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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 03.03.2003
Aktenzeichen: 20 W 261/01
Rechtsgebiete: WEG, BerechnungsVO


Vorschriften:

WEG § 28 Abs. 3
WEG § 10
BerechnungsVO § 27
Ohne eine entsprechende Regelung in der Teilungserklärung oder in einer Vereinbarung im Sinn von § 10 WEG muss die Jahresabrechung hinsichtlich der Betriebskosten nicht an § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung ausgerichtet sein.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 261/01

In der Wohnungseigentumssache

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortigen weiteren Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegner gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 23.05.2001 am 03.03.2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der landgerichtliche Beschluss hinsichtlich der teilweisen Ungültigerklärung des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 17.04.1998 zu Tagesordnungspunkt 3 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 1997 abgeändert und die Erstbeschwerde des Antragstellers auch insoweit zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten beider Beschwerdeverfahren. Außergerichtliche Kosten werden in beiden Beschwerdeverfahren nicht erstattet.

Der Geschäftswert des amtsgerichtlichen Verfahrens wird auf 52.928,52 DM, der Geschäftswert der Erstbeschwerde wird auf 47.928,52 DM und der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 47.988,44 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden die Eigentümergemeinschaft S. Straße 104-106 in XYZ., deren Verwalter die Beteiligte zu 3) ist.

In der Versammlung vom 17.04.1998 beschlossen die Eigentümer zu TOP 3 mehrheitlich die Gesamt- und Einzeljahresabrechnung 1997 sowie die Entlastung des Verwalters. Mit am 20.04.1998 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 19.04.1998 hat der Beteiligte zu 1) diesen TOP 3 angefochten und die Ungültigerklärung der dazu gefassten Beschlüsse begehrt. Er hat ferner die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Verwalterin angekündigt.

Die Anfechtung richtete sich gegen die Ausgabepositionen 14 (Schädlingsbekämpfung), 15 (Garten- und Außenanlagen), 22 (Bankkosten), 24 (Kleinmaterialien) sowie den der Abrechnung beigefügten "Status zum 31.12.1997" (B. 8 d. A.); hinsichtlich der Position 20 (Rechtsstreit Dr. X. gegen WEG) beanstandete der Beteiligte zu 1), dass davon 267, 84 DM auf eine überflüssige Mahnung wegen eines Nachforderungsbetrages aus 1996 entfielen. Hinsichtlich der Bankkosten in Höhe von 4.939,88 DM hat der Antragsteller die Meinung vertreten, sie hätten nicht in die Abrechnung aufgenommen werden dürfen, da die Verwalterin nicht zur Kontoüberziehung befugt gewesen sei. Überhaupt sei die Jahresabrechung im Anfechtungsverfahren nicht nur rechnerisch, sondern auch wegen der Berechtigung der einzelnen Positionen vom Gericht zu überprüfen. Hinsichtlich der Ausgabepositionen 14, 15 und 24 mit zusammen 4.869,44 DM hat der Antragsteller die Anfechtung darauf gestützt, dass sie statt als nach Mietrecht umlagefähige als nicht umlagefähige Betriebskosten in der Abrechnung aufgeführt wurden.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30.05.2000 (Bl. 79- 84 d. A.) den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.04.1998 zu TOP 3 insoweit aufgehoben, als die in der Jahresabrechung 1997 enthaltene Vermögensaufstellung zum 31.12.1997 genehmigt und der Verwalterin Entlastung erteilt wurde. Im übrigen ist der Antrag des Beteiligten zu 1) auf Ungültigerklärung vom Amtsgericht zurückgewiesen worden. Die Antragsgegner haben gegen den amtsgerichtlichen Beschluss keine Beschwerde eingelegt.

Mit seiner Erstbeschwerde hat der Beteiligte zu 1) an seiner Auffassung zum Prüfungsumfang im Anfechtungsverfahren festgehalten. Zur Aufgliederung der Betriebskosten hat der Beteiligte zu 1) unwidersprochen vorgetragen, diese sei auf Wunsch der Eigentümer insbesondere während seiner Zeit als Verwalter, aber auch 1994 und 1995 durch die jetzige Verwalterin nach Umlagefähigkeit bzw. Nichtumlagefähigkeit auf Mieter vorgenommen worden. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Verwalterin habe eine derartige Verpflichtung übernommen, ohne dass dafür eine Aufnahme in den Verwaltervertrag notwendig gewesen sei. Dem Antrag des Beteiligten zu 1) im Beschwerdeverfahren, unter Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses nach seinen erstinstanzlichen Anträgen zu entscheiden, soweit diese zurückgewiesen wurden, sind die Beteiligten zu 2) und 3) entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, die Verwalterin habe keine allgemeingültige Zuordnung der Ausgaben nach ihrer Umlagefähigkeit treffen können, da diese von der mietvertraglichen Vereinbarung abhänge. Anhand der Einzelaufstellung sei unter Zuhilfenahme der Belege jedem vermietenden Eigentümer eine Umlagenabrechnung möglich gewesen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Miteigentümerin Karin Senftleben zur Verpflichtung des Geschäftsführers der Beteiligten zu 3), als zukünftiger Verwalterin die Kosten der Jahresabrechung danach aufzuschlüsseln, ob sie auf Mieter umlagefähig sind oder nicht. Wegen der Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Terminsprotokolls vom 21.03.2001 (Bl. 126 - 130) samt Anlagen. Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat die Kammer den amtsgerichtlichen Beschluss abgeändert und den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.04.1998 zu TOP 3 über die Jahresabrechung 1997 auch hinsichtlich der Positionen 14 (Schädlingsbekämpfung), 15 (Garten- und Außenanlagen) und 24 (Kleinmaterialien) für ungültig erklärt.

Der Beteiligte zu 1) hat mit seiner weiteren Beschwerde gegen den landgerichtlichen Beschluss gerügt, das Gericht habe nicht auf die Stellung sachgerechter Anträge im Hinblick auf einen Verpflichtungsantrag gegen die Beteiligte zu 3) hingewirkt.

Seine Beanstandung wegen der Ausgabenposition 22 (Bankkosten) und 20 (Rechtsstreit Dr. X. ./. WEG) verfolgt der Beteiligte zu 1) in diesem Verfahren nicht weiter.

Er begründet seine weitere Beschwerde damit, dass der gesamte Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.04.1998 -nicht nur in einzelne Positionen- aufgehoben werden müsste. Für die Verwalterin sei es am wenigsten arbeitsaufwendig und für die Miteigentümer am verständlichsten, wenn eine neue Jahresabrechung für 1997 erstellt würde. Daher beantragt der Beteiligte zu 1), die Verwalterin zur Erstellung einer neuen Jahresabrechnung unter Ausweisung der umlagefähigen Ausgabepositionen zu verpflichten.

Weiter beanstandet der Beteiligte zu 1) die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts, da unbeanstandete Positionen der Abrechnung nicht berücksichtigt werden dürften.

Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde begehren die Antragsgegner die Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses und die Zurückweisung der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde des Antragstellers.

Sie beanstanden die Beweiswürdigung des Landgerichts auch im Hinblick darauf, dass der Verwaltervertrag Schriftform für eine Nebenabrede verlange. Im Hinblick auf die unterschiedliche Rechtsprechung der Mietgerichte zur Umlagefähigkeit und die fehlende Kenntnis der Verwaltung von der einzelnen mietvertraglichen Regelung könne die Jahresabrechnung nur Anhaltspunkte für eine Umlagefähigkeit von Ausgaben entsprechend der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung geben.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere form- und fristgemäß eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO), soweit der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 1997 in einzelnen Positionen auf die Erstbeschwerde des Antragstellers für ungültig erklärt worden ist. Die teilweise Ungültigerklärung der Gesamtjahresabrechung ist schon deshalb ungerechtfertigt, weil die Zuordnung der Positionen 14, 15 und 24 in umlage- bzw. nicht umlagefähige Betriebskosten überhaupt nur für die Einzelabrechnung von Bedeutung sein kann. Aber auch insoweit ist die Abrechung 1997 nicht zu beanstanden.

Dafür kann dahingestellt bleiben, ob die Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich der Vernehmung der Miteigentümerin Senftleben als seinerzeitigen Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats zutreffend ist, die Beteiligte zu 3) habe sich bei ihrem Bewerbungsgespräch mit dem Verwaltungsbeirat zu einer nach Umlagefähigkeit differenzierenden Abrechung der Betriebskosten bereit erklärt. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, folgt daraus noch nicht die Ungültigkeit des Genehmigungsbeschlusses über die Einzeljahresabrechnung 1997, in der die Beteiligte zu 3) eine derartige Differenzierung vorgenommen hat und der Antragsteller der Auffassung ist, einzelne als nicht umlagefähig klassifizierte Betriebskostenpositionen müssten als umlagefähig bezeichnet werden. Rechtsgrundlage für die Art und Weise der Jahresabrechnung und die Gültigkeit eines Genehmigungsbeschlusses können nur Gesetz, Teilungserklärung, Vereinbarungen und Beschlüsse der Eigentümer sein. Dies erfordert bereits die Rechtssicherheit für jeden Erwerber, für den die Grundlagen der Abrechnung nachvollziehbar sein müssen. Abrechnungsmodalitäten, die sich aus von der Verwalterin bestrittenen mündlichen Abreden mit dem Verwaltungsbeirat ergeben sollen und nicht einmal Niederschlag in dem schriftlichen Verwaltervertrag gefunden haben -so der übereinstimmende Vortrag, bei den Akten befindet sich der Verwaltervertrag nicht- sind weder für darüber nicht informierte Eigentümer, noch für Erwerber nachvollziehbar. Die Beteiligten haben auch nicht vorgetragen, dass eine Regelung in der Teilungserklärung -die ebenfalls nicht bei den Akten ist- über eine Abrechnung entsprechend den Vorschriften des § 27 der II. BerechnungsVO existiere, noch dass es darüber eine Vereinbarung oder einen Beschluss der Eigentümerversammlung gäbe. Eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung wird von der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur abgelehnt (BayObLG NZM 1999, 133; dass. NZM 2000, 507, 508; OLG Stuttgart OLGZ 1990, 175 ; Palandt/Bassenge: WEG, 62. Aufl., § 28, Rdnr. 9; Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl., § 28 Rdnr. 55; Staudinger/Bub: WEG, 12.Aufl., § 28, Rdnr. 377; anderer Auffassung: Bärmann/Pick/Merle: WEG, 8. Aufl., § 28, Rdnr. 81). Der herrschenden Meinung folgt auch der Senat, da sie der notwendigen Differenzierung zwischen Mietverwaltung und Wohnungseigentumsverwaltung Rechnung trägt und es der Privatautonomie jeder Eigentümergemeinschaft überlässt, welche Art der Abrechnung den Bedürfnissen ihrer Gemeinschaft entspricht. Insoweit ist das Argument der Beteiligten zu 3) durchaus zutreffend, dass sie in ihrer Abrechnung ohnedies nicht die Regelung aller Einzelmietverträge berücksichtigen kann. Wenn die Verwaltung als Serviceleistung gegenüber Eigentümern, deren Wohnung vermietet ist, eine den Vorschriften des § 27 der II. BerechnungsVO in gewissem Umfang entsprechende Abgrenzung der Betriebskosten vorgenommen hat, folgt daraus noch nicht die Ungültigkeit der Abrechnung und des entsprechenden Genehmigungsbeschlusses deshalb, weil ein Wohnungseigentümer die Umlagefähigkeit anders beurteilt. Daraus würde sich sonst die Notwendigkeit ergeben, das auch die Gerichte im Beschlussanfechtungsverfahren die Klassifizierung der Umlagefähigkeit anhand jeder Einzelabrechung bzw. nach jedem konkreten Mietvertrag überprüfen müssten, was auch das Landgericht für die konkret beanstandeten Positionen nicht getan hat, obwohl es nach der von ihm vertretenen Auffassung darauf angekommen wäre. Sinn und Zweck der Jahresabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz ist nach ganz überwiegender Auffassung (vgl. Niedenführ/Schulze, aaO., § 28 Rdnr. 42; Palandt/Bassenge, aaO., § 28, Rdnr. 7) aber lediglich, als einfache Einnahmen/Ausgaben-Überschussrechung die Liquidität der Gemeinschaft dadurch sicherzustellen, dass die Hausgeldvorschüsse zur Deckung der Ausgaben reichen bzw. Nachzahlungen für Deckungslücken zu errechnen. Für alles was darüber hinaus geht, ist eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG erforderlich, wie z. B., wenn die Wohnungseigentümer eine Jahresabrechung wünschen, die einer Bestands- und Erfolgsrechnung im Sinne des HGB entspricht und dementsprechend offene Forderungen und Verbindlichkeiten berücksichtigt, Rechungsabgrenzungen vornimmt und einen Vermögensstatus angibt (OLG Zweibrücken NZM 1999, 276; BayObLG NJW-RR 1993, 1166 und NZM 2000, 873, 875; Niedenführ/Schulze, aaO., § 28, Rdnr. 43).

Der landgerichtliche Beschluss war deshalb abzuändern, soweit er die Genehmigung der Jahresabrechung 1997 teilweise für ungültig erklärt.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Erstbeschwerde des Antragstellers insgesamt keinen Erfolg hat, denn auch seine weitere sofortige Beschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung ist zwar zulässig gemäß § 45 Abs. 1 WEG, insbesondere form- und fristgemäß eingereicht, aber nicht begründet. Dabei ist nach der Begründung der weiteren Beschwerde davon auszugehen, dass der Antragsteller jetzt die Verpflichtung der Beteiligten zu 3) begehrt, eine neue Jahresabrechnung für 1997 unter Ausweisung der Betriebskostenpositionen 14,15 und teilweise 24 als auf Mieter umlagefähig zu erstellen. Einen derartigen Verpflichtungsantrag hat der Antragsteller ausweislich der Terminsprotokolle der landgerichtlichen Verhandlungen vom 22.11.2000 (Bl. 121, 122) und 21.03.2001 (Bl. 126-130) bisher weder in mündlicher Verhandlung, noch in seinen Schriftsätzen gestellt. Da das Rechtsbeschwerdeverfahren auch in Wohnungseigentumsverfahren keine weitere Tatsacheninstanz eröffnet, sind auch keine neuen Sachanträge zulässig (Niedenführ/Schulze, aaO., § 45 Rdnr. 39; Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15.Aufl., § 27, Rdnr. 3).

Darüber hinaus wäre ein derartiger Antrag auch unbegründet. Dies ergibt sich bereits aus den vorangegangenen Ausführungen zur Begründetheit der weiteren Beschwerde der Antragsgegner. Deshalb kann auch der Vorwurf des Antragstellers dahingestellt bleiben, er sei von einer entsprechende Antragstellung im landgerichtlichen Verfahren abgehalten worden.

Die gemäß §§ 31 Abs. 3 Satz 1, 14 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 KostO statthafte, zulassungsfreie und unbefristete Beschwerde des Antragstellers (KG WoM 1996, 306; OLG Stuttgart Die Justiz 1997, 130; OLG Zweibrücken NZM 2001, 245; BayObLG NZM 2001, 246; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 8. Aufl., § 48, Rdnr. 61; Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl., § 48 Rdnr. 23) gegen die Geschäftswertfestsetzung, die das in zweiter Instanz mit der Hauptsache befasste Landgericht getroffen hat, ist nur zum Teil begründet.

Der Geschäftswert gemäß § 48 Abs. 3 WEG richtet sich -anders als der Beschwerdewert- grundsätzlich nach dem Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung. Dies dient unter anderem dem Zweck, die Wohnungseigentümer dazu anzuhalten, die über ihre subjektiven Interessen hinausgehende Wirkung des Verfahrens auf die anderen Beteiligten zu bedenken und von der leichtfertigen Stellung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung abzusehen (Staudinger/Wenzel: WEG, 12. Aufl., § 48, Rdnr. 15). Der Geschäftswert bei der Anfechtung von Beschlüssen über die Jahresabrechnung bestimmt sich deshalb nach allgemeiner Auffassung nach einem Bruchteil von 20-25 % des Gesamtvolumens, wodurch im Regelfall auch dem verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz des gleichen Zugangs zu den Gerichten Rechnung getragen wird. Wenn im Einzelfall das Eigeninteresse des anfechtenden Wohnungseigentümers -wie vorliegend- deutlich unter 25 % des Gesamtvolumens liegt, so kann eine weitere Herabsetzung geboten sein ( BayObLG WuM 1992, 714; OLG Hamm NZM 2001, 549; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 8. Aufl., § 48, Rdnr 22 mit weiteren Nachweisen; Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl., § 48, Rdnr. 40; Staudinger/Wenzel, aaO., § 48, Rdnr. 20). Dem hat die Kammer bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie nur 10 % des Gesamtvolumens berücksichtigt hat, welches sich allerdings nach der Höhe der Gesamteinnahmen auf 381.190,72 DM beläuft (Bl. 9 d. A.), so dass 10 % hiervon 38.119,00 DM ausmachen. Eine Reduzierung auf die Kosten einer erneuten Eigentümerversammlung, wie sie im Fall der Anfechtung allein nur aus verfahrensrechtlichen Gründen angezeigt wäre, kommt vorliegend nicht in Betracht, da der Antragsteller sich auch gegen die Ordnungsmäßigkeit der Gesamtabrechnung, nicht nur der Beschlussfassung gewendet hat.

Der Antragsteller kann auch nicht damit Erfolg haben, dass er im Rahmen der Geschäftswertbeschwerde geltend macht, das Gesamtabrechungsvolumen könne bei der Geschäftswertfestsetzung nicht zu Grunde gelegt werden, weil es auch Positionen umfasse, die er nicht beanstandet und die das Gericht deshalb nicht geprüft habe. Der Antragsteller muss sich daran festhalten lassen, dass er innerhalb der Anfechtungsfrist den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 17.04.1998 zu TOP 3 -der zwar nicht zu den Akten gelangt ist, aber nach übereinstimmenden Vortrag die Genehmigung von Gesamt- , Einzeljahresabrechnung und Verwalterentlastung umfasste uneingeschränkt angefochten hat, wie es auch in der Sachverhaltsdarstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses angegeben ist. Dies hat der Antragsteller auch in seiner Erstbeschwerde nicht beanstandet und noch in seinem Schreiben vom 02.05.2001 (Bl. 142 d. A.) ausgeführt, die von der Miteigentümerversammlung genehmigte Wohngeldabrechnung für 1997 sei aufzuheben, ohne dies auf einzelne Positionen zu beschränken. Schließlich wird in der Begründung der weiteren Beschwerde des Antragstellers vom 27.06.2001 (Bl. 181 d. A.) die Ansicht vertreten, der gesamte Genehmigungsbeschluss hätte vom Landgericht aufgehoben werden müssen. Das setzt voraus, dass auch der gesamte Beschluss mit Ausnahme der vom Amtsgericht bereits aufgehobenen Genehmigung der Vermögensaufstellung und der Entlastung Verfahrensgegenstand des Erstbeschwerdeverfahrens war.

Da der Antragsteller zusätzlich auch die Einzelabrechung hinsichtlich der Positionen 14, 15, 22 und 24 angefochten hat, waren diese mit insgesamt 9.809,32 DM zu berücksichtigen (Merle, aaO., Rdnr. 22; Niedenführ/Schulze, aaO.), wobei für die Geschäftswertfestsetzung anders als bei dem Wert der Beschwer nicht nur die auf den Antragstellers entfallenden Anteile, sondern die Gesamtpositionen maßgeblich sind.

Begründet ist die Beschwerde dagegen insoweit, als die Kammer auch für die Anfechtung des Beschlusses über die Verwalterentlastung weitere 10 % des Gesamtvolumens der Jahresabrechung angesetzt hat.

Nach der überwiegenden Auffassung, der sich auch der Senat angeschlossen hat, richtet sich der Geschäftswert für die Anfechtung von Beschlüssen über die Entlastung des Verwalters in erster Linie danach, ob und in welchem Umfang Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter in Betracht kommen (BayObLG WuM 1999, 185; Niedenführ/Schulze, aaO., Rdnr. 38; Merle, aaO., Rdnr. 21). Dies entspricht am ehesten der Bedeutung des Entlastungsbeschlusses als negativem Schuldanerkenntnis gemäß § 397 Abs. 2 BGB dahingehend, dass den Wohnungseigentümern keine Ansprüche gegen den Verwalter wegen solcher Vorgänge zustehen, die bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren (Niedenführ/Schulze, aaO., § 28, Rdnr. 159; zu den Entlastungswirkungen im einzelnen: Köhler ZMR 1999, 293, 294). Da das Verfahren nicht ergeben hat, in welcher Höhe derartige Ansprüche in Betracht kämen, muss der Geschäftswert insoweit geschätzt werden, wobei der Senat in entsprechender Anwendung von § 30 Abs. 2 KostO a. F. den Regelwert von 5.000,00 DM angesetzt hat. Der vom Landgericht angenommene Wert in Höhe von 10 % des Abrechungsvolumens (so auch Staudinger/Wenzel, aaO, Rdnr. 22 unter Berufung auf AG Hildesheim ZMR 1986, 23, 24), erscheint dagegen zu pauschal und bei großen Gemeinschaften wie vorliegend überhöht. Andererseits werden Beträge von 1.000,00 DM bzw. 500,00 EUR (so BayObLG WuM 1999, 185; Niedenführ/Schulze, aaO., § 48, Rdnr. 38) der Bedeutung der Entlastung für die Beteiligten und den Verwalter, wie oben ausgeführt, nicht gerecht.

Dies führt zu einem Geschäftswert des amtsgerichtlichen Verfahrens von 52.928,32 DM (Anfechtung Gesamtabrechung einschließlich Vermögensaufstellung: 38.119,00 DM; Anfechtung Einzelabrechung: 9.809,32 DM; Anfechtung Verwalterentlastung: 5.000,00 DM). Der Geschäftswert für das landgerichtliche Beschwerdeverfahren ist um 5.000,00 DM niedriger, weil die Verwalterentlastung nicht Verfahrensgegenstand war, beträgt also 47.928,32 DM, da nur der Antragsteller (soweit seine erstinstanzlichen Anträge zurückgewiesen worden sind) und nicht die Beteiligten zu 2) und 3) Erstbeschwerde eingelegt haben. Auf Grund der weiteren Beschwerde der Antragsgegner sind auch im Rechtsbeschwerdeverfahren die vom Landgericht beschlossene Ungültigerklärung der Gesamtjahresabrechnung 1997 und der Einzelabrechnung hinsichtlich der Positionen 14, 15 und 24 Verfahrensgegenstand. Dadurch ist zwar die Position Bankkosten mit 4.939,88 DM nicht mehr für den Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu berücksichtigen. Auf Grund des vom Antragsteller mit seiner weiteren Beschwerde verfolgten Verpflichtungsantrags, der mangels näherer Anhaltspunkte für die dadurch verursachte Belastung der Verwalterin nach § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO a. F. mit 5.000,00 DM bewertet wird, erhöht sich der Geschäftswert der weiteren Beschwerde auf 47.988,32 DM.

Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass die nach den vom Senat auf Grund der Geschäftswertbeschwerde des Antragstellers, für die das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (Niedenführ/Schulze, aaO., § 48, Rdnr. 21; (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 31, Rdnr. 63), festgesetzten Werten zu berechnenden Kosten des Verfahrens zu dem Interesse des Antragstellers an der Ungültigkeitserklärung der Genehmigung der Jahresabrechung und der Verwalterentlastung nicht in einem angemessenen Verhältnis stünden (§ 48 Abs. 3 Satz 2 WEG).

Die gerichtlichen Verfahrenskosten auf der Grundlage dieser Geschäftswerte dürften insgesamt 2.000,00 DM nicht wesentlich übersteigen, außergerichtliche Kosten des Antragstellers sind mangels anwaltlicher Vertretung des Antragstellers zu vernachlässigen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 03.12.2002 20 W 189/2002) erfordern selbst geschätzte Verfahrenskosten von 11.000,00 DM bei Abwägung der Interessen des Antragstellers gegenüber den Interessen der übrigen Beteiligten an einer wirksamen Jahresabrechung bzw. Verwalterentlastung keine weitere Ermäßigung wegen der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Justizgewährungspflicht. Allerdings würde das Kostenrisiko Antragstellern in Beschlussanfechtungsverfahren schon in erster Instanz vor Augen geführt, wenn die Vorschussanforderung auf Grund einer zutreffenden vorläufigen Geschäftswertfestsetzung erfolgen würde.

Hinsichtlich der Geschäftswertbeschwerde ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 31 Abs. 3 Satz 2 und 3 a. F. KostO).

Bezüglich der Hauptsache hat der Beteiligte zu 1) die Gerichtskosten seiner demnach erfolglosen Erstbeschwerde und seiner erfolglosen weiteren Beschwerde gemäß §§ 47 Satz 1 WEG i. V. m. 97 Abs. 1 ZPO analog zu tragen.

Es bestand für den Senat keine Veranlassung, von dem in der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz abzuweichen, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, § 47 Satz 2 WEG, da das Unterliegen des Beteiligten zu 1) für eine Anordnung nicht ausreicht und die Grenze der Mutwilligkeit noch nicht überschritten ist, wie die unterschiedlichen Entscheidungen der Instanzen zeigen.

Ende der Entscheidung

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