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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.09.2004
Aktenzeichen: 20 W 251/04
Rechtsgebiete: ErbbRVO, GBO, ZPO


Vorschriften:

ErbbRVO § 5 II
ErbbRVO § 8
ErbbRVO § 15
GBO § 13
ZPO § 867 I
1. Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek die vollstreckungsrechtlichen und die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen selbstständig zu überprüfen.

2. Hat ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Weg einer actio pro socio einen auf Zahlung lautenden Titel erstritten, ist er auch vollstreckungsbefugt für die Beantragung einer Zwangssicherungshypothek.

3. Ist als Inhalt eines Erbbaurechts vereinbart, dass der Erbbauberechtigte zur Belastung mit einem Grundpfandrecht der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf, ist die Zustimmung auch bei einem Eigentümererbbaurecht zur Eintragung einer Sicherungshypothek im Weg der Zwangsvollstreckung erforderlich.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 251/04

Entscheidung vom 07.09.2004

In der Grundbuchsache

betreffend den beim Amtsgericht Gelnhausen im Grundbuch von Bad Orb, Band 198, Blatt 7877, lfd. Nr. ... und lfd. Nr. ..., im Grundbuch von Gelnhausen, Band 107, Blatt 3822, lfd. Nr. ... und lfd. Nr. ..., im Erbbaugrundbuch von Gelnhausen Band 140, Blatt 4804, lfd. Nr. ..., eingetragenen Grundbesitz,

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 23.04.2004

am 07.09.2004 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Das Grundbuchamt wird angewiesen, im Erbbaugrundbuch von Gelnhausen, Band 140, Blatt 4804 gegen die Eintragung der in Abt. III unter laufender Nr. ... eingetragene Sicherungshypothek über ... € einen Amtswiderspruch zu Gunsten des Antragsgegners wegen schwebender Unwirksamkeit in Folge der fehlenden Zustimmung des Eigentümers einzutragen. Die weitergehende weitere Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Er hat dem Antragsteller 80 % der diesem entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 121.431,82 € festgesetzt, davon 96.431,82 € für den zurückgewiesenen Teil.

Gründe:

Die Beteiligten sind die einzigen Gesellschafter der "A... ...gesellschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung (GbR m. b. H.). Der Beteiligte zu 1) erwirkte am 14.01.2004 im Weg der actio pro socio ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 21 U 63/02 -, wonach der Beteiligte zu 2) verurteilt wurde, an die GbR m. b. H. 121.431,82 € nebst Zinsen zu zahlen. Unter dem 26.03.2004 legte der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) "namens und in Vollmacht der Gläubigerin" eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vor und beantragte, auf dem betroffenen Grundbesitz des Beteiligten zu 2) Sicherungshypotheken gemäß dem Titel einzutragen. Mit Zwischenverfügung vom 30.03.2004 (Bl. 50 d. A.) wies das Grundbuchamt darauf hin, dass lediglich die Mitglieder der GbR als Berechtigte der Zwangshypotheken eingetragen werden könnten. Unter dem 07.04.2004 überreichte der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) den "korrigierten Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek" unter Bezugnahme auf die Zwischenverfügung vom 30.03.2004, der sich jedoch inhaltlich nicht von dem früheren Antrag unterschied. Im Grundbuch von Orb Blatt 7877 wurden am 13.04.2004 unter III/... und III/... je eine Sicherungshypothek über ... € nebst Zinsen, im Grundbuch von Gelnhausen Blatt 3822 unter III/... und III/... je eine Sicherungshypothek über ... € nebst Zinsen und im Erbbaugrundbuch von Gelnhausen Blatt 4804 unter III/... eine Sicherungshypothek über ... € nebst Zinsen für die Beteiligten als GbR-Gesellschafter eingetragen.

Gegen die Eintragung der Sicherungshypotheken hat der Beteiligte zu 2) Beschwerde eingelegt und deren Löschung, hilfsweise die Eintragung eines Widerspruchs beantragt, da der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) nicht von der GbR, insbesondere nicht durch den Antragsgegner beauftragt wurde. Das Grundbuch hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 23.04.2004 (Bl. 68-72 d. A.) die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Eintragung der Zwangshypotheken vom 13.04.2004 als unzulässig verworfen und im übrigen zurückgewiesen. Die Kammer hat ausgeführt, der Beteiligte zu 1) habe als Prozessstandschafter den Vollstreckungstitel erstritten und sei als solcher auch vollstreckungsbefugt. Zum Nachweis der Vollmacht des Verfahrensbevollmächtigten genüge die Aufführung im Vollstreckungstitel.

Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, mit der der Antragsgegner geltend macht, für die Antragsberechtigung des Antragstellers nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO fehle die erforderliche unmittelbare Verbesserung seiner Rechtstellung. Unmittelbar begünstigt sei allein die GbR, eine lediglich mittelbare Begünstigung ergebe sich aus der Stellung des Beteiligten zu 1) als Gesellschafter der GbR. Dem Antragsteller habe auch keine (alleinige) Vertretungsbefugnis für die GbR zugestanden, vielmehr habe die Antragstellung durch sämtliche Gesellschafter erfolgen müssen, eine Vollmacht habe dem Grundbuchamt gegenüber in der Form des § 29 GBO erbracht werden müssen. Ein selbständiges Antragsrecht einzelner Gesellschafter abweichend von der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer sei bei der GbR nicht gegeben.

Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 73 GBO. Sie ist aber nur insoweit begründet, als sie die Eintragung der Zwangshypothek in dem Erbbaugrundbuch betrifft, da die Entscheidung des Landgerichts insoweit auf einer Verletzung des Gesetzes beruht ( §§ 78 GBO, 546 ZPO). Hinsichtlich des übrigen betroffenen Grundbesitzes ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der beantragten Zwangssicherungshypothek vorlagen. Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek selbständig zu überprüfen, ob sowohl die Vollstreckungsvoraussetzungen nach der ZPO als auch die grundbuchrechtlichen Eintragungserfordernisse gegeben sind (Demharter: GBO, 24. Aufl., Anhang zu § 44, Rdnr. 67; Bauer/von Oefele: GBO, AT I Rdnr. 124; Zöller/Stöber: ZPO, 24. Aufl., § 867, Rdnr. 1). Zu den Vollstreckungsvoraussetzungen gehören u. a. der Antrag des Gläubigers und der Nachweis der Bevollmächtigung nach Vollstreckungsrecht (Zöller/Stöber, aaO., § 867 Rdnr. 2). Zwar ist die GbR die Gläubigerin laut Vollstreckungstitel, der Beteiligte zu 1) war aber Prozessstandschafter in dem im Wege der actio pro socio betriebenen Erkenntnisverfahren und ist deshalb auch in dem Vollstreckungsverfahren, das die Eintragung einer Zwangshypothek darstellt, vollstreckungsbefugt (BGH NJW 1991, 839, 840; Zöller/Vollkommer: ZPO, 24. Aufl., Vor § 50 Rdnr. 56). Zu Recht haben die Vorinstanzen den unter dem 07.04.2004 gestellten Antrag auf Grund des Zusammenhangs mit dem Vollstreckungstitel als Antrag des Beteiligten zu 1) in seiner Eigenschaft als Prozess- bzw. Vollstreckungsstandschafter der GbR ausgelegt. Auch die Bezugnahme auf die Zwischenverfügung vom 30.03.2004 legt nahe, dass nicht der zuvor beanstandete Antrag namens der Gläubigerin nochmals gestellt werden sollte. Da der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) auch als dessen Prozessbevollmächtigter im Vollstreckungstitel bereits aufgeführt ist, gilt er entsprechend dem gesetzlichen Umfang der Prozessvollmacht nach § 81 ZPO auch für das Vollstreckungsverfahren als bevollmächtigt. Auf die Bevollmächtigung durch die GbR oder den Beteiligten zu 2) kommt es nicht an, da nur der Beteiligte zu 1) der Antragsteller für die Eintragung der Zwangshypotheken ist. Aus diesem Grund sind die Ausführungen des Beteiligten zu 2) in der weiteren Beschwerde zur Vertretung der GbR und ihrem Nachweis vorliegend nicht zielführend, da es nicht um die Antragstellung durch die GbR geht. Die mit der weiteren Beschwerde zur Antragsberechtigung des Beteiligten zu 1) im Rahmen des § 13 GBO geäußerten Bedenken können dahingestellt bleiben. Bei dem Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek handelt es sich um einen sog. reinen Eintragungsantrag, weil er lediglich die Tätigkeit des Grundbuchamts veranlassen soll, während die Bewilligung des Betroffenen durch den Vollstreckungstitel ersetzt wird, also nicht im Antrag liegt. Der sog. reine Antrag ist als reine Verfahrenshandlung kein Erfordernis der Rechtsänderung. Diese wird, falls ihre sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, durch die Eintragung auch dann herbeigeführt, wenn dem Antragsteller die Antragsberechtigung gefehlt oder überhaupt kein Antrag vorgelegen hat (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 30, Rdnr. 3 und § 13 Rdnr. 7 und 8)

Nicht frei von Rechtsfehlern ist die Entscheidung des Landgerichts aber insoweit, als auch hinsichtlich der im Erbbaugrundbuch unter III/... eingetragenen Zwangshypothek über ... € die Eintragung eines Amtswiderspruchs abgelehnt worden ist. Als Inhalt des Erbbaurechts im Sinn des § 5 Abs. 2 ErbbRVO ist laut Bestandsverzeichnis vereinbart, dass der Erbbauberechtigte zur Belastung mit Grundpfandrechten und Reallasten der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf. Die Belastung darf in den Fällen des § 5 ErbbVO erst eingetragen werden, wenn dem Grundbuchamt die Zustimmung des Grundstückseigentümers nachgewiesen ist. Nach allgemeiner Meinung ist die Zustimmung des Grundstückseigentümers auch bei der Eintragung einer Sicherungshypothek im Weg der Zwangsvollstreckung erforderlich. Dies folgt aus § 8 ErbbRVO und dem Schutzzweck des § 5 ErbbRVO (BayObLG Rpfleger 1996, 447; Palandt/Bassenge: ErbbRVO, 63. Aufl., § 8, Rdnr. 3; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 2204; Ingenstau /Hustedt: Kommentar zum Erbbaurecht, 8. Aufl., 2001, § 15 Rdnr. 7 m. w. H.). Daran ändert es auch nichts, dass es sich vorliegend um ein Eigentümererbbaurecht handelt (BayObLG, aaO., OLG Hamm Rpfleger 1985, 233; Landgericht Köln Rpfleger 2000,11; Schöner/Stöber, aaO., Rdnr. 1777; Demharter, aaO. Anhang zu § 8, Rdnr. 11). Da die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Eintragung der Zwangshypothek im Erbbaugrundbuch nicht vorlag, hat das Grundbuchamt gegen § 15 ErbbRVO verstoßen. Das Grundbuch ist unrichtig, denn es stimmt nicht mit der materiellen Rechtslage überein, da die Zwangshypothek bis zur Zustimmung schwebend unwirksam ist. Da die Eintragung der Zwangshypothek auch unter öffentlichem Glauben steht, sind somit die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO gegen die im Grundbuch von Gelnhausen Blatt 4804 Abt. III, laufende Nr. ... eingetragene Zwangshypothek gegeben. Der angefochtene Beschluss war deshalb teilweise abzuändern und das Grundbuchamt entsprechend anzuweisen.

Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO. Die Erstattung etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beteiligten zu 1) war nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG anzuordnen. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 23 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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