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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 03.04.2008
Aktenzeichen: 20 W 334/07
Rechtsgebiete: VBVG


Vorschriften:

VBVG § 5 Abs. 5
Der Bewilligung der zeitlich bis zum Ende des Folgemonats verlängerten Betreuervergütung nach § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG steht nicht entgegen, dass der Wechsel von dem Berufsbetreuer zu einem ehrenamtlichen Betreuer in einem Beschwerdeverfahren gegen die Bestellung des Betreuers erfolgt ist.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 19. Juli 2006, der ihr am selben Tage telefonisch durch den Richter bekanntgegeben wurde, zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung und später durch Hauptsacheentscheidung zur Berufsbetreuerin für die Betroffene bestellt. Auf die hiergegen von der Betroffenen eingelegte und auf die Betreuerauswahl beschränkte Beschwerde entließ das Amtsgericht mit Beschluss vom 24. April 2007 die Antragstellerin als Betreuerin und bestellte stattdessen die Beteiligte zu 2), welche die Betroffene erstmals im Beschwerdeverfahren als Betreuerin vorgeschlagen hatte, zur ehrenamtlichen Betreuerin. Dieser Beschluss wurde der Antragstellerin erst am 10. Mai 2007 zugestellt.

Unter dem 26. Mai 2007 beantragte die Antragstellerin für ihre Tätigkeit die Festsetzung einer pauschalierten Betreuervergütung, wobei sie von einem Vergütungszeitraum bis 30. Juni 2007 ausging.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts setzte mit Beschluss vom 05. Juli 2007 eine Vergütung von 2.503,60 EUR fest, wobei sie nur einen vergütungsfähigen Zeitraum vom 20. Juli 2006 bis 10. Mai 2007 zu Grunde legte.

Gegen diesen Beschluss legte die Antragstellerin unter Hinweis auf die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG sofortige Beschwerde ein, soweit der Zeitraum vom 11. Mai 2007 bis 30. Juni 2007 nicht berücksichtigt worden war. Das Landgericht wies mit Beschluss vom 02. August 2007 unter Zulassung der weiteren Beschwerde die sofortige Beschwerde zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, da vorliegend ein ehrenamtlicher Betreuer im Wege der Beschwerde gegen die Erstbestellung des Berufsbetreuers in das Amt gelangt sei, finde § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG keine Anwendung. Die Vorschrift erfasse nur eine Entlassung des Betreuers im Sinne des § 1908 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgrund eines entsprechenden Antrages.

Gegen den ihr am 19. August 2007 zugestellten Beschluss des Landgerichts hat die Antragstellerin mit am Montag, dem 03. September 2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die einschränkende Auslegung des Merkmals des Betreuerwechsels im Sinne des § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG durch das Landgericht wendet.

Die Beteiligte zu 2) verteidigt als neu bestellte Betreuerin für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge die landgerichtliche Entscheidung.

II.

Die gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Der Antragstellerin ist auch für die Zeit vom 11. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 eine Betreuervergütung zu bewilligen da die von dem Landgericht vorgenommene Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG mit dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht vereinbar ist.

Findet ein Wechsel von einem beruflichen zu einem ehrenamtlichen Betreuer statt, so sind nach § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG dem beruflichen Betreuer der Monat, in den der Wechsel fällt, und der Folgemonat mit dem vollen Zeitaufwand nach den Absätzen 1 und 2 zu vergüten. Mit dieser Sonderregelung wollte der Gesetzgeber den Wechsel von einem Berufsbetreuer zu einem ehrenamtlichen Betreuer im Hinblick auf die gewünschte Subsidiarität der berufsmäßigen Betreuung besonders fördern, in dem der ausscheidende Berufsbetreuer anstelle der taggenauen zeitanteiligen Vergütung die volle Monatspauschale für den laufenden sowie den dem Betreuerwechsel folgenden Monat erhält (vgl. BT-Drucks. 15/4874 S. 32).

Allerdings liegt der Zweck dieser Regelung zunächst darin, die Bereitschaft der Berufsbetreuer, einfacher gewordene Betreuungen an ehrenamtliche Betreuer abzugeben, zu fördern und finanziell zu unterstützen, wobei gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 VBVG auch die Fälle der sog. "Tandembetreuung" einbezogen werden, wenn ein ehrenamtlicher Betreuer, der bisher gemeinsam mit einem Berufsbetreuer die Betreuung geführt hat, diese alleine fortführt (vgl. HK-BUR Deinert/Lütgens, § 5 VBVG Rn. 147; Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Aufl., Anh. zu § 1836 (VBVG) Rn. 19). Insoweit handelt es sich um eine vergütungsrechtliche Flankierung von § 1897 Abs. 6 Satz 2 BGB, wonach ein Berufsbetreuer die Möglichkeit zur Abgabe einer Betreuung dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen hat, sobald diese durch einen Ehrenamtler weitergeführt werden kann (vgl. Jurgeleit/Maier, Betreuungsrecht, § 5 VBVG Rn. 45). Hieraus kann jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht geschlossen werden, dass die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG nicht anzuwenden ist, wenn der ehrenamtliche Betreuer im Wege der Beschwerde gegen die Erstbestellung des Berufsbetreuers in das Amt gelangt.

§ 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG macht die Bewilligung der zeitlich verlängerten Vergütung weder davon abhängig, dass der Berufsbetreuer seiner gesetzlichen Verpflichtung nach § 1897 Abs. 6 Satz 2 BGB zur Unterrichtung des Vormundschaftsgerichts über Umstände, die einen Wechsel zu einem ehrenamtlichen Betreuer ermöglichen, nachgekommen ist, noch davon, dass das Gericht den Berufsbetreuer gestützt auf die Vorschrift des § 1908 b Abs. 1 Satz 3 BGB entlässt. Vielmehr knüpft der insoweit eindeutige Wortlaut der Vorschrift ausschließlich daran an, dass ein Wechsel von einem Berufsbetreuer zu einem ehrenamtlichen Betreuer stattfindet. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Berufsbetreuer im Rahmen eines gegen seine Bestellung gerichteten Beschwerdeverfahrens entlassen und an seiner Stelle ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt wird.

Im Übrigen erschöpft sich der Zweck der Sonderregelung des § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG ausweislich der Gesetzesbegründung gerade nicht allein in der Schaffung eines Anreizes für den Berufsbetreuer zur Abgabe der Betreuung an einen ehrenamtlichen Betreuer. Vielmehr sollte hierdurch des Weiteren auch ein durch die Abgabe möglicherweise nötig werdender Mehraufwand mit abgegolten werden (vgl. BT-Drucks. 15/4874, S. 32; HK-BUR Deinert/Lütgens, a.a.0., Rn. 147; Staudinger/Bienwald, BGB, Bearb. 2006, § 1908 i Rn. 326; OLG Hamm FamRZ 2008, 92). Hiernach ist eine Differenzierung danach, ob der Wechsel von einem Berufsbetreuer zum ehrenamtlichen Betreuer im Rahmen einer Entlassungsentscheidung nach § 1908 b BGB oder aufgrund der Einlegung einer Beschwerde gegen die Bestellung eines Berufsbetreuers nach § 1896 BGB erfolgte, nicht geboten.

Wird durch die Betroffene oder eine nach § 69 g Abs. 1 Satz 1 FGG beschwerdeberechtigte Person oder Behörde Beschwerde gegen die Bestellung eines Betreuers eingelegt und in zulässiger Weise auf die Auswahl des Betreuers beschränkt, so hat das Vormundschaftsgericht im Rahmen der Abhilfeentscheidung bzw. das Beschwerdegericht die Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher von den Beteiligten geltend gemachter oder im Rahmen der gebotenen Amtsaufklärung zu Tage getretener neuer Tatsachen und Umständen anhand der Kriterien des § 1897 BGB zu überprüfen. Unterbreitet die Betroffene - wie im vorliegenden Falle - erstmals den Vorschlag zur Bestellung einer Person, die zur ehrenamtlichen Übernahme der Betreuung bereit und geeignet ist und führt dies zu einem Betreuerwechsel, so ist dem zunächst bestellten Berufsbetreuer die nach § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG zu berechnende Pauschalvergütung zu bewilligen.

Ob die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG auch dann anzuwenden ist, wenn Anlass für den Wechsel zu einem ehrenamtlichen Betreuer ein die Ungeeignetheit begründendes Fehlverhalten des zunächst bestellten Berufsbetreuers ist, bedarf im vorliegenden Falle keiner Entscheidung.

Der Antragstellerin ist somit auch für den Zeitraum vom 11. Mai 2007 bis 30. Juni 2007 in Anwendung des § 5 Abs. 5 Satz 1 VBVG eine pauschalierte Betreuervergütung zuzubilligen. Der Beschluss des Landgerichts war deshalb aufzuheben und der Antragstellerin über den vom Amtsgericht unangefochten festgesetzten Betrag hinaus für die Zeit vom 11. Mai 2007 bis 30. Juni 2007 unter Zugrundelegung eines monatlichen Stundenansatzes von sechs Stunden (vermögend/ nicht im Heim) gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VBVG eine weitere Betreuervergütung in Höhe von 448,80 EUR zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 1 Satz 2 Kost0, 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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