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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 23 U 7/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 216 Abs.
BGB § 780
Zur Frage der analogen Anwendung des § 216 Abs. 2 BGB auf das als Sicherheit dienende Schuldversprechen in notarieller Grundschuldbestellungsurkunde.
Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Klägerin wendet sich im Wege der Teilvollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem in einer notariellen Urkunde abgegebenen Schuldversprechen unter Berufung auf die Verjährung der gesicherten Forderung.

Das Landgericht hat die von der Klägerin begehrte Klageänderung als unzulässig zurückgewiesen sowie den hilfsweise gestellten ursprünglichen Klageantrag abgewiesen.

Die Beklagte habe in die Klageänderung nicht eingewilligt und sie sei nicht sachdienlich, weil der Klageantrag unbestimmt und damit unzulässig sei und dadurch ein zukünftiger weiterer Streit zwischen den Parteien nicht vermieden werden könne.

Den noch hilfsweise gestellten Klageantrag hat das Landgericht in der Form als Teilklage für zulässig, aber unbegründet gehalten. Bei dem Vertrag mit der Beklagten handele es sich um einen Darlehensvertrag; die aus diesem resultierenden und spätestens im März 2000 fälligen Ansprüche auf Rückzahlung des Kapitals seien gemäß Art. 229 § 6 Abs.4 S.1 BGB jedenfalls seit dem 31.12.2004 verjährt. Durch die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde sei die Verjährung hinsichtlich des Darlehensrückzahlungsanspruchs nicht unterbrochen oder gehemmt worden, weil der Anspruch aus dem Darlehen und der aus dem abstrakten Schuldversprechen selbständige, nicht auf demselben Grund beruhende Ansprüche seien, die selbständig verjährten. Die Beklagte sei aber berechtigt, auch nach Verjährung des Darlehensrückzahlungsanspruchs die Zwangsvollstreckung aus dem in der notariellen Urkunde abgegebenen abstrakten Schuldversprechen zu betreiben, das nach § 195 BGB a.F. und § 197 Abs.1 Ziffer 4 BGB n.F. in 30 Jahren und unabhängig von der zugrunde liegenden Darlehensforderung verjähre, weshalb dieses auch nicht kondiziert werden könne. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck des in einer notariellen Urkunde abgegebenen Schuldversprechens als Sicherungsmittel und wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit der gleichzeitig eingeräumten Sicherungsgrundschuld sowie in analoger Anwendung des § 216 BGB n.F.. Nach der Änderung der Verjährungsfristen müsste auch die Forderung aus dem Darlehensvertrag nunmehr zusätzlich tituliert werden, was gerade durch die Unterwerfung in die Zwangsvollstreckung vermieden werden solle und zusätzlich Kosten auch zuungunsten des Schuldners verursachen würde. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.1.1998 (BGHZ 138, 49 ff.) , nach der § 223 Abs.1 BGB a.F. nur für dingliche Sicherheiten gelte und daher nicht für eine Bürgschaft, die eine Personalsicherheit darstelle, stehe deshalb nicht entgegen, da durch die Änderung der Verjährungsfristen und damit des Auseinanderfalles der Verjährung von Darlehensforderung und abstrakten Schuldversprechen eine Regelungslücke entstanden sei. Eine Vergleichbarkeit des abstrakten Schuldversprechens mit der Bürgschaft als akzessorisch ausgestaltetem Sicherungsrecht sei nicht gegeben.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klagantrag im Wesentlichen weiter. Sie ist der Auffassung, das abstrakte Schuldversprechen sei gerade nicht abhängig von der Grundschuld, sondern stehe als zusätzliche Sicherung der Kreditforderung neben der Grundschuld und sichere und verstärke nicht den Grundschuldbetrag. Durch den Bezug des abstrakten Schuldversprechens auf den Grundschuldbetrag solle nur verhindert werden, dass der Gläubiger den in der Urkunde genannten Betrag zweimal verlangen und vollstrecken könne. Es sei unlogisch, wenn nicht sämtliche abstrakten Schuldversprechen der Vorschrift des § 216 Abs.1 BGB unterfallen, sondern nur das in der Grundschuldbestellungsurkunde abgegebene. Der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 28.1.1998 abschließend klargestellt, dass Personalsicherheiten nicht von der Vorschrift des § 223 BGB a.F. umfasst seien. Eine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung des § 216 BGB n.F. erlaube, liege gerade nicht vor, weil die Verjährungsfrist in Zukunft auf 30 Jahre verlängert werden könne und der Gesetzgeber die einmalige Situation des Auseinanderklaffens der Verjährungsfristen verschiedener Ansprüche nicht habe berücksichtigen müssen. Der Gesetzgeber habe lediglich keinen Anlass gesehen, § 216 Abs.2 BGB auf das abstrakte Schuldversprechen auszudehnen, weshalb keine Regelungslücke bestehe. Er habe den Urteilen des BGH Rechnung tragen müssen, wonach Personalsicherheiten von § 223 BGB a.F. nicht umfasst gewesen seien. Auch aus der Tatsache, dass in den Gesetzesmaterialien und Motiven zu § 216 BGB keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem abstrakten Schuldversprechen stattgefunden habe, lasse sich nicht auf eine Regelungslücke schließen. Vielmehr ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien, nämlich aus der Überschrift in der Begründung des Entwurfs zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucksache Nr. 14/6040, S. 122 ff.), dass in § 216 BGB n.F. nur dingliche Ansprüche gemeint seien.

Mit der Berufung hat die Klägerin zunächst beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 21.6.2006 gestellten Antrag zu erkennen und die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde des Notars Dr. N in ... vom ...1994, Urk.Nr. .../1994, über einen Teilbetrag von EUR 6.000,00 aus dem Kapital und soweit sie aus Ziffer 4 dieser Urkunde wegen der übernommenen persönlichen Haftung der Klägerin betrieben wird, für unzulässig zu erklären.

In der mündlichen Verhandlung beantragte sie nunmehr,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 21.6.2006 gestellten Antrag zu erkennen und die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde des Notars Dr. N in ... vom ...1994, Urk.Nr. .../1994, über einen Teilbetrag von EUR 21.000,00 aus dem Kapital und soweit sie aus Ziffer 4 dieser Urkunde wegen der übernommenen persönlichen Haftung der Klägerin betrieben wird, für unzulässig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die Entscheidung des Landgerichts. § 216 Abs.2 BGB sei dem Wortlaut nach direkt anwendbar, weil es sich bei einem abstrakten Schuldversprechen um ein "Recht" handele. Auch sei die in der BT-Drucks. 14/6040 verwendete Überschrift "Wirkung der Verjährung bei dinglich gesicherten Ansprüchen" nicht Gesetz geworden, so dass im Umkehrschluss sich aus der nachträglichen Änderung schließen lasse, dass eine Beschränkung auf dingliche Rechte nicht gewollt gewesen sei. Jedenfalls aber sei § 216 Abs. 2 BGB analog anwendbar. Im Ergebnis komme es aber auf § 216 Abs.2 BGB nicht an, weil der Darlehensrückzahlungsanspruch bereits nicht verjährt sei. Die Vollstreckung der Beklagten aus der Grundschuld und dem abstrakten Schuldversprechen gemäß § 213 BGB habe auch zu einem Neubeginn der Verjährung der Ansprüche aus dem Darlehensvertrag geführt, weil die beiden Ansprüche aus der notariellen Urkunde wahlweise neben den Ansprüchen aus dem Darlehensvertrag stünden und aus demselben Grunde folgten.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

III. (richtig II. - die Red.)

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, da die angefochtene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO).

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung nicht zu.

Die im Berufungsverfahren erfolgte Änderung des Klagantrags, wie er letztlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellt worden ist, ist zulässig (§§ 533, 264 Abs.1 Nr. 2 ZPO), weil es sich um einen Fall des § 264 Abs.1 Nr. 2 ZPO handelt. § 533 ZPO findet keine Anwendung auf die Klageänderung gemäß § 264 Nr.2 ZPO (BGH NJW 2004, 2152), so dass es selbst dahinstehen kann, ob neuer Tatsachenvortrag zugrunde zu legen wäre. Auch ist eine Teilvollstreckungsgegenklage, so wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch geltend gemacht worden ist, grundsätzlich zulässig (BGH NJW 1960, 2286, 2287; BGH NJW 1995, 3318; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., 2004, § 767 Rz. 1 a.E.).

Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Feststellung der Unzulässigkeit der Vollstreckung aus der notariellen Urkunde vom ...1994 (Urk.-Nr. .../1994 des Notars Dr. N in ...) wegen der übernommenen persönlichen Haftung.

Zwar ist der Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta, der spätestens nach der Kündigung im März 2000 zur Rückzahlung fällig war, gemäß §§ 195 BGB i.V.m. Art 229 § 6 Abs.4 S. 1 BGB seit dem 31.12.2004 verjährt. Denn die Verjährung ist nicht durch Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 14.4.1994 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (19.10.2000, 20.11.2000, 11.12.2002) hinsichtlich einer Teilforderung in Höhe von 100.000,- EUR unterbrochen worden. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Vollstreckungsmaßnahmen eine Unterbrechung der Verjährung i.S.v. § 213 BGB n.F. auch der Darlehensforderung nicht herbeigeführt haben. §213 BGB n.F. setzt voraus, dass die Ansprüche wahlweise nebeneinander stehen. Hier ist der Beklagten insoweit zuzustimmen, dass die Ansprüche aus der Grundschuld und dem abstrakten Schuldversprechen wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch aus dem Darlehensvertrag bestehen und der Gläubiger stattdessen in Verfolgung des gleichen wirtschaftlichen Interesses auf sie übergehen kann. Es soll sich - so die Gesetzesmaterialien (BT-Dr. 14/6040, S. 122) - um einen anderen Anspruch gegen den gleichen Schuldner handeln, der Anspruch muss auf das gleiche Interesse gehen und das Gesetz muss von vorneherein mehrere Ansprüche dem Gläubiger zu Wahl stellen oder es ihm ermöglichen, in Verfolgung des gleichen wirtschaftlichen Interesses von einem zum anderen Anspruch überzugehen. Auf den vorliegenden Fall übertragen ist aber fraglich, ob "das Gesetz" von vorneherein mehrere Ansprüche zur Wahl gestellt hat, da die Ansprüche aus abstraktem Schuldversprechen und Grundschuld nicht von Gesetzes wegen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung entstehen, sondern zusätzlich vereinbart werden und einen anderen, selbständigen Schuldgrund darstellen, auch wenn sie letztlich nur einmal geltend gemacht werden dürfen.

Dieser Befund korreliert damit, dass es sich nach § 213 BGB um Ansprüche handeln muss, die aus demselben Grunde stammen, was nach dem Streitgegenstandsbegriff für Ansprüche aus einem Darlehensvertrag und aus dem abstrakten Schuldversprechen nicht der Fall ist. Es handelt sich sowohl materiell als auch prozessrechtlich um eine Mehrheit von nur erfüllungsmässig funktionell miteinander verknüpften Ansprüchen. Bisher entschieden wurde zwar, dass bei der Klage aus dem Grundgeschäft auch die Ansprüche aus Scheck und Wechsel von § 213 BGB umfasst werden (OLG Düsseldorf MDR 1990, 819 zum Scheck; OLG Köln ZIP 2001, 563 zum Wechsel). Jedoch erkennt auch das OLG Köln (a.a.O.) einen unterschiedlichen Streitgegenstand, sieht aber einen inneren und sachlichen Zusammenhang der Ansprüche, insbesondere wegen der besonderen prozessualen Ausgestaltung des Wechselprozesses und des Nachverfahrens. Eine solche ist jedoch für das abstrakte Schuldversprechen und die Darlehensforderung nicht gegeben, so dass für den vorliegenden Fall aus den genannten Entscheidungen im Ergebnis nichts herzuleiten ist.

Allerdings kann die Beklagte auch nach Verjährung des Darlehensrückzahlungsanspruchs die Zwangsvollstreckung aus dem gemäß §§ 195 a.F., 197 Abs.1 Ziffer 4 n.F. BGB nicht verjährten notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechen mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung betreiben. Die Klägerin kann das notariell beurkundete abstrakte Schuldversprechen vom ...1994 wegen einer etwaigen Verjährung der gesicherten Ansprüche nicht gemäß § 812 Abs.2 BGB kondizieren, was sich aus § 216 Abs.2 S. 1 BGB in analoger Anwendung ergibt.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.12.2006 (IX ZR 113/06, Rz. 16) darauf hingewiesen, dass die Frage, ob der Schuldner nach Verjährung des gesicherten Anspruchs gemäß § 812 Abs.2 BGB die Herausgabe des als Sicherheit dienenden Schuldversprechens verlangen könne oder ob dem § 216 Abs.2 Satz 1 BGB entgegenstehe, in Rechtsprechung und Literatur nicht geklärt sei.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, die Verjährung der dem Sicherungsrecht zugrunde liegenden Forderung könne der Vollstreckung im Hinblick auf § 216 Abs.2 S. 1 BGB bereits seinem Wortlaut nach nicht entgegengehalten werden, ist dem allerdings nicht zu folgen. Zwar spricht für diese Ansicht, dass es sich bei einem notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechen gemäß § 780 BGB ohne weiteres um ein "Recht" des Versprechensempfängers handelt. Allerdings steht dem entgegen, dass in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 14/6040, S. 122) die Begründung zu § 216 BGB n.F. mit "Wirkung der Verjährung bei dinglich gesicherten Ansprüchen" überschrieben ist, mithin der Gesetzgeber ausdrücklich nur solche regeln wollte. Dagegen spricht nicht, wie die Beklagte meint, eine nachträgliche Änderung der (amtlichen) Überschriften. Die amtliche Überschrift lautet im in der BT-Drucksache 14/6040, S. 6 abgedruckten Gesetzesentwurf "Wirkung der Verjährung bei gesicherten Ansprüchen". Genauso lautet die Formulierung in der Gesetz gewordenen Fassung (BGBl. 2001,Teil I, S. 3137 ff., 3141), die nach den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) insoweit der ursprünglichen Fassung des Entwurfs gegenüber explizit nicht geändert werden sollte (vgl. BT-Drucks. 14/7052, S. 11 und S. 179 unter Ziffer IV 2). Auch unter dem Gesichtspunkt der systematischen Auslegung, d.h. nach dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, ergibt sich kein abweichendes Ergebnis. Bei Betrachtung des übrigen Regelungsgehalts des § 216 BGB n.F. handelt es sich bei den ausdrücklich geregelten Sicherungsrechten um dingliche Rechte: Für Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 ergibt sich dies aus dem Wortlaut. Für Abs. 2 S. 1 folgt dies entgegen dem - insofern weiten - Wortlaut "Recht" aus der amtlichen Begründung, wonach dieser Anwendung finde auf Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung (BT-Drucks. 14/6040, S. 123...). Es spricht auch nichts dafür, dass der Gesetzgeber den in die Neufassung des Verjährungsrechts überwiegend übernommenen § 223 BGB a.F. in dieser Hinsicht abändern wollte.

Allerdings ist eine Anwendung des § 216 Abs. 2 S. 1 BGB in analoger Form geboten (im Ergebnis ebenso Cartano/Edelmann, WM 2004, 775, 779; Hohmann, WM 2004, 757, 763; OLG Frankfurt WM 2006, 856 ff.).

Denn es besteht eine planwidrige Regelungslücke. Wie oben ausgeführt, ist das notariell beurkundete abstrakte Schuldversprechen von § 216 Abs.2 S.1 BGB nicht erfasst. Es existiert auch keine sonstige Regelung, die sich mit dem abstrakten Schuldversprechen als Sicherungsrecht in seinem Verhältnis zu der gesicherten Forderung befasst, so wie das bei der Bürgschaft (§ 768 BGB) und der Vormerkung, bei der gemäß § 886 BGB ein Anspruch auf Löschung besteht, der Fall ist (zu diesen beiden Sicherungsrechten vgl. auch BT-Drucksache 14/6040, S. 123). Da bis zur Modernisierung des Schuldrechts die Verjährungsfristen der bis dahin in 30 Jahren verjährenden gesicherten Darlehensforderung (§ 195 BGB a.F.) und des notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechens mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (§ 218 Abs.1 S.2 BGB a.F.) nicht auseinanderfielen, bestand zuvor auch wenig Anlass für eine gesonderte Regelung.

Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechen in den Gesetzesmaterialien zur Modernisierung des Schuldrechts (BT-Drucksachen 14/6040 und 14/7052) ist nicht erfolgt. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte für ein bewusstes Offenlassen der Anwendung des § 216 Abs.2 BGB auf das abstrakte Schuldversprechen, so dass nicht festzustellen ist, der Gesetzgeber habe das abstrakte Schuldversprechen bewusst vom Regelungsbereich des § 216 Abs.2 BGB ausnehmen wollen. Vielmehr ist dessen Fassung vor dem Hintergrund der Übernahme des vorher geltenden und ausschließlich dingliche Rechte betreffenden § 223 BGB a.F. zu sehen.

Die entsprechende Anwendung des § 216 Abs.2 S.1 BGB ist auch wegen der Gleichheit der Interessenlage geboten.

§ 216 Abs.2 BGB beruht zunächst auf der Überlegung, dass eine zur Sicherung der persönlichen Forderung geschaffene Rechtsstellung von der Verjährung der Forderung nicht berührt werden soll (BT-Drucksache 14/6040, S. 122/123; vgl. auch Soergel/Niedenführ, BGB, 13. Aufl. 2002, Rz.8). Dieser Gesichtspunkt jedoch gilt für das eigens zur Sicherung einer Forderung notariell abgegebene abstrakte Schuldversprechen ebenso wie etwa für die Grundschuld.

Zudem ist durch die Verbindung des abstrakten Schuldversprechens mit der Zweckerklärung dieses nicht an die Darlehensforderung, sondern im Hinblick auf den Sicherungsfall und dessen Eintritt an die Grundschuld gebunden (dazu auch Hohmann, WM 2004, 757, 763), was die besondere Nähe zur Grundschuld, auf die § 216 Abs.2 S.1 BGB anwendbar ist, belegt und in dieser Hinsicht zur Gleichsetzung mit dieser führen muss. Insofern darf ausschließlich der dauerhafte Wegfall des berechtigten Sicherungsinteresses des Sicherungsnehmers, der diesen zu einer Rückgewähr der Grundschuld verpflichten würde, zu einer Kondiktion auch des abstrakten Schuldversprechens führen (auch Cartano/Edelmann, WM 2004, 775, 779).

Zu berücksichtigen ist auch, dass durch das notarielle abstrakte Schuldversprechen mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung durch Ausweitung des Vollstreckungszugriffs auf das gesamte Vermögen des Darlehensnehmers/Sicherungsgebers die Grundschuldsicherheit in Form einer weiteren eigenständigen Sicherheit gestärkt werden soll, deren Zweck auch gerade in der Begründung der nach § 197 Abs.1 Nr.4 BGB gegebenen 30-jährigen Verjährungsfrist besteht (Hohmann, WM 2004, 757, 763). Dieser Zweck würde bei Kondizierbarkeit des abstrakten Schuldversprechens nach Verjährung der gesicherten Forderung vereitelt.

Im Übrigen würde in den Fällen, in denen die Erklärung eines abstrakten Schuldversprechens in einer notariellen Urkunde aus der Zeit vor Geltung der neuen Verjährungsvorschriften mit der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung auch bezweckte, die Notwendigkeit der gerichtlichen Titulierung der gesicherten Forderung zu vermeiden, ansonsten die berechtigten Interessen aller an einer kostengünstigen Abwicklung des Vertragsverhältnisses verletzt. Zwar könnte dem in Zukunft Rechnung getragen werden, indem Abreden hinsichtlich der Verjährung in den Vertrag aufgenommen würden; im vorliegenden Fall ist das aber gerade noch nicht geschehen.

Gegen dieses Ergebnis spricht nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.01.1998 (BGHZ 138, 49 ff.), nach der § 223 Abs.1 BGB a.F. nur für dingliche Sicherheiten gelte, nicht aber für die dort zur Entscheidung stehende Bürgschaft. Denn zum einen hat sich der Bundesgerichtshof nur mit dem im Wortlaut dem § 216 Abs.1 BGB n.F. gleichenden § 223 Abs. 1 BGB befasst. Zum anderen ist die Bürgschaft insofern nicht vergleichbar, als bei ihr ausdrücklich bestimmt ist, dass der Bürge sich auf die Verjährung der Hauptforderung berufen kann (§ 768 BGB), was Ausdruck der Akzessorietät der Bürgschaft ist, die bei dem notariell beurkundeten abstrakten Schuldversprechen im Zusammenhang mit einer Grundschuldbestellung gerade nicht besteht. Entscheidend für die Frage, ob eine den Fällen des § 216 Abs.2 S.1 BGB vergleichbare Interessenlage besteht, ist also nicht der Gesichtspunkt, ob es sich um eine Personal- oder Realsicherheit handelt, sondern die Frage der Akzessorietät des Sicherungsmittels.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen, weil die Entscheidung über die analoge Anwendung des § 216 Abs.2 BGB grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs.2 Nr. 1 und 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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