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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.02.2006
Aktenzeichen: 20 W 269/05
Rechtsgebiete: EGBGB, PStG


Vorschriften:

EGBGB § 10 I
PStG § 45 II
PStG § 49
Nach einer Einbürgerung können Personen, die nicht die Voraussetzungen des § 94 BVFG erfüllen, einen Wegfall ihres aufgrund des früheren Personalstatuts als Zwischennamen erworbenen Vatersnamen nicht durch eine Angleichungserklärung gegenüber dem Standesbeamten und deren Eintragung in die Personenstandsbücher erreichen.
Gründe:

I.

Die seit 1991 miteinander verheirateten Beteiligten zu 1) und 2) sowie ihr 1990 geborener gemeinsamer Sohn, der Beteiligte zu 3), waren alle zunächst belarussische Staatsangehörige und führen nach diesem Heimatrecht zusätzlich zu den Vornamen und Familiennamen die eingangs jeweils bezeichneten Vatersnamen als Zwischennamen. Nach vorheriger Entlassung aus ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit erwarben die Beteiligte zu 1) (Ehefrau) und der Beteiligte zu 3) (Sohn) mit Wirkung vom 11. März 2004 durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. Daraufhin erklärten die Beteiligten zu 1) und 3) - letzterer vertreten durch seine Eltern - zu Protokoll der Standesbeamtin, im Wege der Angleichung an das deutsche Recht ihre jeweiligen Vatersnamen ablegen zu wollen.

Die Standesbeamtin hatte Zweifel an der Zulässigkeit der Entgegennahme der Angleichungserklärungen und der Eintragung des Wegfalles der Vatersnamen und legte die Sache über den Beteiligten zu 4) als Aufsichtsbehörde dem Amtsgericht zur Entscheidung vor.

Das Amtsgericht wies die Standesbeamtin durch Beschluss vom 21. Juni 2004 an, die Angleichungserklärungen vom 15. April 2004 entgegen zu nehmen und in das Familienbuch einzutragen.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 4) entschied das Landgericht mit Beschluss vom 10. Mai 2005, dass die Standesbeamtin die Berichtigung des Familienbuchs hinsichtlich der Namen der Beteiligten zu 1) und 3) mit der Zweifelsvorlage zu Recht abgelehnt habe und hob den Beschluss des Amtsgerichts auf.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 4) mit der weiteren Beschwerde, mit der er die Herbeiführung einer obergerichtlichen Entscheidung erstrebt.

II.

Die weitere Beschwerde der Aufsichtsbehörde ist gemäß §§ 49 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, 45 Abs. 2, 48 Abs. 1 PStG, 27 FGG zulässig. Sie führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg, da das Landgericht ohne Rechtsfehler und mit zutreffenden Erwägungen entschieden hat, dass die Erklärungen über den Wegfall der Vatersnamen der Beteiligten zu 1) und 3) mangels Rechtsgrundlage nicht entgegen genommen und in das Familienbuch eingetragen werden können.

Nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem sie angehört. Die durch das IPRG vom 25. Juli 1986 (BGBl I S. 1142) neu geregelte Vorschrift knüpft damit bei der Beurteilung namensrechtlicher Fragen in Übereinstimmung mit der früheren Praxis (vgl. BGHZ 56, 193 und NJW 1978, 1107) grundsätzlich an das Personalstatut an. Durch diese Anknüpfung wird der Name als Attribut der Persönlichkeit dem für die persönlichen Rechtsverhältnisse auch sonst maßgeblichen Personalstatut unterstellt und dient damit der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 64. Aufl., EGBGB Art. 10 Rn. 1).

Im vorliegenden Falle ist es in der Person der Beteiligten zu 1) und 3) durch die Entlassung aus ihrer bisherigen belarussischen Staatsangehörigkeit und die Einbürgerung zu einem Wechsel des Personalstatuts gekommen. Ein solcher Wechsel des Personalstatuts hat zwar zur Folge, dass die Namensführung fortan dem jetzt maßgeblichen deutschen Recht unterliegt. Der bisherige Name einer Person wird jedoch grundsätzlich durch einen Statutenwechsel nicht berührt, sondern bleibt als solcher bestehen (BGHZ 147, 159/168). Damit unterliegt die Namensführung der Beteiligten zu 1) und 3) deren früherem Heimatrecht, welches für die Namensführung insgesamt und damit auch für die Führung von Zwischennamen maßgeblich ist (vgl. BGH NJW 1993, 2245; Palandt/Heldrich, a.a.O., EGBGB Art. 10 Rn. 7).

Wie das Landgericht zutreffend im Einzelnen ausgeführt hat, haben die Beteiligten zu 1) und 3) jeweils mit der Geburt nach dem seinerzeit jeweils für sie geltenden sowjetischen bzw. belarussischen Heimatrecht die aus dem jeweiligen Vatersnamen abgeleiteten Zwischennamen als Bestandteil des bürgerlichen Namens erworben, die als solche zutreffend auch in die deutschen Personenstandsbücher aufgenommen wurden (vgl. hierzu BGH NJW 1971, 1521; Hepting-Gaaz, BStG, § 21 Rn. 292; Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht "UdSSR", S. 50).

Durch die Einbürgerung hat sich zwar das Personalstatut der Beteiligten zu 1) und 3) geändert. Das für das Namensrecht nunmehr maßgebliche deutsche Recht geht im Falle der Einbürgerung jedoch von der Beibehaltung des bisherigen Namens aus und gestattet eine Änderung des Namens nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung oder nach den allgemeinen Regeln der Namensangleichung nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen IPR. Beide Voraussetzungen hat das Landgericht hier zutreffend verneint.

Die Beteiligten zu 1) und 3) sind weder Vertriebene noch Spätaussiedler oder deren Ehegatten und Abkömmlinge und zählen deshalb nicht zu den Personengruppen, für die § 94 Abs. 1 Satz 1 BVFG durch eine spezielle gesetzliche Regelung ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten Bestandteile ihres Namens abzulegen, die im deutschen Namensrecht - wie Zwischennamen - nicht vorgesehen sind.

Des Weiteren sind auch die Voraussetzungen für eine Namensangleichung nach den allgemeinen Regeln des deutschen IPR (vgl. hierzu BayObLGR 1993, 94; OLG Frankfurt OLGR 2002, 138) nicht gegeben. Denn eine derartige Anpassung kommt nur dann in Betracht, wenn nebeneinander oder zeitlich nacheinander auf einen Lebenssachverhalt verschiedene Rechtsordnungen anzuwenden sind, die sich inhaltlich widersprechen oder Lücken aufweisen, so dass eine Harmonisierung erforderlich ist (vgl. Palandt/Heldrich, a.a.O., Einl. vor Art. 3 EGBGB Rn. 32; BGH NJW-RR 1986, 1005; BGH NJW 1995, 58). Eine solche Anpassungslage liegt indes nicht vor. Die auf den gesetzlichen Regelungen des früheren Heimatrechtes der Beteiligten zu 1) und 3) beruhenden Namen stehen nicht im Widerspruch zu dem jetzigen Personalstatut, da sie die nach deutschen Namensrecht zwingend notwendigen Namensteile des Vornamens und des Familiennamens enthalten. Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass Namensbestand zusätzlich jeweils der dem deutschen Recht nicht geläufige Zwischenname ist.

Derartige Zwischennamen sind nach der rechtsgrundsätzlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 09. Juni 1993 (BGH NJW 1993, 2244) nach dem Grundsatz der Namenskontinuität in die deutschen Personenstandsbücher aufzunehmen, was - wie bei anderen Namenszusätzen auch - in der Praxis keine wesentlichen Schwierigkeiten bereitet. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Hepting StAZ 2001, 257/265 f), der das Amtsgericht gefolgt ist, fehlt es hier an einem Widerspruch, der einer Harmonisierung durch Angleichung bedarf. Die gegenteilige Auffassung verkennt, dass der vorliegende Fall des mit der Geburt nach einer fremden Rechtsordnung erworbenen Zwischennamens sich wesentlich von den eine Angleichung gestattenden Sachverhalten unterscheidet, in denen eine Person nach ihrem ursprünglichen Heimatrecht nur mehrere Eigennamen, einen Eigennamen mit Namenszusatz oder einen Individualnamen mit abgeleitetem Vatersnamen führt. Denn in all diesen Fällen fehlt es an dem nach deutschen Recht zwingend erforderlichen Familiennamen, so dass in diesen Fällen eine Namensangleichung notwendig ist.

Auch die Achtung vor dem Namensrecht als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG begründet keinen Rechtsanspruch darauf, einen nach einer fremden Rechtsordnung wirksam erworbenen Zwischennamen nach einem Wechsel zum deutschen Personalstatut durch bloße Erklärung gegenüber dem Standesbeamten in Wegfall zu bringen (so aber Silagi StAZ 2004, 270/272). Zwar unterliegt der von einer Person erworbene bzw. geführte Name in dieser Gestalt dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (vgl. BGH NJW 1993, 2241). Ein Anspruch auf Namensänderung ohne entsprechende gesetzliche Grundlage oder die Notwendigkeit einer Anpassung nach deutschem IPR lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten.

Das Landgericht hat deshalb zutreffend darauf hingewiesen, dass dem nachvollziehbaren und verständlichen Wunsch der Beteiligten zu 1) und 3), im Interesse einer weitgehenden sozialen Eingliederung ihren Namen dahingehend zu ändern, dass die Zwischennamen in Wegfall geraten, hier nicht mit den Mitteln des Personenstandsrechtes, sondern nur im Wege eines verwaltungsrechtlichen Namensänderungsverfahrens erfolgen kann.

Ende der Entscheidung

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