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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.05.2008
Aktenzeichen: 20 W 433/07
Rechtsgebiete: PStG


Vorschriften:

PStG § 48
PStG § 49
PStG § 60
1. Die Rückberichtigung einer auf Grund eines früheren Berichtigungsbeschlusses vorgenommenen Eintragung in den Personenstandsbüchern kommt nur dann in Betracht, wenn der Nachweis der Unrichtigkeit erbracht ist.

2. Zur Problematik des Nachweises der fehlenden österreichischen Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des österreichischen Adelsaufhebungsgesetzes vom 3. April 1919.


Gründe:

Die weitere Beschwerde, mit welcher der Antragsteller zu 1) weiterhin die Rückberichtigung des aufgrund eines Berichtigungsbeschlusses des Amtsgerichts Gießen vom 16. Oktober 1958 (2 III 53/1957) angebrachten Randvermerkes in dem bei dem Standesamt Gießen geführten Heiratsbuch Nr. .../1950 betreffend die Eheschließung seiner Eltern, der Beteiligten zu 2) und 3) begehrt, wonach der Vater des Antragstellers nicht mehr befugt ist, die Adelsbezeichnung "Freiherr von" zu führen, ist gemäß §§ 49 Abs. 1 Satz 2, 48 Abs. 1 PStG, 27, 29 FGG zulässig.

In der Sache führt das Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg, da die angefochtene Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO) worauf sie im vorliegenden Verfahren allein überprüft werden kann.

Wie auch von der weiteren Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wird, sind die beiden Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass der hier maßgebliche Randvermerk über den Wegfall der Befugnis zur Führung des Adelstitels als Eintragung in das Heiratsbuch als Personenstandsbuch deklaratorische Wirkung hat und der Beweiskraft des § 60 Abs. 1 Satz 1 PStG unterliegt, so dass der Nachweis der Unrichtigkeit nach § 60 Abs. 2 PStG möglich ist. Da der der Eintragung des Randvermerkes zu Grunde liegende Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts Gießen vom 16. Oktober 1958 zwar in formeller, nicht jedoch in materieller Rechtskraft erwachsen ist, kommt eine Rückberichtigung nur dann in Betracht, wenn der Nachweis der Unrichtigkeit, an den strengen Anforderungen zu stellen sind, erbracht ist (vgl. BayObLG StAZ 1961, 268 ff.; OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 1479 f; OLG Frankfurt am Main StAZ 1985, 12 ff.). Der Senat nimmt insoweit zur näheren Begründung auf die ausführlichen und zutreffenden Rechtsausführungen des Amtsgerichts in seinem Beschluss vom 06. Oktober 2006 und die zahlreichen weiteren dort zitierten Fundstellen Bezug.

In materieller Hinsicht sind die Vorinstanzen des Weiteren zutreffend davon ausgegangen, dass es entscheidend darauf ankommt, ob der am ... 1896 in O1 geborene und am ... 1944 in O2 verstorbene Großvater des Antragstellers zu 1), Vorname A Vorname B Vorname C Freiherr von Nachname X zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des österreichischen Gesetzes über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden vom 03. April 1919 (im Folgenden: AdelsaufhebungsG) die österreichische Staatsangehörigkeit besaß und somit dessen Anwendung unterfiel. Insoweit kann wegen der Einzelheiten ebenfalls auf die zutreffenden und auch von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogenen Rechtsausführungen in der Entscheidung des Amtsgerichts sowie in dem angefochtenen Beschluss des Landgerichts Bezug genommen werden.

Das Amtsgericht ist unter Berücksichtigung der von den beiden Antragstellern vorgelegten Dokumente und Unterlagen sowie nach Durchführung weiterer umfangreicher Ermittlungen zu der ausführlich und sorgfältig begründeten Überzeugung gelangt, dass auch unter Berücksichtigung der Übersiedelung der Vorverfahren von Wien nach O1 im 19. Jahrhundert ein Verlust der österreichischen Staatsangehörigkeit und der Erwerb der deutschen oder einer anderen Staatsangehörigkeit für Vorname C Vorname B Vorname A für den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt bis zum 03. April 1919 nicht festgestellt werden konnte.

Zu derselben Einschätzung ist nach Durchführung weiterer ergänzender Ermittlungen auch das Landgericht gelangt, welches sich mit den vorliegenden Unterlagen, Auskünften und Argumenten des Antragstellers zu 1) ebenfalls ausführlich auseinandergesetzt hat.

Da es sich hierbei um Fragen tatrichterlicher Würdigung handelt, hat der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur darüber zu befinden, ob die zugrunde gelegten Tatsachen ordnungsgemäß festgestellt wurden, das Landgericht bei seiner Beurteilung wesentliche Tatumstände übersehen hat, seine Feststellungen in Widerspruch zu gesetzlichen Beweisregeln stehen oder gegen Denkgesetze oder zwingende Erfahrungssätze verstoßen. Derartige Fehler sind im vorliegenden Falle jedoch nicht feststellbar.

Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt in der gebotenen Weise aufgeklärt, bei ihrer Überzeugungsbildung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und diese in ihre Abwägung mit nachvollziehbaren Ausführungen einbezogen.

Soweit der Antragsteller zu 1) mit der weiteren Beschwerde ausführt, das Landgericht sei zu Unrecht von der österreichischen Staatsangehörigkeit des Großvaters Vorname C Vorname B Vorname A ausgegangen, setzt er im Wesentlichen seine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts, indem er davon ausgeht, aus dem von ihm vorgelegten Militärpass ergebe sich eindeutig, dass Vorname C Vorname B Vorname A am 3. April 1919 preußischer Staatsangehöriger gewesen sei. Der Antragsteller zu 1) legt hierbei zu Grunde, dass der in diesem Militärpass unter der Gesamtüberschrift "Nationale des Buchinhabers" nach Angabe des Vor- und Familiennamens, des Geburtsdatums, des Geburtsortes und des Verwaltungsbezirkes in der Rubrik "Bundesstaat" erfolgte handschriftliche Eintrag "Preußen" die Staatsangehörigkeit des Buchinhabers angebe. Diese Auffassung des Antragstellers steht zwar - wie auch die Vorinstanzen berücksichtigt haben - in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Einschätzung des Majors D vom militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam in dessen Schreiben vom 08. November 2002 (Bl. 11 d. A.) sowie des Mitarbeiters E des Bundesarchivs - Militärarchiv - in Freiburg in dessen Schreiben vom 29. Oktober 2002 (Bl. 113 d. A.). Demgegenüber ist aber das Auswärtige Amt in seinen Stellungnahmen vom 18. November 2005 (Bl. 186 d. A.) und vom 21. März 2007 (Bl. 284 d. A.) zu der Einschätzung gelangt, dass dieser Eintrag zu einer eindeutigen Feststellung der Staatsangehörigkeit des Buchinhabers nicht geeignet sei. Wenn die Vorinstanzen auf der Grundlage dieser unterschiedlichen fachlichen Einschätzungen die tatrichterliche Überzeugung gewonnen haben, dass der Militärpass zum Nachweis einer preußischen Staatsangehörigkeit nicht ausreicht, weil insbesondere der Aufbau und die Gestaltung dieses Dokumentes darauf hindeuten, dass der Begriff "Nationale des Buchinhabers" als Überschrift verwendet wurde und die Abfolge der nachfolgend angegebenen Daten darauf hinweisen, dass mit der Bezeichnung "Bundesstaat Preußen" nicht die Staatsangehörigkeit des Buchinhabers, sondern die Zugehörigkeit des Geburtsortes O1 zu diesem Bundesstaat angegeben wurde, so lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanzen berücksichtigen alle maßgeblichen Umstände, sind nachvollziehbar und tragen die jeweils ausführlich begründete tatrichterliche Überzeugung; zwingend müssen sie nicht sein.

Soweit der Antragsteller zu 1) mit der weiteren Beschwerde erneut die Einholung einer Auskunft des Herrn D vom militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam fordert, ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller zu 1) bereits mit seinem Berichtigungsantrag das von diesem Behördenmitarbeiter verfasste Schreiben vom 08. November 2002 zur Akte gereicht hatte, mit welchem sich beide Instanzen im Rahmen ihrer Beweiswürdigung auch umfassend auseinandergesetzt haben.

Entgegen der Rüge der weiteren Beschwerde war das Landgericht auch nicht gehalten, vor seiner Entscheidung den Abschluss des Feststellungsverfahrens hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Vorname A Vorname C Freiherr von Nachname X unter dem Az.: MA 35/III-F 31/2005 in Österreich abzuwarten. Insoweit ergab sich bereits aus dem von dem Landgericht in seiner Entscheidung berücksichtigten Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung vom 06. Juni 2007 (Bl. 305 d. A.), dass Vorname C Vorname B Vorname A ebenso wie sein Vater noch im Jahre 1918 die (alt)österreichische Staatsbürgerschaft besessen hatte, was auf die im Kriegsarchiv aufgefundenen Unterlagen gestützt wurde, wonach gegen den Verbleib des Vorname C Vorname B Vorname A im deutschen Heer nachträglich keine Einwendungen bestünden sowie die hiermit übereinstimmende Aufnahme dieser Person in die Stellungsliste Wien beim Geburtsjahrgang 1896 und den noch im Jahr 1918 ausgestellten Heimatschein. Soweit die Frage, welche Auswirkungen der spätere Erwerb einer deutschen Staatsangehörigkeit haben könnte, von dort noch offen gelassen wurde, musste das Landgericht dies nicht zum Anlass nehmen, den weiteren Fortgang dieses Verfahrens abzuwarten, da es im vorliegenden Falle nur auf die Staatsangehörigkeit des Vorname C Vorname B Vorname A zum maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Adelsaufhebungsgesetzes vom 03. April 1919 ankam, nicht jedoch auf eventuelle spätere Änderungen bezüglich der Staatsangehörigkeit. Soweit in dem nunmehr mit der weiteren Beschwerde vorgelegten Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung vom 27. März 2008 zusätzlich die Vermutung geäußert wird, dass der Großvater Vorname C Vorname B Vorname A noch vor der Geburt des ehemaligen Antragstellers zu 2) am 15. Februar 1930 die deutsche Staatsangehörigkeit beantragt und durch Einbürgerung erworben habe, handelt es sich um eine bloße Vermutung, für die nähere Anknüpfungstatsachen nicht angegeben werden und die auch von dieser Behörde nicht auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt des 03. April 1919 rückbezogen wird.

Der weiteren Beschwerde war deshalb der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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