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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.08.2006
Aktenzeichen: 20 W 205/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16
1. Zur Abgrenzung von Gemeinschaftseigentum zu Sondereigentum im Hinblick auf eine Markise.

2. Zur Auslegung einer vereinbarten Kostentragungsregelung in einer Teilungserklärung betreffend die Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum.


Gründe:

Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1) sind die Mitglieder der betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Antragsgegnerin zu 2) ist die Verwalterin der Gemeinschaft. Über den im Parterre gelegenen Räumen des gesamten X-Centers befindet sich sowohl an der Hausfront als auch an der hinteren Hauswand eine Markisenanlage, die auch im Bereich des Sondereigentums des Antragstellers, eines weiteren Ladenlokals, sowie über dem Eingangsbereich zum gesamten Haus Nr. ... erhebliche Beschädigungen aufweist. Soweit die einheitliche Markisenanlage das Sondereigentum des Antragstellers, des weiteren Ladenlokals und des Eingangsbereichs betrifft, fallen Reparaturkosten in Höhe von ca. 30.000,-- EUR an.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 16.09.2003 hat das Amtsgericht Fulda im Verfahren Az.: 1 II 8/2003 WEG den Antrag des Antragstellers, die Antragsgegner zu verurteilen, eine notwendige Sanierungsmaßnahme in Form der Ersetzung der Markisenanlagen des Hauses ...straße Nr. ... im vorderen und hinteren Bereich über der Wohneinheit Nr. ... durchzuführen, zurückgewiesen. Auf die Gründe dieses Beschlusses vom 16.09.2003 (Bl. 57 ff der Beiakte Amtsgericht Fulda Az.: 1 II 8/2003 WEG) wird insoweit Bezug genommen. Entsprechend einem in jenem Verfahren erteilten Hinweis hat der Antragsteller einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung herbeiführen lassen. In der Eigentümerversammlung vom 24.04.2004 stand mithin unter TOP 7 die Beschlussfassung über die Reparatur der Markisen Haus ...straße ..., im Erdgeschoss, mit folgenden Vorschlägen zur Abstimmung:

1. Der Reparatur bzw. Erneuerung der Markisen im EG des Hauses ...straße ..., Vorder- und Rückseite, auf Kosten der Gemeinschaft wird zugestimmt/nicht zugestimmt.

2. Der Entfernung bzw. der Stilllegung der Markisen im EG des Hauses ...straße ..., Vorder- und Rückseite, auf Kosten der Gemeinschaft wird zugestimmt/nicht zugestimmt.

Weiterhin war diesen Beschlussvorschlägen noch hinzugefügt, dass, falls die Versammlung die Kostenübernahme zu Lasten der Gemeinschaft ablehne, die zuständigen Sondereigentümer die Reparaturen selbst veranlassen und bezahlen müssten, wobei, wenn die Markisen entfernt oder stillgelegt werden sollten, dies wiederum erst aufgrund einer entsprechenden Beschlussfassung geschehen könne.

Die Wohnungseigentümerversammlung beschloss darauf, dass die Gemeinschaft die Reparatur bzw. Erneuerung der Markisen nicht übernehme, so dass dies nunmehr Angelegenheit der Eigentümer der betroffenen im Sondereigentum stehenden Gewerbeeinheiten sei.

Der Antragsteller hat daraufhin die Beschlussfassung bezüglich TOP 7 beim Amtsgericht angegriffen, da er die erfolgte Beschlussfassung für unwirksam erachtete. Bei der streitgegenständlichen Markisenanlage handele es sich - nach Meinung des Antragstellers - um Gemeinschaftseigentum, wofür die Gemeinschaft auch die Kosten der Sanierung zu tragen habe.

Der Antragsteller hat mithin beantragt,

1. den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.04.2004 zu TOP 7 für ungültig zu erklären,

2. die Antragsgegner zu verurteilen, eine notwendige Sanierungsmaßnahme in Form der Ersetzung der Markisenanlage des Hauses ...straße Nr. ... im vorderen und hinteren Bereich über der Wohneinheit Nr. ... auf Kosten der Antragsgegnerin zu 1) durchzuführen und

3. festzustellen, dass die Antragsgegnerin zu 1) verpflichtet sei, dem Antragsteller denjenigen Schaden zu ersetzen, welcher ihm wegen Nichtvornahme der unter dem Antrag zu 2. genannten Instandhaltungsmaßnahme durch Mindermieteinnahmen ab dem 01.05.2004 entstehe.

Die Antragsgegner haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 14.09.2004 (Bl. 62 ff d. A.), auf den verwiesen wird, hat das Amtsgericht die Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die Rechtskraft der oben bezeichneten Entscheidung des Amtsgerichts vom 16.09.2003 dem neuen Vorbringen des Antragstellers entgegen stehe. Der Antragsteller sei mit seinem Vorbringen, über den Streitgegenstand dieses Verfahrens sei in einer Wohnungseigentümerversammlung abgestimmt worden, nunmehr ausgeschlossen.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner sind der sofortigen Beschwerde entgegen getreten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.03.2005 hat der Antragsteller den oben aufgeführten Antrag zu 3. zurückgenommen.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 81 ff d. A.), auf den ebenfalls verwiesen wird, hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss abgeändert, den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.04.2004 zu TOP 7 für unwirksam erklärt und die Beklagten (= die Antragsgegner) verurteilt, die notwendige Sanierungsmaßnahme in Form der Ersetzung der Markisenanlage des Hauses ...straße Nr. ... im vorderen und hinteren Bereich über der Wohneinheit Nr. ... auf Kosten der Beklagten zu 1) (= den Antragsgegnern zu 1)) durchzuführen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Begehren des Antragstellers der Einwand der Rechtskraft der amtsgerichtlichen Entscheidung vom 16.09.2003 nicht entgegen stehe. Hinsichtlich der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer vom 24.04.2004 ergäbe sich dies bereits daraus, dass diese zeitlich nach der amtsgerichtlichen Entscheidung liege. Aber auch hinsichtlich des Antrages zu 2. gelte nichts anderes, da insoweit die bezeichnete amtsgerichtliche Entscheidung auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis und mithin auf die Zulässigkeit des Anspruches abstelle, was einer nunmehrigen Entscheidung in der Sache nicht entgegen stehe. Im Übrigen sei die zu TOP 7 der Eigentümerversammlung vom 24.04.2004 erfolgte Beschlussfassung unwirksam, da gemäß § 16 Abs. 2 WEG jeder Wohnungseigentümer den anderen gegenüber verpflichtet sei, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung zu tragen. Um solche Kosten handele es sich hier, da die streitige Markisenanlage im Gemeinschaftseigentum und nicht lediglich im Sondereigentum stehe. Aus Teil III § 6 Abs. 1 der vorliegenden Teilungsvereinbarung ergäbe sich nichts anderes, da es sich hier nicht um Gemeinschaftseigentum handele, das der alleinigen Nutzung des Antragstellers unterliege.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 08.04.2005 (Bl. 96 ff d. A.), auf den verwiesen wird, sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 20.07.2005 (Bl. 108 ff d. A.) weiter begründet haben. Sie rügen die Rechtsanwendung durch das Landgericht. Insbesondere vertreten sie die Auffassung, dass der nunmehrigen Entscheidung die Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts Fulda vom 16.09.2003 entgegenstehe. Im Übrigen handele es sich bei der streitgegenständlichen Markisenanlage zum Sonder- und nicht Gemeinschaftseigentum.

Sie beantragen,

den Beschluss aufzuheben, sowie den Beschluss des Amtsgerichts Fulda vom 14.09.2004 durch Abweisung des Antrags wiederherzustellen.

Der Antragsteller beantragt,

die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückzuweisen.

Er tritt dem Rechtsmittel entgegen. Hinsichtlich der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 15.06.2005 (Bl. 106 ff d. A.) verwiesen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die hin er durch den Senat als Rechtsbeschwerdegericht lediglich zu überprüfen ist, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Es ist zunächst aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, dass eine Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts vom 16.09.2003 im Verfahren Az.: 1 II 8/2003 WEG einer nunmehrigen Sachentscheidung nicht entgegen steht. Sachentscheidungen in Wohnungseigentumssachen als sogenannten echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind zwar der materiellen Rechtskraft in gleicher Weise zugänglich wie Urteile im Zivilprozess; sie entfalten damit Bindungswirkung für alle Beteiligten nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 118; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 45 Rz. 61; Staudinger/Wenzel, BGB, Stand Juli 2005, § 45 WEG Rz. 55; Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 45 WEG Rz. 7, je m. w. N.). Die Rechtskraft ist von Amts wegen zu beachten (Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 45 Rz. 61). Inhaltlich beschränkt sich die Rechtskraft auf den Entscheidungsgegenstand, d. h. auf das Bestehen oder Nichtbestehen der geltend gemachten Rechtsfolge aufgrund des zwischen den Parteien vorgetragenen bzw. von Amts wegen festgestellten Sachverhalts. Maßgebend ist insoweit der Beschlusstenor. Reicht er zur Identifizierung des Entscheidungsgegenstandes nicht aus, sind zur Auslegung des Tenors die Gründe heranzuziehen (Senat, Beschluss vom 07.06.2006, 20 W 494/04; OLGZ 1980, 417; Staudinger/Wenzel, a.a.O., § 45 WEG, Rz. 55).

Diese Grundsätze hat das Landgericht hier beachtet. Die diesbezügliche Auslegung der betroffenen amtsgerichtlichen Entscheidung durch das Landgericht lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Dabei hat der Senat als Rechtsbeschwerdegericht in anderen gerichtlichen Verfahren ergangene Beschlüsse allerdings grundsätzlich frei auszulegen und ist nicht an die Auffassung der Vorinstanz gebunden (vgl. Senat, Beschluss vom 07.06.2006, 20 W 494/04; Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 50).

Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, dass die amtsgerichtliche Entscheidung vom 16.09.2003 im Hinblick auf den hier vorliegenden Beschlussanfechtungsantrag (Sachantrag zu 1.) bereits deshalb keine Rechtskraftwirkung entfalten könnte, weil dieser Sachverhalt bereits aus zeitlichen Gründen dem Amtsgericht seinerzeit noch nicht unterbreitet sein konnte, demgemäß auch dem in jenem Verfahren festgestellten Sachverhalt nicht unterfallen konnte. Dem vermag auch die weitere Beschwerde Entscheidendes nicht entgegen zu halten.

Gleiches gilt jedoch auch hinsichtlich des hier noch weiter verfahrensgegenständlichen Verpflichtungsantrages (Sachantrag zu 2.). Dabei kann dahinstehen, ob sich die obigen Ausführungen betreffend den Beschlussanfechtungsantrag nicht ohne weiteres auf den Verpflichtungsantrag beziehen lassen, weil sich auch insoweit die Sachlage durch die - vom Amtsgericht jedenfalls ausdrücklich als fehlend gerügte - Beschlussfassung der Wohnungseigentümer maßgeblich geändert hat. Jedenfalls ist auch insoweit die Rechtsanwendung durch das Landgericht fehlerfrei. Anders als die weitere Beschwerde offensichtlich meint (vgl. Seite 5 des Schriftsatzes vom 08.04.2005), hat das Landgericht jedenfalls insoweit auch nicht einen anderen Streitgegenstand angenommen. Die tragende Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 16.09.2003 stellt das fehlende Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers und mithin die fehlende Zulässigkeit des Antrages dar. Die Begründung der bezeichneten amtsgerichtlichen Entscheidung beginnt "mit der Frage, ob dem noch gestellten Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlt". Die Frage wird in dem Beschluss durch den Verweis auf den protokollierten richterlichen Hinweis im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.09.2003 eindeutig beantwortet, nämlich bejaht. Der in Bezug genommene Hinweis brauchte in den Entscheidungsgründen des Amtsgerichts nicht nochmals wiederholt werden. In anderer Weise, als dass dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehle, kann die Passage in der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht verstanden werden; insbesondere ist diese Rechtsfrage auch nicht etwa offen gelassen worden. Eine derartige Relativierung des ausdrücklich erteilten richterlichen Hinweises und des sich darauf beziehenden Begründungselementes findet sich in der amtsgerichtlichen Entscheidung vom 16.09.2003 nicht. Der weiteren Beschwerde ist zwar zuzugeben, dass die Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses mit der Feststellung beginnt, dass der zur Entscheidung gestellte Antrag "unbegründet" sei. Dies lässt sich jedoch mit der nachfolgenden entgegenstehenden Feststellung nicht in Einklang bringen. Demgegenüber beginnen die sachlichen Ausführungen des Amtsgerichts sodann in jenem Beschluss mit der Formulierung "unabhängig davon". Daraus wird allenfalls deutlich, dass es sich um eine weitere Begründung handelt. Ist jedoch der Antrag bereits unzulässig, so kann es sich - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - lediglich um eine Hilfsbegründung handeln, wenn diese auch nicht ausdrücklich so bezeichnet worden ist. Daran vermögen die Ausführungen der weiteren Beschwerde nichts zu ändern. Der bloße Umfang der Begründung sagt über den Umstand, welche Erwägung für die Entscheidung tragend ist, nichts aus. Ohnehin beschränken sich die sachlichen Ausführungen des Amtsgerichts auf die Frage, ob die Markisenanlage Sonder- oder Gemeinschaftseigentum sei.

Die landgerichtliche Entscheidung ist auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Gemäß Teil III § 6 der vorliegenden Teilungserklärung hat jeder Wohnungs- bzw. Teileigentümer sein Sondereigentum und auch solche Teile des gemeinschaftlichen Eigentums, die seiner alleinigen Nutzung unterliegen, ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen. Dieser Regelung wird der hier angefochtene Wohnungseigentümerbeschluss vom 24.04.2004 zu TOP 7 nicht gerecht, wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist. Die hier verfahrensgegenständliche Markisenanlage stellt weder Sondereigentum dar, noch handelt es sich um Gemeinschaftseigentum, das seiner alleinigen Nutzung - also derjenigen des Antragstellers - unterliegt. Damit ist - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - die Gemeinschaft insgesamt und nicht lediglich der Antragsteller bzw. sonstige Sondereigentümer zur Instandsetzung und entsprechenden Kostentragung verpflichtet. Wie dargelegt steht dieser Bewertung die anderweitige rechtliche Einschätzung im Beschluss des Amtsgerichts vom 16.09.2003 nicht entgegen, weil bloße Begründungselemente der Rechtskraft nicht unterfallen (Staudinger/Wenzel, a.a.O., § 45 WEG Rz. 55).

Die Frage, ob es sich bei Markisen grundsätzlich um Sonder- oder Gemeinschaftseigentum handelt, wird allerdings nicht einheitlich beurteilt (vgl. dazu Sauren, WEG, 4. Aufl., § 1 Rz. 9 Stichwort "Markisen"; Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl., § 5 Rz. 18; Riecke/Schmid/Förth, WEG, § 5 Rz. 45; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 3. Aufl., Rz. 61; Staudinger/Rapp, a.a.0., § 5 WEG Rz. 24, 25; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 5 Rz. 52; Eichhorn, WE 2004, 58, 63). Während sie teilweise grundsätzlich als Sondereigentum (Bärmann/Pick/Merle, a.a.O.) oder aber als Gemeinschaftseigentum angesehen werden, da sie Zubehör des Gebäudes bzw. fassadengestaltende Elemente seien (Sauren, a.a.O.; Eichhorn, a.a.O.; Staudinger/Rapp, a.a.O., § 5 WEG Rz. 24), wird teilweise dahingehend differenziert, wer sie angebracht hat (Riecke/Schmid/Förth, a.a.O.; Staudinger/Rapp, a.a.O., § 5 WEG Rz. 25) bzw. wem die Anbringung überlassen worden ist (Weitnauer/Briesemeister, a.a.O.). Von anderen wird darauf abgestellt, wessen Sondereigentum sie dienen (Müller, a.a.O.).

Jedenfalls für den vorliegenden Fall geht der Senat mit dem Landgericht davon aus, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Markisenanlage um Gemeinschaftseigentum handelt. Ausgangspunkt dafür muss dabei der Gesetzeswortlaut in § 5 Abs. 1 WEG bzw. die weitgehend identische Definition in Teil II § 1 Abs. 6 der Teilungserklärung sein. Danach sind Gegenstand des Sondereigentums unter anderem die zu den dort bezeichneten Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dazu die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Das bedeutet also, dass Teile des Gebäudes, durch deren Veränderung, Beseitigung oder Einfügen die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird, nicht sondereigentumsfähig sind (vgl. Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 5 Rz. 17; Staudinger/Rapp, a.a.O., § 5 WEG Rz. 23; Weitnauer/Briesemeister, a.a.O., § 5 Rz. 18). Im Zweifel ist gemeinschaftliches Eigentum anzunehmen (vgl. Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 5 Rz. 5; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 5 Rz. 8; Weitnauer/Briesemeister, a.a.O., § 5 Rz. 5, je m. w. N.). Vorliegend befinden sich die Stellmotoren für die Markisenanlage jeweils in den Decken des Hauseingangs- bzw. Hausausgangsbereichs. Nach den vorliegend unbeanstandeten tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht ohnehin lediglich eingeschränkt nachzuprüfen hat, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 559 ZPO, bildet die Markisenanlage aber jedenfalls ein einheitliches Bild, das die gesamte Außenfront des Hauses kennzeichnet. Das Landgericht konnte sich dabei auf die zu den Akten gereichten Lichtbilder stützen, die die Örtlichkeiten hinreichend verdeutlichen. Zu Recht hat das Landgericht ergänzend auf den angefochtenen Beschluss der Wohnungseigentümer hingewiesen, der in der Beschreibung seiner Rechtsfolgen ausdrücklich auch auf entsprechende Erwägungen ("Veränderung der Fassadenansicht") abstellt. Ausgehend davon muss für den vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass die Markisenanlage für die äußere Gestaltung des Gebäudes maßgeblich ist (vgl. dazu auch Sauren, a.a.O.; Senat OLGZ 1986, 42; BayObLG NJW-RR 1986, 178) und damit nach den obigen Ausführungen als fassadengestaltendes Element zum Gemeinschaftseigentum gehört, und zwar unabhängig davon, ob sie zum Zeitpunkt der Errichtung bauseitig errichtet oder erst später angebracht worden ist (vgl. dazu auch Eichhorn, a.a.O.). Im Übrigen ist aber im vorliegenden Verfahren auch unbestritten vom Antragsteller vorgetragen worden, dass die Markisenanlage bereits bei dessen Bau errichtet worden ist; die Antragsgegner sind dem nicht entgegen getreten.

Es handelt sich vorliegend bei der Markisenanlage auch nicht um gemeinschaftliches Eigentum im Sinne von Teil III § 6 der Teilungserklärung, das der alleinigen Nutzung des Antragstellers unterliegt. Die Auslegung dieser Vereinbarung unterliegt den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn des im Grundbuch Eingetragenen abzustellen, und zwar so, wie es sich für den unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es bei der Auslegung also nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 10 Rz. 53; Staudinger/Kreuzer, a.a.O., § 10 WEG Rz. 116 ff; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 10 WEG Rz. 8; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 10 Rz. 15, je m. w. N.). Diese Auslegung hat das Rechtsbeschwerdegericht selbständig - ohne Bindung an die Auffassung der Vorinstanzen - vorzunehmen (Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 45 Rz. 87; Staudinger/Wenzel, a.a.O., § 45 WEG Rz. 40; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 45 Rz. 41, jeweils m. w. N.). Zutreffend hat das Landgericht in diesem Zusammenhang auf § 16 Abs. 2 WEG hingewiesen, wonach jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich verpflichtet ist, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung zu tragen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 13.02.2006, Az.: 20 W 361/04, m. w. N.; vgl. auch BGH NJW 2003, 3476) bedarf es für eine Abweichung von dieser gesetzlichen Kostenverteilungsregelung einer klaren und eindeutigen Formulierung in der Teilungserklärung.

Nach den Feststellungen des Landgerichts unterliegt die Markise hier auch der Nutzung durch einen anderen Sondereigentümer bzw. - wenn auch ausgesprochen untergeordnet - der Gemeinschaft im Hinblick auf die Hauseingänge. Wie oben ausgeführt, handelt es sich bei der Markisenanlage zwar um Gemeinschaftseigentum. Sie dient aber nicht alleine "seiner alleinigen Nutzung", d. h. derjenigen des Antragstellers. Selbst wenn die Anlage auch noch der Nutzung eines weiteren Sondereigentümers dient, handelt es sich damit nicht um gemeinschaftliches Eigentum im Sinne von Teil III § 6 der Teilungserklärung. Eine anderweitige erweiternde Auslegung ergibt sich nicht mit hinreichender Sicherheit aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Nach den unwidersprochenen Angaben in der Antragsschrift sind denn auch offensichtlich bislang die Instandhaltungsmaßnahmen von den Antragsgegnern ausgeführt worden, ohne dass es allerdings in rechtlicher Hinsicht hierauf entscheidend ankäme.

Folge davon ist, dass der angefochtene (Negativ-)Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.04.2004 für unwirksam zu erklären ist. Es ist weiter nicht rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss dem Verpflichtungsantrag des Antragstellers stattgegeben hat. Über die abgehandelten Rechtsfragen hinausgehende konkrete Einwendungen dagegen werden von den Antragsgegnern auch nicht erhoben; insbesondere wäre nicht vorgebracht oder ansonsten ersichtlich, dass eine Sanierungs- bzw. Reparaturmaßnahme auch in anderer Form als durch die Ersetzung der Markisenanlage möglich wäre bzw. ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegner die Gerichtskosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG.

Der Senat hat jedoch keine Veranlassung gesehen, ausnahmsweise die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten anzuordnen, § 47 Satz 2 WEG.

Die Wertfestsetzung hat der Senat an der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch das Landgericht orientiert, § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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