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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 12.12.2002
Aktenzeichen: 20 W 352/02
Rechtsgebiete: GBO, ZPO, JBeitrO


Vorschriften:

GBO § 53 I 1
GBO § 38
ZPO § 867
JBeitrO § 1 Abs. Nr. 4
JBeitrO § 1 Abs. 2
JBeitrO § 1 Abs. 4
JBeitrO § 1 Abs. 2
JBeitrO § 1 Abs. 1
JBeitrO § 1 Abs. 7
JBeitrO § 1 Abs. 8
JBeitrO § 1 Abs. 9
1) Bei Anträgen der Gerichtskasse nach § 7 JBeitrO handelt es sich Ersuchen im Sinn von § 38 GBO. Einwendungen gegen den beizutreibenden Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Zwangsvollstreckung sind nach § 8 JBeitrO, nicht im Grundbuchverfahren geltend zu machen.

2) Für die Eintragung eines Amtswiderspruchs ist nur der dem Grundbuchamt zur Zeit der Eintragung unterbreitete Sachverhalt maßgeblich.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 352/02

In der Grundbuchsache

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 06.08.2002 am 12.12.2002 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 4.975,60 EUR

Gründe:

Mit Antrag vom 23.05.2002 (Bl. 6/1 d.A.) beantragte die Beteiligte zu 2) die Eintragung von Sicherungshypotheken an dem betroffenen Grundbesitz, als dessen Alleineigentümer der Beteiligte zu 1) eingetragen ist, wegen Gerichtskosten in Höhe von 4. 964,10 EUR und Nebenkosten von 11,50 EUR. Die Gesamtsumme von 4.975,60 EUR verteilte sie mit 2.475, 60 EUR auf das Grundstück lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses und mit 2.500,00 EUR auf das Grundstück lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses. In dem durch den Kassenleiter und den Sachbereichsleiter unterzeichneten und mit dem Siegel der Gerichtskasse Darmstadt versehenen Antragsschreiben bescheinigt diese die Vollstreckbarkeit der Forderung. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 28.05.2002 als Rechte III/1 und III/2.

Gegen die Eintragungen der Rechte in Abt. III, lfde. Nummern 1 und 2 hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt mit dem Ziel der Eintragung von Amtswidersprüchen nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 53 GBO. Zur Begründung hat der Antragsteller ausgeführt, der Eintragung der Sicherungshypotheken bedürfe es nicht, da dem Beteiligten zu 1) am 29.05.2002 monatliche Raten in Höhe von 150,00 EUR bewilligt worden seien, die er pünktlich bezahle. Auch stünden auf Grund einer Abtretung seines pfändbaren Rentenanspruchs genügend andere Sicherungsmittel zur Verfügung.

Diesen Vortrag wiederholt der Antragsteller auch in der weiteren Beschwerde gegen den seine Erstbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Landgerichts und macht Übersicherung geltend.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) hat die Gelegenheit zur Akteneinsichtnahme und weiterer Beschwerdebegründung nicht wahrgenommen.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht ( §§ 78 GBO, 546 ZPO). Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Eintragung von Widersprüchen nach § 53 GBO nicht vorliegen, da das Grundbuchamt die Eintragung der Zwangshypotheken in Abt. III, lfde. Nummern 1 und 2 des betroffenen Grundbuchs nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat.

Nach § 38 GBO erfolgt in den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, das Grundbuchamt um eine Eintragung zu ersuchen, die Eintragung auf Grund des Ersuchens der Behörde. Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ist die Prüfung des Grundbuchamts darauf beschränkt, ob die ersuchende Behörde zur Stellung eines Ersuchens der in Rede stehenden Art abstrakt befugt ist, ob das Ersuchen bezüglich seines Inhalts und seiner Form den gesetzlichen Vorschriften entspricht und ob die durch das Ersuchen nicht ersetzten Eintragungserfordernisse gegeben sind (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 38 Rdnr. 73; Bauer/von Oefele: GBO, § 38 Rdnr. 20-23). Der Prüfungsbefugnis des Grundbuchamts unterliegt demnach nur die abstrakte Befugnis der Beteiligten zu 2) zur Stellung eines Ersuchens der in Rede stehenden Art, nicht jedoch, ob die Voraussetzungen, unter denen die Behörde zu dem Ersuchen befugt ist, tatsächlich vorliegen; hierfür trägt allein die ersuchende Behörde die Verantwortung (Demharter, aaO., Rdnr. 74 m.w.H.; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 219). Nach der für die Prüfung durch das Grundbuchamt maßgeblichen Bezeichnung der Vollstreckungsforderungen in dem Antrag vom 23.05.2002 handelt es sich um Gerichtskosten. Für die Zwangsvollstreckung wegen Gerichtkosten in das unbewegliche Vermögen ist die Gerichtskasse als Vollstreckungsbehörde nach der Justizbeitreibungsordnung zuständig (§§ 7 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 JBeitrO). Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Gerichtskasse demnach antragsbefugt im Sinn von § 38 GBO für die Eintragung von Zwangshypotheken für rückständige Gerichtskosten (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 38, Rdnr. 20; Bauer/v. Oefele, aaO., § 38, Rdnr. 83). Nach Inhalt und Form ergeben sich keine Mängel des Ersuchens, es ist gemäß § 29 Abs. 3 GBO unterzeichnet und mit dem Dienststempel versehen. Dadurch wird für das Grundbuchamt die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit der Erklärung begründet und es wird der Verpflichtung zur Nachprüfung der im Einzelfall für die Wirksamkeit der Erklärung maßgebenden Vorschriften enthoben (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 29, Rdnr. 45). Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass das Ersuchen der Beteiligten zu 2) auf eine zulässige Eintragung gerichtet ist, den Erfordernissen der §§ 866 Abs. 3 und 867 Abs. 2 ZPO ist Rechung getragen worden. Bei der Eintragung einer Zwangshypothek hat das Grundbuchamt, weil es insoweit auch als Vollstreckungsgericht tätig wird, sowohl die vollstreckungsrechtlichen als auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der Eintragung zu prüfen, wobei sich vorliegend daraus, dass das Ersuchen der Gerichtskasse nach § 7 JBeitrO die Eintragungsgrundlage bildet, Besonderheiten zu dem Vollstreckungsantrag eines privaten Gläubigers ergeben. So ersetzt der Antrag der Gerichtskasse den vollstreckbaren Schuldtitel und die Zustellung des Antrags an den Schuldner ist nicht erforderlich (§ 7 Satz 2 und Satz 3 JBeitrO). Keine Besonderheit ist allerdings, dass das Grundbuchamt nicht zu überprüfen hat, ob der Anspruch sachlichrechtlich (noch) besteht (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann: ZPO, 60. Aufl., § 867 Rdnr. 7), denn der Erfüllungseinwand ist auch sonst in der Zwangsvollstreckung unbeachtlich und vom Schuldner nach § 767 ZPO mit Vollstreckungsgegenklage zu verfolgen. Bei der hier vorliegenden Vollstreckung wegen Gerichtskosten sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO Einwendungen, die den beizutreibenden Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen, nach den Vorschriften über Erinnerungen gegen den Kostenansatz geltend zu machen. Über einstweilige Einstellung bzw. Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen hat nach § 9 JBeitrO die Vollstreckungsbehörde zu entscheiden. Ein vom Grundbuchamt zu beachtendes vollstreckungsrechtliches Erfordernis des Ersuchens ist zwar auch die Beachtung des Verbots der Doppelsicherung. Das betrifft aber nur den hier nicht gegebenen Fall, dass für eine Abgabenforderung bereits eine Sicherungsgrundschuld bei demselben Grundstück eingetragen ist (Bauer/von Oefele, aaO. § 38 Rdnr. 86, Seite 1354; OLG Köln Rpfleger 1996, 153). Für eine Zurückweisung des Ersuchens aus diesem Grund genügt jedoch eine Doppelsicherung in Verbindung mit der Abtretung von Rentenansprüchen nicht, abgesehen davon dass sie der Beteiligte zu 1) nur pauschal behauptet hat. Die Klärung der Verrechnung geleisteter Zahlungen kann jedenfalls nicht im Grundbuchverfahren erfolgen. Für die Beurteilung der Voraussetzungen der Eintragung eines Amtswiderspruchs, die hier Verfahrensgegenstand ist, haben die erst nach der Eintragung vorgetragenen Ratenzahlungen und weiteren Sicherungsmittel schon deshalb keine Bedeutung, weil prinzipiell nur die zur Zeit der Eintragung gegebenen Informationen maßgeblich sind. Entnimmt das Grundbuchamt bei richtiger Gesetzesanwendung aus den ihm vorliegenden Unterlagen einen Sachverhalt, der nicht (vollständig) den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, wäre eine Gesetzesverletzung zwar objektiv, aber nicht im Sinn des § 53 GBO gegeben. Auch wenn später bekannt werdende Umstände, z.B. in nachträglich eingereichten Schriftstücken belegen würden, dass die Eintragungsunterlagen rechtlich fehlerhaft waren, ist deswegen durch die Eintragung kein Gesetz verletzt. Ein Amtswiderspruch wird erst dann möglich, wenn das Grundbuchamt die Unrichtigkeit der Unterlagen kannte oder fahrlässig nicht kannte (Bauer/von Oefele/Meincke, aaO., § 53, Rdnr. 66; Demharter, aaO., § 53, Rdnr. 22).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 131 Abs.1 Ziffer 1, Abs. 2, 30 Abs. 1, 23 Abs. 2 KostO.

Die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten zu 2) war nicht anzuordnen, da solche offensichtlich nicht entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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