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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 03.04.2006
Aktenzeichen: 20 W 563/05
Rechtsgebiete: FGG, GBO


Vorschriften:

FGG § 19
GBO § 13
GBO § 71
GBO § 78
1. Auch im Grundbuchverfahren sind Rechtsmittel, bei denen nicht ausdrücklich angeben ist, in wessen Namen sie eingelegt werden, als von dem Antragsberechtigten eingelegt anzusehen. Die Formulierung "lege ich Beschwerde ein" in der Beschwerdeschrift eines Rechtsanwalts oder Notars steht dem nicht entgegen.

2. Im Grundbuchverfahren ist grundsätzlich - wie auch sonst in der freiwilligen Gerichtsbarkeit - die Fortsetzung eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens zum Zweck der Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht vorgesehen. Bei lediglich vermögensrechtlichen Beeinträchtigungen liegt auch kein tief greifender Grundrechtseingriff vor, der eine ausnahmsweise nachträgliche gerichtliche Überprüfung gebieten würde.


Gründe:

Unter dem 13.09.2005 hatte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller eine vom ihm zu UR-Nr. .../2005 beurkundete Grundschuldbestellung zur Eintragung vorgelegt. In der Bestellungsurkunde, an der die Beteiligten zu 1) bis 4) mitgewirkt hatten, wurde u. a. die Löschung der in Abt. III/1-3 eingetragenen Rechte beantragt. Nachdem das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 16.09.2005 die Vorlage der Löschungsbewilligungen hinsichtlich der zu löschenden Rechte verlangt hatte (Bl. 52 d. A.) wurde unter dem 07.10.2005 die rangbereite Eintragung der neuen Grundschuld und nur noch die Löschung der Rechte Abt. III/ 2 und 3 beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 17.10. 2005 (Bl. 58 d. A.) hat das Grundbuchamt die Eintragung von der Rücknahme des Löschungsantrags (bzgl. des Rechts Abt. III/1) durch die Beteiligten zu 1) und 2), also die Grundstückseigentümer, abhängig gemacht.

Dem ist der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, da er am 13.09.2005 von seinem Antragsrecht nach § 15 GBO Gebrauch gemacht und nur die Eintragung der Grundschuld, nicht aber die Löschungen beantragt habe, bedürfe es auch keiner Rücknahme des Löschungsantrags durch die Grundstückseigentümer.

Mit Beschluss vom 25.10.2005 (Bl. 61, 62 d. A.) hat der Grundbuchrechtspfleger den Antrag vom 13.09.2005 auf Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 66.000,00 € sowie Löschung der in Abt. III lfde. Nr. 2 - 3 eingetragenen Rechte zurückgewiesen, da die Zwischenverfügung vom 17.10.2005 nicht erfüllt worden war. Mit der Formulierung "...lege ich gegen den dortigen Beschluß vom 25.10.2005 Beschwerde ein" ging am 02.11.2005 ein von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller unterzeichnetes Schreiben vom 01.11.2005 beim Grundbuchamt ein, mit dem gleichzeitig die Eigentümer ihren Löschungsantrag hinsichtlich des Rechts III/1 in beglaubigter Form zurücknahmen. Das Grundbuchamt nahm am 03.11.2005 die Eintragung der Grundschuld über 66.000,00 € und die Löschung der Rechte Abt. III/ 2 und 3 vor und legte die Beschwerde dem Landgericht zur Entscheidung vor.

Das Landgericht hat die Beschwerde als von dem Verfahrensbevollmächtigten im eigenen Namen eingelegt angesehen und mit Beschluss vom 16.11.2005 (Bl. 70-72 d. A.) als unzulässig verworfen. Abgesehen davon, dass die Beschwerde mangels Beschwerdebefugnis des Verfahrensbevollmächtigten unzulässig sei, gebe es jedenfalls nach dem Vollzug der beantragten Eintragung kein Rechtsschutzbedürfnis. Für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags fehle es an einem tiefgreifenden Eingriff in die Grundrechte des Verfahrensbevollmächtigten und ein in besonderer Weise schützenswertes Interesse an einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung. Den Beschwerdewert hat die Kammer nach der Summe der neu einzutragenden, bestehen bleibenden und zu löschenden Rechten auf 115.595,32 € festgesetzt.

Dagegen ist namens der Antragsteller weitere Beschwerde eingelegt worden, mit der gerügt wird, dass vor der Verwerfung kein rechtliches Gehör gewährt wurde. Außerdem machen die Antragsteller geltend, die Voraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde lägen vor. Ohne unverzügliche Eintragung der Grundschuld an der vereinbarten Rangstelle wäre das Darlehen nicht ausgezahlt worden. Bei einer mit der Durchführung eines Beschwerdeverfahrens verbundenen Verzögerung habe die Befürchtung des Vertragsrücktritts seitens der Verkäuferpartei bestanden. Dies hätte zu einem massiven Eingriff in das Eigentumsrecht der Beteiligten zu 3) und 4) geführt, denen ein Schaden von schätzungsweise 80.000,00 € entstanden wäre.

Außerdem beanstanden die Antragsteller den vom Landgericht festgesetzten Beschwerdewert; dieser müsse sich allein nach der vorrangig eingetragenen Grundschuld von 40.000,00 DM richten.

Die weitere Beschwerde der Antragsteller ist formgerecht (§ 80 Abs. 1 Satz 3 GBO) eingelegt und auch sonst zulässig, insbesondere sind die Antragsteller durch den angefochtene Beschluss beschwert, da bei rechtsfehlerfreier Auslegung bereits die Erstbeschwerde als in ihren Namen und nicht namens ihres Verfahrenbevollmächtigten eingelegt anzusehen war.

Die Beteiligten zu 1) und 2) waren als Eigentümer nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO antragsberechtigt und der Notar nach § 15 GBO zur Beschwerdeeinlegung in ihrem Namen berechtigt (Demharter: GBO, 25. Aufl., § 15, Rdnr. 20). Im amtsgerichtlichen Beschluss vom 25.10.2005 ist außer den Anträgen der Beteiligten zu 3) bis 5) der Antrag der Antragsteller und nicht derjenige ihres Verfahrensbevollmächtigten zurückgewiesen worden, denn letzterer hatte in eigenem Namen keinen Antrag gestellt. Dementsprechend war auch die Beschwerde im Schriftsatz vom 01.11.2005 als im Namen der Antragsteller eingelegt anzusehen, weil dann, wenn der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich bezeichnet wird, davon ausgegangen werden kann, dass das Rechtmittel für den eingelegt wird, der dazu auch berechtigt ist. Dies gebietet schon der im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit allgemein geltende Grundsatz, dass Erklärungen so auszulegen sind, dass das damit bezweckte Ziel nach Möglichkeit erreicht wird. Werden in einer Beschwerdeschrift vom Bevollmächtigten die Worte "lege ich Beschwerde ein" gebraucht - wie vorliegend - , so lässt dies nicht unbedingt auf die Ausübung eines eigenen Beschwerderechts schließen, vielmehr handelt es sich in der Regel um ein mit Wirkung für den Vertretenen eingelegtes Rechtsmittel (Senat Rpfleger 1978, 411; Pfälz. OLG Zweibrücken FGPrax 2000, 208; Demharter, aaO., § 15, Rdnr. 20; Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 21, Rdnr. 36 und § 129, Rdnr. 6).

Die Erstbeschwerde der Antragsteller war aber unzulässig, da ihr nach Erledigung der Hauptsache durch die Vornahme der beantragten Eintragung das Rechtschutzbedürfnis fehlte.

Die Fortsetzung eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens zum Zweck der Feststellung der Rechtswidrigkeit ist im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu dem auch das Grundbuchverfahren zählt, nicht vorgesehen (BayObLG ZMR 2004, 600; Senat OLGR 2005, 28, 29; OLG Zweibrücken MDR 2006, 290; Budde in Bauer/von Oefele: GBO, § 77, Rdnr. 5; Demharter, aaO., § 1, Rdnr. 56; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 19, Rdnr. 86 und Nachweise in Fußnote 368).

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist hiervon nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. z. B. NJW 2002, 2456) nur im Fall von tiefgreifenden Grundrechtseingriffen eine Ausnahme zu machen, wenn in besonderer Weise schützenswertes Interesse an einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung besteht. Die insoweit vom BVerfG anerkannten typischen Ausnahmefälle betreffen Durchsuchungsanordnung und Freiheitsentziehungen mit unterschiedlicher Rechtsgrundlagen. Damit sind die vermögensrechtlichen Nachteile der Beteiligten zu 3) und 4), auf die in der Begründung der weiteren Beschwerde abgestellt wird, nicht annähernd zu vergleichen. Davon abgesehen ist nicht deren Rechtsposition maßgeblich, denn nicht sie, sondern die Beteiligten zu 1) und 2) waren als Beschwerdeführer im Erstbeschwerdeverfahren anzusehen, weil nur sie als Eigentümer den von ihnen in der Grundschuldbestellungsurkunde gestellten Antrag auf Löschung des Rechts III/1, der die zur Löschung erforderliche Zustimmung nach § 27 Satz 1 GBO enthielt, auch wieder zurücknehmen konnten. Zu einem tiefgreifenden Eingriff in Grundrechte der Eigentümer dadurch, dass sie einen zunächst gestellten Antrag auf Löschung eines Grundpfandrechts wieder zurücknehmen sollten, weil dieses entgegen der ursprünglichen Vereinbarung mit der Gläubigerin bestehen blieb, ist aber in der weiteren Beschwerde nichts vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Auf die Rechtsposition des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller kommt es nicht an.

Demnach war die weitere Beschwerde mit der aus dem Tenor ersichtlichen Klarstellung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO.

Einer Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten bedurfte es nicht, da die Beteiligten zu 3) bis 5) keine entgegengesetzten Verfahrensziele verfolgten und zur weiteren Beschwerde nicht angehört worden sind.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO, wobei berücksichtigt worden ist, dass im Streit nur das bestehen bleibende Recht war.

Die Änderungsbefugnis des Senats für die landgerichtliche Festsetzung enthält der § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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