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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.02.2004
Aktenzeichen: 20 W 48/04
Rechtsgebiete: AuslG, FEVG, FGG


Vorschriften:

AuslG § 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
FEVG § 5
FEVG § 7
FGG § 12
Das Beschwerdegericht hat den betroffenen Ausländer im Abschiebungshaftverfahren grundsätzlich mündlich anzuhören. Dem vom Amtsgericht ohne anwaltlichen Beistand angehörten Betroffenen muss in der Beschwerdeinstanz Gelegenheit gegeben werden, in Anwesenheit seines Verfahrensbevollmächtigten Angaben zur Sache zu machen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 48/04

Entscheidung vom 10.02.2004

In dem Freiheitsentziehungsverfahren

betreffend die Inhaftierung des ... zur Sicherung seiner Abschiebung,

an dem beteiligt sind:

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Hanau - 3. Zivilkammer - vom 3. Februar 2004 am 10. Februar 2004 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen, die sich seit dem 14. Januar 2004 in Abschiebungshaft befindet, ist zulässig und hat in der Sache in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die landgerichtliche Entscheidung kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht den Betroffenen nicht mündlich angehört hat (zur Bedeutung der persönlichen mündlichen Anhörung im Abschiebungshaftverfahren vgl. BVerfG NVwZ-Beil. 1996, 49 = AuAS 1996, 85 = InfAuslR 1996, 198 = ZAR 1996, 141).

Das Landgericht darf grundsätzlich nicht von der mündlichen Anhörung des betroffenen Ausländers absehen. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der §§ 5 und 7 FEVG (vgl. OLG Brandenburg NVwZ-Beil. 2000, 22). In der obergerichtlichen Rechtsprechung besteht deshalb heute Übereinstimmung dahin, dass die mündliche Anhörung des Betroffenen in der Beschwerdeinstanz nur ausnahmsweise unterbleiben darf, etwa, wenn mit Sicherheit auszuschließen ist, dass die erneute Anhörung neue Erkenntnisse bringt; die Nichtanhörung ist durch das Landgericht näher zu begründen (vgl. zur mündlichen Anhörung in der Beschwerdeinstanz BayObLG NVwZ 1992, 814; NVwZ 1993, 103; NVwZ-Beil. 1995, 39; OLG Dresden = InfAuslR 1995, 162; OLG Celle OLG Celle InfAuslR 2001, 346; Nds.Rpfl. 1995, 214 und in der Sache 17 W 15/01 dokumentiert bei Juris; OLG Düsseldorf NVwZ-Beil. 1996, 31 = InfAuslR 1996, 146; FGPrax 1998, 200; OLG Hamm FGPrax 1997, 77 = NVwZ-Beil. 1997, 39 LS; Kammergericht FGPrax 1998, 242; Senat 20 W 203/91 = OLGZ 1992, 171 = NVwZ 1992, 302 = InfAuslR 1992, 13; 20 W 538/95 = NVwZ-Beil. 1996, 40; OLG Oldenburg Nds.Rpfl. 2002, 264).

Ein Ausnahmefall, der es rechtfertigen könnte, von der nochmaligen persönlichen mündlichen richterlichen Anhörung abzusehen, liegt hier nicht vor. Dem Betroffenen muss Gelegenheit gegeben werden, in Anwesenheit seiner Verfahrensbevollmächtigten Angaben zur Sache zu machen.

Soweit das Landgericht darauf verweist, dass die sofortige Beschwerde des Betroffenen mit keinem Wort begründet wurde, ist dies kein Grund, von der mündlichen Anhörung abzusehen. Die mündliche Anhörung dient nicht nur der Gewährung rechtlichen Gehörs, sondern ist wesentlicher Bestandteil der amtswegigen Ermittlungspflicht des Landgerichts, die ungeachtet einer Rechtsmittelbegründung besteht. Hier fällt im übrigen auf, dass das Landgericht dem Betroffenen und seiner Verfahrensbevollmächtigten keine Möglichkeit zur Begründung eingeräumt, sondern bereits an dem Tage entschieden hat, an dem bei ihm die Akte einging.

Der Senat weist im übrigen darauf hin, dass das Erstbeschwerdeverfahren nicht nur zur Überprüfung des Haftgrundes, sondern auch zur Überprüfung der Haftdauer dient. Das Ausländergesetz kennt keine Regelhaftzeiten, sondern nur Höchstfristen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Haftdauer erfordert stets auch die Prüfung, ob die Ausländerbehörde die Abschiebung mit der gebotenen Beschleunigung betreibt.

Einer vorherigen Anhörung des Antragstellers durch den Senat bedurfte es in Anbetracht der Eilbedürftigkeit der Sache, aber insbesondere auch deshalb nicht, weil eine vorherige Anhörung zu keiner anderen Entscheidung geführt hätte und der Antragsteller im weiteren Verfahren Gelegenheit zur Äußerung haben wird.

Ende der Entscheidung

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