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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.10.2005
Aktenzeichen: 20 W 198/05
Rechtsgebiete: SpruchG, ZPO


Vorschriften:

SpruchG § 3
SpruchG § 4 I
SpruchG § 6
SpruchG § 12
SpruchG § 17 I
ZPO § 66
Wer als Aktionär nach § 3 SpruchG antragsberechtigt gewesen wäre, jedoch die Antragsfrist des § 4 Abs. 1 SpruchG versäumt hat, kann sich dem rechtzeitig gestellten Antrag eines anderen Aktionärs auf Einleitung eines Spruchverfahrens nicht im Wege der Nebenintervention anschließen.
Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin und die A AG schlossen am 26. April 2004 einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag ab, der nach Zustimmung der Hauptversammlung der A AG mit Beschluss vom 8. Juni 2004 am 9. Juni 2004 in das Handelsregister eingetragen und am 9. Juli 2004 im Bundesanzeiger als letztem Veröffentlichungsorgan bekannt gemacht wurde.

Nach Ablauf der Antragsfrist erklärte die Beschwerdeführerin mit Nebeninterventionsschriftsatz vom 13. Oktober 2004, bei Gericht eingegangen am 22. Oktober 2004, den Beitritt zu dem Verfahren, mit welchem die Antragstellerin B AG mit einem am 10. September 2004 bei dem Landgericht Frankfurt am Main eingegangenen Schriftsatz rechtzeitig neben vielen anderen Personen Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Spruchverfahren gegen die Antragsgegnerin über die Angemessenheit der Barabfindung und des Ausgleiches gestellt hatte. Die Beschwerdeführerin legte eine Bestätigung ihrer Depotbank vom 11. Oktober 2004 bei, mit der ihre ununterbrochene Aktionärsstellung vom 8. Juni 2004 bis zum Ausstellungsdatum sowie die Sperrung einer Aktie der A AG bescheinigt wurde (Bl. 359).

Die Antragsgegnerin beanstandete in ihrer Antragserwiderung vom 22. November 2004 die Nebenintervention als im Spruchverfahren unzulässig.

Das Landgericht räumte allen Antragstellern und der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom 30. November 2004 Gelegenheit zur Stellungnahme zur Rüge der Zulässigkeit binnen eines Monats ein.

Das Landgericht wies mit Beschluss vom 4. März 2005 die Nebenintervention der Beschwerdeführerin zurück und führte zur Begründung aus, im Spruchverfahren sei die Nebenintervention eines Aktionärs, der selbst einen Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens hätte stellen können, nicht statthaft.

Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie ihre Rechtsauffassung, wonach ihre Nebenintervention zulässig sei, vertieft und insbesondere geltend macht, das Landgericht hätte mangels diesbezüglicher Rüge der Antragsgegnerin die Zulässigkeit der Nebenintervention nicht in Frage stellen dürfen; im übrigen sei eine Versagung der Nebenintervention verfassungswidrig.

Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II.

Die sofortige Beschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerin gegen die Zurückweisung ihrer Nebenintervention wendet, ist gemäß § 12 Abs. 1 SpruchG zulässig. Sie wurde formgerecht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SpruchG durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung der landgerichtlichen Entscheidung gemäß §§ 11 Abs. 3, 12 Abs. 1 Satz 1 SpruchG, 22 Abs. 1 Satz 1 FGG eingelegt. Unabhängig von der Frage der Antragsberechtigung im Ausgangsverfahren ist die Beschwerdeführerin jedenfalls deshalb beschwerdebefugt, weil ihr Antrag auf Nebenintervention vom erstinstanzlichen Gericht als unzulässig zurückgewiesen wurde (vgl. BGH NJW 1989, 1860; Keidel/Kuntze/ Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 FGG Rn. 10 m. w. N.).

Die sofortige Beschwerde führt aber in der Sache nicht zum Erfolg. Das Landgericht hat zutreffend die Nebenintervention im vorliegenden Fall als unzulässig zurückgewiesen.

Zur Klarstellung ist eingangs darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen im Beschluss des Landgerichts auf S. 7 unten und 8 oben bezüglich " der Beteiligten zu 54)" sich inhaltlich nicht auf die Beschwerdeführerin beziehen, die im Rubrum des Beschlusses als solche bezeichnet wird, sondern ersichtlich die Antragstellerin zu 53) betreffen, so dass insoweit ein offensichtliches Schreibversehen vorliegt. Mit der Nebenintervention der Beschwerdeführerin befasst sich der landgerichtliche Beschluss auf S. 12 Mitte. Die dortigen Ausführungen zur Unstatthaftigkeit der Nebenintervention sind rechtlich zutreffend.

Für die entsprechende Anwendung der §§ 66 ff ZPO im Spruchverfahren ist für Personen, denen eine eigene Antragsberechtigung zur Einleitung eines Spruchverfahrens zwar zustand, die aber die Antragsfrist des § 4 Abs. 1 SpruchG versäumt haben, kein Raum (vgl. BayObLG, Beschluss vom 15. November 2001, ZIP 2002, 127 = AG 2003, 32; Klöcker/Frowein, a.a.O., § 3 Rn. 29).

Die Verfahrensordnung des FGG, auf welche § 17 Abs. 1 SpruchG ergänzend verweist, enthält zur Nebenintervention keine ausdrückliche Regelung. Ihre entsprechende Anwendung wird zwar für echte Streitverfahren in Erwägung gezogen. Sinn und Zweck der Nebenintervention ist es jedoch, solchen Personen, die wegen einer gesetzlichen Beschränkung des Kreises der Beteiligten oder fehlender materieller Beteiligung selbst nicht unmittelbar am Verfahren beteiligt sein können, die Möglichkeit zur Verfahrensteilnahme einzuräumen, wenn sie ein anerkennenswertes Interesse am Verfahrensausgang haben. Dies trifft auf Aktionäre mit eigener Antragsberechtigung im Spruchverfahren nicht zu. Diese können ihr Interesse an der Beeinflussung des Verfahrensausgangs durch einen eigenen Antrag wahrnehmen, für dessen Einreichung § 4 SpruchG eine Ausschlussfrist von drei Monaten vorsieht. Verzichtet ein Antragsberechtigter auf die Stellung eines eigenen Antrages oder erweist sich dieser als unzulässig, so werden seine Interessen im Spruchverfahren durch den gemeinsamen Vertreter nach § 6 SpruchG wahrgenommen. Deshalb besteht für den selbst antragsberechtigten Aktionär kein Bedürfnis zur Zulassung einer Nebenintervention in entsprechender Anwendung der §§ 66 ff ZPO. Darüber hinaus würde dies auch dem gesetzlichen Zweck der Befristung des Antrages zuwider laufen. Im übrigen hat die Antragsgegnerin sich in ihrem Schriftsatz vom 22. November 2004 entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin ausdrücklich gegen die Zulässigkeit der Nebenintervention gewandt. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, die Versagung der Nebenintervention in ihrem Falle sei verfassungswidrig, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Sie hätte ihre Rechte in eigener Person durch rechtzeitige Antragstellung wahrnehmen können. Eine Richtervorlage nach Art. 100 GG kommt deshalb nicht in Betracht.

Vielmehr war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 115 Abs. 1 Satz 1 SpruchG i.V.m. § 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO. Da die Beschwerdeführerin letztlich die Einbeziehung ihrer Person in das Spruchverfahren mit ähnlicher Stellung und Einfluss wie ein zuzulassender Antragsteller erstrebt, erscheint es dem Senat angemessen, den in § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG vorgesehenen Mindestwert von 200.000,-- EUR, der auch für solche Verfahren maßgeblich ist, die die Zulässigkeit eines Antrages betreffen, auch für das hiesige Verfahren zu Grunde zu legen.

Ende der Entscheidung

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