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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.01.2007
Aktenzeichen: 20 W 397/04
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30
KostO § 36
KostO § 38
KostO § 41
KostO § 44
KostO § 156
1. Als Wert für die Beurkundung einer im Außenverhältnis unbeschränkten, mit Erteilung wirksamen Generalvollmacht für alle vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten, für die eine Stellvertretung zulässig ist, mit der Anweisung an den Bevollmächtigten, davon nur im Vorsorgefall Gebrauch zu machen, ist das Aktivvermögen des Vollmachtgebers ohne Abschlag anzusetzen.

2. Die mit der Generalvollmacht zusammen beurkundete Betreuungsverfügung und Patientenverfügung sind einseitige Erklärungen gemäß § 36 Abs.1 KostO und gegenstandsgleich im Sinn von § 44 Abs.1 Satz 2 KostO. Sie haben keinen vermögensrechtlichen Gegenstand und ihr Wert beträgt grundsätzlich 3.000,00 €.


Gründe:

Zu UR-Nr. .../2003 des Kostengläubigers vom ....2003 erteilte der Beteiligte zu 2) seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1), eine Generalvollmacht dahingehend, ihn in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten, bei denen eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist, umfassend zu vertreten. Die Vollmacht sollte insbesondere als Betreuungsvollmacht zur Vermeidung der Anordnung einer Betreuung dienen und daher bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers ausdrücklich nicht erlöschen. Nach § 5 Ziff. 1 der Urkunde sollte im Innenverhältnis, d. h. ohne Einfluss auf die Vollmacht im Außenverhältnis, von der Vollmacht erst dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Vorsorgefall (Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit) eintrat. Für den Fall, dass die Bestellung eines Betreuers notwendig werden sollte, wünschte der Beteiligte zu 2) seine Ehefrau als Betreuerin, ihre Vollmacht sollte auch bei Bestellung eines Betreuers im übrigen bestehen bleiben.

Nach § 6 der Urkunde wurde die Vollmacht mit Abschluss der Urkunde wirksam. Trotz Belehrung durch den Notar wünschte der Vollmachtgeber keine Wirksamkeitsbeschränkung dergestalt, dass die Vollmacht erst mit Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit eintreten sollte. In § 8 der Urkunde war die Aushändigung einer Ausfertigung an die Beteiligte zu 1) vorgesehen, der auf Antrag jederzeit weitere Ausfertigungen zu erteilen waren. In persönlichen Angelegenheiten sollte die Vollmacht insbesondere auch die Aufenthaltsbestimmung und die Befugnis zu Unterbringungsmaßnahmen umfassen, ferner die Befugnis zur Einwilligung in ärztliche Maßnahmen bis zur Entscheidung über einen Behandlungsabbruch oder die Einstellung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen.

Unter § 2 Abschnitt 3 der Urkunde traf der Beteiligte zu 2) außerdem eine Patientenverfügung.

Wegen der Einzelheiten der Urkunde wird auf Bl. 3-11 d. A. Bezug genommen.

Der Kostenschuldner hat für seine Beurkundung eine halbe Gebühr gemäß den §§ 141, 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO aus dem hälftigen Vermögen des Vollmachtgebers angesetzt, ferner eine volle Gebühr aus dem Regelwert von 3.000,00 € für die Beurkundung der Patientenverfügung gemäß §§ 141, 36 Abs. 1 KostO, nebst Dokumentenpauschale und MWSt. insgesamt 198,94 € (Bl. 12 d. A.).

Mit Schreiben vom 14.01.2004 (Bl. 13 d. A.) und 05.03.2004 (Bl. 49 d. A.) hat die Dienstaufsichtsbehörde des Kostengläubigers diesen angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts gemäß § 156 Abs. 6 Satz 1 KostO herbeizuführen zu der Höhe des für die Gebühr nach § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO anzusetzenden Geschäftswertes sowie zu der Frage, wie die Gebühren für die Beurkundung der Betreuungs- und der Patientenverfügung zu berechnen sind.

Der Kostengläubiger hat Anschlussbeschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, es handele sich um die Beurkundung einer Vorsorgevollmacht im Sinn des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB mit schon kraft Gesetzes eingeschränkter Verwendungsmöglichkeit nur im Betreuungsfall. Die Klarstellung, dass die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt ist, diene nur der beanstandungsfreien Verwendungsmöglichkeit im Rechtsverkehr, insbesondere beim Grundbuchamt. Daher sei beim Geschäftswert ein Abschlag vom Bruttovermögen des Vollmachtgebers gerechtfertigt, der entsprechend der Entscheidung des OLG Stuttgart (JurBüro 2000, 428= ZNotP 2001, 37 mit Anm. Tiedtke) mit 50 % angemessen sei. Hinsichtlich der Betreuungs- und Patientenverfügung werde Gegenstandsverschiedenheit angenommen.

Die vorgesetzte Dienstbehörde des Kostengläubigers ist gehört worden. Auf die Stellungnahme vom 05.03.2004 (Bl. 44-46 d. A.) wird Bezug genommen. Die angehörten Kostenschuldner haben mitgeteilt, es habe keine jederzeit wirksame uneingeschränkte Vollmacht erteilt werden sollen, sondern lediglich Vorsorgevollmacht.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 06.08.2004 (Bl. 83-89 d. A.) die Anweisungsbeschwerde zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt, im Hinblick auf den ausdrücklich bestimmten Zweck und die Person der Bevollmächtigten sei es nicht gerechtfertigt, die vorliegend protokollierte Vollmacht kostenrechtlich anders zu beurteilen als eine ausdrücklich nur für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit oder Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers erteilte Vollmacht.

Bezüglich der Gebühr für die Beurkundung der Patienten- und Betreuungsverfügung sei weder der Ansatz des Regelwertes zu beanstanden, noch die Annahme, dass beide Verfügungen denselben Gegenstand im Sinn des § 44 Abs. 1 KostO haben. Es bestehe bei der hier gegebenen Fallgestaltung ein innerer Zusammenhang nicht nur zwischen der Vorsorgevollmacht einerseits und der Betreuungs- und Patientenverfügung andererseits, sondern auch zwischen der Betreuungs- und Patientenverfügung.

Gegen die ihm am 25.08.2004 zugestellte landgerichtliche Entscheidung hat der Kostengläubiger mit am 20.09.2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz auf Anweisung der Dienstaufsichtsbehörde vom 09.09.2004 (Bl. 95 d. A.) weitere Beschwerde eingelegt.

Die dazu angehörten Kostenschuldner haben sich nicht geäußert.

Die weitere Beschwerde ist kraft Zulassung statthaft und auch sonst zulässig, § 156 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 KostO. Sie ist auch begründet, da die angefochten Entscheidung einer Überprüfung auf Rechtsfehler nicht standhält.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist für die halbe Gebühr nach § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO bei der hier vorliegenden Gestaltung der vom Kostengläubiger beurkundeten Vollmacht gemäß § 41 Abs. 2 KostO der volle Wert des Aktivvermögens des Beteiligten zu 2), das sich unstreitig auf 300.000,00 € beläuft, anzusetzen.

Nach § 41 Abs. 2 KostO ist der Wert einer allgemeinen Vollmacht nach freiem Ermessen zu bestimmen; dabei ist der Umfang der erteilten Ermächtigung und das Vermögen des Vollmachtgebers angemessen zu berücksichtigen.

Gegenstand der Urkunde UR-Nr. .../03 ist schon nach ihrem Wortlaut eine Generalvollmacht, die die Beteiligte zu 1) zur umfassenden Stellvertretung in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten des Beteiligten zu 2) ermächtigt. Die Vollmacht soll laut § 2 der Urkunde im Umfang unbeschränkt gelten und der Eintritt des Vorsorgefalls soll nach § 5 Ziff. 1 der Urkunde ausdrücklich ohne Einfluss auf die Vollmacht im Außenverhältnis bleiben. Außerdem ist in § 6 der Urkunde die Wirksamkeit der Vollmacht mit Abschluss der Urkunde und ohne Beschränkung auf den Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit vorgesehen. Nach einem Vermerk des Kostengläubigers vom 11.04.2003 ist der Beteiligten zu 1) auch entsprechend § 8 der Urkunde eine Ausfertigung erteilt worden. Demnach ist die Vollmacht hier im Außenverhältnis gegenüber Dritten unbeschränkt, sie hat weder aufschiebend bedingte (im Sinn von § 158 BGB), noch zeitlich beschränkte (im Sinn von § 163 BGB) Rechtswirkungen. Es fehlt auch an einer Beschränkung in tatsächlicher Hinsicht, da die Erteilung einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde an die Beteiligte zu 1) sofort erfolgen konnte.

Somit unterscheidet sich die hier von dem Kostengläubiger beurkundete Vollmacht ganz wesentlich von derjenigen, die Gegenstand der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 15.03.2000 - 8 W 183/98- (JurBüro 2000, 428=ZNotP 2001, 37 mit Anm. Tiedtke) war, und bei der das OLG den Ansatz nur des hälftigen Vermögens als Geschäftswert als im Rahmen des nach § 41 Abs. 2 KostO eingeräumten Ermessens liegend akzeptiert hat. Die vom OLG Stuttgart zu bewertende Vollmacht sollte überhaupt nur gelten, wenn der Bevollmächtigte im Besitz einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde war und die Ausfertigung konnte der Bevollmächtigte nur beantragen, wenn durch Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses nachgewiesen wurde, dass die Vollmachtgeberin geschäftsunfähig war oder insoweit Zweifel bestanden.

Dagegen ist die hier vom Kostengläubiger beurkundete Vollmacht mit der Fallgestaltung vergleichbar, wie sie der Entscheidung des OLG Oldenburg vom 13.07.2005 -3 W 31/05- (FGPrax 2005, 274) zu Grunde lag, da auch dort die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt gelten sollte und nur im Innenverhältnis die Anweisung enthielt, dass die Vollmacht insbesondere dann gelten sollte, wenn die Vollmachtgeberin nicht mehr selbst für sich sorgen konnte. Wegen der unbeschränkten Geltung der Vollmacht im Außenverhältnis und der Erteilung von Ausfertigungen der Vollmacht an die Bevollmächtigten ist das OLG Oldenburg vom gesamten Aktivvermögen der Vollmachtgeberin als Geschäftswert ausgegangen, ohne Abschlag wegen der Anweisung an die Bevollmächtigten im Innenverhältnis.

Dieser Auffassung des OLG Oldenburg, die auch in der Literatur vielfach vertreten wird (vgl. z. B. Bund in seiner Anmerkung zu der Entscheidung des OLG Oldenburg in RNotZ 2005, 559 und JurBüro 2005, 622, 625; Tiedtke MittBayNot 2006, 397, 398; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., § 41, Anm. 11 a; Streifzug durch die Kostenordnung, 6. Aufl., Rdnr. 1754; Rohs/Wedewer: KostO, Stand Dezember 2006, § 41, Rdnr. 11), schließt sich auch der Senat an. Ihr ist deshalb zu folgen, weil Gegenstand der Beurkundung lediglich die Vollmacht und nicht das ihr zu Grunde liegende Rechtsverhältnis ist und deshalb grundsätzlich nur Beschränkungen der Vollmacht selbst und nicht solche, die das Innenverhältnis betreffen, für die Bewertung der Vollmacht maßgeblich sein können. Zwar ist auch eine Generalvollmacht der Auslegung fähig und kann deshalb im Einzelfall von unterschiedlichem Umfang sein. Trotzdem kann der Ansicht von Renner NotBZ 2005, 45, 57 nicht gefolgt werden, es sei wegen der Erwartung der Beteiligten nur von einem "Eventualcharakter" der Vollmacht auszugehen, so dass sich auch bei einer unbeschränkten Generalvollmacht die Beschränkung aus den Begleitumständen ergebe. Denn bei einer in einer Urkunde niedergelegten und nach außen kundgemachten Vollmacht kommt es für die Auslegung auf die Verständnismöglichkeiten des Geschäftsgegners und anders als bei einer reinen Innenvollmacht nicht auf diejenigen des Bevollmächtigten an (BGH NJW 1991, 3141; Palandt/Heinrichs: BGB, 66. Aufl., § 167, Rdnr. 5; Soergel/Leptien: BGB, 13. Aufl., § 167, Rdnr. 39; Staudinger/Schilken: BGB, 2003, § 164, Rdnr. 85). Ein potentieller Geschäftsgegner kann aber nach der Gestaltung der hier beurkundeten Vollmacht davon ausgehen, dass die Vollmacht ihm gegenüber seit dem 02.04.2003 ohne Beschränkung und unabhängig vom Eintritt des Vorsorgefalles wirksam ist. Damit wird auch dem Grundsatz Rechnung getragen, dass für die Beurteilung des Umfangs der Vollmacht und damit auch für die Bewertung darauf abzustellen ist, was der Bevollmächtigte rechtlich wirksam tun kann und nicht, was er auf Grund des Innenverhältnisses nur tun soll (Bund JurBüro 2005, 622, 625).

Die vom Kostengläubiger vorgenommene und vom Landgericht gebilligte Ermessensausübung nach § 41 Abs. 2 KostO war rechtsfehlerhaft, da der im Außenverhältnis unbeschränkte Umfang der beurkundeten Vollmacht nicht berücksichtigt worden ist, sondern eine Gleichbehandlung mit einer durch den Eintritt des Vorsorgefalls bedingten Vollmacht vorgenommen wurde. Dies hat zur Folge, dass der Senat selbst über die Höhe des Geschäftswerts entscheiden kann, für den nach seiner Auffassung das Aktivvermögen des Vollmachtgebers ohne Abschläge maßgeblich war. Soweit die Bevollmächtigung der Beteiligten zu 1) auch alle persönlichen Angelegenheiten umfasst, kommt allerdings keine zusätzliche Erhöhung in Betracht, da mit dem gesamten Aktivvermögen der höchstmögliche Wertrahmen bereits ausgeschöpft wird.

Die Entscheidung des Landgerichts ist auch hinsichtlich der für die Beurkundung der Betreuungs- und der Patientenverfügung entstandenen Kosten nicht rechtsfehlerfrei.

Zutreffend ist allerdings, dass es sich um einseitige Erklärungen des Beteiligten zu 2) handelt, deren Beurkundung nach § 36 Abs. 1 KostO eine volle Gebühr entstehen lässt. Nachdem der BGH am 08.12.2005 -V ZB 144/05- (MittBayNot 2006, 351) entschieden hat, dass bei der Beurkundung jeglicher einseitiger Erklärungen, vorbehaltlich besonderer Gebührentatbestände, die Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO anfällt, nicht nur bei der Beurkundung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen, kommt es für Frage der anzuwendenden Gebührenvorschrift auf die Rechtsnatur von Betreuungs- und Patientenverfügung nicht mehr an. Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass sowohl für die Betreuungs-, als auch für die Patientenverfügung jeweils von einem Geschäftswert von 3.000,00 € gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO auszugehen sei (für die Patientenverfügung vgl. Senatsbeschluss vom 26.10.2000 -20 W 423/00-).

Eine Betreuungsverfügung ist eine Willensäußerung, in der jemand für den Fall seiner Betreuungsbedürftigkeit und der Bestellung eines Betreuers Vorschläge zur Person der Betreuers und/oder Wünsche zu Wahrnehmung der Aufgaben des Betreuers oder durch den Betreuer geäußert hat. Sie hat als Adressaten das Vormundschaftsgericht bzw. den Betreuer (Palandt/Diederichsen: BGB, 66. Aufl., Einführung vor § 1896, Rdnr. 8; Perau MittRhNotK 1996, 51, 52). Mit der Patientenverfügung willigt der Erklärende im Voraus in notwendig werdende medizinische Maßnahmen ein oder verweigert seine Einwilligung. Adressaten sind in erster Linie die behandelnden Ärzte oder auch Verwandte, Betreuer und das Vormundschaftsgericht (Palandt/Diederichsen, aaO., Rdnr. 9). Sowohl die Patienten-, als auch die Betreuungsverfügung haben keinen vermögensrechtlichen Gegenstand (OLG Oldenburg, aaO. für die Betreuungsverfügung; OLG Hamm ZNotP 2006, 318 für die Patientenverfügung; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., § 41, Anm. 11c; Bund, aaO., Seite 626; Tiedtke MittBayNot 2006, 397, 400).

Da sowohl die Bevollmächtigung als auch die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung vorliegend in einer Urkunde niedergelegt worden sind, ist für die Gebührenberechnung der § 44 KostO zu beachten, für dessen Anwendung es maßgeblich darauf ankommt, ob die mehreren Erklärungen denselben oder einen verschiedenen Gegenstand haben. Nach der von der Rechtsprechung insoweit entwickelten Definition (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., § 44, Anm. 16 mit weiteren Hinweisen) betreffen denselben Gegenstand alle zur Begründung, Feststellung, Anerkennung, Aufhebung, Erfüllung oder Sicherung eines Rechtsverhältnisses niedergelegten Erklärungen der Partner des Rechtsverhältnisses samt allen Erfüllungs- und Sicherungsgeschäften auch dritter Personen oder zu Gunsten dritter Personen. Nach dieser Definition haben die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung einen verschiedenen Gegenstand, denn sie betreffen unterschiedliche Regelungsgegenstände und haben jedenfalls teilweise unterschiedliche Adressaten, außerdem dient nicht die eine Verfügung zur Durchführung der anderen oder kann im Sinn der vom BGH in seiner Entscheidung vom 09.02.2006 -V ZB 172/05- RNotZ 2006, 246- gewählten Definition als Hauptgeschäft betrachtet werden, mit der die andere in einem engen inneren Zusammenhang stünde (ebenso Bund JurBüro 2005, 622, 627; Renner NotBZ 2005, 45, 50; Klein RNotZ 2005, 561 - Anmerkung zu der oben zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg-; Rohs/Wedewer: KostO, Stand August 2006, § 44, Rdnr. 6 x für den Fall, dass nur die Betreuungs- und die Patientenverfügung in einer Urkunde enthalten sind).

Allerdings stehen sowohl die Betreuungsverfügung als auch die Patientenverfügung in engem innerem Zusammenhang zu der beurkundeten Generalvollmacht.

Für die Betreuungsverfügung ergibt sich das daraus, dass die Vollmacht ausdrücklich (auch) zur Vermeidung einer Betreuung dienen und die Vollmacht auch bei Bestellung eines Betreuers im Übrigen bestehen bleiben soll. Außerdem ist in § 5 Ziff. 2 der Urkunde vorgesehen, dass die Bevollmächtigte im Fall der Betreuung auch als Betreuerin bestellt werden soll. Da die Vollmacht in persönlichen Angelegenheiten auch die Entscheidung über die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen bis hin zur Entscheidung über einen Behandlungsabbruch oder die Einstellung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen betrifft, besteht auch ein engerer sachlicher Zusammenhang mit der Patientenverfügung. Daher ist nach Auffassung des Senats jedenfalls von einer teilweisen Gegenstandsgleichheit gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 KostO sowohl der Patienten-, als auch der Betreuungsverfügung im Verhältnis zur der beurkundeten Vollmacht auszugehen, soweit diese im Vorsorgefall eingreifen soll.

Da die den ganzen Gegenstand betreffende Erklärung (die Bevollmächtigung) einem niedrigeren Gebührensatz unterliegt (5/10 gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO) als die einen Teil des Gegenstandes betreffenden Erklärungen (die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung mit jeweils einer vollen Gebühr gemäß § 36 Abs. 1 KostO) sind Vergleichsberechnungen anzustellen, um die für den Kostenschuldner günstige Berechnungsart zu ermitteln:

Zunächst sind die gegenstandsgleichen Erklärungen zu bewerten:

Vollmacht 5/10 (§ 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO)

Wert: 300.000,00 € 253,50 €

Betreuungsverfügung 10/10 (§ 36 Abs. 1 KostO)

Wert: 3.000,00 € 26,00 €

Bei getrennter Berechnung betragen die Kosten somit 279,50 €. Dies ist günstiger als die einheitliche Berechnung. Bei Ansatz des höchsten Gebührenwertes (10/10 nach § 36 Abs. 1 KostO) aus dem höchsten Geschäftswert (300.000,00 €) würden die Kosten 507,00 € betragen.

Zusätzlich ist dann noch die gegenstandsverschiedene Patientenverfügung in die Bewertung einzubeziehen entsprechend § 44 Abs. 2 b KostO:

Bei getrennter Betrachtung sind zunächst die Geschäftswerte der gegenstandsverschiedenen Erklärungen Patientenverfügung und Betreuungsverfügung mit jeweils 3.000,00 € zu addieren und hieraus die 10/10 Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO zu ermitteln, also eine 10/10 Gebühr aus 6.000,00 € in Höhe von 48,00 €.

Dazu kommt die 5/10 Gebühr gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 4 für die Vollmacht in Höhe von 253,50 €. Die Addition der Gebühren ergibt 301,50 €. Dieser Betrag ist maßgeblich, da die einheitliche Berechnung für den Kostenschuldner ungünstiger ist. Eine volle Gebühr aus den addierten Werten der gegenstandsverschiedenen Erklärungen, nämlich 303.000,00 €, würde 522,00 € betragen.

Unter Berücksichtigung der (unbeanstandeten) Dokumentenpauschale in Höhe von 4,50 € und 16 % Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbetrag von 354,96 €. Dementsprechend war die Kostenrechnung des Kostengläubigers abzuändern, wobei sich die Berechtigung zu Erhöhung aus § 156 Abs. 6 Satz 2 KostO ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 156 Abs. 6 Satz 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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