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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.05.2005
Aktenzeichen: 20 W 452/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836
BGB § 1908 i I
Tätigkeiten des Berufsbetreuers, dem der Aufgabenkreis der Vertretung in strafrechtlichen Angelegenheiten nicht übertragen ist, zur Wahrnehmung der Interessen eines Betreuten in Straf- oder Ermittlungsverfahren sind nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen vergütungsfähig.
Gründe:

Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), mit welcher sie sich gegen die Festsetzung von Aufwendungsersatz und Vergütung für die Tätigkeiten der Betreuerin in der Zeit von Juni bis Dezember 2003 zur Beschaffung eines Praktikumsplatzes und im Zusammenhang mit einem gegen den Betroffenen wegen Verstosses gegen des Betäubungsmittelgesetz ergangenen Strafbefehls sowie einer polizeilichen Vorladung wegen Diebstahls wendet, führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Da von einer Mittellosigkeit des Betroffenen auszugehen ist, richten sich die Vergütung und der Aufwendungsersatz der Vereinsbetreuerin, die zunächst für die Aufgabenkreise der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge bestellt war, welche auf ihre Anregung vom 4. Februar 2004 mit Beschluss vom 19. Juli 2004 um die Vertretung gegenüber Behörden, Arbeitgeber und im Strafverfahren erweitert wurden, nach §§ 1908 e Abs. 1, 1835 Abs. 1 und 4, 1836 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG.

Dem Umfang nach sind dem Berufsbetreuer diejenigen Tätigkeiten zu vergüten, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben in den ihm übertragenen Aufgabenkreisen für erforderlich halten durfte (vgl. BayObLG BtPrax 2001, 76; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 86; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836 a BGB Rn. 9 und 33; OLG Frankfurt OLG-Report 2003, 443). Für Tätigkeiten des Betreuers außerhalb der übertragenen Aufgabenkreise und Befugnisse besteht ein Vergütungsanspruch auch dann nicht, wenn diese den Wünschen des Betroffenen entsprachen oder sich für ihn als nützlich erweisen. Durch die Neufassung des § 1901 Abs. 1 BGB durch das BtÄndG wurde durch den Gesetzergeber herausgehoben, dass die Aufgabe es Betreuers in der rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten innerhalb der übertragenen Aufgabenkreise besteht (vgl. BT-Drucks. 13/10331, S. 26; Palandt/Diederichsen, 64. Aufl., vor § 1896 Rn. 4), wobei zugleich an dem Grundsatz der persönlichen Betreuung (§ 1897 Abs. 1 BGB) festgehalten wurde, die einen persönlichen Kontakt zum Betroffenen erfordert. Des Weiteren betont § 1901 Abs. 4 BGB, dass der Betreuer innerhalb seines Aufgabenkreises dazu beizutragen hat, dass Rehabilitationschancen für den Betroffenen genutzt werden.

Wie der Senat erst kürzlich mit Beschlüssen vom 9. Mai 2005 ( 20 W 352/04 und 20 W 460/04) entschieden hat, ist nach diesen Grundsätzen die Teilnahme eines Berufsbetreuers an einem Hauptverhandlungstermin gegen den Betroffenen in aller Regel nur dann vergütungsfähig, wenn dem Betreuer der Aufgabenkreis der Vertretung des Betroffenen in Strafverfahren durch das Vormundschaftsgericht übertragen wurde. Dies gilt grundsätzlich auch für sonstige Tätigkeiten eines Berufsbetreuers im Zusammenhang mit gegen den Betroffenen eingeleiteten Ermittlungs- oder Strafverfahren. Der Berufsbetreuer wird deshalb gehalten sein, unverzüglich beim Vormundschaftsgericht eine diesbezügliche Erweiterung der Aufgabenkreise nach § 1908 d Abs. 3 BGB anzuregen, wenn sich die Notwendigkeit einer solchen nicht nur kurzfristigen oder geringfügigen Interessenwahrnehmung für den Betroffenen abzeichnet. Dies schließt jedoch nicht aus, dass bereits zuvor entfaltete Tätigkeiten zu vergüten sind, weil der Betreuer sie wegen des Zusammenhanges mit einem bereits übertragenen anderen Aufgabenkreis für erforderlich halten durfte.

Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei eine Vergütungsfähigkeit für die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Strafbefehl und dem Ermittlungsverfahren angenommen. Allerdings reichen der bloße Zusammenhang zwischen den dem Betroffenen vorgeworfenen Straftaten und der psychischen Krankheit, die den Anlass für die Einrichtung der Betreuung bildet, sowie die allgemeine Annahme, dass die Verurteilung in einem Strafverfahren zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe in aller Regel Auswirkungen auf das Vermögen oder den künftigen Aufenthaltsort des Betroffenen haben wird, grundsätzlich nicht aus, um einen tragfähigen Zusammenhang zu den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge bzw. Aufenthaltsbestimmung oder Wohnungsangelegenheiten herzustellen (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 740 und Senatsbeschlüsse vom 9. Mai 2005 -20 W 352/04 und 20 W 460/04).

Zu Recht hat das Landgericht aber vorliegend darauf abgestellt, dass dem Betroffenen nach der Verbüßung einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten mit Bescheid vom 16. Januar 2002 durch die Ausländerbehörde eine Verwarnung erteilt und für den Fall der Begehung weiterer Straftaten die unverzügliche Ausweisung angedroht worden war. Angesichts dieser Besonderheit durfte die Betreuerin davon ausgehen, dass kurzfristiger und dringender Handlungsbedarf im Zusammenhang mit dem ihr bereits zugewiesenen Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung gegeben war.

Des weiteren hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen die Tätigkeiten der Betreuerin zur Beschaffung eines Praktikumsplatzes als vergütungsfähig eingestuft. Das Praktikum diente der Fortführung und Sicherung der Tätigkeit des Betroffenen in der Werkstatt für Behinderte, für die er zusätzlich zu der von ihm bezogenen Sozialhilfe einen - wenn auch geringen - Lohn bezieht. Des weiteren sollte diese Maßnahme zusätzlich der Vorbereitung seiner Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt dienen. Sie durfte von der Betreuerin deshalb dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge zugeordnet werden, und diente erkennbar auch der weiteren Rehabilitation des Betroffenen.

Das Landgericht hat deshalb ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Betreuerin die von ihr im Rahmen der eigenverantwortlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben entfalteten umstrittenen Tätigkeiten zunächst den ihr bereits zugewiesenen Aufgabenkreisen der Aufenthaltsbestimmung und der Vermögens- und Gesundheitssorge zuordnen durfte, wenngleich die zwischenzeitlich auf ihre Anregung erfolgte Erweiterung der Aufgabenkreise aus Gründen der Klarstellung angezeigt war.

Die sofortige weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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