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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 21 U 25/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
Zur Rücknahmepflicht des Automobilherstellers gegenüber dem Händler in Bezug auf Kfz-Ersatzteile.
Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Rücknahme von Kraftfahrzeug-Ersatzteilen. Zwischen der Klägerin als Händlerin und der Beklagten als Herstellerin bestand seit dem 1.1.97 ein Händlervertrag für Vertrieb und Service nebst Zusatzbestimmungen, der den Kauf und Verkauf von A Kraftfahrzeugen und A Teilen sowie den Betrieb einer Werkstatt durch die Klägerin vorsah. Nach der Kündigung dieses Vertrages durch die Beklagte zum 30.9.2003 schlossen die Parteien mit Geltung ab 1.10.03 einen A Service-Partner-Vertrag über den Service an Kraftfahrzeugen und den Vertrieb von A Originalteilen und Zubehör. Unter Berufung auf Art. 7.2 der Zusatzbestimmungen zum Händlervertrag (Bl. 6, 7 d.A.) verlangt die Klägerin von der Beklagten den Rückkauf noch in ihrem Lager befindlicher A-Originalersatzteile.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß auf Zustimmung zum Rückkaufvertrag verurteilt. Der dahingehende Klageantrag sei ausreichend bestimmt und die Verpflichtung der Beklagten zum Rückkauf aufgrund Art. 7.1 der Zusatzbestimmungen zum Händlervertrag gegeben, da der Händlervertrag durch die Kündigung beendet worden sei. Der Wortlaut der Vertragsbestimmung sei eindeutig. Eine missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung durch die Klägerin liege nicht vor, da die Beklagte in Verfolgung eigener Interessen die Rücknahmeverpflichtung durch Kündigung ausgelöst habe. Die Beklagte könne die Rücknahmeeignung mangels Erfüllung ihrer Mitwirkungspflichten bei der Rücknahme nicht mit Nichtwissen bestreiten, ebenso nicht, dass die Teile in den zum 30.9.2003 gültigen Preislisten als lieferbar aufgeführt seien und aus einer zugelassenen Bezugsquelle stammten.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte Abänderung des angefochtenen Urteils und Klageabweisung. Nach ihrer Meinung ist die Klage unzulässig; für einen Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung sei kein Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Im übrigen sei Art. 7.1 der Zusatzbestimmungen ("Bei Beendigung dieses Vertrages") nicht eindeutig, sondern auslegungsfähig und auslegungsbedürftig und müsse im Sinne von "Beendigung des Vertragsverhältnisses" verstanden werden. Wegen der Fortsetzung als A Service-Partnerschaft sei das Vertragsverhältnis aber nicht beendet worden. Infolge des Anschlussvertrages entfalle die Rücknahmeverpflichtung gemäß Art. 7.1 des Altvertrages, setze sich aber, obwohl nicht ausdrücklich geregelt, im neuen Vertragsverhältnis fort, sodass die Klägerin die fraglichen Ersatzteile bei Beendigung des jetzt gültigen Vertrages zurückgeben könne. Der A Service-Partner-Vertrag sei im Wesentlichen identisch mit dem Serviceteil des früheren Händlervertrages. Sie habe die Klägerin nicht zum Ausbau ihres Ersatzteillagers gedrängt, lediglich bei Neueinführung eines Modells sei die Erstausstattung mit Ersatzteilen vorgeschrieben gewesen, hierfür habe aber auf Grund der Ziffer 5.2 des Händlervertrages (Anlage BB 10) eine erleichterte Rückgabemöglichkeit bestanden.

Seit jeher, auch bei früheren Kündigungen von Händlerverträgen, sei man von einer Ersatzteile-Rücknahmepflicht nur bei Beendigung des Vertragsverhältnisses im Servicebereich ausgegangen. Der A Service-Partner-Vertrag habe keine Verschlechterungen für die Position der Klägerin mit sich gebracht. Die Entscheidung des Landgerichts berücksichtige nicht das Absatzrisiko der Beklagten. Die von der Klägerin vorgelegten Ersatzteillisten entsprächen nicht den Voraussetzungen des Art. 7.3 der Zusatzbestimmungen. Im übrigen könne sie die Rücknahmeeignung mit Nichtwissen bestreiten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 03.02.2005, zugestellt am 24.02.2005, Az.: 2/25 O 547/03, abzuändern und die Klage abzuweisen;

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und hält ihren Klageantrag für zulässig. Der Ersatzteil-Lagerbestand ändere sich laufend, weil sie weiterhin versuche, die Ersatzteile zu verkaufen. Deshalb könne sie keinen eindeutigen Zahlungsantrag (Zug um Zug gegen Rücknahme) stellen. Sie tritt dem von der Beklagten behaupteten Verständnis der Rücknahmeklausel entgegen. Wenn die beteiligten Verkehrskreise die im Vertrag gebrauchte Formulierung "Beendigung dieses Vertrages" eindeutig in dem von der Beklagten behaupteten Sinne verstanden hätten, hätte es für die Beklagte nahegelegen, als Verwenderin des vorformulierten Vertragswerks dies in eine entsprechend eindeutige Formulierung umzusetzen. Frühere Vertragswechsel seien mit der Situation zum 30.9./1.10.03 nicht zu vergleichen. Durch die Kündigung des Händlervertrages und den Neuabschluss des Service-Partner-Vertrages seien für sie erhebliche Verschlechterungen eingetreten. Dem Ersatzteilgeschäft sei der Boden entzogen worden. Es fehle der Mitzieheffekt für Original-A-Ersatzteile durch das Neuwagengeschäft. Denn jetzt sei sie im Neuwagengeschäft nur noch als Vermittler tätig. Der Umsatz mit A-Originalersatzteilen sei eingebrochen, und sie beschäftige nur noch einen Bruchteil der Anzahl früher beschäftigter Amonteure. Eine wesentliche Benachteiligung gegenüber neuen A-Service-Partnern bestehe darin, dass ein neuer Service-Partner mit einem Lagerbestand im Werte von ca. 10.000,00 € starte, während bei ihr mit Zustimmung und auf Ermunterung der Beklagten angeschaffte Ersatzteile im Werte von ca. 120.000,00 € gebunden im Lager lägen. Die Marktsituation habe sich erheblich geändert, weil Mitbewerber auf dem Markt seien, die auch Identteile verwenden können. Die Beklagte habe jede Mitwirkung bei der Rücknahme unterlassen und statt dessen den Anspruch von vornherein insgesamt abgelehnt. Deshalb könne sie jetzt die Voraussetzungen der Rücknahmepflicht und insbesondere die Rücknahmeeignung der Ersatzteile nicht mit Nichtwissen bestreiten.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils.

Der Klageantrag ist nicht unzulässig; er ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Klägerin hat überzeugende Gründe dafür vorgetragen, warum ihr Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung und nicht auf Zahlung Zug um Zug gegen Rücknahme gerichtet ist: Da sich der Ersatzteil-Lagerbestand durch den weiterhin stattfindenden Verkauf von Ersatzteilen fortlaufend ändert, hätte es einen unvertretbaren Aufwand bedeutet, den Klageantrag im Verlaufe des Verfahrens ständig dem aktuellen Lagerbestand anzupassen. Ihr ist ein berechtigtes Interesse zuzubilligen, den Klageantrag in der geschehenen Weise zu stellen. In der Klage liegt ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages (Rückkauf), und der Klageantrag ist auf Annahme dieses Angebots gerichtet. Mit dem stattgebenden Urteil käme gemäß § 894 ZPO der Kaufvertrag zu Stande. Die notwendigen Vertragsbestandteile sind gegeben, denn der Ersatzteilbestand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist infolge des im Urteil konkret beschriebenen Lagers feststellbar, damit die Kaufsache ausreichend bestimmt, und der Kaufpreis ist anhand der einschlägigen Vertragsbestimmungen [Art. 7.2 (d) der Zusatzbestimmungen, Blatt 48 d.A.] bestimmbar. Auf die Beseitigung etwaiger Unklarheiten konnte durch entsprechende richterliche Hinweise hingewirkt werden (§ 139 Absatz 1 ZPO). Da es sich beim Klageantrag nicht um einen Feststellungsantrag (§ 256 ZPO) handelt, spielen Fragen der Subsidiarität der Feststellungsklage bzw. des besonderen Feststellungsinteresses keine Rolle.

Ein Rücknahmeanspruch ist jedoch nicht gegeben.

Aus der E Mail des Leiters der Netzwerkplanung der Beklagten vom 10.4.02 (Blatt 839 d.A.) kann eine Zusage der Übernahme der Ersatzteile nicht abgeleitet werden. In dieser E-Mail ist die "Rücknahme von Vertragsware" lediglich als eines der im Rahmen einer einvernehmlichen Beendigung der Vertragsbeziehung zu regelnden Themen genannt, und es ist für den Fall einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung und der vorherigen Vorlage bestimmter Unterlagen durch die Klägerin der Vorschlag einer Aufhebungsvereinbarung durch die Beklagte angekündigt, bezüglich deren Inhalts das Schreiben keine Festlegungen enthält.

Allerdings spricht Art. 7.1 der Zusatzbestimmungen zum Händlervertrag für Vertrieb und Service (Bl. 6 und 456 d.A.) für einen vertraglichen Anspruch auf Rücknahme der fabrikneuen A Teile, die den in Art. 7.2 (d) der Zusatzbestimmungen aufgelisteten Bedingungen entsprechen. Die Vertragsklausel lautet:

"Bei Beendigung dieses Vertrages ist A auf Verlangen des Vertragshändlers verpflichtet, die rücknahmefähigen Gegenstände zu den im nachstehenden Artikel 7.2 bestimmten Preisen zu kaufen."

Die Klausel erscheint ihrem Wortlaut nach eindeutig. Ihr steht auch nicht Art. 23.6 des Neuvertrages entgegen, wo es heißt:

"Soweit dies in diesem Vertrag nicht ausdrücklich anders vorgesehen ist, werden durch diesen Vertrag alle früheren Vereinbarungen zwischen den Parteien ersetzt, die die in diesem Vertrag geregelten Bereiche betreffen. Dies gilt insbesondere für einen früheren A Händlervertrag für Vertrieb und Service, sofern ein solcher zwischen den Parteien bestanden hat."

Denn diese neue Vertragsklausel sollte ihrem erkennbaren Sinn nach nicht solche Verpflichtungen erfassen, die gerade mit der Beendigung und Abwicklung des alten Vertrages verknüpft sind.

Jedoch kann auch eine vom Wortlaut her eindeutig erscheinende Vertragsklausel nach §§ 133, 157 BGB der (ergänzenden) Auslegung bedürfen, wenn beispielsweise eine Situation auftritt, an die die Vertragsparteien nicht gedacht haben, die sie andernfalls aber geregelt hätten. Die Auslegung orientiert sich dann an dem wirklichen Willen sowie Treu und Glauben. Bei Abschluss des Vertrages vom 1.1.1997 war nicht abzusehen, dass es durch neue gesetzliche Regelungen spätestens ab 1.10.03 zu einer Trennung zwischen Neuwagenverkauf und Service im Vertriebsnetz desselben Autoherstellers kommen werde. Es ist davon auszugehen, dass die Parteien bei Kenntnis dieser Entwicklung den Fall, dass es aus Anlass dieser Gesetzesänderung zur Beendigung des Vertragsverhältnisses kommen, sogleich aber ein entsprechender Neuvertrag zwischen denselben Vertragsparteien geschlossen würde, der dem A-Partner die Weiterverwendung der Ersatzteile erlaubt, von der Rücknahmepflicht ausgenommen hätten. Denn die Regelung über die Rücknahme von fabrikneuen Ersatzteilen in Art. 7 der Zusatzbestimmungen hat den Sinn, den Vertragshändler von dem Risiko der Verkäuflichkeit der noch vorhandenen Ersatzteile zu entlasten, wenn das Vertragsverhältnis beendet ist, der Vertragshändler also sein Geschäft als Verkäufer von Ersatzteilen dieses Herstellers nicht mehr weiterführt und er somit mit dem verbliebenen Warenbestand nichts Sinnvolles anfangen kann, während es dem Hersteller durchaus möglich ist, die Teile, sofern sie noch im fabrikneuen, originalverpackten Zustand sind, an andere Händler zu liefern. Es besteht nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) kein Grund, auch im Falle der Fortführung desselben Geschäfts durch den Vertragshändler ihm dieses Absatzrisiko abzunehmen und es auf den Hersteller zu übertragen. Denn der Vertragshändler hat dann nach wie vor die Möglichkeit, seine Investitionen in das Ersatzteillager durch Verkauf an markenorientierte Endkunden zu amortisieren. Entsprechende Überlegungen waren auch ausschlaggebend dafür, dass der BGH in ständiger Rechtsprechung einen Anspruch des Vertragshändlers auf Rücknahme des Ersatzteillagers durch den Hersteller bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ohne ausdrückliche Vereinbarung bejaht hat (vgl. BGHZ 128, 67 = NJW 1995, 524 = MDR 1995, 576 und insbesondere BGHZ 54, 338, 343 ff = NJW 1971, 29 = WM 1970, 1451). Der ab 1.10.03 gültige Service-Partner-Vertrag kann als Fortsetzung des Vertragsverhältnisses über den Service aus dem ab 1.1.97 gültigen Händlervertrag angesehen werden. Die Gegenstände beider Verträge sind im Wesentlichen gleich. Der (isolierte) Service-Partner-Vertrag mag gegenüber dem Vertrieb und Service umfassenden Händlervertrag Verschlechterungen für den Vertragshändler mit sich gebracht haben. Für die Auslegung der fraglichen Vertragsbestimmung ist aber nur entscheidend, ob das Vertragsverhältnis hinsichtlich des Ersatzteilverkaufs beendet oder fortgesetzt wurde. Für die Annahme einer entsprechenden Ausnahme von der Rücknahmepflicht spricht auch Art. 20.4.5 des Neuvertrages, welcher lautet (Blatt 336 R d.A.):

"20.4.5 Tatsächliche Beendigung der Zusammenarbeit

Die Rücknahmepflicht von A nach Artikel 20.4 dieses VERTRAGES gilt nur, wenn und soweit mit der Beendigung dieses VERTRAGES auch ein tatsächliches Ende der Zusammenarbeit zwischen A und dem SERVICE PARTNER verbunden ist. Sie gilt insbesondere dann nicht, wenn und soweit der SERVICE PARTNER aufgrund eines sich anschließenden Folgevertrages in der Lage ist, RÜCKNAHMEFÄHIGE GEGENSTÄNDE weiter zu verwenden."

Die ergänzende Vertragsauslegung führt jedoch nach Treu und Glauben weiter dazu, dass vom Wegfall der Rücknahmeverpflichtung wiederum eine Ausnahme zu machen ist, wenn dies zu einer von der Zielsetzung des Vertragsverhältnisses nicht gedeckten Belastung des A Partners führt, was dann der Fall ist, wenn er auf Grund der veränderten Verhältnisse nicht mehr oder in nicht mehr zumutbarem Maße - insbesondere nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums - die Möglichkeit hat, das Ersatzteillager zu amortisieren. Eine Regelung, die die Rücknahmepflicht in jedem Fall des Abschlusses eines Anschluss-Service-Partner-Vertrages entfallen ließe, wäre mit Sinn und Zielsetzung des teilweise fortgesetzten Vertragsverhältnisses und der in den Verträgen erkennbar niedergelegten Risikoverteilung zwischen den Vertragspartnern nicht zu vereinbaren. Der Umstand, dass in den Neuvertrag keine Regelung über den Verbleib der aus der vorherigen Vertragsbeziehung stammenden Ersatzteile aufgenommen wurde, ist von der Beklagten als der Verwenderin dieses AGB-Vertrages und der wirtschaftlich wesentlich stärkeren Vertragspartnerin zu verantworten. Die Klägerin hatte unstreitig nur die Möglichkeit, den Vertrag in der vorgelegten Form anzunehmen oder ihn abzulehnen. Die Annahme, dass bei Abschluss eines neuen Servicevertrages selbstverständlich die Rücknahmepflicht entfalle, war nur eine einseitige Vorstellung der Beklagten, die im Neuvertrag keinen Niederschlag gefunden hat.

Eine Ausnahme ist somit zu machen und die Rücknahmepflicht dann zu bejahen, wenn der Effekt der Entscheidung der Beklagten, der Klägerin keinen neuen Händlervertrag anzubieten, derjenige war, dass bei der Klägerin erhebliche Absatzschwierigkeiten auftraten und auftreten, dass die Klägerin also ihren Ersatzteilbestand infolge des fehlenden Mitzieheffekts des Neuwagengeschäfts und der Konkurrenz durch freie Werkstätten mit Identteilen nur sehr viel schwerer abbauen konnte bzw. kann, als dies bei unveränderter Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Fall gewesen wäre. Auf ihr Unternehmerrisiko muss sich die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht verweisen lassen, zumal im Altvertrag dieses Risiko durch die Rücknahmepflicht gerade auf die Beklagte verlagert war, wo das Absatzrisiko auch besser aufgehoben ist, weil die Beklagte rückgabefähige Ersatzteile leichter vermarkten kann als die Klägerin.

Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin jedoch die Voraussetzungen, unter denen nach den dargestellten Maßstäben die bei ihr vorhandenen Ersatzteile durch die Beklagte zurückzunehmen sind, nicht ausreichend darzustellen vermocht. Unstreitig hatte der Rückgang des Ersatzteilgeschäftes nicht den vom Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behaupteten Umfang. Schriftsätzlich hat die Klägerin von 2001 auf 2005 einen Rückgang um 20,77 Prozent vorgetragen (Bl. 943 d.A.):

 ZeitraumGesamtOT %
01.10.2000-30.09.2001544.750,00 € 
01.10.2001-30.09.2002478.750,00 €12,12
01.10.2002-30.09.2003464.112,00 €14,80
01.10.2003-30.09.2004394.230,00 €27,63
01.10.2004-30.09.2005431,620,00 €20,77

Dabei handelt es sich um die Umsatzzahlen für "Teile und Zubehör". Wenn man dies vernachlässigt, ist jedenfalls festzustellen, dass ein wesentlicher Teil des Rückgangs in die Zeit vor Beendigung des Händlervertrages, nämlich in die Zeit vom 1.10.2000 bis zum 30.9.2003, fällt. Soweit die Klägerin versucht, dies dadurch zu erklären, dass der Umsatz naturgemäß im Hinblick auf die bereits bekannte und bevorstehende Beendigung des Händlervertragsverhältnisses zurückgegangen sei, ist dies nicht überzeugend. Denn die Klägerin war unstreitig bestrebt, die Vertragsbeziehung zur Beklagten, wenn auch gegebenenfalls in abgewandelter Form, beizubehalten. Dabei kam nur die Alternative als Neuwagenhändler und Servicepartner oder nur als Service Partner in Betracht. In beiden Fällen bestand die Notwendigkeit des Bezugs von Ersatzteilen weiter. Spätestens ein Jahr nach Beendigung des Händlervertrages begann der Umsatz mit A Teilen und A Zubehör wieder zu wachsen. Die vorstehende Tabelle zeigt einen Wiederanstieg der Umsätze in dem Zeitraum vom 01.10.2004 bis zum 30.09.2005 Welchen Einfluss hierauf der Umstand hatte, dass die Klägerin nunmehr nur noch von A und nicht mehr auch von Stützpunkthändlern Ersatzteile bezog, hat sie im Einzelnen nicht dargetan.

Der Abbau des Werkstattpersonals stellt sich ebenfalls nicht so dramatisch dar, wie dies der Geschäftsführer im ersten Senatstermin behauptet hat. Die Zahl der Servicemitarbeiter reduzierte sich für die Marke A um die Hälfte (von 32 auf 16), nicht aber um die behaupteten 75 Prozent. Ob dies eine Folge der Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses oder der von der Klägerin autonom als Folge der neuen GVO vorgenommenen Neuorientierung in Richtung eines Mehrmarkenbetriebes (Hinzunahme der Marken des Bkonzerns) war (Kausalität), ist möglicherweise im Einzelnen nicht darstellbar, hat jedenfalls die Klägerin nicht differenziert dargestellt.

Die Entwicklung der Fahrzeugverkaufsgeschäfte, der ein kausaler Zusammenhang mit den Umsätzen beim Ersatzteilgeschäft zukommen mag, spricht ebenfalls nicht eindeutig für die Position der Klägerin. Beim Gebrauchtwagenhandel hat es anscheinend keinen oder keinen nennenswerten Rückgang gegeben. Einen deutlichen Rückgang behauptet die Klägerin für den Neuwagenhandel. Insofern kann sie jedoch den Einwand der Beklagten nicht widerlegen, dass sie mit "Tageszulassungen" verkaufte Fahrzeuge als Gebrauchtfahrzeuge ausweist, die in Wirklichkeit aber als Neuwagen zu behandeln sind. Außerdem räumt die Klägerin ein, dass sie gelegentlich den Kauf von Neuwagen vermittelt. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten genannte Zahl von 49 Neuwagen im Jahre 2004 hat sie nicht widerlegt.

Ebenso kann die Klägerin, die unstreitig schon zu Zeiten des Bestehens des Vertragshändlervertrages auf die Einräumung der Möglichkeit drängte, Identteile zu verwenden, nicht bestreiten, dass sie nach dem 30.9.2003 Identteile verstärkt einsetzte und einsetzt. Auch dies war ein Trend, der unabhängig von der Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses eintrat und der Auswirkungen auf den Umsatz der A Originalersatzteile haben musste.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nm. 1, 2 ZPO). Gegenstand der Entscheidung ist die Frage, ob im Einzelfall die tatsächlichen Voraussetzungen eines durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelten vertraglichen Anspruchs gegeben sind oder nicht.

Ende der Entscheidung

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