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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 04.02.2005
Aktenzeichen: 20 W 274/04
Rechtsgebiete: BGB, PStG


Vorschriften:

BGB § 1617
BGB § 1617 a
BGB § 1617 b
PStG § 31 a II 2
Geben die nicht miteinander verheirateten Eltern in der Geburtsanzeige für ihr Kind den Geburtsnamen des Vaters an, während in den 2 Monate später beim Jugendamt beurkundeten Erklärungen über die Anerkennung der Vaterschaft und die Begründung der gemeinsamen Sorge das Kind mit dem Geburtsnamen der Mutter bezeichnet wird, so darf der Standesbeamte bei der nachfolgenden Beurkundung der Geburt ohne weitere Rückfrage oder Klarstellung nicht davon ausgehen, dass mit der Namensangabe in der Geburtsanzeige bereits eine Neubestimmung des Kindesnamens aus Anlass der Begründung der gemeinsamen Sorge nach § 1617b Abs. 1 BGB erfolgt war.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin wurde am ... 1998 in O1 geboren. In der von den Beteiligten zu 2) und 3) am 24. November 1998 im Krankenhaus unterzeichneten Geburtsanzeige wurde als Familienname der von dem Vater geführte Name "A" eingetragen. Am 27. Januar 1999 beurkundete das Jugendamt der Stadt O2 die Anerkennung der Vaterschaft durch den Beteiligten zu 3) sowie die Erklärung der Beteiligten zu 2) und 3), die Sorge für die Antragstellerin gemeinsam übernehmen zu wollen (Sorgeerklärung), wobei als Familienname der Antragstellerin jeweils der von der Mutter geführte Name "B" angegeben wurde. Nach Eingang dieser Urkunden beurkundete der Standesbeamte des Standesamtes X am 11. Februar 1999 die Geburt und trug hierbei als Familienname der Antragstellerin den vom Vater geführten Namen "A" ein.

Am 30. Juni 2003 beantragte die Antragstellerin die Berichtigung des Geburtseintrages dahingehend, dass sie nicht den Familiennamen "A", sondern "B" trägt. Das Amtsgericht ordnete mit Beschluss vom 07. Januar 2004 die Beischreibung eines Randvermerkes im Geburtenbuch an, wonach der Geburtsname der Antragstellerin richtig "B" und nicht "A" laute.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der unteren standesamtlichen Aufsichtsbehörde wies das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Berichtigung des Geburtseintrages sei zu Recht angeordnet worden, da es sich bei der Angabe des Familiennamens in der Geburtsanzeige wegen der damals noch nicht begründeten gemeinsamen Sorge nicht um eine wirksame Namensbestimmung im Sinne des § 1617 Abs. 1 BGB handele, so dass es bei der gesetzlichen Folge des § 1617 a Abs. 1 BGB bleibe, wonach das Kind mit der Geburt den Namen der seinerzeit allein sorgeberechtigten Mutter erhalten habe.

Hiergegen wendet sich die untere standesamtliche Aufsichtsbehörde mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie insbesondere geltend macht, zur Vermeidung unbürokratischer Hürden sei es zu akzeptieren, dass die Eltern den Familiennamen des Kindes formlos bereits in der Geburtsanzeige bestimmten, auch wenn dies erst mit der späteren Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses und der Sorgeerklärung Wirksamkeit erlange und die Beurkundung der Geburt deshalb bis zum Eingang dieser Unterlagen zurückgestellt werden müsse. Dies finde auch in § 265 Abs. 4 S. 4 der Dienstanweisung für den Standesbeamten seinen Niederschlag, der eine gewisse Unschärfe bezüglich des geführten Namens bewusst in Kauf nehme.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 48 Abs. 1, 49 PStG i. V. §§ 22, 27 Abs. 1, 29 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Beteiligte zu 4) hat als Standesamtsaufsichtsbehörde nach § 49 Abs. 2 PStG ein - von einer Beschwer unabhängiges - Beschwerderecht, von dem er Gebrauch machen kann, um über eine Streitfrage eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen (vgl. BGH StAZ 1993, 352; Hepting/Gaaz, PStG, § 49 Rn. 12; Johansson/Sachse, Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen 1996, Rn. 1443).

In der Sache führt das Rechtsmittel der Aufsichtsbehörde nicht zum Erfolg, da die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 48 Abs. 1 PStG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass der Familienname der Antragstellerin seit ihrer Geburt "B" lautet und der abweichende Geburtseintrag deshalb durch Beschreibung eines entsprechenden Randvermerkes auf gerichtliche Anordnung gemäß § 47 PStG zu berichtigen ist.

Durch das 1998 in Kraft getretene Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) vom 16. Dezember 1997 (BBl. I S. 2942) wurde auch das Namensrecht des Kindes geändert. Grundlegendes Prinzip der Reform war die Aufgabe der Differenzierung zwischen ehelicher und nichtehelicher Geburt. Primärer Anknüpfungspunkt ist nunmehr nach § 1616 BGB, ob die Eltern einen gemeinsamen Ehenamen im Sinne des § 1355 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB führen, der sodann auch für die gemeinsamen Kinder maßgeblich ist. Führen die Eltern keinen Ehenamen, so kommt es auf die elterliche Sorge an. Steht die Sorge für das Kind beiden Elternteilen gemeinsam zu, so besteht nach § 1617 Abs. 1 BGB ein Wahlrecht, wonach die Eltern zum Geburtsnamen des Kindes entweder den von der Mutter oder den von dem Vater aktuell geführten Namen bestimmen können. Steht die elterliche Sorge nur einem Elternteil zu, so erhält das Kind nach § 1617 a Abs. 1 BGB kraft Gesetzes den Namen, den dieser Elternteil im Zeitpunkt der Geburt führt. Wird nachträglich eine gemeinsame Sorge der Eltern begründet, so kann nach § 1617 b Abs. 1 BGB der Name des Kindes binnen drei Monaten durch die Eltern neu bestimmt werden.

Die gesetzlichen Regelungen gehen davon aus, dass der Kindesname grundsätzlich nach den namens- und sorgerechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Geburt bestimmt wird (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., vor § 1616 Rn. 10; Staudinger/Coester, BGB, 13. Bearb., § 1617 Rn. 3 und 9; MünchKomm von Sachsen-Gessaphe, BGB, 4. Aufl., § 1617 Rn. 9; Lipp/Wagenitz, Das neue Kindschaftsrecht, § 1617 BGB Rn. 3; Wagenitz, FamRZ 1998, 1545). Dies ergibt sich sowohl aus der Systematik der gesetzlichen Vorschriften als auch aus dem Verhältnis des § 1617 BGB zu § 1617 a Abs. 1 BGB und § 1617 b BGB. Des Weiteren deutet auch die Entstehungsgeschichte der neuen Vorschriften hierauf hin: War das Wahlrecht der namensverschiedenen Eltern nach dem früheren § 1616 Abs. 2 BGB a. F. an die eheliche Geburt des Kindes angeknüpft, so bindet § 1617 BGB n. F. das Wahlrecht jetzt an die gemeinsame Sorge, ohne jedoch an dem zeitlichen Bezugspunkt der Geburt des Kindes etwas zu ändern (so auch: Wagenitz, a.a.O.). Deshalb vermag der Senat der teilweise vertretenen Gegenansicht (vgl. Schwab, FamR, Rn. 499), wonach es auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt ankommen soll, nicht zu folgen.

Auf dieser Grundlage sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Geburt gemäß § 1617 a Abs. 1 BGB kraft Gesetzes den von ihrer Mutter geführten Geburtsnamen "B" erhalten hat, weil zum Zeitpunkt der Geburt die elterliche Sorge der Mutter allein zustand. Die erst mehr als zwei Monate nach der Geburt beurkundete Anerkennung der Vaterschaft und Abgabe der Sorgeerklärung gemäß §§ 1594 Abs. 1 BGB, 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB führen hier nicht zu einer unmittelbaren Anwendung des § 1617 BGB, auch wenn sie noch vor der Beurkundung der Geburt im Geburtenbuch erfolgt sind.

Eine Änderung des von der Antragstellerin mit der Geburt kraft Gesetzes gemäß § 1617 a Abs. 1 BGB erworbenen Geburtsnamens "B" kommt deshalb nur nach den Vorschriften der §§ 1617 a Abs. 2 oder 1617 b Abs. 1 BGB, nicht jedoch nach § 1617 BGB in Betracht, welcher nur dann Anwendung findet, wenn den Eltern wegen einer bestehenden Ehe oder einer pränatal abgegebenen Sorgeerklärung nach § 1626 b Abs. 2 BGB bereits zum Zeitpunkt der Geburt das gemeinsame Sorgerecht zusteht.

Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt eine Erteilung des Namens des Kindesvaters durch die Kindesmutter mit dessen Zustimmung gemäß § 1617 a Abs. 2 BGB hier nicht vor. Sie kann insbesondere nicht in der von beiden Eltern unterschriebenen Geburtsanzeige gesehen werden, da diese bereits nicht die erforderliche förmliche Voraussetzung der öffentlichen Beglaubigung nach § 1617 a Abs. 2 Satz 3 BGB erfüllt.

Des Weiteren liegt auch keine wirksame Neubestimmung des Kindesnamens nach § 1617 b Abs. 1 BGB vor. Die Möglichkeit zur Neubestimmung des Kindesnamens nach dieser Vorschrift ist rechtlicher Ausfluss der zuvor begründeten gemeinsamen Sorge der Eltern (vgl. Wagenitz, a.a.O., S. 1546; Staudinger-Coester, a.a.O., § 1617 Rn. 12; Gloge, RpflStud 1999, 150/151). Zwar kann die Erklärung der Eltern zur Neubestimmung des Kindesnamens aus Anlass der nachträglichen Begründung der gemeinsamen Sorge nach §§ 1617 b Abs. 1 S. 4, 1617 Abs. 1 S. 2 BGB durch formlose Erklärung beider Elternteile gegenüber dem Standesbeamten abgegeben werden, wenn sie zeitlich vor der Beurkundung der Geburt erfolgt. Eine solche Erklärung zur Neubestimmung des Kindesnamens ist aber im vorliegenden Fall mit der bereits zwei Monate vor dem Vaterschaftsanerkenntnis und der Begründung der gemeinsamen Sorge von den Beteiligten zu 2) und 3) fünf Tage nach der Geburt im Krankenhaus ausgefüllten Geburtsanzeige nicht erfolgt. Dabei kann dahin stehen, ob die Namensneubestimmung zeitlich bereits erfolgen kann, bevor die Vaterschaft anerkannt und die gemeinsame Sorge begründet wurde. Denn jedenfalls kann der Angabe des Familiennamens "A" in der Geburtsanzeige ein Erklärungswert zur Neubestimmung des Kindesnamens hier nicht beigemessen werden. Eine Erklärung beider Elternteile über die Namensneubestimmung nach § 1617 b Abs. 1 BGB kann jedenfalls erst mit dem Eingang des Vaterschaftsanerkenntnisses und der Sorgeerklärung bei dem Standesbeamten Wirksamkeit erlangen. In diesen beiden zeitlich nach der Geburtsanzeige bei dem Jugendamt beurkundeten Erklärungen wurde für das Kind aber abweichend von der Geburtsanzeige jeweils der Familienname der Mutter angeführt, ohne dass in der Urkunde oder in der Folgezeit eine Klarstellung gegenüber dem Standesbeamten bezüglich des gewünschten Namens für das Kind erfolgte. Angesichts dieses deutlichen Widerspruchs durfte der Standesbeamte der Namensangabe in der Geburtsanzeige nicht den Erklärungswert einer nachträglichen Namensneubestimmung beimessen. Dies kann insbesondere nicht allein aus dem Umstand gefolgert werden, dass die Angabe des Familiennamens der Mutter für das Kind in den vom Jugendamt beurkundeten Erklärungen zu diesem Zeitpunkt der Gesetzeslage des § 1617 a Abs. 1 BGB entsprach. Denn angesichts der zeitlichen Abfolge der Angabe der unterschiedlichen Namen für das Kind kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bet. zu 2) und 3) sich der komplizierten gesetzlichen Regelung der §§ 1617 a und b BGB bewusst waren und mit der Angabe des Namens in der Geburtsanzeige bereits das ihnen erst später mit der Begründung der gemeinsamen Sorge zufallende Recht der nachträglichen Namensneubestimmung ausüben wollten. In diesem Zusammenhang kann die erstmals im Verfahren der weiteren Beschwerde von dem Bet. zu 4) aufgestellte und von den Bet. zu 2) und 3) bestrittene Behauptung, diese seien vom Krankenhaus und telefonisch von der Standesbeamtin auf die Gesetzeslage hingewiesen worden, als neuer Tatsachenvortrag im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Berücksichtigung finden. Der Standesbeamte hätte angesichts der widersprüchlichen und damit unklaren Angaben vor Beurkundung der Geburt bei den erklärungsberechtigten Eltern nachfragen und deren Erklärungen gegebenenfalls aktenkundig machen müssen.

Zwar sieht § 31 a Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz PStG vor, dass es der Eintragung eines Randvermerkes über die Änderung des Geburtsnamens nicht bedarf, wenn die Erklärung der Eltern zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes noch vor der Beurkundung der Geburt des Kindes abgegeben worden ist. Des Weiteren bestimmt § 265 Abs. 4 Satz 4 der Dienstanweisung für den Standesbeamten, dass in das Geburtenbuch nur der geänderte Name des Kindes einzutragen ist, wenn die gemeinsame Sorge der Eltern zwar nach der Geburt des Kindes begründet wird und diese aber noch vor der Beurkundung der Geburt einen Geburtsnamen bestimmen. In diesem Fall wird eine "registerrechtliche Unschärfe" in Kauf genommen, damit das Kind im Geburtenbuch sogleich mit dem endgültig vorgesehenen Namen erscheinen kann (vgl. Hepting/Gaaz, PStG, § 21 Rn. 85; MünchKomm von Sachsen/Gessaphe, a.a.O., § 1617 Rn. 12). Dies führt jedoch nicht zu einer unmittelbaren Anwendung des § 1617 Abs. 1 BGB auf diese Fälle (so wohl: Hepting/Gaaz, a.a.O.), sondern gestattet aus Gründen der Vereinfachung nur die unmittelbare Beurkundung eines Namens, den das Kind so zum Zeitpunkt seiner Geburt noch nicht erworben hatte. Denn es wird hier lediglich aus Vereinfachungsgründen darauf verzichtet, den von dem Kind mit der Geburt erworbenen, zum Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt jedoch bereits wieder geänderten Namen in das Geburtenbuch einzutragen.

Die sofortige weitere Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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