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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 11.01.2007
Aktenzeichen: 20 W 323/04
Rechtsgebiete: AktG, FGG, GG, SpruchG


Vorschriften:

AktG § 327
FGG § 12
GG Art. 14
SpruchG § 12
1. Die Anforderungen an die Darlegungslast der Minderheitsaktionäre im Squeeze-out-Verfahren hängen auch von der Qualität des Berichts der Hauptaktionärin und des sachverständigen Prüfers ab.

2. Allein der Umstand, dass die Hauptaktionärin die Barabfindung gegenüber dem von ihr festgestellten Wert der Aktie aufstockt, enthebt das Gericht im Spruchverfahren nicht weiterer Nachprüfung.


Gründe:

Im Streit steht die Angemessenheit der Barabfindung nach dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre.

Die Hauptversammlung der A AG beschloss am 27.08.2002 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin und jetzige Antragsgegnerin gegen eine Barabfindung von 20 € pro Aktie. Die Hauptaktionärin hielt damals 1.202.680 Aktien, das entsprach 99,93 % des Aktienkapitals. Auf die Minderheitsaktionäre entfielen 820 Aktien. Die Hauptaktionärin hatte in ihrem Bericht vom 17.07.2002 den Unternehmenswert mit 17.488 TEUR angegeben und den Wert je Aktie mit 14,54 €. An diese Wertangabe anschließend endete der Bericht der Hauptaktionärin mit der Bemerkung, dass sie sich entschlossen habe als Barabfindung aufgrund der langen Treue der Minderheitsaktionäre zum Unternehmen einen Betrag von 20 € je Aktie zu zahlen. Die aufgrund des Antrags der Hauptaktionärin mit Beschluss des Landgerichts vom 19.06.2002 zum sachverständigen Prüfer der Angemessenheit der Barabfindung gem. § 327c Abs. 2 Satz 3 AktG ausgewählte und bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat in ihrem Bericht vom 18.07.2002 den rechnerischen Wert von 14,54 € je Aktie als zutreffende Folge der Unternehmensbewertung bestätigt und die durch freiwillige Erhöhung auf 20 € je Aktie festgesetzte Barabfindung als angemessen bezeichnet.

Die dagegen gerichteten Anträge auf Bestimmung der angemessenen Barabfindung hat das Landgericht durch Beschluss vom 30.06.2004 zurückgewiesen (Bl. 132 ff d. A.). Das Landgericht hat dabei ausgeführt, die Antragsteller hätten zwar zutreffend dargetan, dass das prognostizierte ausschüttbare Ergebnis aus den letzten drei zurückliegenden Jahre schlicht errechnet worden sei, ohne die Prognose näher zu begründen. Insbesondere fehle es an einer plausiblen Begründung der errechneten Annahmen. Dieses Manko in der Begründung sei jedoch für die Höhe der angebotenen Barabfindung unschädlich. Die rechnerische Ermittlung des Ertragswerts sei in zwei Phasen erfolgt. Der Kapitalisierungszinssatz sei nicht zu beanstanden. Das operative Ergebnis sei zwar nicht im Einzelnen begründet worden. Es hätte hier noch einer Darstellung der Unternehmensanalyse und einer Einzelanalyse sowie der Herausstellung der zukunftsbezogenen Plandaten bedurft. Da die Antragsgegnerin aber eine Erhöhung um ca. 35,55 % vorgenommen habe, sei die pauschale Darstellung der ausschüttbaren Ergebnisse nicht zu beanstanden, zumal es auch nur um 820 Aktien gehe. Dies rechtfertige es, den pauschal errechneten Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens als ausreichende Schätzgrundlage nach § 287 II ZPO zugrunde zu legen. So lange keine Anhaltspunkte dargetan seien, dass die aufgezeigten Bewertungsmängel zu einer Erhöhung des Unternehmenswerts auf 24.050.000,00 € führen könnten, bedürfe es auch keiner Beweisaufnahme darüber, ob eventuell eine detailliertere Begründung der Zukunftsprognosen zu einer Erhöhung des Ertragswerts des betriebsnotwendigen Vermögens führe.

Gegen den ihm am 12.07.2004 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller zu 4) mit seiner am 20.07.2004 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er rügt, dass die erstinstanzliche Entscheidung nicht habe ohne mündliche Verhandlung ergehen dürfen. Insoweit liege auch eine Überraschungsentscheidung vor. Abgesehen davon setze sich der angefochtene Beschluss auch nicht mit seinen Rügen auseinander, was einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs darstelle. Es sei ein Akt greifbarer Willkür, wenn der angegriffene Beschluss auf das Volumen des Verfahrens abstelle. Selbst wenn es nur um drei Aktien ginge, reiche § 287 II ZPO nicht die Hand dafür, dass sich der Hauptaktionär die Aktien z. B. zur Hälfte des wirklichen Wertes zueigne. Der angegriffene Beschluss nehme es billigend zu Lasten der Minderheitsaktionäre in Kauf, dass die von der Hauptaktionärin festgesetzte Abfindung unangemessen sei. Die Antragsteller zu 2) und 3) haben gleichfalls sofortige Beschwerde eingelegt, diese jedoch nicht näher begründet.

Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, dass er erwäge, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurück zu verweisen. Die Beteiligten sind dem nicht entgegengetreten. Eine angeregte vergleichsweise Beilegung des Verfahrens ist nicht zustande gekommen.

Auf das Beschwerdeverfahren sind die Vorschriften des SpruchG anzuwenden, da die Rechtsmittel nach dem 01.09.2003 eingelegt worden sind (§ 17 II S. 2 SpruchG). Die Beschwerden sind sämtlich zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Antragsteller zu 2) und 3) haben ihre Beschwerde zwar nicht begründet. Dies ist jedoch für ihre Zulässigkeit auch nicht erforderlich, da § 12 SpruchG für die Beschwerde - im Gegensatz zu § 4 II SpruchG für die Antragstellung - keine Begründungspflicht vorsieht und sich auch aus den gem. § 17 I SpruchG ergänzend anwendbaren FGG-Vorschriften (§ 21 FGG) keine Begründungspflicht als Zulässigkeitserfordernis ergibt (so auch OLG Zweibrücken, FGPrax 2004, 298 ff; Hüffer, Aktiengesetz, 7. Aufl. Anh § 305, § 12 SpruchG, Rn 5).

Die Beschwerden führen zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die vom Landgericht durchgeführte Schätzung der angemessenen Barabfindung ist verfahrensfehlerhaft, da sie auf unzureichenden Erwägungen zur Sachverhaltsaufklärung beruht und der gerichtlichen Verpflichtung zur Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen für eine angemessenen Barabfindung nicht genügt. Eines Antrags auf Zurückverweisung bedarf es nicht (Keidel/ Kuntze/ Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 12 Rn 73).

Das Gesetz räumt den ausgeschlossenen Minderheitsaktionären einen Anspruch auf angemessene Abfindung als Ausgleich für den Verlust ihrer Rechtsposition ein (§§ 327 a, 327 b AktG). Ist die vom Hauptaktionär festgesetzte Barabfindung nicht angemessen, ist die angemessene Barabfindung auf Antrag gerichtlich zu bestimmen (§ 327 f AktG). Die angemessene Abfindung muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen die ausgeschiedenen Aktionäre aufgrund der Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG das erhalten, was ihre gesellschaftliche Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert war. Es muss also ein Ausgleich stattfinden, der dem vollen Wert der Beteiligung entspricht (BVerfG 14, 263 ff; BVerfGE 100, 289 ff). Dem außenstehenden Aktionär darf kein wirtschaftlicher Nachteil aus dem Verlust seiner Beteiligung entstehen. Eine bestimmte Methode, wie die Höhe der konkreten Abfindung zu berechnen ist, ist von Verfassungs wegen nicht vorgegeben.

Die Bewertung von Unternehmen ist in erster Linie eine betriebswirtschaftliche Frage. Von der Betriebswirtschaft wurden hierzu bestimmte Methoden entwickelt. In der Praxis ist in Spruch(stellen)verfahren die sog. Ertragswertmethode anerkannt (BayObLG, AG 1996, 176 ff).

Die Bestimmung der angemessenen Abfindung und die ihr zugrunde liegende Unternehmensbewertung sind rechtliche Aufgaben, die allerdings ohne sachverständige Unterstützung durch Prüfungspraxis und Betriebswirtschaftslehre nicht gelöst werden können (Hüffer, Aktiengesetz, 7. Aufl., § 305 Rn 17). Allerdings lässt sich der wahre Wert eines Unternehmens im aktienrechtlichen Spruchverfahren selbst unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden nicht punktgenau ermitteln, da die Prognoseentscheidungen ihrerseits mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Dem Gericht kommt deshalb die Aufgabe zu, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert, der Grundlage für die Abfindung ist, letztlich im Weg der Schätzung nach § 287 II ZPO zu bestimmen (vgl. BayObLG DB 2006, 39 ff; BGH ZIP 2001, 734 ff; OLG Stuttgart, AG, 2006, 421 ff; OLG Stuttgart, AG 2004, 43 ff).

Prüfberichte in aktienrechtlichen Spruch(stellen)verfahren sind dabei nicht wie Schiedsgutachten zu behandeln, die nur bei offenbarer Unrichtigkeit unverbindlich sind (vgl. zum gerichtlich eingeholten Gutachten: OLG Celle, NZG 1998, 987 ff m. Anm. Bungert). Die Aufgabe der Gerichte besteht nicht darin, den vom Sachverständigen ermittelten Unternehmenswert nur auf Plausibilität zu prüfen und zu übernehmen. Die Gerichte haben vielmehr von Verfassungs wegen zu prüfen, ob der Mehrheitsaktionär einen Preis zahlt, der dem Wert der Unternehmensbeteiligung der Minderheitsaktionäre entspricht (vgl. für die auflösende Übertragung BVerfG, ZIP 2000, 1670 ff, in der das BVerfG darauf hinweist, dass die Prüfung nicht dadurch entbehrlich wird, dass die betroffene Aktiengesellschaft ihren Wert zuvor im Rahmen eines Gutachtens durch sachverständige Prüfer hat schätzen lassen). Die Gerichte kommen damit nicht umhin, bei der Entscheidungsfindung die maßgeblichen rechtlichen Faktoren der gesetzlichen Abfindungsregelung festzustellen und an Hand dieser Kriterien den zutreffenden Unternehmenswert für ein bestimmtes Abfindungsverlangen zu ermitteln (OLG Stuttgart, AG 2006, 421 ff; BayObLG, DB 2001, 1928 ff; BayObLG, AG 1996, 176 ff; OLG Celle, AG 1999, 128 ff, 130; Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 11; vgl. auch Luttermann, Rechtsnatur und Praxis des Abfindungsanspruchs (§ 305 AktG) als gesetzliches Schuldverhältnis, NZG 2006, 816 ff, 817).

Diesen Anforderungen wird die landgerichtliche Entscheidung nicht gerecht. Dem Landgericht ist zwar zuzugeben, dass es trotz der Verweisung des Spruch(stellen)verfahrens in das FGG mit dem dort geltenden Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG) auch nach altem Recht nicht ausgeschlossen war, den Antragstellern Eigenverantwortung für den Inhalt und den Ablauf des Verfahrens zuzuweisen. Wenn die Antragsteller keine Zweifel an den angegebenen Bewertungsparametern begründeten , musste das Gericht dann auch keine weiteren Nachforschungen anstellen (Wittgen, Das Spruchverfahrensgesetz, 2005, S. 145). Das Gericht darf sich auf eine Plausibilitätskontrolle des Bewertungsgutachtens beschränken, wenn der antragstellende Aktionär seiner Darlegungslast nicht nachkommt (Bilda, Zur Dauer der Spruchstellenverfahren, NZG 2000, 296 ff, 300). Die Anforderungen an die Darlegungslast und damit an die Erforderlichkeit und den Umfang der Tatsachenermittlung und Beweisaufnahme im Spruch(stellen)verfahren können aber nicht losgelöst vom Prüfungsgegenstand festgelegt werden, weil die Frage, ob das zu prüfende Ergebnis angemessen ist, auch davon abhängt, wie es zustande gekommen ist (vgl. OLG Stuttgart, AG 2006, 421 ff). Eine andere Betrachtungsweise würde dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Minderheitsaktionäre nicht gerecht (vgl. zum Grundrechtsschutz in Fällen struktureller Unterlegenheit einer Partei BVerfG 89, 214, vgl. auch Anm. Fleischer zu BVerfG, DNotZ 2000, 868 ff, 876 ff). Beim Squeeze out ist die Interessenlage eine andere als beispielsweise bei einer Verschmelzung für die die Zustimmung mehrerer Großaktionäre benötigt wird und schon von daher von einem gewissen Interessenausgleich ausgegangen werden kann (vgl. OLG Stuttgart, AG 2006, 421 ff). Dies gilt insbesondere für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften, wie hier, bei denen der jeweilige Aktionär noch nicht einmal den Börsenwert als preisbildenden Faktor zu Vergleichszwecken heranziehen kann. Aufgabe der Gerichte ist es, darüber zu wachen, dass in der Unternehmensbewertung die Rechte der Anteilseigner auf eine volle Entschädigung angemessen berücksichtigt werden. Dabei gehört zum richterlichen Rechtsschutz Effektivität, Angemessenheit und Fairness. Einer willkürlichen Kompensationsbestimmung durch den Mehrheitsgesellschafter darf nicht Vorschub geleistet werden, sonst könnten die der Hauptversammlung vorgelegten Unterlagen zur Unternehmensbewertung sanktionslos unrichtig oder oberflächlich und im Ergebnis unangreifbar gestaltet werden (vgl. Puszkajler, Verfahrensgegenstand und Rechte des gemeinsamen Vertreters im neuen Spruchverfahren, Der Konzern, 2006, 256 ff).

Das Landgericht hat ausgeführt, es habe keine Bedenken, den sachverständigen Prüfbericht und die Unternehmensbewertung als ausreichende Schätzungsgrundlage anzusehen, zumal auch der Vertreter der außenstehenden Aktionäre eine erneute Überprüfung durch einen weiteren Sachverständigen nicht für erforderlich halte. Dies ist nach dem Akteninhalt jedoch so nicht zutreffend. Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre hat zwar zunächst eine Einschätzung dahingehend abgegeben, dass eine Bestellung eines Sachverständigen zur umfassenden Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung nicht erforderlich sei. Diese Einschätzung war indessen verknüpft mit der Anregung, der Antragsgegnerin aufzutragen, zu den einzeln aufgeführten Vermögenswerten ergänzend vorzutragen und die Bewertung plausibel zu machen. Der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre hat u. a. beanstandet, dass sich anhand der in den Berichten zur Verfügung gestellten Informationen die Bewertung der einzelnen Vermögenspositionen nicht nachvollziehen lasse; insbesondere bleibe die Bewertung des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens auf 1.486 TEUR im Dunkeln. Eine abschließende Bewertung wie und ob alle wertrelevanten Faktoren Eingang in die Bewertung gefunden haben, sei derzeit nicht möglich. Hierüber könne nur Klarheit geschaffen werden, wenn zu den Berichten ergänzend Stellung genommen werde. Nach der alsdann eingeholten ergänzenden Stellungnahme der Antragsgegnerin hat der Vertreter der außenstehenden Aktionäre vorgetragen, dass die nochmalige Wiedergabe von Teilen des Prüfberichts nicht zur Klärung beitrage. Die zusätzlichen Informationen zum betriebsnotwendigen Vermögen (gemeint ist wohl zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen) seien so knapp gehalten, dass nicht nachzuvollziehen sei, ob alle wertrelevanten Faktoren in die Unternehmensbewertung eingeflossen seien. Das könne nur ein unabhängiges Sachverständigengutachten zu diesem Teilbereich bewerkstelligen. Wegen des Aufwands im Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung der Sache hat der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre die Vermittlung einer vergleichsweisen Einigung angeregt.

Das Landgericht stellt an die Begründungstiefe der von den außenstehenden Aktionären vorzubringenden Einwendungen zu hohe Anforderungen. Das Landgericht hat festgestellt, dass die Antragsteller zu Recht gerügt hätten, dass das prognostizierte ausschüttbare Ergebnis aus den letzten drei Jahren schlicht errechnet worden sei, ohne die Prognose im Einzelnen zu begründen. Es hat dazu weiter festgestellt, es fehle insbesondere an einer Begründung der errechneten Annahmen. Diese Feststellungen des Landgerichts sind zutreffend. In dem Bericht der Hauptaktionärin und dem Prüfbericht nimmt die abstrakte Darstellung der Bewertungsmethode einen breiten Raum ein, konkrete auf das Unternehmen bezogene Feststellungen, finden sich nur sehr spärlich und ohne jegliche Erläuterungen und Abwägungen. Beide Berichte enthalten im wesentlichen Ausführungen zur Theorie der Wertermittlung und nur am Ende einige Ergebniszahlen, bei denen sich nicht abschätzen lässt, ob sie dem dargestellten theoretischen Überbau entsprechen (vgl. zu der Neigung Prüfberichte sehr knapp und damit wenig aussagekräftig abzufassen: Meilicke/ Heidel, Das neue Spruchverfahren in der gerichtlichen Praxis, DB 2003, 2267 ff, ; Schüppen, Anwaltshandbuch, S. 1123; Puskajler, Diagnose und Therapie von aktienrechtlichen Spruchverfahren, ZIP 2003, 518 ff, 521; Lutter/ Bezzenberger, Für eine Reform im Aktien- und Umwandlungsrecht, AG, 2000, 433 ff, 439). Zu Recht hat das Landgericht unter Verweisung auf Großfeld (Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung, S. 81, 82) festgestellt, dass es einer Darstellung der Unternehmensanalyse, einer Einzelanalyse sowie der Herausstellung der zukunftsbezogenen Plandaten bedurft hätte. Hinzuzufügen ist, dass die Bewertung insgesamt plausibel zu machen ist, einschließlich der enthaltenen Spielräume (Großfeld, Neue Unternehmensbewertung, BB 2006, Spezial 7, 2 ff). Bei dieser vom Landgericht selbst angenommenen Ausgangslage ist es nicht nachvollziehbar, warum das Landgericht gleichwohl zu der Auffassung kommt, dass die pauschalen Beanstandungen nicht dazu führten, dem Prüfungsbericht die ausreichende Schätzungsgrundlage abzusprechen. Es ist verfahrensrechtlich nicht vertretbar, dass das Landgericht keinerlei Versuche unternommen hat, festzustellen, ob die verwendeten Rahmendaten einer Überprüfung standhalten. Hierfür wäre in einem ersten Schritt wenigstens eine Nachfrage bei der beauftragten Prüferin, voraussichtlich dann auch eine mündliche Verhandlung erforderlich gewesen (vgl. zum Erfordernis der mündlichen Verhandlung im FGG-Verfahren: BVerfG, ZIP 1998, 1047; BayObLG, EWiR 2000, 701 m. Anm. von Luttermann; zur Verletzung des rechtlichen Gehörs bei unkritischer Übernahme eines Sachverständigengutachtens: OLG Frankfurt, OLGR 2006, 970 ff).

Das Landgericht durfte von der weiteren Aufklärung auch nicht deswegen absehen, weil die Antragsgegnerin die Barabfindung um 37,55 % im Verhältnis zum errechneten Unternehmenswert erhöht hat. Das Landgericht hat keinerlei tatsächliche Grundlage für seine Annahme, dass damit ein etwaiger Fehler in der Unternehmensbewertung ausgeglichen wäre. Abgesehen davon gingen die bisherigen Erfahrungen der Gerichte, die mit Spruch(stellen)verfahren befasst sind, dahin, dass die Vertragsprüfer häufiger zu einem wesentlich günstigeren Ergebnis gekommen sind als die späteren Gerichtsgutachter (Büchel, Neuordnung des Spruchverfahrens, NZG 2003, 793, 801; vgl. zu empirischen Untersuchungen über die Verbesserung der Abfindung durch Spruchverfahren auch Rühland, Die Abfindung von aus der Aktiengesellschaft ausgeschlossenen Minderheitsaktionären, WM 2000, 1884 ff). Auch die verhältnismäßig geringe Anzahl außenstehender Aktionäre entband das Landgericht nicht von weiteren Nachforschungen. Erst auf der Basis weiterer Ermittlungen ist vorliegend die Ausübung eines richterlichen Schätzungsermessens denkbar, denn die Ausübung richterlichen Schätzungsermessens setzt voraus, dass eine exakte Ermittlung schwierig und unverhältnismäßig ist. Eine Schätzung, die mangels greifbarer Anhaltspunkte " völlig in der Luft hängen" würde, ist unzulässig (Zöller-Greger, Zivilprozessordnung, 26. Aufl., § 278 ZPO Rn 2a und 4). Derzeit sind nicht die nötigen Anhaltspunkte für eine Einschätzung vorhanden, wie valide die Unternehmensbewertung ist und ob bzw. in welchem Umfang Änderungen angebracht sind. Das Landgericht hat solche Anhaltspunkte auch nicht aufgezeigt. Es stellt auch keinen unverhältnismäßigen Aufwand dar, z. B. die bestellte Prüferin bzw. ihre Rechtsnachfolgerin um ergänzende Angaben zum Prüfungsergebnis zu bitten und dieses in einer mündlichen Verhandlung erläutern zu lassen.

Das Landgericht wird die weitere Aufklärung nachzuholen haben. Der Senat sieht von einer eigenen Ermittlung ab, weil die Sache noch völlig unaufgeklärt ist und dies dem Verlust einer Instanz gleichkommen würde.

Das Landgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob es die bestellten Prüfer um schriftliche oder mündliche Erläuterungen bittet, oder ob die Beauftragung eines neuen Sachverständigen erforderlich ist (vgl. Bilda, Zur Dauer des Spruchstellenverfahrens, NZG 2006, 296 ff, 300).

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens wird das Landgericht zu befinden haben.

Der Klarstellung halber wird darauf hingewiesen, dass durch die Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung die erstinstanzliche Kostenentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 1) nicht erfasst ist, da diese keine Beschwerde eingelegt hat. Auf die Inter-omnes- Wirkung der verfahrensbeendigenden Entscheidung hat dies keinen Einfluss.

Ende der Entscheidung

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