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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.09.2005
Aktenzeichen: 20 W 192/05
Rechtsgebiete: HandelsregisterVO, HGB


Vorschriften:

HandelsregisterVO § 40
HGB § 106 II
HGB § 125
HGB § 161 II
HGB § 170
Die einem Kommanditisten rechtsgeschäftlich im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Vertretungsmacht für die KG kann nicht nach dem nur für die organschaftliche Vertretung geltenden § 106 Abs. 2 Ziffer 4 HGB zum Handelsregister angemeldet und eingetragen werden.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, wurde am 24. Januar 2005 in das Handelsregister eingetragen.

Mit Beschluss vom gleichen Tage lehnte das Registergericht deren Antrag ab, zusätzlich in das Handelsregister A einzutragen, dass der Kommanditist, der zugleich zum Geschäftsführer der Komplementar-GmbH bestellt wurde, für die KG geschäftsführungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die dispositive Regelung des § 164 HGB gestatte zwar die Einräumung einer Geschäftsführungsbefugnis an den Kommanditisten, die jedoch nur das Innenverhältnis der Gesellschaft betreffe und nicht im Handelsregister zu verlautbaren sei. Demgegenüber sei eine Vertretungsbefugnis des Kommanditisten nach der zwingenden Regelung des § 170 HGB ausgeschlossen, so dass diesem eine Vertretungsmacht nur durch Prokura oder Vollmacht mit Außenwirkung erteilt werden könne.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde machte die Antragstellerin insbesondere geltend, nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BStBl. 1996, 523) könne dem Kommanditisten sehr wohl die organschaftliche Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag übertragen werden. Dies habe einkommenssteuerrechtlich zur Folge, dass die Gesellschaft nicht im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt sei, wenn dieser Kommanditist eine natürliche Person sei.

Das Landgericht wies die Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss vom 23. Februar 2005 unter Bestätigung der Rechtsauffassung des Registergerichts zurück und führte zur Begründung aus, in das Handelsregister sei nicht die rechtsgeschäftliche, sondern nur die organschaftliche Vertretungsmacht der Gesellschafter einzutragen, die für einen Kommanditisten zwingend ausgeschlossen sei. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus der von der Antragstellerin in Bezug genommenen Entscheidung des BFH, welche im Übrigen vor der Einführung der hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB im Jahre 2001 ergangen sei.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der weiteren Beschwerde, mit der sie weiterhin die Auffassung vertritt, einem Kommanditisten könne die organschaftliche Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft übertragen werden, die auch in das Handelsregister einzutragen sei.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Vorinstanzen haben die Eintragung der dem Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Geschäftsführungsbefugnis nebst Befreiung gemäß § 181 BGB zu Recht abgelehnt, da es sich hierbei nicht um eine in das Handelsregister eintragungsfähige Tatsache handelt. Die Geschäftsführungsbefugnis betrifft das Innenverhältnis der Gesellschafter und kann bereits deshalb im Handelsregister nicht verlautbart werden. Die einem Kommanditisten erteilte Vertretungsmacht beruht nicht auf dessen Organstellung und kann deshalb nicht zur Eintragung im Handelsregister nach § 106 Abs. 2 Ziffer 4 HGB angemeldet werden.

Nach der gemäß § 161 Abs. 2 HGB auch auf die KG anwendbaren Vorschrift des § 106 Abs. 2 Ziffer 4 HGB hat die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister neben den Angaben zu den Gesellschaftern, der Firma und dem Beginn der Gesellschaft auch die Vertretungsmacht der Gesellschafter zu enthalten. Diese Regelung wurde durch das Gesetz über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation vom 14. Dezember 2001 - ERJuKoG - (BGBl. I S. 3422) eingeführt, das am 15. Dezember 2001 in Kraft getreten ist. Nach der zuvor geltenden Vorschrift des § 25 Abs. 4 a. F. HGB, die zugleich abgeschafft wurde, waren für Personengesellschaften nur solche Regelungen der Vertretungsmacht von Gesellschaftern zum Handelsregister anzumelden, die von der gesetzlich vorgesehenen Einzelvertretung abwichen. Die neue Regelung des § 106 Abs. 2 Ziffer 4 HGB bezweckt die Erhöhung der Übersichtlichkeit des Handelsregisters und dessen Verständlichkeit auch für Ausländer, indem die Vertretungsmacht der organschaftlichen Vertreter unmittelbar und stets aus dem Handelsregister ersichtlich sein soll (vgl. BT-Drucks. 14, 6855 S. 19; Gustavus NotBZ 2002, 77/79; Melchior/Schulte, HandelsregisterVO, § 40 Rn. 19).

Bei der KG gilt die Regelung des § 106 Abs. 2 Ziffer 4 HGB nur für die persönlich haftenden Komplementäre. Sie kann auf Kommanditisten keine Anwendung finden, da diese nach § 170 HGB zwingend von der organschaftlichen Vertretung der KG ausgeschlossen sind und in das Handelsregister nur die im Gesetz oder der HandelsregisterVO aufgeführten Tatsachen eingetragen werden dürfen.

In diesem Zusammenhang haben die Vorinstanzen zutreffend auf die gebotene und auch für den vorliegenden Fall maßgebliche Differenzierung zwischen der Geschäftsführungsbefugnis einerseits und der Vertretungsmacht andererseits hingewiesen. Wegen des dispositiven Charakters des § 164 HGB kann dem Kommanditisten im Innenverhältnis zwar abweichend vom gesetzlichen Leitbild eine Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden (vgl. BGH BB 1976, 526; Baumbach/Hopt, HGB,31. Aufl., § 164 Rn. 7). Hiervon muss jedoch die Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis gegenüber Dritten unterschieden werden. Die Vertretungsmacht für Personenhandelsgesellschaften kann sich aus Organschaft oder Rechtsgeschäft ergeben. Die organschaftliche Vertretungsmacht, die auf der Stellung als Gesellschafter beruht, ist in §§ 125 ff HGB geregelt und nur im dortigen Umfang zur Disposition der Gesellschafter gestellt. Für den Kommanditisten ist durch die nicht zur Disposition der Gesellschafter stehende gesetzliche Regelung des § 170 HGB nach ganz herrschender Auffassung, der auch der Senat folgt, eine organschaftliche Vertretungsmacht zwingend ausgeschlossen (vgl. BGHZ 51, 20; Baumbach/Hopt, a.a.O., § 170 Rn. 1; Koller/Roth/Morck, HGB, 5. Aufl., § 170 Rn. 1; Röhricht-von Westphalen, HGB, 2. Aufl., § 1270 Rn. 1 und 8; Stuhlfellner, HK-HGB, 6. Aufl., § 170 Rn. 1; Ensthaler, GK-HGB, 6. Aufl., § 170 Rn. 2 und 5). Demgegenüber kann eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht jeder Art, die nicht an die Gesellschafterstellung gebunden ist, wie jedem Dritten auch einem Kommanditisten etwa in Gestalt einer Prokura, Handlungsvollmacht oder Generalvollmacht eingeräumt werden (vgl. BGHZ 17, 394 und 36, 295; Baumbach/Hopt, a.a.O., § 170 Rn. 3 und 4; Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch der GmbH & Co KG, 19. Aufl., § 6 Rn. 25; Binz/Sorg, Die GmbH & Co KG, 10. Aufl., § 5 Rn. 2). Dies kann auch im Gesellschaftsvertrag geschehen. Der Umfang der dem Kommanditisten in diesem Fall rechtsgeschäftlich eingeräumten Vertretungsmacht ergibt sich dann - sofern nicht von den gesetzlich in §§ 49 und 54 HGB ausgestalteten Formen der Prokura oder Handlungsvollmacht Gebrauch gemacht wird - aus dem Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung.

Die Möglichkeit der Erteilung einer Vertretungsmacht an den Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag ändert jedoch nichts daran, dass es sich hierbei nicht um eine organschaftliche, sondern um eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht handelt, auf die die Sonderregelungen der §§ 125 - 127 HGB für die organschaftliche Vertretungsmacht keine unmittelbare Anwendung finden.

Soweit in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, die einem Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag erteilte Vertretungsmacht sei organschaftlicher Natur bzw. auf eine Differenzierung der Vertretungsmacht des Kommanditisten auf rechtsgeschäftlicher oder organschaftlicher Grundlage könne verzichtet werden, (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Weipert, HGB, § 170 Rn. 11; Grunewald MünchKomm HGB, § 170 Rn. 13) vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Denn diese Differenzierung beruht nicht nur auf dogmatischen Erwägungen, sondern kann auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, da für die organschaftliche Vertretungsmacht in §§ 125 - 127 HGB bezüglich Umfang und Entziehung gesetzliche Sonderregelungen bestehen, mit denen gerade der Rechtsstellung des persönlich haftenden Gesellschafters Rechnung getragen werden soll und die deshalb nicht ohne weiteres und in vollem Umfang auf den Kommanditisten mit rechtsgeschäftlich eingeräumter Vertretungsmacht übertragen werden können.

Durch die gesetzliche Neuregelung des § 106 Abs. 2 Ziffer 4 HGB hat sich jedoch nichts an dem Grundsatz geändert, dass im Handelsregister nur die organschaftliche Vertretungsmacht der Gesellschafter, nicht jedoch die rechtsgeschäftlich einem Gesellschafter eingeräumte Vertretungsmacht anzumelden und einzutragen ist (vgl. Langhein Münch Komm HGB § 106 Rn. 32; Müther, Das Handelsregister in der Praxis, § 8 Rn. 14). Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 40 Ziffer 5 (2) d) HandelsregisterVO, wonach in Spalte 5 der Abteilung A des Handelsregisters als der Eintragung unterliegende sonstigen Rechtsverhältnisse bei der oHG und KG nur die Vertretungsbefugnis der persönlich haftenden Gesellschafter sowie bei Kreditinstituten die Vertretungsbefugnis der gerichtlich bestellten vertretungsbefugten Personen aufgeführt sind.

An der fehlenden Eintragungsfähigkeit der hier angemeldeten Geschäftsführungsbefugnis des Kommanditisten vermag auch der Hinweis der weiteren Beschwerde auf die Entscheidung des BFH (a. a. 0.) nichts zu ändern. Diesbezüglich hat das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass diese Entscheidung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung des § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB im Jahre 2001 ergangen ist. Im Übrigen hat diese Entscheidung ihren Schwerpunkt in steuerrechtlichen Fragen. Soweit dort am Rande die Möglichkeit der Eintragung einer einem Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Vertretungsmacht im Handelsregister in Erwägung gezogen wird, vermag der Senat sich dem aus den vorgenannten Gründen nicht anzuschließen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Kost0.

Ende der Entscheidung

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