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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 27.03.2006
Aktenzeichen: 20 W 204/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 1004
WEG § 14 1
WEG § 15 III
WEG § 22 I
WEG § 47
1. Die Einhaltung der DIN-Normen für den Schallschutz im Hochbau schließt regelmäßig eine auf Lärmbelästigung gestützte erhebliche Beeinträchtigung im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG durch eine bauliche Veränderung (hier Unterputzverlegung von Heizungsrohren) aus.

2. Eine unselbständige Anschlussbeschwerde kann auf die Kostenentscheidung beschränkt werden. Da sie sich aber nicht auf den Beschwerdewert auswirkt, führt eine Erfolglosigkeit der Anschlussbeschwerde auch nicht zu einer Kostenbelastung der Anschlussbeschwerdeführer.


Gründe:

Die Beteiligten sind jeweils Wohnungserbbauberechtigte der aus 11 Reihenhäusern bestehenden WEG ...weg ... in O1, wobei die Antragsteller die Berechtigten des Erbbaurechtes Nr. ... - ...weg ... - und die Antragsgegner die Berechtigten des benachbarten Erbbaurechtes Nr. ... - ...weg ... - sind.

Begründet wurde das Wohnungseigentum vor Errichtung der Reihenhäuser durch notarielle Teilungserklärung vom 28.12.1988, in der u.a. folgende Regelung enthalten ist (Bl. 11,12 d. A.):

"Folgende Anlagen und Bauteile, die rechtlich zwingend Gemeinschaftseigentum sind, sollen wirtschaftlich wie Sondereigentum behandelt werden, also unter Beachtung der Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung der alleinigen Disposition der Sondereigentümer und damit deren Instandhaltung und ggf. Wiederherstellungspflicht unterliegen (Sondernutzungsrecht):

a) die Außenwände und die innere Hälfte der Trennwände zum Nachbarhaus mit allen dazwischen liegenden Bauteilen,

b) ...

c) sämtliche Terrassen, Außentreppen und sonstigen Anbauten und in den Außenwänden angebrachten Einrichtungen,

d) sämtliche Außentüren und Fenster,..."

Die in der Teilungserklärung unter III enthaltene Gemeinschaftsordnung enthält in § 2 Ziff. 2 u.a. folgende Regelung (Bl. 13, 14 d. A.):

"Jede Veränderung der äußeren Gestaltung eines Eigenheimes oder einer Sondernutzungsfläche ist der Verwaltung anzuzeigen.

Sie bedarf der Zustimmung der Sondereigentümer von mindestens 8 Eigenheimen, wenn sie nicht mit den ursprünglichen Planvorgaben des Bauantrages in Einklang steht. Keiner Zustimmung bedarf die Anbringung von Bauteilen, die bei anderen Häusern dieser Anlage planerisch vorgesehen waren oder später mit der erforderlichen Zustimmung hergestellt worden sind."

Am 04.01.1989 wurden von dem Magistrat der Stadt O1 unter Bezugnahme auf die Bauanträge vom 12.07.1988 die Baugenehmigungen für die einzelnen Reihenhäuser erteilt, wobei diese Genehmigungen u.a. folgende Auflagen enthalten:

"Ziff. 3:Carport, Balkone, Wintergärten, Rankgerüste und sonstige Nebenanlagen sind für die ganze Baugruppe einheitlich in Gestaltung, Farbgebung und im konstruktiven Detail auszuführen....

Ziff. 15.:Das Einstemmen von Wandschlitzen zur Verlegung von Installationsleitungen in die Gebäudetrennwände ist unzulässig."

Im Übrigen wird wegen des genauen Inhaltes der Baugenehmigung für das Haus der Antragsgegner auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 25 - 32 d. A.) und die zugrunde liegenden Planzeichnungen (Bl. 66-69 und Bl. 78 d. A.) Bezug genommen.

Die Reihenhäuser wurden sodann errichtet und zwar grundsätzlich so, dass jedes Haus auch zum jeweiligen Nachbarhaus hin eigene Außenwände hat. Außerdem wurden mit Ausnahme der Keller entgegen der Auflage Ziff. 15 der Baugenehmigung die Installationsleitungen in den übrigen Geschossen der Häuser unter Putz verlegt. Zwei der Reihenhäuser, nämlich die Häuser ...weg ... und ..., wurden entsprechend der aus der Planskizze des Gesamtobjektes (Bl. 78 d. A.) ersichtlichen Planung im Bereich der Terrasse mit einer Kelleraußentreppe errichtet. Außerdem wurde auch das Reihenhaus Nr. ... von Anfang an mit einer entsprechenden Außentreppe gebaut.

Die Antragsgegner haben dann später - die jeweils genauen Zeitpunkte sind zwischen den Beteiligten streitig - ohne vorherige Zustimmung der anderen Erbbauberechtigten verschiedene bauliche Veränderungen an ihrem Reihenhaus vorgenommen. Zum einen haben die Antragsgegner einen Kellerraum zu Wohnzwecken ausgebaut und hierbei die Rohre u. a. in die Trennwand zum Haus der Antragsteller unter Putz verlegt, also Schlitze geklopft, die Rohre verlegt und wieder verputzt. Zum anderen haben die Antragsgegner im Bereich ihrer Terrasse das bis auf Terrassenhöhe anstehende Erdreich teilweise abgetragen, dort eine aus Klinkern gemauerte Kelleraußentreppe errichtet sowie eine Kellertüre aus Holz und Glas eingebaut und eines der zuvor mit Lichtschächten versehenen Kellerfenster von einer Größe von 74 x 44 cm auf eine Größe von 89 x 90 cm verändert. Insoweit wurde den Antragsgegnern eine Nachtragsgenehmigung vom 08.06.1995 (Bl. 181-185 d. A.) erteilt. Auch die Antragsteller haben ihren Kellerraum zu Wohnzwecken ausgebaut und die Kellerfenster vergrößert.

Im Übrigen wird zur genauen Beschreibung der derzeitigen baulichen Situation des Reihenhauses der Antragsgegner und der gesamten Reihenhausanlage Bezug genommen auf die von den Antragsgegnern zur Akte gereichten und die im Rahmen der Beweisaufnahme erstellten Lichtbilder (Bl. 127-130 R d. A. sowie Bl. 163-180 d. A.).

Wegen schon zum damaligen Zeitpunkt bestehender verschiedener Streitfragen zwischen den Erbbauberechtigten war es am 11.11.1994 zu einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung gekommen, über deren Verlauf im Protokoll vom 26.11.1994 unter TOP 9.2 u.a. folgendes ausgeführt ist (Bl. 65 d. A.):

"Rücksprache mit der Bauaufsicht ergab, dass das senkrechte Verlegen von Installationsleitungen in den Brandwänden in diesem Fall ohne Bedeutung sei, da die Leitungen, wie auch von Herrn A für alle anderen verlegten Installationsleitungen bestätigt, vermutlich in allen Häusern, die Wand um weniger als 12 cm schwächen. Da die Haustrennwände doppelt ausgeführt und auch noch mit Mineralwolle gedämmt seien, sehe die Bauaufsicht die für solche Häuser nötige Brandschutzklasse von F 30 B als eingehalten an und beabsichtige keine weiteren Erhebungen mehr."

Mit dem im August 1998 anhängig gemachten Verfahren haben die Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegner zur Beseitigung der baulichen Veränderungen und der Herstellung des ursprünglichen Zustandes geltend gemacht. Die Antragsteller haben behauptet, sämtliche in Rede stehenden baulichen Veränderungen seien in der ersten Jahreshälfte 1994 erfolgt. Die Antragsteller hätten sie mehrfach beanstandet, zuletzt mit Schreiben vom 06.02.1996 (Bl. 23, 24 d. A.).

Soweit von den Antragsgegnern zum einen die Außentreppe und die Kellertüre neu errichtet und in diesem Zusammenhang auch eines der beiden Kellerfenster vergrößert worden sei, seien diese die äußere Gestaltung ihres Reihenhauses betreffenden Maßnahmen ohne die nach der Teilungserklärung erforderliche Zustimmung der Sondereigentümer von mindestens 8 Eigenheimen erfolgt. Diese Zustimmung sei auch nicht entsprechend der Ausnahmeregelung des § 2 Ziff. 2 der Gemeinschaftsordnung entbehrlich gewesen, weil diese nicht den ursprünglichen Planvorgaben entsprächen. Zum einen sei bezüglich des Reihenhauses der Antragsgegner eine Kelleraußentreppe nicht in der Planung vorgesehen gewesen und zum anderen seien die streitige Außentreppe sowie die Türen und die Fenster der Antragsgegner auch nicht entsprechend der Bauweise der anderen Treppen an den Häusern 52, 58 und 60 ausgeführt worden.

Außerdem sei die bauliche Veränderung für die Antragsteller beeinträchtigend, da jedenfalls im Winter ohne verdeckende Bepflanzung der Treppenbereich voll einsehbar und der ästhetische Eindruck des Hauses nachteilig verändert sei. Des Weiteren sei die statische Unbedenklichkeit des im Kellerraum installierten Fenster/Türelements nicht nachgewiesen.

Soweit von den Antragsgegnern im Keller Heizungsrohre unter Putz verlegt worden seien, sei dieses von den Antragstellern schon deshalb nicht zu dulden, weil diese Maßnahme baurechtlich unzulässig sei. Davon abgesehen sei durch diese bauliche Veränderung auch eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung der Antragsteller verursacht worden, da nunmehr die Schallschutzvorschriften nicht mehr eingehalten seien und eine verstärkte Übertragung von Tritt- und Raumschall bestehe.

Die Antragsteller haben erstinstanzlich beantragt,

die Antragsgegner zu verpflichten, die im südlichen Kellerbereich des Hauses ...weg ... in O1 installierte Holzeingangstür zu entfernen und durch Mauerwerk zu ersetzen, ebenso die beiden dort befindlichen Kellerfenster zu entfernen und durch zwei Kellerfenster der Größe 50 x 80 cm mit Mäusegitter und Lichtschächten zu ersetzen und die zur Kellersohle führende Außentreppe zu entfernen sowie Erdreich in diesem Bereich anzufüllen bis zum Niveau der auf dem Grundstück der Antragsgegner befindlichen Terrasse sowie den Antragsgegnern weiterhin aufzugeben, die in den Gebäudetrennwänden im südlichen Keller des Hauses ...weg ... gelegenen Heizungsrohrleitungen zu entfernen und das Mauerwerk an den entsprechenden Stellen den Regeln der Baukunst entsprechend zu verschließen.

Die Antragsgegner haben erstinstanzlich beantragt,

die Anträge der Antragsteller zurückzuweisen.

Die Antragsgegner sind der Auffassung gewesen, dass eine Zustimmung der übrigen Erbbauberechtigten zur Errichtung ihrer Kelleraußentreppe nebst Türe nicht erforderlich gewesen sei, da zum einen die Treppe und logischerweise eine dazu gehörende Kellertüre ausweislich der Schnittzeichnung des Planes ihres Reihenhauses und zum anderen ausweislich der Gesamtskizze der Reihenhausanlage an weiteren Häusern Außenkellertreppen vorgesehen gewesen seien. Entsprechend der Planung ihres Reihenhauses seien die Fundamente der Treppe bereits mit den Rohbaumaßnahmen 1989 hergestellt und die Treppe 1990 errichtet worden. Lediglich die Kellertüre sei erst zu einem späteren Zeitpunkt eingebaut worden. Nicht zutreffend sei auch, dass ihre Kellertreppe nicht als vergleichbares Bauteil zu den anderen Treppen zu bewerten sei, sondern sie entspreche diesen Treppen in Größe und Lage. Eine absolut identische Ausführung durch Verwendung der gleichen Materialien sei dagegen in der Baugenehmigung ebenso wenig vorgesehen, wie z.B. bezüglich der Terrassenbeläge, die bei den einzelnen Reihenhäusern ebenfalls unterschiedlich ausgeführt seien. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, inwieweit die Antragsteller überhaupt durch die Treppe, die Türe und die Kellerfenster beeinträchtigt würden.

Auch treffe es nicht zu, dass die von den Antragstellern beanstandete Unterputzverlegung der Heizungsrohre im Keller der Antragsgegner baurechtlich unzulässig sei. Insoweit habe 1994 zwischen den Antragsgegnern, dem Architekten der Anlage, Herrn A, und dem stellvertretenden Bauamtsleiter der Stadt O1, B, ein Gespräch stattgefunden, anlässlich dessen von Herrn B erklärt worden sei, dass die Unterputzverlegung nicht beanstandet werde. Auch sei eine Beeinträchtigung der Antragsteller durch eine verstärkte Schallübertragung zu bestreiten.

Das Amtsgericht Darmstadt hat gemäß der Beschlüsse vom 04.02.1999 (Bl. 117-119 d. A.), 06.07.1999 (Bl. 142 d. A.), 08.6.2000 (Bl. 208 d. A.) und 01.02.2001 (Bl. 258, 259 d. A.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Bausachverständigen C nebst Ergänzungsgutachten und mündlicher Erläuterung sowie durch Einholung eines bauakustischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. D.

Insoweit wird wegen des genauen Inhaltes der Beweisbeschlüsse auf deren schriftliche Fassungen und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen C vom 17.11.1999 (Bl. 151-187 d. A.), dessen Ergänzungsgutachten vom 20.07.2000 (Bl. 213-217 d. A.), die Stellungnahme vom 07.12.2000 (Bl. 232-234 d. A.) und die Sitzungsniederschrift des mündlichen Erörterungstermins vom 01.02.2001 (Bl. 255, 256 d. A.) sowie das Gutachten des Sachverständigen Prof. D vom 26.06.2001 (Bl. 277-297 d. A.) .

Nach Durchführung dieser Beweisaufnahme hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 19.10.2001 (Bl. 237-244 d. A.), auf dessen Begründung Bezug genommen wird, den Antrag der Antragsteller zurückgewiesen, den Antragstellern die Tragung der Gerichtskosten einschließlich der Kosten der Beweisaufnahme auferlegt und im Übrigen eine Auslagenerstattung nicht angeordnet.

Gegen diesen ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 01.11.2001 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller mit bei Gericht am 15.11.2001 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt.

In der Beschwerdeinstanz haben die Antragsteller ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und des Weiteren behauptet, dass durch die Unterputzverlegung der Heizungsrohre im Keller der Antragsgegner gegen die Teilungserklärung verstoßen werde und die Brandschutznormen verletzt seien. Die Antragsgegner hätten auch nicht den Nachweis erbracht, dass der Einbau der Kellertür und des größeren Kellerfensters statisch unbedenklich und fachgerecht ausgeführt sei.

Die Antragsteller haben im Beschwerdeverfahren beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 19.10.2001 abzuändern und entsprechend der erstinstanzlichen Anträge der Antragsteller zu entscheiden.

Die Antragsgegner haben beantragt,

die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückzuweisen.

Die Antragsgegner haben die Auffassung vertreten, die Treppe müsse gestalterisch nicht mit den in mindestens drei weiteren Häusern vorhandenen Außentreppen identisch sein. Selbst wenn man von einem derartigen Erfordernis ausgehe, könnten die Antragsteller allenfalls eine andere Gestaltung, aber keine Beseitigung der Treppe verlangen. Da die Kellertür und das Kellerfenster nur mit Mühe von den Nachbargrundstücken einsehbar seien, liege keine nachteilige Veränderung des ästhetischen Gesamteindrucks vor. Die Antragsgegner haben weiter darauf verwiesen, dass die Baugenehmigung für die Größe der Kellerfenster keine verbindlichen Vorgaben aufweise. Hinsichtlich der beanstandeten Unterputzverlegung der Heizungsrohre habe der stellvertretende Bauamtsleiter der Stadt O1 in einem Gespräch mit dem Architekten 1994 erklärt, dass keine Bedenken aus brandschutzrechtlichen Gründen erhoben würden.

Die Kammer hat gemäß Beschluss vom 07.08.2002 (Bl. 273 d. A.) Beweis erhoben durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Magistrats der Stadt O1 über die Behauptung der Antragsgegner, dass die unter Putz verlegten Rohrleitungen nicht baurechtswidrig seien und insoweit anlässlich einer 1994 erfolgten Ortsbesichtigung von dem stellvertretenden Bauamtsleiter B erklärt worden sei, dass von Seiten des Bauamtes aufgrund der jeweils eigenen Trennwände der Reihenhäuser keine Bedenken bestünden. Insoweit wird wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme Bezug genommen auf die erteilte Auskunft vom 02.10.2002 (Bl. 276, 277 d. A.).

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 12.03.2003 (Bl. 284-293 d. A.) die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen und keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten angeordnet.

In der Begründung der Entscheidung wird ausgeführt, da unstreitig jedenfalls bei zwei der elf Reihenhäuser eine Kelleraußentreppe im Terrassenbereich planerisch vorgesehen war, habe die Errichtung der Kelleraußentreppe der Antragsteller keiner Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bedurft. Deshalb komme es nicht darauf an, ob eine optische Beeinträchtigung vorliege. Auch die von den Antragstellern monierte Abweichung in der Ausgestaltung sei unmaßgeblich.

Hinsichtlich der Vergrößerung des Kellerfensters könne bereits an Hand der Lichtbilder festgestellt werden, dass diese für die Antragsteller nicht einsehbar seien und deshalb sie nicht beeinträchtigen könnten.

Da sowohl die maßgebliche DIN-Norm für den Schallschutz als auch die Brandschutzanforderungen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eingehalten seien, müsse die Verlegung der Heizungsrohre unter Putz von den Antragstellern hingenommen werden.

Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten laut Empfangsbekenntnis am 25.03.2003 zugestellten landgerichtlichen Beschluss haben die Antragsteller mit am 08.04.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt. Dass der Schallschutz derzeit trotz der Rohrverlegung unter Putz ausreichend sei, liege nur an den Einbauten der Antragsteller in ihrem Sondereigentum. Insoweit sei den Instanzen mangelhafte Aufklärung vorzuwerfen. Dies gelte auch insoweit, als die Holz/Glas-Ausführung der Kellertreppe keinen ausreichenden Brandschutz biete. Auch deshalb sei eine Beeinträchtigung der Antragsteller gegeben. Schon deshalb, weil es sich bei den Gebäudetrennwänden zwingend um gemeinschaftliches Eigentum handele, seien Veränderungen daran zu beseitigen. Auch seien nach dem Gutachten des Sachverständigen C die Anforderungen der DIN für den Mauerwerksbau nicht eingehalten, weshalb eine Beeinträchtigung der Antragsteller vorläge.

Die Antragsgegner sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten und verteidigen die Entscheidung des Landgerichts. Außerdem beantragen sie mit ihrer Anschlussbeschwerde, den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat aber keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, worauf sie im Rechtsbeschwerdeverfahren allein zu überprüfen ist (§§ 43 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Die Kammer ist zu Recht stillschweigend davon ausgegangen, dass die von den Antragstellern geltend gemachten Beseitigungsansprüche gemäß §§ 1004 BGB, 14 Nr. 1 , 15 Abs. 3 WEG nicht bereits verwirkt sind. Eine Verwirkung setzt voraus, dass zu dem Zeitmoment noch ein Umstandsmoment hinzutreten muss, also besondere Umstände, die das verspätete Geltendmachen des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, weil sich der Verpflichtete darauf einrichten durfte und sich auch darauf eingerichtet hat, der Berechtigte werde sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen (Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 22, Rdnr. 45; Palandt/Bassenge: WEG, 65. Aufl., § 22, Rdnr. 21). Derartige besondere Umstände zur Begründung eines Vertrauenstatbestandes haben die Antragsgegner aber nicht vorgetragen und sie sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal die Antragsteller unwidersprochen vorgetragen haben, den Baumaßnahmen schon 1994 und 1995 widersprochen zu haben. Deshalb konnte dahingestellt bleiben, ob die Errichtung der Kelleraußentreppe entsprechend dem Vortrag der Antragsgegner bereits in 1990 bzw. das Fundament in 1989 erfolgte und ob ein Zeitablauf von ca. acht Jahren bis zur Verfahrenseinleitung zur Verwirkung ausgereicht hätte.

Es ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass die Kammer davon ausgegangen ist, für die Errichtung der Kelleraußentreppe sei entsprechend der Regelung in § 2 Ziff. 2 der Teilungserklärung keine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erforderlich gewesen, da bei mindestens zwei weiteren Häusern, nämlich ...weg Nr. ... und Nr. ..., eine Kelleraußentreppe in dem Freiflächenplan (Bl. 78 d. A.) vorgesehen war.

Sämtliche Bestimmungen des § 22 WEG sind durch Teilungserklärung/Vereinbarung abdingbar (Niedenführ/Schulze, aaO., § 22, Rdnr. 4; Palandt/Bassenge, aaO., § 22, Rdnr. 23). Der Sachverständige C hat in seinem Gutachten aufgezeigt, dass die Ausführung der Kelleraußentreppe und der Kellertür im Haus der Antragsgegner in etwa der Ausführung der Anlage bei Haus Nr. 64 entspricht. Deshalb wäre auch dann die Voraussetzung der Teilungserklärung für eine zustimmungsfreie bauliche Veränderung gegeben, wenn eine Übereinstimmung auch der Ausführungsart mit einer bei andern Häusern geplanten Anlage erforderlich wäre. Nachdem die von den Antragsgegnern gewählte Ausführungsart bei der Nachtragsgenehmigung durch das Bauamt nicht beanstandet worden ist, können die Antragsteller nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei baurechtswidrig. Da neuer Tatsachenvortrag in der weiteren Beschwerde grundsätzlich unbeachtlich ist, war die erstmalig in der Begründung der weiteren Beschwerde aufgestellte Behauptung, die in Holz und Glas ausgeführte Kellertür biete keinen ausreichenden Brandschutz, unerheblich.

Für die von den Antragsgegnern vorgenommene Vergrößerung eines Kellerfensters gilt dagegen die Abbedingung des § 22 WEG in der Teilungserklärung nicht, da die Antragsgegner selbst nicht vorgetragen haben, eine entsprechende Vergrößerung sei in einem anderen Haus geplant gewesen bzw. nachträglich mit Zustimmung vorgenommen worden. Das in der Teilungserklärung eingeräumte Sondernutzungsrecht an Außenfenstern gibt grundsätzlich kein Recht zu einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums. Deshalb war diese Maßnahme nur dann ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zulässig, wenn sie nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß beeinträchtigt werden. Von dieser Rechtslage ist die Kammer in ihrer Entscheidung ebenfalls zutreffend ausgegangen. Die Feststellung einer im Sinn der §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 WEG erheblichen Beeinträchtigung obliegt im wesentlichen der Einschätzung durch die Tatsacheninstanzen und ist vorliegend ohne Rechtsfehler von den Vorinstanzen übereinstimmend verneint worden. Die von den Antragsgegnern und den Sachverständigen vorgelegten Lichtbildern durften die Vorinstanzen zur Grundlage ihrer Beurteilung machen. Ihre Würdigung steht in Einklang mit der Beurteilung, die der Sachverständige C im Tatsächlichen getroffen hat. Auch für den Senat ist nicht nachvollziehbar, worin eine erhebliche Beeinträchtigung der Antragsteller durch das zwar vergrößerte, aber mit einem Gitter nach oben abgedeckte und durch anstehendes Erdreich nach vorne verdeckte Kellerfenster bestehen soll. Soweit die Antragsteller geltend gemacht haben, die statische Unbedenklichkeit des größeren Fensters bzw. des Fenster/Türelements im Kellerraum der Antragsgegner sei nicht nachgewiesen, brauchte das Landgericht dem nicht nachzugehen, da die Antragsteller im Hinblick auf die Genehmigung des Bauamtes aus 1995 für diese Ausgestaltung konkrete Anknüpfungstatsachen für ihre Behauptung hätten vortragen müssen, ohne die kein Anlass für weitere Ermittlungen bestand.

Soweit die Antragsgegner die Heizungsrohre im Keller unter Putz verlegt haben, ist die rechtliche Ausgangslage wie im Fall des Einbaus des vergrößerten Kellerfensters. Trotz Einräumung eines Sondernutzungsrechts an der inneren Hälfte der Trennwände zum Nachbarhaus in der Teilungserklärung, sind bauliche Veränderungen zustimmungsbedürftig, es sei denn, es erwächst keinem der anderen Wohnungseigentümer dadurch ein Nachteil, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.

Bei der Beweiserhebung im amtsgerichtlichen Verfahren hat der Sachverständige C zwar Schwächungen der Wohnungstrennwände durch die Schlitzungen festgestellt, die zu einer Schallbrücke führen, eine negative Auswirkung auf den Wärmeschutz aber ausgeschlossen. Das bauakustische Gutachten des Prof. D ist im Anschluss daran zu dem Ergebnis gekommen, dass die Schalldämmung zwischen den Häusern der Beteiligten den Anforderungen der DIN 4109 entspricht, wobei der Sachverständige die Trittschalldämmungen als außerordentlich hoch und sehr gut bezeichnet hat. Obwohl die DIN 4109 -Schallschutz im Hochbau- keine unmittelbar geltende Rechtsvorschrift ist, hat sie aber erhebliches tatsächliches Gewicht bei der Beurteilung, ob ein Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG vorliegt. Dies wird regelmäßig bei Einhaltung der DIN 4109 nicht der Fall sein (Senat, Beschluss vom 28.06.2004 -20 W 95/01-; BayObLG NJW-RR 1994, 598 und ZWE 2000, 174; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 13, Rdnr. 75; Hogenschurz MDR 2004, 201, 202). Zwar konnte der Sachverständige Prof. D keine Aussage darüber machen, inwieweit sich die Schalldämmung verschlechtert, wenn die Einbauten auf beiden Seiten entfernt werden. Darauf kommt es aber auch nicht an, denn maßgeblich dafür, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Antragsteller durch einen verminderten Schallschutz vorliegt, kann nur das Ergebnis der Messungen, nicht dessen Ursache sein, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Dies erschließt sich bereits aus der Überlegung, dass es den Antragsgegnern nicht verwehrt gewesen wäre, durch zusätzliche Einbauten eine eventuelle Minderung des Schallschutzes, verursacht durch die Unterputzverlegung der Rohre, auszugleichen. Andererseits hatten es die Antragsteller in der Hand, vor den Messungen ihre Einbauten zu entfernen, wenn deren schalldämmende Wirkung den Antragsgegnern nicht zu Gute kommen sollte.

Schließlich ist das Landgericht auch der Behauptung der Antragsteller nachgegangen, die Brandschutznorm DIN 4102 sei durch die Verlegung der Heizungsrohre in der Gebäudetrennwand verletzt, durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Bauaufsichtsamtes. Nach dieser Auskunft vom 02.10.2002 (Bl. 276, 277 d. A.) war wegen der im Hinblick auf die 1993 in Kraft getretene Neufassung der Bauordnung kein Einschreiten der Bauaufsicht mehr möglich dagegen, dass entgegen der Auflage in der ursprünglichen Baugenehmigung vom 04.01.1989 Wandschlitze zur Verlegung von Installationsleitungen in die Gebäudetrennwand eingestemmt wurden.

Die weitere Beschwerde der Antragsteller war demnach zurückzuweisen , aber auch die Anschlussbeschwerde, die sich zwar "gegen die Kostenentscheidung" richtet, da die Kammer die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aber bereits den Antragstellern auferlegt hat, als gegen die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten gerichtet anzusehen ist, musste erfolglos bleiben. Zu Recht ist die Kammer von dem Grundsatz nicht abgewichen, dass in Verfahren nach §§ 43 ff WEG keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten stattfindet. Die Tatsache des Unterliegens reicht dafür allein nicht aus. Auch liegen kein Ausnahmetatbestände wie im Fall von Beitreibungsverfahren oder Mutwilligkeit vor (vgl. Niedenführ/Schulze, aaO., § 47, Rdnr. 9 und 10).

Die Gerichtskosten ihrer unbegründeten weiteren Beschwerde haben die Antragsteller gemäß §§ 47 Satz 1 WEG, 97 Abs. 1 ZPO (analog) zu tragen.

Da die Anschlussbeschwerde nur wegen der Kostenentscheidung eingelegt worden ist, die der Senat auch ohne Rechtsmittel der Antragsgegner von Amts wegen hätte überprüfen müssen, hat die Anschlussbeschwerde den Beschwerdewert nicht erhöht. Deshalb kam keine Quotelung der Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde in Betracht (BayObLG -Beschluss vom 24.04.1990- BReg 2 Z 28/90-, zitiert nach Juris).

Zur Anordnung einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten sah der Senat im keine Veranlassung, § 47 Satz 2 WEG. Die Ausführungen zur Anschlussbeschwerde gelten auch für die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Schätzung des Landgerichts festgesetzt (§ 48 Abs. 3 WEG).

Ende der Entscheidung

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