Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.06.2004
Aktenzeichen: 20 W 179/03
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 19
BGB § 29 I 1
BGB § 167
BGB § 883
GBO § 18 I 1
1. Die dem Notar im Rahmen eines Grundstücksübertragungsvertrages von den Vertragsbeteiligten erteilte Vollmacht, alle Erklärungen abzugeben, die zum grundbuchlichen Vollzug dieses Vertrages etwa noch erforderlich sein sollten, deckt auch die Änderung der Bewilligung einer Rückauflassungsvormerkung hinsichtlich des zu sichernden Anspruchs. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der zu sichernde Anspruch als bedingter bzw. künftiger Anspruch in dem Grundstücksübertragungsvertrag bereits begründet worden ist.

2. Die von einem Notar auf Grund entsprechender Bevollmächtigung als Eigenurkunde unterschriebene und gesiegelte Änderung der bereits beurkundeten Bewilligungserklärung stellt eine öffentliche Urkunde im Sinn von § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO dar.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 179/03

In der Grundbuchsache

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 02.05.2003

am 15.06.2004 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Bad Schwalbach vom 08.04.2003/11.04.2003 werden aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Vollzug der Urkunde 318/2000 des Notars Dr. X in O 1 gemäß Antrag vom 02.04.2003 nicht von der Vorlage einer Nachtragsurkunde entsprechend der Zwischenverfügung vom 08.04.2003 in der Form des Schreibens vom 11.04.2003 abhängig zu machen.

Gründe:

Der Beteiligte zu 1) ist Eigentümer u. a. des betroffenen Grundbesitzes, auf dem die Beteiligte zu 2) das Kreiskrankenhaus A. betreibt. Der Beteiligte zu 1) ist außerdem alleiniger Gesellschafter der Beteiligten zu 2), in die er das wirtschaftliche Eigentum u.a. an dem betroffenen Grundbesitz einschließlich Inventars auf Grund von Vereinbarungen in 1992 und 1998 eingebracht hat.

Laut Vorbemerkungen eines am 26.06.2000 zur UR-Nr. .../2000 des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten protokollierten Vertragswerkes sollte die medizinische Grundversorgung durch die Übernahme u. a. des Kreiskrankenhauses A. seitens eines privaten Betreibers dauerhaft gesichert werden. Zu diesem Zweck hat der Beteiligte zu 1) in Teil B (Grundstücksübertragungsvertrag) des Vertragswerkes u. a. den hier betroffenen Grundbesitz auf die Beteiligte zu 2) übertragen und in Teil C (Geschäftsanteilskaufvertrag) seinen Geschäftsanteil an der Beteiligten zu 2) auf die private Betreiberin übertragen. In Teil B § 5 Nr. 1 des Vertragswerkes erklärten die Beteiligten die Auflassung und der Beteiligte zu 1) bewilligte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Beteiligten zu 2), die am 14.08.2000 auch im Grundbuch eingetragen worden ist. Ferner bewilligte und beantragte die Beteiligte zu 2) unter Teil B § 5 Nr. 4 "zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs gemäß § 10 des Gewährleistungsvertrages die Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung an den übernommenen Grundstücken zu Gunsten des ...-Kreises." Der Notar wurde ermächtigt, alle Erklärungen abzugeben, die zum grundbuchlichen Vollzug dieses Vertrages etwa noch erforderlich sein sollten (Teil B § 8 Nr. 3). In dem Vertrag über die Gewährleistung der Krankenhausversorgung zwischen den Beteiligten und der privaten Betreiberin, der die Anlage 2 des Vertragswerkes bildet, verpflichtete sich diese Betreiberin als Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 2) gegenüber dem Beteiligten zu 1) die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung dauerhaft sicherzustellen und die etwaigen Rechtsnachfolger zum Eintritt in diesen Vertrag zu verpflichten. Der Verstoß gegen diese Verpflichtungen und die drohende Insolvenz der privaten Betreiberin gelten nach § 10 diese Vertrages u. a. als Grund für die Kündigung aus wichtigem Grund. Im Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses verpflichtete sich die private Betreiberin, ihren Gesellschaftsanteil an der Beteiligten zu 2) auf den Beteiligten zu 1) zurück zu übertragen. In den Schlusserklärungen Teil E Nr. 1 auf Seite 31 der UR-Nr. .../2000 erklären die Vertragsbeteiligten ihre Einigkeit darüber, dass die gesamte Verhandlung eine wirtschaftliche Einheit darstellt. Unter Nr. 2 heißt es: "Sollte ein Teil dieser Urkunde aufgrund Ausübung von Rücktrittsrechten oder aus sonstigen Gründen nicht zur Durchführung gelangen, so sollen auch alle anderen in dieser Urkunde abgegebenen Erklärungen aller Beteiligten keine rechtliche Wirkung entfalten. Soweit in diesem Fall Teile der Urkunde bereits durchgeführt worden sind, verpflichten sich alle Beteiligten zur Rückabwicklung. Insgesamt sollen alle Beteiligten in diesem Fall so gestellt werden, als wenn diese Urkunde nie abgeschlossen worden wäre."

Die Antragsteller beantragten unter dem 02.04.2003, beim Grundbuchamt eingegangen am 04.04.2003, zunächst die Eigentumsumschreibung und die Löschung der für die Beteiligte zu 2) eingetragene Auflassungsvormerkung. Mit Zwischenverfügung vom 08.04.2003 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass die Eintragung der Rückauflassungsvormerkung noch nicht beantragt worden war und verlangte, bei Antragstellung in einer Nachtragsurkunde einen Rückübertragungsanspruch hinsichtlich des übertragenen Grundbesitzes zu begründen und diese Urkunde einzureichen. Der Notar erklärte daraufhin mit Schriftsatz vom 09.04.2003, er schließe sich dem Antrag der Beteiligten zu 2) auch gemäß § 15 GBO an. Grundlage des zu sichernden Rückübertragungsanspruchs des Beteiligten zu 1) sei § 10 des Gewährleistungsvertrages in Verbindung mit Teil E (Schlusserklärungen) Nr. 2 der Urkunde. Bezüglich des Grundvermögens stehe der bedingte Anspruch auf Rückübereignung dem Beteiligten zu 1) als vormaligem Eigentümer zu. Dieser Anspruch könne und solle durch Vormerkung gesichert werden. Nachdem das Grundbuchamt gemäß Schreiben vom11.04.2004 an seiner Auffassung festhielt, legte der Notar Beschwerde ein und berief sich auf die ihm erteilte Vollzugsvollmacht. Er führte aus, der Rückauflassungsanspruch des Beteiligten zu 1) entstehe dann, wenn ein Teil der Urkunde auf Grund Ausübung von Rücktrittsrechten oder aus sonstigen Gründen wie beispielsweise einer Kündigung gemäß § 10 des Gewährleistungsvertrages nicht zur endgültigen Durchführung gelange. Die verlangte Nachtragsurkunde liege in Form seiner Erklärung vom 09.04. 2003 bereits vor. Der Grundbuchrechtspfleger half der Beschwerde nicht ab, da aus § 10 des Gewährleistungsvertrages kein Rückübertragungsanspruch hinsichtlich des übertragenen Grundbesitzes zu entnehmen sei. Vielmehr beziehe sich der dort geregelte Rückübertragungsanspruch ausschließlich auf die Rückübertragung des Geschäftsanteils an der Beteiligten zu 2), nicht aber auf die Rückübertragung des Grundbesitzes. Die dem Notar erteilte Vollzugsvollmacht reiche nicht aus, den Antrag auf Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung mit einem anderen Anspruch als dem im Kaufvertrag genannten auszustatten, daher sei eine Bewilligung der Vertragsbeteiligten mit der Beschreibung des Rückauflassungsanspruchs erforderlich.

Mit Beschluss vom 02.05.2003 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen und die angefochtene Zwischenverfügung bestätigt. Die Kammer hat ausgeführt, die in Teil B § 5 Nr. 4 der Urkunde bewilligte Rückauflassungsvormerkung beziehe sich ausdrücklich nicht auf die Schlusserklärung, sondern auf § 10 des Gewährleistungsvertrages. Der § 10 des Gewährleistungsvertrages und die Nr. 2 der Schlusserklärungen seien in ihren Regelungsinhalten nicht deckungsgleich und bezögen sich nicht aufeinander. Die aktuelle Fassung des notariellen Vertrages enthalte keinen Rückübertragungsanspruch (hinsichtlich des betroffenen Grundbesitzes) im Fall der Kündigung nach § 10 des Gewährleistungsvertrages. Die Vollzugsvollmacht des Notars berechtige ihn nicht, den Vertrag zu ergänzen und die Rückauflassungsvollmacht mit einem neuen Anspruch auszustatten.

Mit der weiteren Beschwerde gegen den ihre Erstbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Landgerichts machen die Antragsteller unter Verweis auf ihren bisherigen Vortrag geltend, die Vertragsbeteiligten wollten nicht, dass die private Betreiberin das Grundeigentum behalten dürfe, wenn sie ihren Geschäftanteil an der Beteiligten zu 2) auf den Beteiligten zu 1) zurückübertragen müsse. Gerade die Verknüpfung von Rückübertragung der Geschäftsanteile und Rückübertragung des Eigentums an dem Grundvermögen stellten ein Bedingungsgefüge dar.

Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GBO. Sie ist auch begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht ( §§ 78 GBO, 546 ZPO). Zu Unrecht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Eintragung der beantragten Rückauflassungsvormerkung noch die Vorlage einer Nachtragsurkunde voraussetze, in der die Beteiligten einen Rückübertragungsanspruch hinsichtlich des betroffenen Grundbesitzes erst noch begründen müssten.

Dabei sind die Vorinstanzen zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich in der Bewilligung zur Eintragung einer Vormerkung nach § 883 Abs. 1 BGB der vorzumerkende Anspruch und die anspruchsbegründenden Tatsachen schlüssig wiederzugeben sind, damit das Grundbuchamt daraus Art und Inhalt des Anspruchs selbst nachprüfen und seine Vormerkungsfähigkeit feststellen kann (Demharter: GBO, 24. Aufl., Anhang zu § 44, Rdnr. 87; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: Grundbuchrecht, 5. Aufl., Einleitung, Seite 179, Rdnr. G 32). Weiterhin trifft es zu, dass der § 10 des Gewährleistungsvertrages, aus dem laut Bewilligung in Teil B § 5 Nr. 4 der Urkunde allein der durch Vormerkung zu sichernde Rückübertragungsanspruch des Beteiligten zu 1) hergeleitet wird, ausdrücklich nur die Verpflichtung der privaten Betreiberin zur Rückübertragung des Geschäftsanteiles an den Beteiligten zu 1) enthält. Der Anspruch auf Rückübertragung des Geschäftsanteiles ist aber nicht vormerkungsfähig. Nur schuldrechtliche Ansprüche auf Einräumung, Änderung, Übertragung oder Aufhebung eines dinglichen Rechts an Grundstücken oder Grundstücksbelastungen können durch Vormerkung gesichert werden (Demharter, aaO., Rdnr. 94; Schönke/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 1483). Durch eine Vormerkung gesichert werden soll nach dem Willen der Vertragsbeteiligten auch nicht der Anspruch des Beteiligten zu 1) gegen die private Betreiberin auf Rückübertragung des Geschäftsanteils, sondern gegen die Beteiligte zu 2) auf Rückübertragung der dieser in Teil B der Urkunde vom 26.06.2000 übertragenen Grundbesitzes. Dies hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller jedenfalls in seiner Erklärung vom 09.04.2003 klargestellt. Dieser vom Notar unterschriebenen und mit seinem Amtssiegel versehenen Erklärung kommt die Bedeutung einer Eigenurkunde zu, die den Formerfordernissen des § 29 GBO genügt (BGH Rpfleger 1980, 465; BayObLG DNotZ 1983, 434; Senat MittBayNot 2001, 225; Demharter, aaO., § 29, Rdnr. 35). Zur Änderung der am 26.06.2000 in Teil B § 5 Nr. 4 des Vertrages von ihm beurkundeten Bewilligungserklärung hinsichtlich des durch Rückauflassungsvormerkung zu sichernden Anspruchs war der Notar entgegen der Auffassung der Vorinstanzen auf Grund der ihm in Teil B § 8 Nr. 3 erteilten Vollmacht auch ermächtigt. Der als Vertragsbestandteil in der Form des § 29 GBO mitbeurkundeten Vollmacht, "alle Erklärungen abzugeben, die zum grundbuchlichen Vollzug dieses Vertrages etwa noch erforderlich sein sollten", ist der Wille der Beteiligten zu entnehmen, dass der Notar ohne nochmalige Heranziehung der Urkundsbeteiligten - auch hinsichtlich der Rückauflassungsvormerkung- die Grundstücksübertragung zum Vollzug bringt. Damit umfasst die Vollmacht auch Änderungen der Eintragungsbewilligung hinsichtlich des durch die Vormerkung zu sichernden Anspruchs. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Anspruch des Beteiligten zu 1) auf Rückübertragung des betroffenen Grundbesitzes in Teil E (Schlusserklärungen) Nr. 2 des Vertragswerkes als zukünftiger bzw. bedingter Anspruch bereits begründet worden ist und nicht, wovon die Zwischenverfügung ausgeht, erst nachträglich begründet werden müsste. Da Gläubiger und Schuldner sowie der Inhalt des Anspruchs identisch sind, kommt es nicht entscheidend darauf an, auf welchem Schuldgrund die Rückübertragung beruht, ob unmittelbar auf dem Rücktritt vom Übertragungsvertrag oder auf der Kündigung des Gewährleistungsvertrages, die auf Grund der Verknüpfung mit dem Vertrag über die Übertragung des Geschäftsanteils bzw. dem Grundstücksübertragungsvertrag nach Teil E (Schlusserklärungen ) Nr. 2 ebenfalls zur Verpflichtung zur Rückabwicklung auch dieser Vertragsbestandteile führen soll. Diese Verknüpfung haben die Vorinstanzen nicht ausreichend berücksichtigt, sondern unter Außerachtlassung der in der Erklärung vom 09.04.2003 erfolgten Klarstellung allein auf den Inhalt des § 10 des Gewährleistungsvertrages abgestellt. Dies hat auch zu einer nicht rechtsfehlerfreien engen Auslegung der Vollmacht des Notars in § 8 Nr. 3 des Grundstücksübertragungsvertrages geführt, weil davon ausgegangen wurde, ein Rückübertragungsanspruch hinsichtlich des betroffenen Grundbesitzes müsse erst noch vereinbart werden. Deshalb konnte die Vollmacht vom Senat selbständig ausgelegt werden.

Im Ergebnis können die Zwischenverfügung vom 08.04.2003 und damit die sie bestätigende landgerichtliche Entscheidung keinen Bestand haben, da sie die Antragsteller durch die Erklärung des Notars vom 09.04.2003, der - wie bereits ausgeführt- die Bedeutung einer notariellen Eigenurkunde zukommt, bereits erfüllt haben.

Ende der Entscheidung

Zurück