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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 23 U 247/04
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 171
VerbrKrG § 3 II 2
VerbrKrG § 4 I 1b
1. Zum Schutz des Vertrauens in die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung nach §§ 171 ff. BGB bei einem geschlossenen Immobilienfonds

2. An Darlegung und Nachweis der Vorlage einer Vollmachtsausfertigung dürfen keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Der Nachweis einer allgemeinen Übung genügt, sofern keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass im konkreten Einzelfall die Vollmachtsvorlage unterlassen wurde.

3. Zum Zeitpunkt der Vollmachtsvorlage: Es reicht aus, wenn die Vollmachtsausfertigung nach Vertragsschluss, aber vor Auszahlung des Darlehens vorlag, sofern die Bank die Auszahlung von der Vollmachtsvorlage abhängig gemacht hat.


Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage Zahlungen von 80.491,49 € auf einen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahr 1985 geschlossenen Darlehensvertrag zurückgefordert, mit dem sie ihre Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds finanzierte. In der Klageschrift hat die Klägerin sich darauf berufen, dass der Darlehensvertrag unwirksam sei, weil er vollmachtlos geschlossen worden sei, da die von der Klägerin der Treuhandgesellschaft A erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nach § 134 BGB nichtig sei. Das Landgericht hat das schriftliche Vorverfahren angeordnet. In der Klageerwiderung hat die Beklagte vorgetragen, dass ihr bei Abschluss des Darlehensvertrags eine Ausfertigung der der Treuhänderin erteilten notariellen Vollmacht vorgelegen hätte. Den Vortrag hat die Klägerin im Schriftsatz vom 14.05.2004 bestritten. Daraufhin hat das Landgericht unter dem 26.05.2005 ohne weitere Fristsetzung zur Stellungnahme für die Beklagte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 13.07.2004 bestimmt. Diesen Termin hat es am 08.07.2004 auf den 31.08.2004 verlegt. Erst am 24.08.2004 benannte die Beklagte den Zeugen Z1 für ihre Behauptung, die Ausfertigung der notariellen Vollmacht hätte bei Vertragsschluss vorgelegen. Einen Tag später, am 25.08.2004, rief der Vorsitzende der Kammer bei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin an und forderte sie unter Hinweis auf eine mögliche Verspätung des Beweisantritts auf, den Zeugen Z1 zu sisitieren. Dies gelang der Klägerin nicht, weil sich der Zeuge Z1 im Urlaub befand.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 21.668,55 € stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass der Darlehensvertrag, den die Treuhandgesellschaft im Namen der Kläger abgeschlossen habe, zwischen den Parteien nicht zustande gekommen sei, weil die der Treuhänderin erteilte notarielle Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoßen habe. Eine Vollmacht unter Rechtsscheingesichtspunkten komme nicht in Betracht. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte substanziiert behauptet habe, gerade im konkreten Fall habe die Ausfertigung der notariellen Vollmacht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgelegen. Jedenfalls sei ihr Beweisangebot verspätet. Denn sie habe innerhalb der Klageerwiderungsfrist im schriftlichen Vorverfahren keinen Beweis angeboten. Die erst wenige Tage vor dem Haupttermin erfolgte Zeugenbenennung habe eine Vernehmung im Haupttermin nicht mehr zugelassen, weil der Zeuge im Urlaub gewesen sei. Die Beklagte sei daher beweisfällig geblieben. Vor dem Vertragsschluss gegebene Umstände rechtfertigten die Annahme einer Duldungsvollmacht nicht. Darin, dass die Klägerin anschließend ihre Darlehensverpflichtungen erfüllt habe, im Jahr 1995 einen weiteren Darlehensvertrag abgeschlossen und diesen später im Einvernehmen mit der Beklagten aufgehoben habe, könne keine Genehmigung des Vertragsschlusses im Jahr 1985 gesehen werden. Die Klägerin verstoße nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn sie sich auf die Unwirksamkeit der Darlehensverträge berufe. Die Rückerstattung könne jedoch erst für einen Zeitraum ab 1995 verlangt werden, weil Bereicherungsansprüche für die Zeit davor verjährt seien. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass die Zahlungen ab 1995 aufgrund des neuen Darlehensvertrags mit rechtlichem Grund erfolgt seien. Zurückverlangt werden könnte daher lediglich die Darlehensvaluta, weil diese ohne rechtlichen Grund zur Tilgung des unwirksamen Vertrags von 1985 verwendet worden sei.

Das Urteil ist der Beklagten am 12.10.2004 zugestellt worden. Dagegen hat sie mit Schriftsatz vom 10.11.2004, bei Gericht am selben Tag eingegangen, Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 13.02.2005 mit Schriftsatz vom 14.02.2005, bei Gericht eingegangen am Montag, dem 14.02.2005, begründet hat.

Die Beklagte führt aus, dass die Benennung des Zeugen Z1 zum Beweis, dass die Vollmacht im Original vorgelegen hätte, nicht verspätet gewesen sei, weil das Beweisangebot innerhalb einer bei der Terminsverlegung am 08.07.2004 gesetzten Frist erfolgt sei, die das Gericht zur Stellungnahme dazu gesetzt habe, dass sich die Klägerin auf die Rückzahlung der Darlehensvaluta aus dem 1995 geschlossenen Vertrag berufen habe. Die Vernehmung des Zeugen hätte auch nicht zu einer Verzögerung geführt, weil der Zeuge auch bei rechtzeitiger Benennung zum anberaumten Haupttermin im Urlaub gewesen wäre. Denn der Termin sei am 08.07.2004 verfügt worden, während der Zeuge bereits am 10.07.2004 seinen Urlaub gebucht hätte.

Treuhandauftrag und Vollmacht hätten nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen. Hier gelte nämlich die Besonderheit, dass die Treuhänderin eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gewesen sei, die zur Übernahme von Treuhandschaften von Gesetzes wegen berechtigt seien.

Aber auch wenn der Darlehensvertrag von 1985 unwirksam wäre, so sei er durch den Darlehensvertrag von 1995 genehmigt worden. Zumindest sei aber in dem Neuabschluss eine Neuvornahme im Sinne von § 141 BGB zu sehen. Zudem sei der Darlehensvertrag von 1985 bereits aufgrund einer Duldungsvollmacht wirksam. Das ergebe sich daraus, dass die Klägerin bereits vor Vertragsschluss eine von ihr persönlich unterzeichnete Selbstauskunft an die Beklagte übersandt und ein Sparguthaben zur Sicherung des Darlehensvertrags verpfändet habe.

Schließlich stünden ihr - der Beklagten - Gegenansprüche aus § 812 BGB zu. Die Klägerin müsse sich entgegen halten lassen, dass sie durch die Auszahlung des Darlehens von Ansprüchen der Fondsgesellschaft frei geworden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.09.2004 (Az. 2-19 O 50/04) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Zu Recht sei das Gericht davon ausgegangen, dass der Darlehensvertrag von 1985 mangels Vollmacht unwirksam gewesen sei und die Originalvollmacht bei Vertragsschluss nicht vorgelegen habe.

Zu Recht sei das Gericht auch davon ausgegangen, dass in dem Vertrag von 1995 eine Genehmigung nicht gelegen habe. Dazu sei erforderlich, dass dem vermeintlich Genehmigenden bei Abschluss des Prolongationsvertrags die Unwirksamkeit der Treuhändervollmacht bekannt sei. Das Institut der Bestätigung nach § 141 BGB sei schon tatbestandlich nicht auf einen vollmachtlos geschlossenen Vertrag anzuwenden.

Der Senat hat - im Einverständnis der Parteien mit der Art der Beweiserhebung - Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, dass die Ausfertigung der notariellen Vollmacht bei Abschluss des Darlehensvertrags vom 30.12.1985 vorgelegen habe, durch Verwertung des Protokolls über die Aussage des Zeugen Z1 vom 21.12.2005 in dem Rechtsstreit 23 U 159/04. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll (Bl. 438 ff d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513, 546 ZPO).

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückgewähr nach § 812 BGB nicht zu, weil sie ihre Leistungen nicht rechtsgrundlos erbracht hat. Denn der Darlehensvertrag von 1985 ist wirksam zustande gekommen.

Sowohl der Treuhandvertrag als auch die der Treuhänderin erteilte Vollmacht mögen zwar gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig gewesen sein. Denn derjenige, der im Rahmen eines Immobilienfondsprojekts nicht nur die wirtschaftlichen Belange der Anleger wahrzunehmen, sondern für sie auch die erforderlichen Verträge abzuschließen hat, bedarf einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz. Hier ergibt sich eine solche umfassende Befugnis der Treuhänderin aus dem "Angebot auf Abschluss eines Treuhandgeschäftsbesorgungsvertrages" vom 29.08.1985. Ohne die danach erforderliche Erlaubnis ist nicht nur der Geschäftsbesorgungsvertrag, sondern auch die damit in Zusammenhang stehende Vollmacht nichtig (BGH NJW 2002, 66; NJW 2003, 2088; WM 2004, 1227, 1228; BGHZ 153, 214, 220 f.), so dass die Darlehensverträge gemäß § 177 Abs. 1 BGB unwirksam sind, weil sie von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht geschlossen wurden (BGH NJW 2001, 3774, 3775; ZIP 2003, 1644, 1646 f.; WM 2004, 922, 923; WM 2004, 1221, 1224) Dahinstehen kann, ob im vorliegenden Fall ausnahmsweise ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz deswegen ausscheidet, weil die Treuhänderin eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war, die grundsätzlich zur Übernahme von Treuhandschaften berechtigt ist. Das erscheint schon aufgrund des Umfangs der erteilten Vollmacht zweifelhaft, die über den Abschluss von Verträgen hinaus etwa zur Einlegung, Rücknahme und zum Verzicht auf außergerichtliche Rechtsbehelfe berechtigen sollte.

Jedenfalls ist das Vertrauen der Beklagten in die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung nach §§ 171 ff. BGB geschützt, so dass der von der Treuhänderin im Namen der Klägerin geschlossene Darlehensvertrag nicht wegen Vollmachtsmangels unwirksam ist.

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze über die Rechtsscheinvollmacht nach §§ 171 ff. BGB auch dann anwendbar, wenn die umfassende Bevollmächtigung der Treuhänderin unmittelbar gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist. An dieser Rechtsprechung hat der XI. Zivilsenat unter Berücksichtigung der Entscheidungen des II. Zivilsenats vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1531 und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1538) für die Fälle festgehalten, in denen es nicht um die Finanzierung einer Immoblienfondsbeteiligung, sondern um die Finanzierung einer Immobilie geht (BGH NJW 2005, 664, 666). Nicht anders ist jedoch auch in dem hier vorliegenden Fall einer Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung zu entscheiden.

Wie der XI. Zivilsenat zu Recht ausführt, erfordern die beiden Einwände des II. Zivilsenats - jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit - keine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung zur Rechtsscheinvollmacht. Danach soll eine Rechtsscheinvollmacht zu verneinen sein, weil die §§ 171 Abs. 1 und 172 Abs. 1 BGB bei einem kreditfinanzierten Erwerb eines Immobilienfondsanteils keine Anwendung fänden, da der Beitritt zur Fondsgesellschaft und der finanzierende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildeten und weil der Rechtsschein einer wirksamen Vollmacht den einzelnen Anlegern mangels eines Vertrauensverhältnisses zwischen Treuhänder und Anleger nicht zugerechnet werden könne.

§ 9 Abs. 1 VerbrKrG ist mit den Ausführungen des XI. Zivilsenats für die Rechtsscheinhaftung eines Kreditnehmers, der zum Abschluss eines Kreditvertrages zwecks Finanzierung eines Grundstücksgeschäfts eine notariell beurkundete nichtige Vollmacht erteilt, rechtlich ohne Bedeutung. Die Rechtsscheinhaftung des Vertretenen bestimmt sich vielmehr ausschließlich nach §§ 171 ff. BGB sowie nach den Grundsätzen über die Anscheins- und Duldungsvollmacht. Den schutzwürdigen widerstreitenden Interessen des Vertretenen, der eine nichtige Vollmacht erteilt hat, einerseits und seines Vertragspartners, dem diese Vollmacht vorgelegt wird, andererseits wird dadurch abschließend und angemessen Rechnung getragen (BGH NJW 2005, 664, 666). Das gilt erst Recht für den vorliegenden Darlehensvertrag von 1985, für den das Verbraucherkreditgesetz, das erst am 01.01.1991 in Kraft trat, noch gar nicht galt.

Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der finanzierenden Bank kann mit dem XI. Zivilsenat auch nicht generell mit dem Argument verneint werden, sie bediene sich eines Geschäftsmodells, bei dem sie wisse, dass der Treuhänder keine Vertrauensperson des Anlegers sei.

Die §§ 171 ff BGB setzen nämlich kein irgendwie geartetes Vertrauensverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen voraus, sondern knüpfen ausschließlich an die Vorlage der vom Vertretenen ausgestellten Vollmachtsurkunde und den guten Glauben des Vertragspartners an die Wirksamkeit der Vollmacht an. Der Schutz des Vertretenen wird im Einzelfall nur unter den besonderen Voraussetzungen des Missbrauchs der Vertretungsmacht gewährleistet. Ohne in jedem Einzelfall zu treffende Feststellungen kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, die nach dem Anlagekonzept vorgesehene Einschaltung und Bevollmächtigung der Treuhänderin beruhe nicht auf einer eigenverantwortlichen Entscheidung des einzelnen Anlegers, sondern sei mit Billigung der Bank durch die Initiatoren des Immobilienfondsmodells gegen seinen ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen ohne ausreichende Wahrung seiner schutzwürdigen Interessen erfolgt (BGH NJW 2005, 664, 666). Entsprechende Umstände, die eine solche Einzelfallfeststellung zuließen, hat die Klägerin weder in der ersten Instanz noch im Berufungsverfahren dargetan.

Hinzu kommt, dass der II. Zivilsenat seine Ansicht, die §§ 171, 172 BGB fänden bei einem kreditfinanzierten Erwerb einer Immobilienfondsbeteiligung keine Anwendung, auf Fälle bezogen hat, in denen der Beitritt zur Fondsgesellschaft und der finanzierende Darlehensvertrag nicht nur ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG bilden, sondern die finanzierende Bank sich darüber hinaus bewusst in die bestehende einheitliche Vertriebsorganisation eingegliedert hat (BGH NJW 2004, 2736, 2737). Davon kann hier nach dem für das Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt mangels entsprechender Feststellungen des Landgerichts und entsprechenden Vortrags der Klägerin nicht ausgegangen werden.

Die danach anwendbaren §§ 171 ff. BGB setzen voraus, dass der Beklagten spätestens bei Abschluss des Darlehensvertrages bzw. "bei Vornahme des Rechtsgeschäfts" (§ 173 BGB) eine Ausfertigung der die Treuhänderin als Vertreterin der Klägerin ausweisenden notariellen Vollmachtsurkunde vorlag (BGH NJW 2005, 664, 666 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erfüllt.

Denn die Bekundung des Zeugen Z1, an deren Glaubhaftigkeit und an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, wonach bei der Beklagten zwar Darlehensangebote unterbreitet worden sind, ohne dass Ausfertigungen notarieller Vollmachten vorlagen, dass dann aber in jedem Fall die Vollmachtsvorlage mit dem Angebot angefordert und keinesfalls eine Auszahlung der Darlehen erfolgt ist, ohne dass die Vollmacht vorgelegt wurde, genügt. Danach ist zwar nicht belegt, dass die Vollmachtsausfertigung gerade im Fall der Klägerin bei Vertragsschluss vorgelegen hat. An Darlegung und Nachweis der Vorlage der Originalvollmacht oder einer Ausfertigung bei Vertragsschluss dürfen jedoch keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH NJW 1985, 1399 m.w.N.). Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass angesichts der Vielzahl der abzuwickelnden Darlehensgeschäfte und angesichts der mittlerweile verstrichenen Zeit unmöglich erwartet werden kann, dass ein Bankmitarbeiter wie der Zeuge Z1 die Darlehensvorlage in jedem Einzelfall erinnern und bekunden kann. Vielmehr muss - wie hier - die Bezeugung einer allgemeinen Übung zum Nachweis der Vollmachtsvorlage genügen. Das setzt allerdings voraus, dass keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass im konkreten Einzelfall die Vollmachtsvorlage entgegen sonstiger Übung unterlassen wurde (vgl. BGH a.a.O.). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt.

Vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen Z1 lässt sich feststellen, dass zum Zeitpunkt der Übersendung des Kreditangebots der Beklagten mit Schreiben vom 30.12.1985 (Bl. 54 d.A.) laut Unterlagenverzeichnis (Bl. 59 d.A.) die Vollmachtsausfertigung nicht vorlag. Auch wenn der Zeuge Z1 bekundet hat, dass die Darlehen in der Regel noch bis zum Ende des Jahres ausgezahlt wurden, um den Kunden steuerliche Vorteile zu sichern, bietet der Umstand, dass danach für Angebotsannahme, Vollmachtsvorlage und Darlehensauszahlung nur ein Tag blieb, keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass die Vollmachtsvorlage entgegen der sonstigen Übung im Fall der Klägerin unterlassen wurde. Denn die notarielle Urkunde war bereits Ende August 1985 errichtet worden, so dass nichts dagegen spricht, dass die Treuhänderin im Dezember im Besitz einer Ausfertigung war. Zudem hat der Zeuge Z1 ausgesagt, dass entweder er die Treuhänderin oder Mitarbeiter der Treuhänderin ihn zur Abwicklung der Darlehensgeschäfte aufgesucht hätten. Angesichts der räumlichen Nähe der Geschäftsräume der Treuhänderin und der Filiale der Beklagten in O1 spricht nichts dagegen, dass Vollmachtsvorlage, Angebotsannahme und Auszahlung innerhalb kürzester Zeit durchgeführt werden konnten. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass die Treuhänderin ausweislich der Datumsangabe neben ihrer Unterschrift auf dem Darlehensvertrag noch am selben Tag, dem 30.12.1985, den Darlehensvertrag angenommen hat, dafür, dass im vorliegenden Fall wie üblich verfahren und die Unterlagen persönlich an diesem Tag ausgetauscht wurden.

Selbst wenn die Vollmachtsausfertigung nicht bei Annahme des Vertragsangebots durch die Treuhänderin, sondern entsprechend der vom Zeugen bekundeten allgemeinen Übung erst vor Auszahlung des Darlehens vorgelegen hätte, würde dies dem Vertrauensschutz der Beklagten nach §§ 171 ff. BGB nicht entgegenstehen.

Die Frage, ob dem Erfordernis der Vollmachtsvorlage bei Vertragsschluss - wie das OLG Karlsruhe in seiner Entscheidung vom 27.03.2001, Az. 17 U 218/99 (WM 2001, 1210), gemeint hat, auch Genüge getan ist, wenn die Vollmachtsausfertigung zwar nicht bei Unterzeichnung der Darlehensverträge, wohl aber vor Auszahlung des Darlehens vorgelegen hat, konnte der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil vom 14.05.2002, Az. XI ZR 155/01 (NJW 2002, 2325), in dem zugrunde liegenden Verfahren dahinstehen lassen und ist von ihm - soweit ersichtlich - bisher auch noch nicht entschieden worden. In der Literatur ist umstritten, ob es für das Vertrauen auf die durch die Vollmachtsurkunde belegte Vertretungsmacht auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtsgeschäfts ankommt (Leptin in: Soergel, BGB, 13. Aufl., § 173 Rn. 3; Gehrlein in: jurisPK-BGB, 2. Aufl., § 173 Rn. 3; Steffen in: BGB-RGRK, § 173 Rn. 2) oder ob es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertretergeschäfts, also hier auf den Zeitpunkt des Zugangs der Vertragsannahmeerklärung ankommt (Schramm in: Münchner Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 173 Rn. 4; Palm in: Ermann, BGB, § 173 Rn. 4). Dieser Meinungsstreit ist für die Beurteilung des vorliegenden Falles jedoch unergiebig. Denn bei näherer Betrachtung geht es bei dem Streit um die Frage, ob bereits begründetes Vertrauen in den Bestand einer Vollmacht bis zum endgültigen Abschluss eines Vertrages fortbestehen muss oder ob es genügt, dass es zum Zeitpunkt des Vertretergeschäfts, also etwa zum Zeitpunkt des Zugangs eines Vertragsangebots besteht und danach eintretende Bösgläubigkeit vor Vertragsannahme nicht mehr schadet. Im vorliegenden Rechtsstreit fragt sich dagegen, wann der Vertrauenstatbestand spätestens (erstmals) geschaffen sein muss. Hier muss es - wie auch in dem vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall - genügen, wenn der Vertrauenstatbestand durch Vorlage der Vollmachtsausfertigung zwar nach dem Abschluss des Darlehensvertrags durch übereinstimmende Angebots- und Annahmeerklärungen, aber vor Auszahlung des Darlehens geschaffen war. Denn die Beklagte hatte bei Unterbreitung ihres Darlehensangebots in dem Unterlagenverzeichnis unmissverständlich erklärt, dass sie die Darlehensauszahlung von der Vorlage der Vollmacht abhängig mache. Sie wollte damit erkennbar den Eintritt des Schwebezustands, den das Gesetz im Falle einer nicht vorhandenen Vertretungsmacht vorsieht, und die Gefahr der Nichtgenehmigung des Darlehensvertrags durch einen nicht wirksam Vertretenen ausschließen. Sie wollte damit - unabhängig von der rechtsdogmatischen Beurteilung des Sachverhalts - an den Darlehensvertrag endgültig erst gebunden sein, nachdem die Vertretungsmacht der Treuhänderin feststand. Ihr vor Auszahlung des Darlehens und damit vor Vertragsdurchführung durch Vorlage der Vollmachtsurkunde begründetes Vertrauen in die Vertretungsmacht der Treuhänderin ist aus diesem Grund nicht minder schutzwürdig, als wenn die Vollmachtsurkunde bereits bei Zugang der auf Annahme des Darlehensvertrags gerichteten Erklärung vorgelegen hätte.

Schließlich ist das Beweisergebnis verwertbar. Zwar bleiben Beweismittel, die als Angriffs- oder Verteidigungsmittel im ersten Rechtszug zu Recht als verspätet zurückgewiesen wurden, nach § 531 Abs. 1 ZPO auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen. Der Beweisantritt der Beklagten, die Benennung des Zeugen Z1 zur Frage des Vorliegens der Ausfertigung der notariellen Originalvollmacht vor oder bei Vertragsschluss, war jedoch nicht verspätet im Sinne von § 296 ZPO.

Nach dem Prozessverlauf in der ersten Instanz dürfte schon entgegen den Ausführungen des Landgerichts eine Verspätung nach § 296 Abs. 1 ZPO (kein Beweisantritt trotz richterlicher Frist) ausscheiden. In der Klageerwiderung bestand noch kein Anlass zum Beweisantritt, weil die Klägerin noch nicht bestritten hatte; später ist eine richterliche Frist zum Vortrag nicht mehr gesetzt worden. Jedenfalls aber hätte der Beweisantritt berücksichtigt werden müssen, weil die Verspätung für eine Verzögerung des Rechtsstreits nicht ursächlich geworden ist; denn das Gericht hätte - wie die Klägerin anführt - wegen des Urlaubs des Zeugen auch bei rechtszeitiger Benennung neu terminieren müssen. Dieser Einwand ist nicht schon wegen des herrschenden absoluten Verzögerungsbegriffs ausgeschlossen, nach dem es nur darauf ankommt, ob der Rechtsstreit bei Berücksichtigung des verspäteten Beweisantritts länger dauern würde als bei seiner Nichtberücksichtigung. Der absolute Verzögerungsbegriff dient dazu, dass die Gerichte keine aufwändigen Feststellungen zu der hypothetischen Frage treffen müssen, ob der Prozess bei Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens länger gedauert hätte als bei seiner Nichtberücksichtigung (sog. relativer Verzögerungsbegriff). Bedarf es aber keiner mit Unsicherheiten belasteten Erwägungen über hypothetische Verfahrensabläufe, um mit einem Blick festzustellen, dass die Verspätung nicht kausal für eine Verzögerung geworden ist, dann dient die Zurückweisung des Vorbringens nicht dem verfassungsrechtlich allein zulässigen Zweck, eine pflichtwidrige Verfahrensverzögerung abzuwehren (BVerfG NJW 1995, 1417, 1418). Eine Zurückweisung scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs deswegen aus, wenn der verspätet benannte, gleichwohl aber ordnungsgemäß und rechtzeitig geladene Zeuge nicht erscheint (BGH NJW 1986, 2319) Etwas anderes gilt allerdings, wenn der ausgebliebene Zeuge nicht mehr rechtzeitig geladen werden konnte, selbst wenn er vorher dem Prozessbevollmächtigten sein Erscheinen zugesagt hatte. In einem solchen Falle muss auch keine hypothetische Prüfung angestellt werden, ob der Zeuge einer rechtzeitigen gerichtlichen Ladung nachgekommen wäre (BGH NJW 1989, 719). Auch wenn der Anruf des Vorsitzenden bei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten für die letztgenannte Fallgestaltung spricht, muss hier maßgeblich darauf abgestellt werden, dass der Zeuge bei rechtzeitiger Ladung aufgrund seines Urlaubs zum Termin nicht erschienen wäre. Es bedarf insofern keiner mit Unsicherheiten belasteter Erwägungen über hypothetische Verfahrensabläufe, um mit einem Blick festzustellen, dass die Verspätung nicht kausal für eine Verzögerung geworden ist. Im Gegenteil musste das Landgericht ausweislich seiner Ausführungen in den Urteilsgründen hypothetische Erwägungen anstellen, um zu begründen, dass der Zeuge bei rechtzeitiger Ladung seinen Urlaub vielleicht so geplant hätte, dass ihm ein Erscheinen möglich gewesen wäre. Diese Erwägungen vermögen zumindest ohne nähere Feststellungen nicht zu überzeugen angesichts des Umstandes, dass der Termin erst am 08.07.2004 auf den 31.08.2004 bestimmt worden ist und Urlaubsplanungen erfahrungsgemäß eher früher als etwa eineinhalb Monate vor Urlaubsantritt abgeschlossen sind. Tatsächlich hatte der Zeuge nach dem Vortrag der Beklagten seinen Urlaub nach Abschluss seiner Planungen bereits am 10.07.2004 gebucht, so dass auch aus diesem Grund nicht angenommen werden kann, er hätte die Reise noch verschoben.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin als unterliegende Partei nach § 91 ZPO zu tragen.

Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder der Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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