. Die Unzulässigkeit der Erstbeschwerde ergibt sich daraus, dass für die beschränkte Beschwerde gegen eine Grundbucheintragung mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs nur derjenige beschwerdeberechtigt ist, der nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, wenn die angefochtene Eintragung unrichtig wäre und zu dessen Gunsten der Widerspruch einzutragen wäre. Dafür ist unerheblich, ob sich die Beschwerde unmittelbar gegen die Eintragung oder wie vorliegend gegen die Zurückweisung einer zunächst an das Grundbuchamt gerichteten Anregung richtet, einen Amtswiderspruch einzutragen (KG in KGJ Band 47, 182 ff.; dass. Rpfleger 1972, 174; OLG Hamm NJW-RR 1997, 593, 594; Senat, Beschl. v. 29.10.2001 ­20 W 448/2000-; Demharter, aaO., § 71, Rdnr. 68, 69 m.w.H.; Kuntze/Ertl/ Herrmann/Eickmann: Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 71 Rdnr. 71 m.w.H.; Meikel/Streck: Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 71 Rdnr. 125). Schon nach dem Wortlaut des § 894 BGB kann Berichtigung des Grundbuchs nur derjenige verlangen, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist. Zwar würde die (unterstellte) Unwirksamkeit der Verwalterzustimmung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 WEG zur schwebenden Unwirksamkeit sowohl des schuldrechtlichen wie des dinglichen Rechtsgeschäfts führen und eine Grundbuchunrichtigkeit im Sinn des § 894 BGB begründen, weil die Eintragung des Erwerbers als Eigentümer deshalb im Widerspruch zu der materiellen Rechtslage stünde. Der Berichtigungsanspruch steht in diesem Fall aber allein dem Veräußerer zu, dessen fortbestehendes Recht auf Grund des materiell- rechtlich nicht eingetretenen Eigentumswechsels das Grundbuch nicht mehr verlautbart. Dagegen wird das dingliche Recht der einzelnen Wohnungseigentümer durch die Eintragung eines schwebend unwirksamen Eigentumswechsels hinsichtlich eines einzelnen Miteigentumsanteils nicht beeinträchtigt. Die im Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung nach § 12 WEG begründete Verfügungsbeschränkung gibt den übrigen Wohnungseigentümern kein dingliches Recht an dem belasteten Miteigentumsanteil, vielmehr beschränkt sich das dingliche Recht der einzelnen Wohnungseigentümer auf den ihnen jeweils zugewiesenen, mit Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteil (OLG Hamm NJW-RR 2001, 1525, 1526= FGPrax 2001, 98; Palandt/Bassenge: WEG, 62. Aufl., § 12, Rdnr. 12). Wie das OLG Hamm in dieser Entscheidung zu Recht ausführt, unterscheidet die Gegenauffassung (Staudinger/Kreuzer: WEG, 12. Aufl., § 12, Rdnr. 89; Sauren: WEG, 3. Aufl., § 12, Rdnr. 19), die einen Berichtigungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer aus § 894 BGB daraus herleiten will, dass deren Rechte durch eine unter Verstoß gegen das Zustimmungserfordernis erfolgte Eintragung des Erwerbers verletzt sein sollen, nicht hinreichend zwischen dem dinglichen Anspruch aus § 894 BGB einerseits und dem schuldrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern andererseits. Im Rahmen dieses Gemeinschaftsverhältnisses ist den übrigen Wohnungseigentümern unbenommen, den Veräußerer in einem Verfahren nach § 43 WEG als Maßnahme nach § 21 Abs. 4 WEG zur Geltendmachung seines Berichtigungsanspruchs nach § 894 BGB anzuhalten (vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 2001, 1527). Es kann mangels Zulässigkeit der Erstbeschwerde dahingestellt bleiben, ob sie begründet wäre, weil die Voraussetzungen der Eintragung eines Amtwiderspruchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO vorliegen. Insoweit ist anzumerken, dass maßgebend für die Beurteilung, ob eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinn des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO vorliegt, die dem Grundbuchamt zur Zeit der Eintragung unterbreitete Sachlage und die zu dieser Zeit bestehende Rechtslage ist (Bauer/von Oefele, aaO., § 53, Rdnr. 66; Demharter: GBO, 24. Aufl., § 53 Rdnr. 22). Einberufungsmängel wie fehlende Einladung der Beteiligten zu 1) oder fehlende Einberufungsbefugnis hinsichtlich des Herrn K. für die Versammlung vom 18.04.2000 können schon deshalb keine Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt begründen, weil sie von der Beteiligten zu 1) nach erfolgter Eigentumsumschreibung erst geltend gemacht worden sind. Darüber hinaus führen Einberufungsmängel wie fehlende Einladung, fehlende Einberufungsbefugnis oder eine fehlende Beschlussfähigkeit lediglich zur Anfechtbarkeit und nicht zur Nichtigkeit der in einer mit derartigen Mängeln behafteten Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüssen (vgl. Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl., § 24 Rdnr. 3, § 25 Rdnr. 2; Palandt/Bassenge, aaO., § 24, Rdnr. 3). Für Beschlüsse von Wohnungseigentumsversammlungen, die zwar mangelhaft und deshalb anfechtbar, aber nicht nichtig sind, gilt § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG, d. h. bis zur Ungültigerklärung bindet auch ein anfechtbarer Beschluss alle Wohnungseigentümer, auch den Verwalter und die Gerichte (Niedenführ/Schulze, aaO., § 23 Rdnr. 17). Nur die Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses ist ohne entsprechende Feststellung durch das Wohnungseigentumsgericht in einem gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu beachten (BGH Rpfleger 1989, 325; NJW 00, 3500). Dass die Verwalterbestellung vom 18.04.2000 nichtig wäre, ist derzeit weder ersichtlich, noch von der Beteiligten zu 1) vorgetragen. Es ist weder der Verstoß gegen zwingende Normen des WEG, noch des sonstigen Privatrechts oder gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot oder die guten Sitten ersichtlich, noch fehlte der Versammlung die Beschlusskompetenz oder dem Beschluss die erforderliche Bestimmtheit und Klarheit. Nur in diesen Fällen liegt aber Nichtigkeit eines Beschlusses vor (Niedenführ/Schulze, aaO., § 23 Rdnr. 11). Auf die Verwalterbestellung in der Versammlung vom 09.01.2002 kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht an, da maßgeblich ist, wer im Zeitpunkt der Erklärung der Zustimmung, also am 20.09.2001, nicht im Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung zum Verwalter bestellt war (Staudinger, aaO., § 12, Rdnr. 41; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 2904).

Die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beteiligten zu 2) war nicht anzuordnen, da solche offensichtlich nicht entstanden sind (§ 13 a Abs.1 Satz 1 FGG).

Die Festsetzung des Beschwerdewertes für das landgerichtliche Verfahren und das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 2 KostO. Ebenso wie der Wert der Eintragung eines Widerspruchs dem Wert der gesicherten Grundbuchberichtigung entspricht (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 66, Rdnr. 11, 5), ist auch für das Beschwerdeverfahren, mit dem die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung als Eigentümer verfolgt wird, der Geschäftswert für diese Eintragung maßgeblich. Nach dem Kaufvertrag vom 20.09.2001 betrug der Kaufpreis für das betroffene Wohnungseigentum 200.000,00 DM. Dies rechtfertigt die Abweichung von dem Regelwert des § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO und die Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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