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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 16.05.2006
Aktenzeichen: 20 W 87/06
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 43
WEG § 45
ZPO § 767
ZPO § 794
ZPO § 795
1. Für im Wohnungseigentumsverfahren abzuhandelnde Einwendungen, die im Streitverfahren nach der ZPO im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen wären, sind grundsätzlich die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes bzw. des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit einschlägig; dies gilt auch für einen Vollstreckungsabwehrantrag gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss.

2. Dem Vollstreckungsabwehrantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, sobald die Zwangsvollstreckung als Ganzes beendet ist, insbesondere wenn die vollstreckbare Ausfertigung ausgehändigt wurde und der Gläubiger aus dem Titel befriedigt ist.

3. § 767 Abs. 2 ZPO gilt für Vollstreckungsabwehranträge im Hinblick auf Kostenfestsetzungsbeschlüsse grundsätzlich nicht.


Gründe:

Die Antragstellerin war bis zum 24.04.1996 Miteigentümerin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hat zu diesem Zeitpunkt ihr Miteigentum an ihren Sohn übertragen, ohne dies der Verwaltung anzuzeigen.

Im Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 43 UR II 36/02, ist sie auf Zahlung einer Sonderumlage in Anspruch genommen worden; im Wege der Widerklage hat sie zahlreiche Anträge gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gestellt. Durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.03.2004 (Bl. 399 ff der Akte Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 43 UR II 36/02) sind ihr 5/6 der gerichtlichen sowie der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens auferlegt worden. Die gegen diese Entscheidung an den Senat gerichteten weiteren Beschwerden (Az. 20 W 121/04) sind jeweils zurückgenommen worden.

Auf der Grundlage des Kammerbeschlusses vom 10.03.2004 ist am 22.12.2004 ein Kostenfestsetzungsbeschluss ergangen (Bl. 482 ff der Akte Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 43 UR II 36/02), auf dessen Inhalt verwiesen wird. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 03.02.2005 (Bl. 500 ff der Akte Amtsgericht Frankfurt am Main, Az. 43 UR II 36/02) zurückgewiesen worden.

Am 26.03.2005 hat die Antragstellerin Vollstreckungsabwehrklage gegen den bezeichneten Kostenfestsetzungsbeschluss mit der Begründung erhoben, da sie keine Eigentümerin sei, habe keine Entscheidung gegen sie ergehen dürfen.

Durch Beschluss vom 19.10.2005 (Bl. 158 ff d. A.) hat das Amtsgericht den Vollstreckungsabwehrantrag zurückgewiesen und der Antragstellerin die gerichtlichen Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich bei der mangelnden Eigentümerstellung um keinen Einwand, der gemäß § 767 Abs. 2 ZPO erst nach der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sei. Die Eigentumsumschreibung sei der Antragstellerin im Gegensatz zu den Antragsgegnern bereits seit 1996 bekannt gewesen. Diese habe durch einfache Mitteilung dieses Umstandes das damalige Verfahren beenden können, statt dessen aber zahlreiche Gegenanträge gestellt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner haben Anschlussbeschwerde erhoben, mit der sie eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens begehrt haben.

Aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses haben die Antragsgegner am 31.05.2005 vollständige Befriedigung ihrer Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erlangt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 30.01.2006 haben die Antragsgegner der Antragstellerin die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses ausgehändigt.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 199 ff d. A.), auf den ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegner den angefochtenen Beschluss dahin abgeändert, dass die Antragstellerin neben den Gerichtskosten auch die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Vollstreckungsgegenklage unzulässig geworden sei, nachdem am 31.05.2005 eine vollständige Befriedigung der Antragsgegner eingetreten sei. Spätestens mit Rückgabe des vollstreckbaren Titels sei die Zwangsvollstreckung beendet. Im Übrigen sei auch die Entscheidung des Amtsgerichts in der Sache selbst nicht zu beanstanden. Der Einwand der fehlenden Eigentümerstellung sei nicht erst nach Schluss der Verhandlung im Ursprungsverfahren entstanden. Das Verfahren sei rechtskräftig beendet, der Kostenfestsetzungsbeschluss aufgrund dieser rechtskräftigen Kostenentscheidung zutreffend ergangen.

Gegen diesen am 17.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 03.03.2006 eingegangenem Schriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 09.05.2006 (Bl. 235 ff d. A.) begründet hat.

Sie beantragt,

unter Aufhebung der im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage verkündeten, zurückweisenden Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Homburg vom 19.10.2005 (Aktenzeichen 2 II 16/05) bzw. des Landgerichts Frankfurt vom 16.02.2006 (Aktenzeichen 2/13 T 277/05), die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Bad Homburg vom 22.12.2004, Aktenzeichen 40 II 36/02 WEG zurückzuweisen, sowie den Beschwerdegegnern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 04.08.2005 im vorliegenden Verfahren (Az. 20 W 344/05, vgl. Bl. 107 ff d. A.) festgestellt, dass für im Wohnungseigentumsverfahren abzuhandelnde Einwendungen, die im Streitverfahren nach der ZPO im Wege der Vollstreckungsabwehrklage (hier: §§ 767, 794 Abs. 1 Nr. 2, 795 ZPO) geltend zu machen wären, grundsätzlich die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes bzw. des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit einschlägig sind. Dies gilt auch für einen Vollstreckungsabwehrantrag gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im bezeichneten Beschluss wird Bezug genommen.

Die sofortige weitere Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die hin sie durch den Senat als Rechtsbeschwerdegericht ausschließlich zu überprüfen ist, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht den Vollstreckungsabwehrantrag der Antragstellerin bereits als unzulässig angesehen, nachdem die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss beendet ist. Nach einhelliger Rechtsprechung entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Vollstreckungsabwehrantrag, sobald die Zwangsvollstreckung als Ganzes beendet ist, insbesondere wenn die vollstreckbare Ausfertigung ausgehändigt wurde und der Gläubiger aus dem Titel befriedigt ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 767 Rz. 8; zum Wohnungseigentumsverfahren: BayObLG WuM 1992, 397; Staudinger/Wenzel, BGB, Stand Juli 2005, § 45 Rz. 89; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 45 Rz. 84; Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 17).

So liegt der Fall hier. Nach den nicht konkret beanstandeten Feststellungen des Landgerichts haben die Antragsgegner am 31.05.2005 aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vollständige Befriedigung erlangt und die vollstreckbare Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses sodann an die Antragstellerin zurückgegeben. Die Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung nach § 767 Abs. 1 ZPO kann die Antragstellerin nicht mehr verlangen; es ist nicht ersichtlich, wie eine Zwangsvollstreckung noch möglich sein sollte. Prozessual zulässig wäre allenfalls noch die Geltendmachung von Bereicherungsansprüchen durch die Antragstellerin (vgl. dazu BGH NJW 1982, 1147; NJW 2005, 2926), die aber nicht Gegenstand der vorliegenden Sachanträge sind. An der nicht mehr möglichen Zwangsvollstreckung ändert sich nichts dadurch, dass die weitere Beschwerde in diesem Zusammenhang darauf verweist, die Antragstellerin habe Zahlung an die Gegenseite lediglich unter Vorbehalt der Rückzahlung geleistet. Überdies hat die Antragstellerin jedenfalls ausweislich des durch die weitere Beschwerde in Bezug genommenen Schriftsatzes vom 31.05.2005 die Drittschuldnerin im Rahmen der Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die Frankfurter Sparkasse, lediglich darauf hingewiesen, "den Betrag mit dem Vorbehalt der kompletten Rückforderung auszuzahlen".

Abgesehen davon hat die Antragstellerin auch keine durchgreifenden Einwendungen im Sinne der §§ 767 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegen den durch den Kostenfestsetzungsbeschluss festgestellten Kostenerstattungsanspruch erhoben. § 767 Abs. 2 ZPO ist in diesem Zusammenhang vorliegend allerdings nicht anwendbar, weil dieser für Vollstreckungsabwehranträge im Hinblick auf Kostenfestsetzungsbeschlüsse grundsätzlich nicht gilt (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 767 Rz. 20; § 104 Rz. 21, Stichwort "Vollstreckungsgegenklage"; zum Wohnungseigentumsverfahren: Staudinger/Wenzel, a.a.O., § 45 Rz. 87; BayObLG ZMR 2000, 44; ZMR 2004, 926). Im Kostenfestsetzungsverfahren sind nämlich materiell-rechtliche Einwendungen des Schuldners grundsätzlich nicht zu prüfen.

Die Antragstellerin erhebt vorliegend jedoch lediglich Einwendungen gegen die Richtigkeit der dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugrunde liegenden Kostenentscheidung des Landgerichts. Diese sind jedoch bereits im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen, da die Kostengrundentscheidung im Festsetzungsverfahren unkorrigierbar bindend ist (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 104 Rz. 21, Stichwort "Bindung"). Sie kann damit jedoch auch nicht im Wege des Vollstreckungsabwehrantrags gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss durchdringen. Die Richtigkeit der im Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz (vgl. die §§ 43 ff WEG) ergangenen Kostengrundentscheidung hätte allenfalls in den dafür vorgesehenen Rechtsmittelverfahren überprüft werden können; das Verfahren zur Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels ist dafür nicht der richtige Weg. Die in diesem Verfahren zulässigen Einwendungen können nicht dazu führen, die Existenz der zu vollstreckenden Entscheidung selbst in Zweifel zu ziehen (vgl. etwa RGZ 35, 395; BGH NJW 1996, 57). Deswegen können auch Verfahrensmängel, die zur Errichtung des Vollstreckungstitels geführt haben, im Verfahren nach § 767 ZPO nicht eingewendet werden (vgl. die Nachweise bei Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rz. 24). Hier gilt nichts anderes. Lediglich ergänzend fügt der Senat an, dass solche Verfahrensmängel auch nicht ersichtlich wären; zur Überprüfung von Tatsachen, die von den Beteiligten übereinstimmend vorgetragen werden, ist das Gericht im echten Streitverfahren auch nach den §§ 43 Abs. 1 WEG, 12 FGG nicht generell verpflichtet (vgl. dazu Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 44 Rz. 7, m. w. N.).

Es ist aus Rechtsgründen weiter nicht zu beanstanden, dass das Landgericht auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt hat. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der Senat als Rechtsbeschwerdegericht die als Ermessensentscheidung ergangene Kostenentscheidung nur auf ihre Gesetzmäßigkeit (§ 27 FGG) überprüfen kann, nämlich darauf, ob von ungenügenden und verfahrenswidrigen Feststellungen ausgegangen wurde, ob wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden, ob gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen wurde, oder von dem Ermessen ein dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwider laufender oder die Grenzen des eingeräumten Ermessens überschreitender und damit rechtlich fehlerhafter Gebrauch gemacht wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 19.05.2005, 20 W 276/02; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 47 Rz. 23; vgl. auch Staudinger/Wenzel, a.a.O., § 47 WEG Rz. 34; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 47 Rz. 56, jeweils m. w. N.).

Nach diesem Prüfungsmaßstab lässt die Entscheidung keinen Rechtsfehler erkennen. Die vom Landgericht angeführte Erwägung, dass die Antragstellerin die Antragsgegner mit einem von vornherein aussichtslosen Vollstreckungsgegenantrag überzogen hat und diesen trotz entsprechenden Hinweises durch das Amtsgericht und das Landgericht aufrecht erhalten hat, rechtfertigt es, sie mit den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner zu belasten (vgl. dazu Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 47 Rz. 38). Diese Schlussfolgerung weist nach den obigen Kriterien keine Rechtsfehler auf.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Antragstellerin zu tragen, § 47 Satz 1 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragstellerin die Gerichtskosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen hat.

Aus der oben genannten Erwägung heraus ist es vorliegend angezeigt, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde aufzuerlegen, § 47 Satz 2 WEG.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 48 Abs. 3 WEG; der Senat hat sie an der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch das Landgericht orientiert.

Da das Rechtsmittel mithin insgesamt ohne Erfolg blieb, bedurfte es einer Übersendung der Rechtsmittelbegründung vom 09.05.2006 an die Antragsgegner vor Erlass dieser Entscheidung zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs nicht.

Ende der Entscheidung

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