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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.07.2009
Aktenzeichen: 20 W 328/07
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 19 Abs. 2
KostO § 19 Abs. 4
KostO § 62 Abs. 2
KostO § 66 Abs. 1
1. Die Kostenprivilegierung des § 19 Abs. 4 KostO setzt in beiden Alternativen das Eigentum des Übertragenden an dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb einschließlich der Hofstelle voraus (Anschluss an BayObLG). Deshalb ist § 19 Abs. 4 KostO nicht anwendbar, wenn die Hofstelle nur von einem Dritten gepachtet ist.

2. Die Kostenprivilegierung nach § 62 Abs. 2 KostO erfasst nicht die Eintragung von Veränderungsvormerkungen im Zusammenhang mit einer Gutsüberlassung.


Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Kostenschuldner schloss am 07.11.2006 zu UR-Nr. .../2006 seines Verfahrensbevollmächtigten mit seinen Eltern einen Vertrag, durch den ihm der betroffene Grundbesitz im Weg vorweggenommener Erbfolge übertragen wurde. Außerdem übertrug ihm sein Vater seinen Anteil an einer GbR, die keinen Grundbesitz hält, sondern eine Staatsdomäne nebst deren Eigentums- und Pachtflächen bewirtschaftet. Der Kostenschuldner bestellte in der Urkunde außerdem ein Altenteil für seine Eltern und bewilligte die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung der Erhöhung der mit dem Altenteil verbundenen Barleistungen. Für den Vollzug der Urkunde im Grundbuch wurden mit Kostenrechnung vom 04.01.2007 Gebühren in Höhe von insgesamt 571,95 € in Rechnung gestellt, wobei den Gebühren für die Eigentümerübertragung und die Katasterfortschreibung jeweils 300.000,00 € als Geschäftswert zu Grunde gelegt wurde entsprechend der unter § 7 des Übergabevertrags enthaltenen Angabe, der Wert der landwirtschaftlichen Grundstücke betrage 300.000,00 €. Die Gebühren für die Eintragung des Altenteils und der Vormerkung wurden aus einem Geschäftswert von 192.000,00 € berechnet.

Mit Beschluss des Amtsgerichts -Grundbuchamts- vom 24.05.2007 wurde auf die Erinnerung des Kostenschuldners der Wert für die Eintragung der Vormerkung reduziert auf 57.600,00 €. Auf die Erinnerung der Staatskasse hat das Amtsgericht den Geschäftswert für die Gebühren für die Eigentumsumschreibung und die Katasterfortschreibung auf 486.045,00 € erhöht entsprechend dem Wert laut Bodenrichtwert von 3,00 €/qm. Eine Bewertung nach § 19 Abs. 4 KostO wurde abgelehnt, da keine Hofstelle übergeben worden sei, auch ein Sicherheitsabschlag sei nicht gerechtfertigt.

Dagegen hat der Kostenschuldner Beschwerde eingelegt, mit der er geltend gemacht hat, obwohl die Hofstelle nicht im Eigentum des Übergebers stehe, sondern nur zugepachtet sei, müsse die verfassungskonforme Auslegung von § 19 Abs. 4 KostO dazu führen, dass vorliegend die Übergabe ebenfalls nach § 19 Abs. 4 KostO zu bewerten sei. Sollte dem nicht gefolgt werden, müsse aber auf den entsprechend der Bodenwertrichtkarte sich ergebenden Wert ein Sicherheitsabschlag von 50 % gemacht werden. Für die Eintragung der Veränderungsvormerkung sei unter Anwendung von § 62 Abs. 2 KostO nur eine viertel Gebühr zu erheben. Der Kostenschuldner hat ferner wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Zulassung der weiteren Beschwerde nach § 14 Abs. 5 KostO angeregt.

Mit Beschluss vom 15.08.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beschwerde des Kostenschuldners zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, für den Wert der Eigentumsumschreibung und der Katasterfortschreibungsgebühr sei § 19 Abs. 4 KostO nicht anwendbar, da die Hofstelle nicht im Eigentum der Übergeber stehe. Die Übertragung von Anteilen einer Gesellschaft, die die Hofstelle lediglich gepachtet hat, begründe keine Überlassung im Sinn des § 19 Abs. 4 KostO. Es sei auch kein Sicherheitsabschlag auf den nach dem Bodenrichtwert errechneten Verkehrswert vorzunehmen, da dieser zeitnah ermittelt und die vom Kostenschuldner zitierten Entscheidungen nicht einschlägig seien. Die Privilegierung der Eintragung des Altenteils nach § 62 Abs. 2 KostO gelte nicht für die Veränderungsvormerkung.

Gegen den Beschluss des Landgerichts hat der Kostenschuldner weitere Beschwerde eingelegt, mit der er seine Anträge auf Ermäßigung des Geschäftswertes und des Gebührensatzes weiterverfolgt.

Die weitere Beschwerde des Kostenschuldners ist nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KostO zulässig, insbesondere infolge Zulassung in dem landgerichtlichen Beschluss, an die der Senat gebunden ist (§ 14 Abs. 5 Satz 4, Abs. 4 Satz 4 KostO), aber nicht begründet.

Ohne Rechtsfehler hat die Kammer eine Anwendung von § 19 Abs. 4 KostO abgelehnt. Nach dieser Norm ist für ein Geschäft, das die Überlassung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes mit Hofstelle durch Übergabevertrag, Erbvertrag oder Testament, Erb- oder Gesamtgutsauseinandersetzung oder die Fortführung des Betriebes in sonstiger Weise einschließlich der Abfindung weichender Erben betrifft, das land- und forstwirtschaftliche Vermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes mit dem Vierfachen des letzten, bei Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellten Einheitswertes zu bewerten.

Der Senat schließt sich der Auffassung des BayObLG an, der bereits in einem Beschluss vom 08.01.1996 -3 Z BR 278/95- (FGPrax 1996, 79) entschieden hat, dass die Kostenprivilegierung des § 19 Abs. 4 KostO in beiden Alternativen das Eigentum an dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb einschließlich der Hofstelle voraussetzt. Wie das BayObLG zur Begründung ausgeführt hat, privilegiert diese Norm nicht generell ein Rechtsgeschäft über landwirtschaftlichen Grundbesitz, sondern ausschließlich die vom - als Ausnahmetatbestand eng auszulegenden - Gesetzestext erfassten Vorgänge (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 17. Aufl., § 19, Anm. 79 b). Durch die Benennung der einzelnen Rechtsgeschäfte der Überlassung ist in der ersten Alternative des § 19 Abs. 4 Satz 1 KostO klargestellt, dass sich der Betrieb mit Hofstelle, der überlassen werden soll, im Eigentum des Übergebers befinden muss, denn diese Rechtsgeschäfte setzen Eigentum oder zumindest Miteigentum des Übergebers voraus. Demgegenüber kommt der zweiten Alternative "oder die Fortführung des Betriebes in sonstiger Weise...betrifft", keine eigenständige Bedeutung zu, sondern soll nur zum Ausdruck bringen, dass die Aufzählung der Rechtsgeschäfte in der ersten Alternative nicht abschließend ist (BT-Drucksache 11/2343, S. 7 und 8; BayObLGZ 1994, 110/111 m. w. H.). Nur diese Auslegung wird auch der mit § 19 Abs. 4 KostO verfolgten agrarpolitischen Zielsetzung gerecht, leistungsfähige landwirtschaftliche Familienbetriebe zu erhalten, die Veräußerung einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke jedoch nicht zu privilegieren.

Vorliegend bildet aber die Überlassung einzelner landwirtschaftlicher Grundstücke, die von einer angepachteten Hofstelle aus zusammen mit angepachtetem Grundbesitz bewirtschaftet werden, das Gebühren auslösende Geschäft. Auch wenn es sich derzeit bei den übereigneten Grundstücken und dem Pachtgegenstand um eine organisatorische und wirtschaftliche Einheit handeln mag -Vortrag dazu ist nicht erfolgt-, ist diese Einheit davon abhängig, dass der Eigentümer des Pachtgegenstandes das Pachtverhältnis fortsetzt. Der Privilegierung des § 19 Abs. 4 KostO liegt aber der gesetzgeberische Zweck zu Grunde, landwirtschaftliche Familienbetriebe mit eigener Hofstelle zu erhalten (BayObLG, aaO. m. w. H.). Diese Zwecksetzung in Verbindung mit der verschiedenen Eigentumslage rechtfertigt nach Auffassung des Senats eine unterschiedliche Behandlung auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebotes. Die vom Kostenschuldner dazu zitierten Entscheidungen sind nicht einschlägig.

Ohne Rechtsfehler sind deshalb die Vorinstanzen für den Geschäftswert der Eigentumsumschreibung und der Katasterfortschreibungsgebühr vom Verkehrswert der übertragenen landwirtschaftlichen Grundstücke ausgegangen, da sich genügend Anhaltspunkte für einen höheren Wert als den Einheitswert ergeben haben, § 19 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Abgesehen davon, dass die Vertragsbeteiligten selbst schon in § 7 der Urkunde den Verkehrswert der landwirtschaftlichen Grundstücke mit 300.000,00 € angegeben haben, ist der Richtwert nach §§ 192 ff. BauGB (ab 01.07.2009 § 196 BauGB) auch bei landwirtschaftlichem Grundbesitz ein derartiger Anhaltpunkt im Sinn des § 19 Abs. 2 Satz 1 KostO (Korintenberg, aaO., § 19, Rdnr. 39; Hartmann, aaO., § 19 KostO, Rdnr. 21, 28). Dies wird von dem Kostenschuldner auch nicht in Zweifel gezogen, er hält jedoch einen Sicherheitsabschlag von 50 % auf den festgestellten Bodenrichtwert für erforderlich. Dem vermag der Senat -wie auch bereits die Vorinstanzen- nicht zu folgen. Der hier zu Grunde gelegte Bodenrichtwert wurde relativ zeitnah ermittelt. Es handelt sich um 13 Parzellen, die bis auf eine Verkehrsfläche mit der Wirtschaftsart "Landwirtschaftsfläche" bezeichnet sind. Somit gibt es keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass die übertragenen Grundstücke den Richtwert, der selbst bereits ein Durchschnittswert ist, unterschreiten. Die theoretische Möglichkeit einer wesentlichen geringeren Ertragskraft der einzelnen Parzelle rechtfertigt bei dieser Sachlage keine Reduzierung auf die Hälfte des Wertes, dazu hätte es konkreten Sachvortrages bezogen auf die betroffene Grundstücke, untermauert z. B. durch Hinweise auf Verkaufspreise vergleichbarer Parzellen oder auch eine Auskunft der Landwirtschaftsbehörde, bedurft.

Schließlich hat die weitere Beschwerde auch insoweit keinen Erfolg, als beanstandet wird, dass für die Eintragung der Vormerkung nach § 883 BGB eine halbe und nicht nur eine viertel Gebühr auf Grund der Ermäßigung des § 62 Abs. 2 KostO in Ansatz gebracht worden ist.

Die Ermäßigung des § 62 Abs. 2 KostO betrifft nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm "Belastungen" und ist abzugrenzen gegen Verfügungsbeschränkungen sowie Vormerkungen und Widersprüche (Korintenberg, aaO., § 62, Rdnr. 1). Für die Eintragung einer Veränderungsvormerkung, deren Kosten vorliegend im Streit sind, wird nach § 66 Abs. 1 Satz 2 KostO die für die endgültige Eintragung vorgesehene Gebühr -voll- erhoben, also hier diejenige nach § 64 KostO (Korintenberg, aaO., § 66, Rdnr. 3) und nicht diejenige nach § 62 Abs. 1 KostO. Also kann nach der reinen Gesetzessystematik schon nicht die Ermäßigung des § 62 Abs. 2 KostO eingreifen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 14 Abs. 9 KostO.

Ende der Entscheidung

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