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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 24.09.2007
Aktenzeichen: 20 W 359/07
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 1
Bei der Verpflichtung eines (abberufenen) Verwalters, sämtliche die verwaltete Liegenschaft betreffenden Unterlagen herauszugeben, richtet sich die Beschwer des Verwalters nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des Herausgabeanspruchs erfordert.
Gründe:

Die Antragsgegnerin wurde durch Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.05.2006 als Verwalterin abberufen (Bl. 34 d. A.). Über den Anfechtungsantrag der Antragsgegnerin ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Im Rahmen des Anfechtungsverfahrens hat die Gemeinschaft eine einstweilige Anordnung beantragt, durch welche der Antragsgegnerin die Herausgabe der Unterlagen sämtlicher die Gemeinschaft betreffenden Konten, sämtlicher für die Gemeinschaft geschlossenen Verträge, sowie sämtlicher Versammlungsprotokolle, Abrechnungen, Wirtschaftspläne und Prozessunterlagen aufgegeben werden sollte. Das Amtsgericht hat diesem Antrag in einem selbständigen Hauptsacheverfahren mit Beschluss vom 23.08.2006 stattgegeben (Bl. 57-59 d. A.).

Das Landgericht hat die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 25.07.2007 (Bl. 168-171 d. A.) als unzulässig verworfen, da der Antragsgegnerin kein vermögenswertes Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung, das die erforderliche Beschwer in Höhe von 750,00 € übersteige, zustehe. Die vermögensrechtliche Belastung der Antragsgegnerin richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten für die Herausgabe der Verwaltungsunterlagen der Liegenschaft. Auch wenn hierzu ein konkreten Vortrag der Antragsgegnerin nicht erfolgt sei, sei doch offensichtlich, dass der maßgebliche Wert von 750,00 € nicht überschritten werde. Auf Bedenken wegen der nicht 750.00 € überschreitenden Beschwer hatte die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2007 (Bl. 110, 111 d. A.) hingewiesen.

Gegen den laut Empfangsbekenntnis des Verfahrensbevollmächtigten (Bl. 183 d. A.) am 21.08.2006 zugestellten Beschluss des Landgerichts hat die Antragsgegnerin mit am 03.09.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts beantragt und die Abweisung des erstinstanzlich gestellten Antrags weiterverfolgt.

Zu ihrer Beschwer trägt die Antragsgegnerin vor, sie müsste erst mühsam alle Unterlagen heraussuchen und überprüfen, ob sie die Antragstellerin betreffen und andere Schriftstücke aussortieren. Dafür sei der Einsatz einer Fachkraft mit mindestens 20 Stunden erforderlich, die mit 40.00 €/Stunde zu entschädigen sei. Auch sei das Interesse der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, sonstige gegen sie gerichtete Ansprüche, z. B. auf Schadensersatz, zu verhindern, ferner aufzuwendende Fahrtkosten sowie die Ungewissheit über die Anfechtung ihrer Abberufung.

Das rechtliche Gehör sei verletzt, da die Kammer zwar auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde mangels ausreichender Beschwer hingewiesen, aber keine Frist zur Stellungnahme gegeben habe.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 45 Abs. 1 WEG a. F. statthaft, nachdem das Landgericht die Erstbeschwerde wegen Nichterreichung der erforderlichen Beschwer von 750,00 € als unzulässig verworfen hat (BGH NJW 1992, 3305; Palandt/Bassenge: WEG, 66.Aufl., § 45 Rdnr. 4). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden, bleibt aber ohne Erfolg, weil das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer der Antragsgegnerin 750,00 € nicht übersteigt.

Maßgebend für die Beschwer eines Beschwerdeführers ist sein individuelles vermögenswertes Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Sie ist zu unterscheiden von dem Geschäftswert des Verfahrens, das sich gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG grundsätzlich nach dem Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung bemisst (BGH NJW 1992, 3305; BayObLG WuM 1991, 226; dass. WuM 1999, 130; Palandt/Bassenge: WEG, 66. Aufl., § 45 Rdnr. 3; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 45 Rdnr. 31; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 45 Rdnr. 10).

Es ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht ein den Betrag von 750,00 € übersteigendes vermögenswertes Interesse der Antragsgegnerin an der Änderung der angefochtenen Entscheidung auf Herausgabe der die Antragstellerin betreffenden Verwaltungsunterlagen als nicht dargetan erachtet hat.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass in dem Fall, dass ein Beschwerdeführer zur Herausgabe von Unterlagen verpflichtet wird, allein der Aufwand an Zeit und Kosten maßgeblich ist, der die Erfüllung des titulierten Anspruchs auf Herausgabe erfordert (BayObLG -Beschl. vom 17.11.2004- 2Z BR 190/04-, zitiert nach Juris). Vergleichbares hat der Senat auch bereits für die Einsichtsgewährung in Unterlagen (Beschl. v. 05.05.2003- 20 W 217/01-) und für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über erteilte Auskünfte (Beschl. v. 22.02.2002 -20 W 69/01-) entschieden.

Da sich der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens auf die Herausgabe beschränkt, spielen die Anfechtung der Abberufung und die Abwehr etwaiger Schadensersatzansprüche für die Beschwer der Antragsgegnerin in diesem Verfahren keine Rolle (BayObLG aaO.).

Soweit die Antragsgegnerin jetzt erstmals zur Höhe ihres Aufwandes vorträgt, handelt es sich um im Rechtsbeschwerdeverfahren ausnahmsweise, weil es die Zulässigkeit der Erstbeschwerde betrifft, zulässiges neues Vorbringen. Eine etwaige Verletzung rechtlichen Gehörs des Landgerichts wäre deshalb geheilt. Abgesehen davon liegt es nicht vor. Anders als im ZPO-Verfahren ist im für Altverfahren nach dem WEG geltenden FGG jeder Vortrag bis zur Herausgabe der Entscheidung zu berücksichtigen (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 23 Rdnr. 18), so dass es nicht der Einräumung einer Stellungnahmefrist - die auch nicht beantragt worden ist - auf den gerichtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung bedurfte.

Das Vorbringen der Antragsgegnerin führt aber zu keiner anderen Beurteilung, da ein Aufwand in der geltend gemachten Höhe von 20 Arbeitsstunden einer Fachkraft nicht nachvollziehbar ist. Bei einer ordnungsgemäß geführten Verwaltung im Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung ist von einer zeitnahen Zuordnung aller eine Liegenschaft betreffenden Vorgänge auszugehen, die allenfalls eine Kontrolle erfordert, ob auch alle neuesten Eingänge bis zum Zeitpunkt der Herausgabe erfasst sind. Dass eine derartige Routineüberprüfung den Rahmen der normalen Sachbearbeitung überhaupt übersteigen und damit gesonderte Kosten in Höhe von mehr als 750,00 € verursachen könnte, ist durch den pauschalen Vortrag der Antragsgegnerin nicht dargetan.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 47 Satz 1 WEG a. F., insoweit entsprach es billigem Ermessen der Antragsgegnerin die Gerichtskosten ihrer erfolglosen weiteren Beschwerde aufzuerlegen.

Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen, § 47 Satz 2 WEG a. F., da die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels allein dies nicht rechtfertigt und die Antragstellerin nicht zu der weiteren Beschwerde angehört worden ist.

Die Festsetzung des Geschäftswertes des Verfahrens der weiteren Beschwerde erfolgte entsprechend der nicht zu beanstandenden Festsetzung des Landgerichts (§ 48 Abs. 3 WEG a. F.)

Ende der Entscheidung

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