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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.03.2002
Aktenzeichen: 20 W 46/2002
Rechtsgebiete: GBO, ZVG, BGB


Vorschriften:

GBO § 38
ZVG § 130
ZVG § 128
ZVG § 118 Abs. 1
ZVG § 128 Abs. 1
ZVG § 49 Abs. 2
BGB § 1115
BGB § 1118
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1 a.F.
BGB § 284 Abs. 3 Satz 1 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 46/2002

Eberstadt Blatt 6982 AG Darmstadt

Verkündet am 08.03.2002

In der Grundbuchsache

betreffend die beim Amtsgericht Darmstadt im Grundbuch von Eberstadt Blatt 6982, laufende Nummern ... des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstücke,

an der hier beteiligt sind: ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Vollstreckungsgerichts gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 19.12.2001 am 08.03.2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Darmstadt- Grundbuchamt- vom 09.10.2001 -Az. EB -6982- 128Z (Eberstadt) werden aufgehoben.

Gründe:

Mit Beschluss vom 16.11.2000 wurde in der Zwangsversteigerungssache gegen C. L. -Az. 61 K 12/98 AG Darmstadt- der betroffene Grundbesitz der Fa. A. ... B. GmbH als Meistbietende zu einem Bargebot von 770.000,00 DM zugeschlagen, u.a. mit der Versteigerungsbedingung, dass der zahlbare Teil des Meistgebots vom 16.11.2000 an mit 4 % zu verzinsen und im Verteilungstermin in barem Geld zu zahlen war. Im Verteilungstermin vom 16.01.2001 wurde ein Fehlbetrag von 146.660,00 DM festgestellt. Soweit das Meistgebot nicht bezahlt wurde, erfolgte die Ausführung des Teilungsplans dadurch, dass die jeweilige Forderung zuzüglich 4 % Zinsen ab 16.01.2001 gegen den Ersteher gemäß § 118 Abs. 1 ZVG übertragen wurde. Wegen der Einzelheiten der Übertragung wird auf die Darstellung in dem Beschluss vom 16.11.2001 (Bl. 238-252 der Versteigerungsakte) Bezug genommen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen die Forderungsübertragung mit nur 4 %iger Verzinsung änderte das Landgericht mit Beschluss vom 18.04.2001 die Verzinsung der übertragenen Forderungen mit 5 % Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskont-Überleitungsgesetzes-Gesetzes vom 09.Juni 1998 seit dem 16.01.2001 ab (Bl. 272-275 der Versteigerungsakte). Nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ersuchte das Vollstreckungsgericht am 06.07.2001 das Grundbuchamt gemäß § 130 ZVG u.a. um die Eintragung von Sicherungshypotheken wegen der übertragenen Forderungen gegen den Ersteher jeweils mit einer Verzinsung von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskont-Überleitungs- Gesetzes vom 09. Juni 1998 seit dem 30.04.2001 bzw. seit dem 16.01.2001. Mit Zwischenverfügung vom 09.10.2001 hat das Grundbuchamt vom Versteigerungsgericht die formgerechte Bestimmung eines Höchstzinssatzes verlangt, der nach dem Bestimmtheitsgrundsatz im Fall eines wie hier gleitenden Zinssatzes für die Eintragungsfähigkeit erforderlich sei. An dieser Auffassung hat das Grundbuchamt auch nach einer Bitte des Vollstreckungsgerichts um nochmalige Überprüfung festgehalten und der hilfsweise eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen. Das Landgericht hat zur Wahrung der Rechtseinheit die Beschwerde zurückgewiesen im Hinblick auf die einhellige Rechtsprechung, dass selbst die Eintragung veränderlicher gesetzlicher Zinsen nur unter Angabe eines Höchstzinssatzes zulässig sein soll, obwohl ihm ein in Maßen veränderlicher Haftungsumfang durchaus hinnehmbar erschien.

Das Vollstreckungsgericht hat weitere Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung eingelegt und zur Begründung auf den Beschluss des Landgerichts Kassel vom 13.02.2001 (Rpfleger 2001, 176) verwiesen. Darin wird ausgeführt, dass bei einem Ersuchen nach § 130 ZVG das Grundbuchamt die Sicherungshypotheken nach § 118 Abs.1 ZVG mit einem variablen Zinssatz auch ohne Angabe eines Höchstzinssatzes einzutragen habe. Da das Grundbuchamt nicht zu einer Begrenzung des Höchstzinssatzes in der Lage sei, andererseits Widersprüche zwischen der GBO und dem ZVG aber zu vermeiden seien, müsse das Grundbuchamt dem Ersuchen des Vollstreckungsgerichts entsprechen.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere formgerecht angebracht (§§ 78, 80 Abs.1 Satz 3 GBO). Da es sich bei dem Ersuchen des § 130 ZVG um das Ersuchen einer Behörde nach § 38 GBO handelt, ist das Vollstreckungsgericht auch im Fall einer Zwischenverfügung zur Einlegung der Erstbeschwerde und bei Bestätigung der Zwischenverfügung durch das Landgericht auch zur weiteren Beschwerde befugt (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 38 Rdnr. 79 und § 78 Rdnr. 2; Zeller/Stöber: ZVG, 16. Aufl., § 130 Anm. 5.2).

Die weitere Beschwerde ist auch begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht ( §§ 78 GBO, 550 ZPO a.F., § 26 Nr. 10 EGZPO). Die vom Landgericht bestätigte Zwischenverfügung ist nicht berechtigt, da die fehlende Angabe des Höchstzinssatzes der beantragten Eintragung der Sicherungshypotheken nach § 128 ZVG nicht entgegensteht. Zwar ist das Grundbuchamt zu Recht davon ausgegangen, dass es das Ersuchen vom 06.07.2001 nur einheitlich erledigen durfte, also bei Annahme eines Eintragungshindernisses für die Sicherungshypotheken gegen den Ersteher den Vollzug im ganzen ablehnen musste (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 38 Rdnr. 58; Zeller/Stöber, aaO., § 130 Anm. 2.15 f). Ferner hat das Grundbuchamt zutreffend angenommen, dass die inhaltliche Zulässigkeit der beantragten Eintragung von ihm zu überprüfen ist (Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 219; Zeller/Stöber, aaO., § 130, Anm. 2.15 b), obwohl es sich bei dem Ersuchen nach § 130 ZVG um ein behördliches Ersuchen im Sinn des § 38 GBO handelt, bei dem das Grundbuchamt kein sachliches, sondern nur ein formelles Prüfungsrecht dahingehend hat, ob die ersuchende Behörde zur Stellung eines Ersuchens der in Rede stehenden Art abstrakt befugt ist, ob es bezüglich seiner Form und seines Inhalts den gesetzlichen Vorschriften entspricht und ob die durch das Ersuchen nicht ersetzten Eintragungserfordernisse gegeben sind (Demharter, aaO., § 38 Rdnr. 73, 70). Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) handelte es sich bei der Angabe eines Höchstzinssatzes für die einzutragenden Sicherungshypotheken auch um kein vom Vollstrekkungsgericht nicht behebbares Eintragungshindernis. Im Rahmen der Forderungsübertragung nach § 118 Abs. 1 und der Eintragung einer Sicherungshypothek nach § 128 Abs. 1 ZVG ist das Vollstreckungsgericht zwar nicht Vertreter des Gläubigers, das Ersuchen nach § 130 ZVG ersetzt aber sowohl den Eintragungsantrag als auch die Eintragungsbewilligung (Demharter, aaO., § 38 Rdnr. 61,62). Das Vollstrekkungsgericht wäre auch nicht deshalb an der Angabe eines Höchstzinssatzes gehindert, weil es damit in Rechte des Gläubigers eingreifen würde, denn das Grundstück haftet nach § 1118 BGB schon kraft Gesetzes für die gesetzlichen Zinsen, also auch die Verzugszinsen bis zur Höhe des gesetzlichen Zinssatzes, ohne Eintragung im Grundbuch (Palandt/Bassenge: BGB, 61. Aufl., § 1118 Rdnr. 2; Soergel/Konzen BGB, 12. Aufl., § 1118, Rdnr. 1, 2; Staudinger/Wolfsteiner: BGB, 13. Aufl., § 1118 Rdnr. 1-3). Es spielt für diese gesetzliche Haftung keine Rolle, ob die Verzinsung der nach § 118 Abs. 1 ZVG auf den Berechtigten übertragenen Forderung des bisherigen Grundstückseigentümers gegen den Ersteher auf Zahlung des Versteigerungserlöses seine Grundlage hat in § 49 Abs. 2 ZVG, der die Verzinsung des Bargebots ab dem Zuschlag regelt, oder ob es sich um gesetzliche Verzugszinsen gemäß §§ 284 Abs. 2 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. handelt, wie das Landgericht Darmstadt in seinem Beschluss vom 18.04. 2001 -5 T 82/01- auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) entschieden hat. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob diese Entscheidung zutrifft oder nicht vielmehr übersehen worden ist, dass nach § 284 Abs. 3 Satz 1 BGB a.F. bei Geldforderungen die kalendermäßige Fälligkeit für den Verzug des Erstehers nicht mehr ausreichte (vgl. Streuer, Rpfleger 2001, 401). Gegenstand der Überprüfung im vorliegenden Grundbuchverfahren ist nicht die im Zwangsversteigerungsverfahren ergangene Entscheidung des Landgerichts, die zu dem Ersuchen auf Eintragung des veränderlichen Zinssatzes geführt hat, sondern lediglich das Eintragungshindernis, auf das die Zwischenverfügung vom 09.10.2001 gestützt ist, also die fehlende Angabe eines Höchstzinssatzes, dagegen nicht die Höhe des zur Eintragung beantragten Zinssatzes selbst. Ebenfalls nicht zur Prüfung angefallen ist, dass gesetzliche Zinsen, für die das Grundstück schon nach § 1118 BGB haftet, überhaupt nicht eintragungsfähig sind, weil ihre Eintragung materiellrechtlich nicht notwendig und damit verfahrensrechtlich nicht zulässig ist, weil das Grundbuch von überflüssigen Eintragungen freizuhalten ist (KGJ 35 A 325 für die Kosten der Eintragung einer Zwangshypothek; Palandt, aaO., § 1118, Rdnr. 1; Soergel/Konzen: BGB, 12. Aufl., § 1118, Rdnr. 1; Eickmann in MüKomm., BGB, 3. Aufl., § 1118, Rdnr. 23, Staudinger/Wolfsteiner: BGB, 13. Aufl., § 1118, Rdnr. 1; Meikel/Ebeling: Grundbuchrecht, 8. Aufl., Bd. 4, Seite 367, Rdnr. 137).

Die laut der vom Landgericht bestätigten Zwischenverfügung allein die Eintragung hindernde, im Ersuchen des Vollstreckungsgerichts fehlende Angabe eines Höchstzinssatzes ist dagegen hier für die Eintragung der Sicherungshypothek mit variablem Zinssatz nach § 128 ZVG entbehrlich. Zwar ist für die Verkehrshypothek nach vorherrschender Auffassung anerkannt, dass die Eintragung eines variablen Zinssatzes nur zulässig ist, wenn ein Höchstzinssatz angegeben wird (BGH NJW 1961, 1257= BGHZ 35, 22 und BGHZ 111, 325, 327; BayObLG NJW 1975, 1365; Palandt, aaO., § 1115, Rdnr. 12, 10; Schöner/Stöber, aaO., Rdnr. 1960; Baur/Stürner: Sachenrecht, § 37 III Seite 381). Dies wird aus dem Bestimmtheitsgrundsatz abgeleitet, wonach der Umfang, in welchem das Grundstück für das eingetragene Recht in Anspruch genommen werden kann, für jeden Dritten, insbesondere die nachrangigen Berechtigten, aus dem Grundbuch selbst erkennbar hervorgehen muss (Meikel/Böttcher, aaO., Bd. 4 Seite 279, 280 auch zur Definition "materieller/formeller Bestimmtheitsgrundsatz"). Dabei soll es keinen Unterschied machen, ob der veränderliche Zinsrahmen vertraglich vereinbart oder ob er gesetzlich festgelegt ist (KG Rpfleger 1971, 316). Die maßgebliche Unterscheidung ist aber, ob es um die Eintragung von vertraglichen Nebenleistungen im Sinn von § 1115 BGB geht, zu denen auch die Zinsen gehören, oder wie vorliegend um gesetzliche Zinsen als Nebenforderungen im Sinn von § 1118 BGB. Auch wenn in beiden Fällen der Zinsrahmen variabel sein kann, so setzt doch im Fall des § 1115 BGB die Haftung des Grundstücks für die vertraglichen Zinsen die ordnungsgemäße, d.h. dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechende Eintragung voraus, während für die gesetzlichen Zinsen nach § 1118 BGB das Grundstück kraft Gesetzes, d.h. ohne Grundbucheintragung haftet, wie eingangs bereits ausgeführt. Dies bedeutet, dass der durch den Bestimmtheitsgrundsatz verfolgte Zweck, nämlich den genauen Umfang der Belastung aus dem Grundbuch selbst ersichtlich zu machen, im Fall der Nebenforderungen nach § 1118 BGB überhaupt nicht erreicht werden kann. Es ist daher anerkannt, dass hinsichtlich der in § 1118 BGB aufgeführten Zinsen eine Ausnahme vom Eintragungs- und Bestimmtheitsgrundsatz gilt, um die verfahrensrechtlichen Erklärungen (Eintragungsbewilligung bzw. hier das Eintragungsersuchen) zu entlasten und einer Überfrachtung des Grundbuchs vorzubeugen. Dies erscheint deshalb erträglich, weil alle Beteiligten, insbesondere die nachrangigen Berechtigten, mit dieser gesetzlich begründeten Erweiterung der Haftung rechnen müssen (vgl. Eickmann in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 1118, Rdnr. 1; Soergel/Konzen, aaO., § 1118 Rdnr.1; Staudinger, aaO., Rdnr. 1). Dass der Gesetzgeber für gesetzliche Verzugszinsen in § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB einen variablen Zinssatz eingeführt hat, kann nicht zu einer Rückausnahme führen. Wie die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen die Verzinsung der übertragenen Forderung gezeigt hat, sind die beteiligten Verkehrskreise sich dieser Veränderung des Umfangs der gesetzlichen Haftung nach § 1118 BGB durchaus bewusst.

Da schon aus diesen Gründen die Vorentscheidung und die Zwischenverfügung keinen Bestand haben können, kann dahingestellt bleiben, ob auch der besondere Charakter der Sicherungshypothek nach § 128 ZVG, auf den das Landgericht Kassel in seinem von dem Beteiligten zu 1) herangezogenen Beschluss vom 13.03.2001 (Rpfleger 2001, 176) im wesentlichen abgestellt hat, die Ausnahme vom Bestimmtheitsgrundsatz rechtfertigt.

Einer Anhörung der Beteiligten zu 2) bedurfte es nicht, da diese durch die Entscheidung des Senats nicht beschwert ist. Der zwischenzeitlich von der Gläubigerin mit Schreiben vom 05.02.2002 gegenüber dem Vollstreckungsgericht erklärte Verzicht auf die Eintragung der Sicherungshypotheken wird von dem Vollstreckungsgericht dahin zu überprüfen sein, ob er Veranlasssung zu einer Änderung des Ersuchens vom 06.07.2001 bietet. Im vorliegenden Grundbuchverfahren, das lediglich die formelle Abwicklung des Zwangsversteigerungsverfahrens im Verhältnis der Behörden Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt betrifft, können Eintragungen und Löschungen nur auf Grund des Ersuchens nach § 130 ZVG erfolgen, nicht jedoch auf Antrag und Bewilligung der Beteiligten (Zeller, aaO., § 130 Anm. 2.2 und 2.7).

Ende der Entscheidung

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