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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: 20 W 452/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16
1. Der Inhalt der Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Ladung im Sinne des § 23 Abs. 2 WEG richtet sich nach dem berechtigten Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer; an die Bezeichnung dürfen grundsätzlich keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. In der Regel genügt eine schlagwortartige Bezeichnung, insbesondere dann, wenn die Wohnungseigentümer aufgrund einer früheren Beratung, einer vormaligen Beschlussfassung oder aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens bereits mit der betreffenden Angelegenheit vertraut sind. Es ist nicht erforderlich, bereits den Inhalt eines beabsichtigten Beschlusses oder einen konkreten Beschlussantrag mitzuteilen.

2. Nimmt ein Beschluss der Wohnungseigentümer Bezug auf ein bestimmtes Ereignis oder einen bestimmten Gegenstand, so erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass der in Bezug genommene Gegenstand mit hinreichender Sicherheit bestimmbar ist.

3. Ein Eigentümerbeschluss, in dem die Ergreifung rechtlicher Schritte gegen einen Miteigentümer geregelt wird, entspricht dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der von dem Beschluss in Bezug genommene Anspruch offenkundig nicht in Betracht kommt oder die von der Mehrheit vertretene Rechtsposition offensichtlich unhaltbar ist.


Gründe:

Die Antragsteller sind Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. ..., die Antragsgegner sind die Eigentümer der übrigen Wohnungen der bezeichneten Liegenschaft. Die Wohnung der Antragsteller ist an deren Sohn zur Nutzung überlassen.

Bereits im Jahr 1995 erwirkten die übrigen Eigentümer einen Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Bl. 34 ff d. A.), mit welchem den Antragstellern aufgegeben wurde, dafür Sorge zu tragen, dass der Nutzer ihrer Wohnung ruhestörenden Lärm und die Bedrohung und Belästigung der weiteren Bewohner der Liegenschaft unterlässt.

Nachdem es auch in der Folgezeit, insbesondere im Jahr 2004, zu weiteren Beanstandungen durch Mitbewohner kam, lud der Verwalter mit Schreiben vom 14.06.2004 zu einer Eigentümerversammlung, wobei zu Tagesordnungspunkt 13 eine Beschlussfassung "zur anwaltlichen Durchsetzung der Ansprüche im Rahmen der Hausordnung und Gemeinschaftsordnung gegen die Mieter/Eigentümer A" vorgesehen war (Bl. 15, 51 d. A.).

Über die in der Versammlung vom 05.07.2004 mehrheitlich erfolgte Beschlussfassung enthält das Protokoll der Versammlung (Bl. 19 d. A.) folgende Eintragung:

"Top 13

Beschluss zur anwaltschaftlichen Durchsetzung der Ansprüche im Rahmen der Hausordnung und Gemeinschaftsordnung gegen den Mieter/Eigentümer A

Die anwesenden Eigentümer sprachen sich mit Nachdruck dafür aus, die Sache konsequent mit Hilfe eines Anwaltes zu regeln. Aus dem Haushalt werden vorerst 2.000,-- EUR als Kostenrahmen festgelegt. Nach Möglichkeit sollte die gleiche Kanzlei wie bereits 1995-96 beauftragt werden."

Mit am 04.08.2004 bei Gericht eingegangenem Antrag haben die Antragsteller begehrt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären mit der Begründung, der Beschluss sei unklar und unbestimmt.

Durch Beschluss vom 08.11.2004 (Bl. 53 ff d. A.), auf den verwiesen wird, hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 91 ff d. A.), auf den gleichfalls Bezug genommen wird, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Hiergegen haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 20.09.2005 (Bl. 102 ff d. A.), auf dessen Inhalt zur Begründung letztendlich Bezug genommen wird, sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die hin er alleine zu überprüfen ist, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Es ist nicht rechtsfehlerhaft, dass die Vorinstanzen übereinstimmend den von den Antragstellern angefochtenen Wohnungseigentümerbeschluss vom 05.07.2004 zu Tagesordnungspunkt 13 nicht für ungültig erklärt haben.

Dass eine Verletzung der Vorschrift des § 23 Abs. 2 WEG vorliegend nicht gegeben ist, hat das Landgericht auf Seite 3 des angefochtenen Beschlusses zutreffend festgestellt. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht darauf abgestellt, dass sich der Inhalt der Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Ladung nach dem berechtigten Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer richtet und an die Bezeichnung grundsätzlich keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen; in der Regel genügt eine schlagwortartige Bezeichnung, insbesondere dann, wenn die Wohnungseigentümer aufgrund einer früheren Beratung, einer vormaligen Beschlussfassung oder aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens bereits mit der betreffenden Angelegenheit vertraut sind. Es ist nicht erforderlich, bereits den Inhalt eines beabsichtigten Beschlusses oder einen konkreten Beschlussantrag mitzuteilen (vgl. im Einzelnen Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 79; Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 19; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 24 WEG Rz. 6 jeweils m. w. N.). Dass die Angabe des Beschlussgegenstandes in der Ladung vom 14.06.2004 vorliegend hinreichend bestimmt ist, hat das Landgericht an der bezeichneten Stelle im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Konkrete Einwendungen hiergegen erhebt die weitere Beschwerde auch nicht.

Der Senat folgt auch den übereinstimmenden Rechtsauffassungen der Vorinstanzen, dass der am 05.07.2004 zu Tagesordnungspunkt 13 gefasste Beschluss der Wohnungseigentümer hinreichend klar und bestimmt ist. Nimmt ein Beschluss der Wohnungseigentümer Bezug auf ein bestimmtes Ereignis oder einen bestimmten Gegenstand, so erfordert das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit allerdings, dass der in Bezug genommene Gegenstand mit hinreichender Sicherheit bestimmbar ist (vgl. Bärmann/Pick/Merle, a.a.0., § 23 Rz. 52 m. w. N.; vgl. auch Palandt/Bassenge, a.a.0., § 23 WEG Rz. 24; Weitnauer/Lüke, a.a.0., § 23 Rz. 21). Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass diese Anforderungen im vorliegenden Fall erfüllt sind. Das Landgericht hat in nicht zu beanstandender Weise im Einzelnen ausgeführt, dass es einer genaueren Bestimmung des Vorgehens im vorliegenden Fall nicht bedurfte, da das Ergebnis einer anwaltlichen Beratung bzw. einer ersten außergerichtlichen Maßnahme noch nicht abzusehen ist. Auch insofern verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 4 des angefochtenen Beschlusses.

Soweit die weitere Beschwerde in ihrer Begründung auf den Beschluss des Amtsgerichts aus dem Jahr 1995 verweist, aus dem sie herleitet, dass weitere Kosten nicht aufzuwenden seien, will sie offensichtlich auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. § 21 Abs. 3, Abs. 4 WEG) Bezug nehmen. Insofern hat bereits das Amtsgericht im Beschluss vom 08.11.2004 zutreffend darauf hingewiesen, dass der diesbezügliche Eigentümerbeschluss allenfalls dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspräche, wenn der von dem Beschluss in Bezug genommene Anspruch offenkundig nicht in Betracht käme oder die von der Mehrheit vertretene Rechtsposition offensichtlich unhaltbar wäre (vgl. dazu BayObLG NZM 1999, 862; vgl. auch BayObLG NZM 1999, 175; WuM 1994, 571; Bärmann/Pick/Merle, a.a.0., § 21 Rz. 75). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Es ist im vorliegenden Beschlussanfechtungsverfahren auch nicht abschließend zu klären, ob der diesbezügliche Anspruch überhaupt begründet wäre oder nicht (vgl. insofern BayObLG NZM 1999, 862 m. w. N.). Insoweit vermag auch der Verweis auf den amtsgerichtlichen Beschluss aus dem Jahr 1995 nicht zu tragen, da dieser nach Auffassung der Mehrheit der Wohnungseigentümer zur Erfüllung der Ansprüche im Rahmen der Hausordnung und Gemeinschaftsordnung gegen die Antragsteller offensichtlich nicht hinreichend erscheint und gegebenenfalls zu prüfen sein wird, ob aus diesem Beschluss mit anwaltlicher Hilfe Rechte hergeleitet werden können. Damit ist auch der Anfall weiterer Kosten gerechtfertigt. Dass der beschlossene Kostenrahmen angesichts der Bedeutung des Hausfriedens für das geordnete Zusammenleben der Wohnungseigentümer untereinander nicht als unangemessen angesehen werden könnte, hat bereits das Amtsgerichts rechtsfehlerfrei festgestellt.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen haben, § 47 Satz 1 WEG.

Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde nach § 47 Satz 2 WEG hat der Senat bereits deshalb abgesehen, weil er die weiteren Beteiligten am Verfahren der weiteren Beschwerde nicht beteiligt hat.

Die Wertfestsetzung folgt der nicht beanstandeten Festsetzung durch das Landgericht, § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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