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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 28.03.2008
Aktenzeichen: 24 U 122/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 309 Nr. 12
BGB § 309 Nr. 7 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.

Aufgrund von Beratungsgesprächen mit einem ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten erklärte der Kläger am 24. April 2002 seinen Beitritt als Kommanditist zur "A-GmbH & Co. KG" mit einem Einlagebetrag in Höhe von € 12.500,00. Zuzüglich eines Aufgeldes von 5 % ergab sich ein Gesamtaufwand des Klägers in Höhe von € 13.125,00.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug und des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies damit begründet, nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme könne von einer fehlerhaften Beratung seitens der Beklagten keine Rede sein. Etwaige fehlerhafte Angaben in dem Emissionsprospekt seien nicht schadensursächlich.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Berufung rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts als fehlerhaft. Der Kläger behauptet weiterhin, er sei von dem Mitarbeiter der Beklagten unzureichend über die Risiken der Geldanlage aufgeklärt worden. Zudem beruft er sich darauf, der Emissionsprospekt sei sachlich fehlerhaft.

Der Kläger beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 29.06.2007 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 13.125,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatzes hieraus seit dem 30.11.2006 zu zahlen - Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der "A-GmbH & Co. KG,

2. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 29.06.2007 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch den weiteren Schaden, der ihm durch die Beteiligung an der "A-GmbH & Co. KG" entstehen wird, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine fehlerhafte Beratung durch ihren ehemaligen Mitarbeiter und beruft sich zum Nachweis des Inhalts der Beratungsgespräche auf die verfasste Dokumentation (K 4). Im Übrigen macht sich die Beklagte die Ausführungen des angefochtenen landgerichtlichen Urteils zu eigen.

II.

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

(1) Ob zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen ist, der die Beklagte zu einer Anlageberatung oder lediglich zu einer Anlagevermittlung verpflichtete (siehe hierzu: OLG Frankfurt -19. ZS -, OLGR 2007, 660, 661), kann offen bleiben. Denn es fehlt an einer Pflichtverletzung der Beklagten.

(2) Ausweislich der vorgelegten Dokumentation (K 4) hat der Mitarbeiter der Beklagten den Kläger anlage- und anlegergerecht beraten.

Bei der Dokumentation handelt es sich um eine Privaturkunde (§ 416 ZPO). Die Unterschrift des Klägers unter der Urkunde ist echt. Damit wird die Echtheit des Inhalts der Urkunde vermutet (§ 440 Abs. 2 ZPO).

Ausweislich der Dokumentation wurde der Emissionsprospekt dem Kläger am 27. März 2002, dem ersten Beratungsgespräch, übergeben. Auf § 309 Nr. 12 BGB kann sich der Kläger in diesem Zusammenhang schon deswegen nicht berufen, weil es sich bei der Bestätigung, den Emissionsprospekt erhalten zu haben, um ein Empfangsbekenntnis handelt.

(3) Der Kläger hatte bis zum 24. April 2002, dem zweiten Beratungsgespräch, ausreichend Zeit, vom Inhalt des Emissionsprospekts Kenntnis zu nehmen. Auch hier greift § 309 Nr. 12 BGB nicht ein.

Die Vorschrift schützt die gesetzliche Beweislastverteilung. Hierzu zählt auch die Vermutung zur Vollständigkeit und Richtigkeit von Urkunden (§§ 416, 440 Abs. 2 ZPO). Damit enthält die Dokumentation keine Beweislastumkehr.

Die Bestätigung bestimmter Tatsachen (Nr. 12 Buchstabe b) ist zwar in allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig. Dies gilt aber nur für formularmäßige Bestätigungen. Individuell getroffene Regelungen gehen vor und sind wirksam (§ 305 b BGB). Die Bestätigungen auf S. 2 der Dokumentation sind sämtlich individueller Art. Sie waren durch den Text der vorformulierten Urkunde nicht vorgegeben.

Auch die Ankreuzungen auf S. 1 der Dokumentation stellen individuelle Bestätigungen dar. Sie sind vom jeweiligen Einzelgespräch abhängig und nicht vorgegeben. Auch enthält die Urkunde hier ergänzende handschriftliche - damit eindeutig individuelle - Eintragungen.

(4) Ausweislich der Dokumentation wurde der Kläger vor Zeichnung der Anlage ausreichend über deren Risiko aufgeklärt. Die Seiten 53 - 56 des Emissionsprospekts wurden dem Kläger ausdrücklich erläutert. Der Kläger war damit in seiner Entscheidungsfreiheit gänzlich unbeeinträchtigt.

(5) Die inhaltliche Richtigkeit der Dokumentation ist nicht widerlegt. Der Kläger hätte hier den Hauptbeweis des Gegenteils führen müssen (§§ 440 Abs. 2, 292 ZPO).

Schon nach dem objektiven Inhalt der Aussage der erstinstanzlich vernommenen Zeugin Z1 ist der Hauptbeweis für eine unzureichende Aufklärung des Klägers nicht geführt. Auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage und die Glaubwürdigkeit der Zeugin kommt es daher gar nicht mehr an. Die Urkunde genießt den Vorrang.

(6) Nach den Regeln der "eigentlichen Prospekthaftung" haftet die Beklagte nicht. Denn sie gehört nicht zu den Prospektverantwortlichen. Sie war weder Gründerin des Fonds, noch dessen Initiator, noch Gestalter des Prospekts; auf die Gestaltung des konkreten Anlagemodells hatte sie keinerlei Einfluss.

(7) Auch die sogenannte "uneigentliche Prospekthaftung" - Haftung nach den Regeln der CIC - kommt auf Seiten der Beklagten nicht in Betracht. Die Beklagte hat zwar dem Kläger gegenüber besonderes Vertrauen in Anspruch genommen (§ 311 Abs. 3 BGB).

Eine etwaige Haftung der Beklagten ist aber nach den Vereinbarungen der Beitrittserklärung vom 24. April 2002 (K 1) ausgeschlossen. Denn die Haftung der Beklagten ist dort auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung ist nach § 309 Nr. 7 b BGB zulässig.

(8) Grobe Fahrlässigkeit ist der Beklagten nicht vorzuwerfen.

Wenn schon der klägerische Prozessbevollmächtigte zur Aufdeckung von Prospektfehlern das Gutachten eines Universitätsprofessors benötigt, dann kann von dem (ehemaligen) Mitarbeiter der Beklagten kein weitergehender Erkenntnisstand verlangt werden.

(9) Da eine Haftung der Beklagten somit ausscheidet, bedarf es auch keines Eingehens mehr darauf, ob dem Kläger nicht ein erhebliches anspruchsminderndes Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) anzulasten wäre. Nach seinem eigenen, im Tatbestand des angefochtenen landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Vortrag hat er seinen Beitritt nämlich erklärt, obwohl er den ihm lange Zeit vorher überlassenen Emissionsprospekt überhaupt nicht vollständig gelesen hatte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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